Verfasst: 25.02.2011, 18:52
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Gut. Bibo, gab es einen ärztlichen Notdienst, den du am Wochenende hättest aufsuchen können?Machts Sinn hat geschrieben: In ständiger Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, dass das Unterlassen der ärztlichen AU-Feststellung einem Anspruch auf Krankengeld nicht entgegengehalten werden darf, wenn die rechtzeitige Feststellung oder Meldung der AU durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind.
Wenn ein Wochenenddienst vorhanden war und der Versicherte diesen nicht aufgesucht hat, sind die Umstände dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzuordnen. Oder kennst du ein BSG-Urteil, in dem eine andere Auffassung bestätigt wird?Machts Sinn hat geschrieben: Nach der grundsätzlich strikten wortgetreuen Auslegung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V stimme ich dir zu. Das BSG hat davon aber ausdrücklich Ausnahmen anerkannt – wenn auch nur in engen Grenzen, z. B. wenn die ärztliche Feststellung durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind. Gerade das Vorliegen dieser Voraussetzungen habe ich unter Hinweis auf die AU-RL darzustellen versucht.
LSG Bayern, 27.10.2009, L 5 KR 72/09, keine Revision zugelassenNach ständigernach ständiger Rechtsprechung stellt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine reine Formalität dart, die auch rückdatiert werden könnte. Aus den Regelungszusammenhängen ist zu entnehmen, dass es den gesetzlichen Krankenkassen nicht zugemutet werden soll, die Voraussetzungen eines verspätet gemeldeten Krankengeldanspruches im Nachhinein aufklären zu müssen. Sie sollen vielmehr die Möglichkeit behalten, Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R).
Ein von dieser strikten Regelung abweichender, anzuerkennender Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
Weder ist die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert, die dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzuordnen wären noch sind sonstige, der Beklagten zuzurechnenden Fehlabläufe erkennbar.
Auch die weitere Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen es den Versicherten unmöglich war, die rechtzeitige Attestierung der Arbeitsunfähigkeit zu veranlassen, liegt nicht vor. Zwar litt die Klägerin nach der gesamten ärztlichen Dokumentation unter einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, die nur unter ständiger ärztlicher pharmakologischer Behandlung gehindert ist, in vollem Umfange auszubrechen. Diese Krankheit war im Laufe des Jahres 2003 wieder ausgebrochen, mit der Folge der Unterbringung im Bezirkskrankenhaus H ... Jedoch hatte sich dieser Zustand der Entgleisung infolge der stationären Behandlung gebessert, wie die beigezogenen Berichte aus dem Verfahren des Amtsgerichts B-Stadt - Vormundschaftsgericht - beweisen. Danach war die medizinische Behandlung so erfogreich, dass die Klägerin Anfang 2004 auch wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen konnte und in Realisierung ihres Arbeitslosengeld-Restanspruches Leistungen der F. bezog.
Es ist zwar denkbar, dass entsprechend den Ausführungen und den Bescheinigungen des Dr. G. die Klägerin tatsächlich am 26.01.2004 wiederum unter den Folgen der psychischen Erkrankung gelitten hatte. Die entsprechende Einschätzung des Dr. G. ist in Anbetracht des Krankheitsverlaufes nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Allerdings bestehen auch gegenteilige Anhaltspunkte, die jedenfalls belegen, dass der von Dr. G. angenommene Wiederausbruch der Krankheit es der Klägerin nicht außer Stand gesetzt hatte, einen Arzt zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufzusuchen. Denn die beigezogenen Akten der F. beweisen, dass die Klägerin am 21.01.2004 in der Lage war, persönlich auf der Arbeitsagentur B-Stadt vorzusprechen und ihren Restanspruch auf Arbeitslosengeld geltend zu machen. Dabei konnte sie angeben, dass ihre Vermittlungsfähigkeit auch gesundheitlich nicht eingeschränkt war. Zudem konnte sie am Folgetag, dem 22.01.2004 ebenfalls auf der Arbeitsagentur B-Stadt persönlich Arbeitslosenhilfe beantragen und dabei durch Ankreuzen die Erklärung abgeben, sie sei nicht aus gesundheitlichen Gründen in der Vermittelbarkeit eingeschränkt. In die gleiche Richtung deutet, dass die Klägerin am 03.02.2004 eigenhändig eine Veränderungsmitteilung gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit unterzeichnet hat, sie sei ab 02.02.2004 arbeitsunfähig erkrankt.
In Auswertung der ärztlichen Feststellung des Dr. G. und der Dokumentation der F. ergibt sich somit, dass Hinweise für und gegen eine Arbeitsunfähigkeit bestehen. Die Nichterweislichkeit der Arbeitsunfähigkeit geht aber zu Lsten der Klägerin. Darüber hinaus fehlt es an der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Ausnahmefalls der nachträglichen AUB nämlich an der Verhinderung, die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig attestieren zu lassen.
Machts Sinn hat geschrieben: Bei Bibo muss an der AU am Sonntag aber kein Zweifel bestehen.
Wie bitte? Ich habe doch das Gerichtsurteil zitiert. Ich lehne die Ausnahme überhaupt nicht gedanklich ab, bin jedoch der Meinung, dass sie in diesem Fall nicht greift. Wenn du deine Rechtsauffassung subsumieren würdest, könnte ich dir vielleicht folgen.Machts Sinn hat geschrieben: Und du beweist damit, dass du eine Ausnahme von § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V bereits gedanklich ablehnst, obwohl diese vielfach höchstrichterlich bestätigt ist.