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Keine Amnestie für bereits "Verurteilte"?

Verfasst: 16.08.2013, 08:37
von Juliane
Hallo,

wie sieht's eigentlich bei dem Fall hier aus:

Herr X war in einer GKV, hat sich selbständig gemacht, sich aber nicht versichert, hat irgendwann einen festen Job bekommen und die GKV hat dann natürlich die "Lücke" bemerkt und ~10.000 Euro gefordert.

Alles bereits amtlich, also incl. Mahnbescheid und Gerichtsvollzieher.

Ich tippe mal diese Schulden werden durch die "Amnestie" nicht mit eingeschlossen oder?

Danke,
Juliane

Verfasst: 16.08.2013, 08:47
von Swantje B.
Hallo Juliane,

ich tippe mal du tippst falsch. Die Auflösung erfahren wir dann Mitte/Ende September.

Gruß
Swantje

Verfasst: 16.08.2013, 12:28
von derKVProfi
Ganz falsch liegt Sie nicht!

Die im Betrag enthaltenen Säumniszuschläge werden rückwirkend reduziert!

Der Erlaß von Beitragsschulden ist eine "Soll"-Regelung.

Aber auf der Internetseite des BMG steht:
Auch nachrangig versicherungspflichtige Mitglieder, die sich bereits bei einer Krankenkasse versichert haben, bekommen für den Zeitraum zwischen dem Eintritt der Versicherungspflicht am 1. April 2007 und der Meldung bei der Krankenkasse die Beitragsschulden und die Säumniszuschläge rückwirkend erlassen.
Bei dem hier dargestellten Fall handelt es sich um eine Person, die nach dem 01.04.2007 von der nachrangigen Pflicht zur Versicherung gemäß § 5.1.13 SGB V erfasst wurde.

Es wird in Bezug auf diesen Personenkreis in der GKV spannend, weil es nicht eindeutig vorgegeben ist, der GKV Spitzenverband noch keine Entscheidung vorgelegt hat und diese auch noch nicht vom BMG bestätigt wurde.

Aber Swantje hat natürlich Recht, dass vor ENDE September keine finale Entscheidung fallen wird.

Verfasst: 16.08.2013, 19:38
von heinrich
ich tippe so wie Swantje tippt.


Habe mal gelernt:
Nebenforderungen teilen das rechtliche Schicksal der Hauptforderung.

Wenn also die Beiträge erlassen werden (dies kann nur für rückliegenden Zeiträume, wahrscheinlich ohne Leistungsinanspruchnahme, sein)
dann sollten wohl auch SZ, Gebühren zu erlassen sein.


Aber: wir werden es Mitte 9.2013 sehen

Verfasst: 17.08.2013, 21:12
von Rossi
Jooh, die Sofas warten auf die Machenschaften der Spitzbuben aus Berlin. Die Bit-Pulls der Kassen (Vollstreckungsorgane) sind schon in der sog. Lauerstellung.

Die ersten Gedankengänge dieser Spitzbuben sind wohl volle Kanne in die Buchse gegangen. Ein Erlass bzw. eine Ermäßigung sollte ausscheiden, wenn ein reguläres Beitrittsrecht zur freiw. Kv. bestand, dies aber nicht genutzt wurde. Diese ersten Gedankengang waren schon allein der Hammer und deckten sich nicht mit der Intention des Gesetztgebers und dem Tunnelblick der Spitzbuben aus Berlin.

Die ersten anderen Gedankengänge zu der Umsetzung von § 256a SGB V sind schon veröffentlicht. Es sind allerdings Gedankengänge von der anderen Seite. Eine Dozentin vom anderen Ufer.

Guckt ihr hier:



http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktu ... esetz.aspx

Verfasst: 18.08.2013, 00:26
von roemer70
Rossi hat geschrieben:Die Bit-Pulls der Kassen (Vollstreckungsorgane) sind schon in der sog. Lauerstellung.
Ich weiß nicht, wo Dein Problem mit den Mahnabteilungen der Kassen liegt, aber Deine Sicht der Dinge finde ich... nunja... arg eingeschränkt, um es nett zu formulieren...

Verfasst: 18.08.2013, 01:13
von Juliane
Wieso wird es überhaupt so kompliziert gemacht?

Normalerweise müßte das Gesetz einfach so lauten:

Wer unversichert ist und sich bis zum 31.12. bei seiner letzten Kasse wieder versichert, der muss weder Beiträge noch Zinsen nachzahlen.

Gilt für alle, ohne wenn und aber.

Verfasst: 18.08.2013, 09:02
von Bodi
Das Gesetz selbst ist sinngemäß so einfach, auch wenn die letzte Konsequenz fehlt (Soll-Regelung statt Muss-Regelung). Damit bleibt ein wenig Spielraum für den GKV-Spitzenverband.

Verfasst: 18.08.2013, 11:20
von Czauderna
Hallo,
ja, es fällt schwer abzuwarten, gelle ?
Rossi, das war wieder einmal völlig überflüssig !!!
Dass hier in diesem Falle es positiv für den Versicherten ausgehen kann ist zumindest wahrscheinlich - Zeitraum zwischen Beginn der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 13 SGB V. und der Anzeige bei der Kasse - darum geht es -und ich darf noch etwas Mutmaßung hinzufügen - wenn noch mindestens drei zusammenhängende Monate offen stehen werden die erlassen.
Warten heißt das Motto derzeit.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 18.08.2013, 22:30
von Rossi
Nun ja Czauderna und roemer70.

Arbeitet ihr auch in der Vollstreckungsabteilung?! Oder stellt ihr einfach nur die Beitragspflicht fest und leitet dies an die Vollstreckungsabteilung weiter?

Es gibt dort in der Praxis derzeit leider ganz unterschiedliche Praktiken.

Günter; Du bist ein Lieber! Sind aber auch alle anderen Kassen so lieb!?

@Juliane
Zitat:
Normalerweise müßte das Gesetz einfach so lauten:

Wer unversichert ist und sich bis zum 31.12. bei seiner letzten Kasse wieder versichert, der muss weder Beiträge noch Zinsen nachzahlen.


So einfach geht es leider nicht. Jenes sehe ich auch so. Wenn die Kasse Leistungen rückwirkend zu erbringen hat, dann können die Beiträge nicht vollständig erlassen werden. Dies würde dem Solidarprinzip und der sog. Amnestie volle Kanne entgegensprechen.

Verfasst: 19.08.2013, 15:29
von Czauderna
Hallo Rossi,
nicht ganz logisch was du da schreibst - Fälle, die ich beispielsweise in die Finger bekommen werde, die landen nicht in der Vollstreckungsabteilung weil schon vorher erledigt, aber das kannst du ja nicht wissen.
Der Begriff "Machenschaften" ist landläufig sehr negativ besetzt und wenn du dem Spitzenverband "Machenschaften" unterstellst, ohne die Durchführungsbestimmungen abzuwarten, dann spricht das nicht unbedingt für deine Unvoreingenommenheit.
Ich warte ab.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 19.08.2013, 15:44
von derKVProfi
Davon abgesehen, dass die vom Spitzenverband entwickelten Grundsätze ja noch zum BMG müssen, damit die dort geprüft werden!

Was aber massiv irritiert ist, dass der termin eine Woche vor der Bundestagswahl liegt. Das wäre es doch besser gewesen, das BMG hätte die DV gleich selbst geschrieben, oder?

Es entsteht zwangsläufig das Gefühl, dass hier Wahlgeschenke gemacht werden sollten, die sich nach der Wahl als Mogelpackung erweisen könnten.

Dennoch warten wir einmal ab!!

Es ist doch alles gesagt:

PKV Nichtzahler - rückwirkend in Notlagentarif und Säumniszuschläge runter!

PKV zuzuordnende Nichtversicherte - Prämienzuschläge für die Zeit der Nicht Versicherung werden erlassen (muss) bei Meldung bis 31.12.2013

GKV Nichtzahler - Säuminszuschläge rückwirkend runter (muss) und Beitragsschulden sollen ggf. reduziert werden??!!

GKV Nichtversicherte sind immer nachrangig versicherungspflichtig und deswegen: keine Nachzahlung bei Meldung bis 31.12.2013 (ich weiß das Rossi hier den Spitzbuben etwas böses unterstellt, aber ich denke, dass es eher ein Mißverständnis ist)!

Verfasst: 19.08.2013, 17:28
von Bodi
Ich denke nicht, dass der Beitragserlass ein Wahlgeschenk ist. Denn zum einen ist nur eine relativ kleine Gruppe betroffen bzw. begünstigt, zum anderen ist es nur eine überfällige Korrektur der missratenen Gesetze unter Ulla Schmidt. Auch wird die Neuregelung außerhalb des Bundesgesundheitsministeriums und einschlägiger Foren sehr wenig kommuniziert - auch von den Kassen kaum. Täte man dies, würden manche regulär Versicherten sich möglicherweise ungerecht behandelt fühlen und der Schuss ginge nach hinten los.

Die Durchführungsbestimmungen des Spitzenverbandes lassen zwar auf sich warten. Immerhin werden aber auf der Homepage des BMG typische Fallkonstellationen und deren Behandlung dargestellt:

http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateie ... en_GKV.pdf

In dem von der TE Juliane geschilderten Fall kann der Betroffene demnach aufatmen, zumindest soweit noch nicht gezahlt wurde.

Konstellationen für der PKV zuzuordnende Nichtversicherte:

http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateie ... en_PKV.pdf

Verfasst: 20.08.2013, 16:19
von Poet
Bodi hat geschrieben:Ich denke nicht, dass der Beitragserlass ein Wahlgeschenk ist. Denn zum einen ist nur eine relativ kleine Gruppe betroffen bzw. begünstigt, zum anderen ist es nur eine überfällige Korrektur der missratenen Gesetze unter Ulla Schmidt. Auch wird die Neuregelung außerhalb des Bundesgesundheitsministeriums und einschlägiger Foren sehr wenig kommuniziert
@Bodi: Und diese tun gut daran, denn immerhin waren die Vertreter der CDU/CSU genauso am damaligen Vorstoß beteiligt...im damaligen Kabinett der großen Koalition war Ulla nur eine von vielen. Die Idee dahinter war auch super, jedoch war die Umsetzung wie so oft nur ungenügend durchdacht. Von daher kann man das mit der überfälligen Korrektur so stehen lassen.

Bei allem was im September vom Spibu kommt: Es gibt keine 100%ige Gerechtigkeit, derjenige der brav gezahlt hat, wird in seiner persönlichen Bilanz sich (subjektiv) bestraft sehen.

Verfasst: 20.08.2013, 16:56
von Bodi
Das stimmt insoweit, als dass die großen Parteien letztlich zugestimmt hatten. Aber Ulla Schmidt war Gesundheitsministerin und saß damit weit mehr als andere an den Schalthebeln. Die allgemeine Versicherungspflicht wurde damals auf Drängen der SPD eingeführt.