Verfasst: 19.11.2012, 19:50
Nu ja, schmarrn hin oder her!
Gerade die Bayern.
LSG Bayern 29.06.2006 L 4 KR 359/05
Zitate aus der Entscheidung:
Die 1962 geborene Klägerin war bei der Beklagten über ihren am 25.09.2001 verstorbenen Vater familienversichert. Sie ist krank (Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis) und schwerbehindert mit einem GdB von 100.
......
Ausweislich der Akten der Beklagten erkundigte sich die neue Betreuerin am 19.08.2002 schriftlich bei der Beklagten nach dem Versichertenstatus der Klägerin, der nach einer Aktennotiz bereits Mitte Januar 2002 Gegenstand eines Telefongespräches zwischen einem Mitarbeiter der AOK S. und Frau W. gewesen war.
....
Die Frage, ob dies innerhalb der Frist des § 9 Abs.2 Nr.2 SGB V geschehen ist, ist zu bejahen. Es bedurfte im vorliegenden Fall nämlich einer Verwaltungsentscheidung der Beklagten, aus der hervorging, dass die Familienversicherung beendet war, denn "§ 10 SGB V enthält keine des Selbstvollzuges fähige Regelung, sondern bedarf der rechtsstaatsgemäßen Umsetzung durch die Verwaltung. Diese wird ermächtigt und verpflichtet, unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen der Familienversicherung zu prüfen sowie bei Verneinung einen entsprechenden, die Familienversicherung ablehnenden Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. hierzu § 289 SGB V). Es liegen keine Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber insoweit eine vom Normalfall abweichende Ausnahmeregelung hätte schaffen wollen. Denn nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern seine Umsetzung durch Verwaltungsakt unter Anwendung des Rechts auf den jeweiligen Einzelfall prägt auch das Sozialverwaltungsrecht als Recht der sozialen Sicherung ..." (so BSG vom 16.11.1995 - BSGE 77, 86, 91) [BSG 16.11.1995 - 4 RK 1/94].
Die von der Rechtsprechung geforderte Entscheidung hat die Beklagte offensichtlich im besagten Telefonat, das im Einzelnen nicht mehr rekonstruierbar ist getroffen, denn sie hat darin mitgeteilt, dass zu diesem Zeitpunkt kein Versicherungsschutz mehr vorhanden sei, so dass das auch faktisch über dem Tod des vormaligen Mitglieds hinaus durchgeführte Versicherungsverhältnis bis dahin bestehen geblieben ist.
...
Die vom BSG angestellten Überlegungen zur Wirkung des § 10 SGB V und zum fehlenden Selbstvollzug bzw. der Notwendigkeit seiner verwaltungsmäßigen Umsetzung, haben jedoch generelle Gültigkeit. Wenn auch in der alltäglichen Praxis beim Tode eines Mitglieds gegenüber den bis dahin familienversichert gewesenen Angehörigen meist keine entsprechende Verwaltungsentscheidung der Kasse ergehen mag, und gleichwohl der Wechsel in die freiwillige Versicherung problemlos erfolgt, dann lässt sich das mit "der zeitnahen verwaltungsbehördlichen Feststellung "des Ausscheidens des vormaligen Mitgliedes erklären (vgl. BSG vom 16.11.1995 a.a.O., S.91 o). Von diesen intakten Familienverhältnissen weicht der vorliegende Fall aber deutlich ab. Es kann nämlich mangels konkreter Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, wovon das Sozialgericht und anfänglich auch der Senat bei Erlass seines ablehnenden Prozesskostenhilfebeschlusses ausgegangen waren, dass die Betreuerin zeitnah vom Tode des Vaters, also des Mitgliedes, erfahren hatte
....
An dieser Stelle der Prüfung vom Ende der Familienversicherung geht es allein darum, ob die Beklagte verpflichtet war, für klare Verhältnisse durch Erlass eines feststellenden Bescheides zu sorgen. Ohne die Betreuerin von ihren Pflichten gegenüber der betreuten Klägerin entlasten zu müssen, hatte die Beklagte hier die Aufgabe, das Versicherungsverhältnis klarstellend zu beenden. Wäre dies rechtzeitig geschehen, wäre es dann auch nicht zu den nachgehenden Leistungen mehr gekommen bzw. wenn die Beklagte sich zeitnah um die Aushändigung der Krankenkarte gekümmert hätte (§ 291 Abs.4 in der bis Ende 2003 geltenden Fassung).
Ob entgegen BSG vom 16.11.1995 a.a.O. die Feststellung vom Ende der Familienversicherung auch rückwirkend hätte erfolgen können, so das BSG vom 25.01.2006 - B 12 KR 10/04 R - abgedruckt in Beilage Leistungen 2006, S.179, braucht hier nicht geprüft zu werden.
Trifft die Krankenkasse aber die hier notwendige Feststellung nicht, kann sie den Beitrittswilligen, vormaligen Familienversicherten nicht den Ablauf einer Frist, die bis dahin nicht zu laufen begonnen hat, entgegenhalten. Im Ergebnis, wenn auch mit anderer Begründung ist das von Landessozialgerichten für NRW im Urteil vom 17.11.1998 - L 5 KR 44/97 - und in Thüringen vom 21.02.2005 - L 6 KR 665/03 - nicht anders gesehen worden.
Okay, bei nicht intakten Familienverhältnissen (Trennung der Eheleute / Kinder wohnen allein) muss die Kasse schon etwas machen.
Rückwirkend geht es dann wohl auch nicht, oder?
Hier war der Stammversicherte verstorben.
Nun ja, Zost und wat nu? Sind die Bayern systemwidrig? Die Bayern haben auch die BSG-Entscheidungen im Bereich der Familienversicherung abgeklopft.
Gerade die Bayern.
LSG Bayern 29.06.2006 L 4 KR 359/05
Zitate aus der Entscheidung:
Die 1962 geborene Klägerin war bei der Beklagten über ihren am 25.09.2001 verstorbenen Vater familienversichert. Sie ist krank (Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis) und schwerbehindert mit einem GdB von 100.
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Ausweislich der Akten der Beklagten erkundigte sich die neue Betreuerin am 19.08.2002 schriftlich bei der Beklagten nach dem Versichertenstatus der Klägerin, der nach einer Aktennotiz bereits Mitte Januar 2002 Gegenstand eines Telefongespräches zwischen einem Mitarbeiter der AOK S. und Frau W. gewesen war.
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Die Frage, ob dies innerhalb der Frist des § 9 Abs.2 Nr.2 SGB V geschehen ist, ist zu bejahen. Es bedurfte im vorliegenden Fall nämlich einer Verwaltungsentscheidung der Beklagten, aus der hervorging, dass die Familienversicherung beendet war, denn "§ 10 SGB V enthält keine des Selbstvollzuges fähige Regelung, sondern bedarf der rechtsstaatsgemäßen Umsetzung durch die Verwaltung. Diese wird ermächtigt und verpflichtet, unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen der Familienversicherung zu prüfen sowie bei Verneinung einen entsprechenden, die Familienversicherung ablehnenden Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. hierzu § 289 SGB V). Es liegen keine Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber insoweit eine vom Normalfall abweichende Ausnahmeregelung hätte schaffen wollen. Denn nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern seine Umsetzung durch Verwaltungsakt unter Anwendung des Rechts auf den jeweiligen Einzelfall prägt auch das Sozialverwaltungsrecht als Recht der sozialen Sicherung ..." (so BSG vom 16.11.1995 - BSGE 77, 86, 91) [BSG 16.11.1995 - 4 RK 1/94].
Die von der Rechtsprechung geforderte Entscheidung hat die Beklagte offensichtlich im besagten Telefonat, das im Einzelnen nicht mehr rekonstruierbar ist getroffen, denn sie hat darin mitgeteilt, dass zu diesem Zeitpunkt kein Versicherungsschutz mehr vorhanden sei, so dass das auch faktisch über dem Tod des vormaligen Mitglieds hinaus durchgeführte Versicherungsverhältnis bis dahin bestehen geblieben ist.
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Die vom BSG angestellten Überlegungen zur Wirkung des § 10 SGB V und zum fehlenden Selbstvollzug bzw. der Notwendigkeit seiner verwaltungsmäßigen Umsetzung, haben jedoch generelle Gültigkeit. Wenn auch in der alltäglichen Praxis beim Tode eines Mitglieds gegenüber den bis dahin familienversichert gewesenen Angehörigen meist keine entsprechende Verwaltungsentscheidung der Kasse ergehen mag, und gleichwohl der Wechsel in die freiwillige Versicherung problemlos erfolgt, dann lässt sich das mit "der zeitnahen verwaltungsbehördlichen Feststellung "des Ausscheidens des vormaligen Mitgliedes erklären (vgl. BSG vom 16.11.1995 a.a.O., S.91 o). Von diesen intakten Familienverhältnissen weicht der vorliegende Fall aber deutlich ab. Es kann nämlich mangels konkreter Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, wovon das Sozialgericht und anfänglich auch der Senat bei Erlass seines ablehnenden Prozesskostenhilfebeschlusses ausgegangen waren, dass die Betreuerin zeitnah vom Tode des Vaters, also des Mitgliedes, erfahren hatte
....
An dieser Stelle der Prüfung vom Ende der Familienversicherung geht es allein darum, ob die Beklagte verpflichtet war, für klare Verhältnisse durch Erlass eines feststellenden Bescheides zu sorgen. Ohne die Betreuerin von ihren Pflichten gegenüber der betreuten Klägerin entlasten zu müssen, hatte die Beklagte hier die Aufgabe, das Versicherungsverhältnis klarstellend zu beenden. Wäre dies rechtzeitig geschehen, wäre es dann auch nicht zu den nachgehenden Leistungen mehr gekommen bzw. wenn die Beklagte sich zeitnah um die Aushändigung der Krankenkarte gekümmert hätte (§ 291 Abs.4 in der bis Ende 2003 geltenden Fassung).
Ob entgegen BSG vom 16.11.1995 a.a.O. die Feststellung vom Ende der Familienversicherung auch rückwirkend hätte erfolgen können, so das BSG vom 25.01.2006 - B 12 KR 10/04 R - abgedruckt in Beilage Leistungen 2006, S.179, braucht hier nicht geprüft zu werden.
Trifft die Krankenkasse aber die hier notwendige Feststellung nicht, kann sie den Beitrittswilligen, vormaligen Familienversicherten nicht den Ablauf einer Frist, die bis dahin nicht zu laufen begonnen hat, entgegenhalten. Im Ergebnis, wenn auch mit anderer Begründung ist das von Landessozialgerichten für NRW im Urteil vom 17.11.1998 - L 5 KR 44/97 - und in Thüringen vom 21.02.2005 - L 6 KR 665/03 - nicht anders gesehen worden.
Okay, bei nicht intakten Familienverhältnissen (Trennung der Eheleute / Kinder wohnen allein) muss die Kasse schon etwas machen.
Rückwirkend geht es dann wohl auch nicht, oder?
Hier war der Stammversicherte verstorben.
Nun ja, Zost und wat nu? Sind die Bayern systemwidrig? Die Bayern haben auch die BSG-Entscheidungen im Bereich der Familienversicherung abgeklopft.