Mutterschaftsgeld
Moderatoren: Czauderna, Karsten
Geyer/Knorr/Krasney, Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung – Krankengeld – Mutterschaftsgeld, § 14 MuSchG Zuschuss zum Mutterschaftsgeld5. Keine Weitergewährung des Arbeitsentgelts
19 In § 14 MuSchG fehlt jeder Hinweis darauf, wie sich eine Weiterzahlung des Arbeitsentgelts während der Schutzfristen auf den Zuschuss auswirkt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Frau während der Schutzfrist vor der Entbindung zulässigerweise arbeitet. Folgende Fallgestaltungen sind zu unterscheiden:
19a Zahlt der Arbeitgeber das volle Arbeitsentgelt weiter, so ruht gemäß § 24 i Abs. 4 S. 1 SGB V der Anspruch auf das Mutterschaftsgeld gegen die Krankenkasse; zum Begriff des Arbeitsentgelts vgl. § 24 i SGB V Rdnr. 41ff. Gleichzeitig entfällt der Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. In dieser Konsequenz widerspiegelt sich das Wesen des Zuschusses, nämlich seine Lohnersatzfunktion. Da der Frau durch die Zahlung von Mutterschaftsgeld und Zuschuss ein Einkommen in Höhe des bisherigen Arbeitsentgelts gesichert werden soll, d. h. die Frau während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung finanziell so zu stellen ist, wie sie in ihrem Arbeitsverhältnis vor Beginn der Schutzfristen gestanden hat, besteht konsequenterweise dann kein Bedürfnis für den Zuschuss, wenn die Frau das volle Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber weitererhält. Dabei ist unerheblich, ob die Frau das Arbeitsentgelt mit oder ohne Arbeitsleistung erhält. Genauso Buchner/Becker, § 14 MuSchG Rdnr. 26.
Hat die Frau nach Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG die Arbeitsstelle gewechselt und arbeitet sie bei dem neuen Arbeitgeber voll weiter, so besteht kein Anspruch mehr gegen den früheren Arbeitgeber. Der Verdienst aus dem früheren Arbeitsverhältnis kann folglich bei der Höhe des Zuschusses nicht berücksichtigt werden; dies gilt auch dann, wenn das frühere Arbeitsverhältnis während des gesamten Berechnungszeitraums bestand oder gar in den Bezugszeitraum hineinreichte.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt tatsächlich gewährt. Erfüllt er den Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts nicht, so hat die Frau gegen die Krankenkasse Anspruch auf Mutterschaftsgeld und, sofern der bisherige Durchschnittsverdienst mehr als 13 Euro pro Kalendertag beträgt, gegen den Arbeitgeber auf einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Gemäß § 115 Abs. 1 SGB X geht der Anspruch der Frau gegen den Arbeitgeber in Höhe des gezahlten Mutterschaftsgeldes auf die Kasse über (vgl. Buchner/Becker, § 14 MuSchG Rdnr. 109).
20
Wird das Arbeitsentgelt nur teilweise weitergezahlt, so ist zu unterscheiden:
Arbeitet die Frau bei ihrem bisherigen Arbeitgeber auch während der Schutzfrist einige Stunden täglich, so ist das teilweise weitergezahlte Arbeitsentgelt auf das Mutterschaftsgeld anzurechnen. Nach § 24 i Abs. 4 SGB V ruht nämlich das Mutterschaftsgeld, wenn und soweit die Frau beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhält. Beläuft sich z. B. das durchschnittliche kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt auf 30 Euro und bezahlt der bisherige Arbeitgeber ein Arbeitsentgelt in Höhe von 10 Euro weiter, so steht der Frau ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld gegen die Krankenkasse in Höhe von 13 Euro-10 Euro = 3 Euro zu. Die Höhe des Anspruchs auf den Zuschuss beträgt 17 Euro. Beträgt das Nettoarbeitsentgelt 20 Euro und bezahlt der Arbeitgeber 8 Euro weiter, so hat die Frau einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 Euro-8 Euro = 5 Euro; der Anspruch auf den Zuschuss beträgt 7 Euro.
Arbeitet die Frau während der Schutzfrist bei einem anderen Arbeitgeber, ohne dass das bisherige Arbeitsverhältnis beendet ist, wird das weitergezahlte Arbeitsentgelt auf das Mutterschaftsgeld angerechnet. Hingegen bleibt die Zuschusspflicht des bisherigen Arbeitgebers unverändert bestehen. Vgl. aber auch ArbG Freiburg, Urteil vom 6. 2. 2003, NZA-PR 2003, 626, das mit der Frage konfrontiert war, ob eine Frau, für die der Arzt ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen hatte, die Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG erhielt, mangels Beschäftigung jedoch nicht umgesetzt werden konnte und die deshalb bei einem anderen Arbeitgeber arbeitete, den dabei erzielten Verdienst an den Arbeitgeber herausgeben muss. Das ArbG Freiburg, a. a. O., hat diese Frage verneint. Diesem Ergebnis kann nicht gefolgt werden. Mag es hierfür auch keine unmittelbare Rechtsgrundlage geben. So folgt doch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass eine Frau, die Mutterschutzlohn erhält, während dieser Zeit bei einem anderen Arbeitgeber arbeitet und Arbeitslohn erhält, sich diesen Betrag anrechnen lassen muss. Mit den mutterschutzrechtlichen Regelungen sollen wirtschaftliche Nachteile für die Frau vermieden werden. Sie soll jedoch nicht besser gestellt werden, als wenn sie nicht schwanger wäre. Vgl. § 11 MuSchG Rdnr. 39a.
Wechselt die Frau während der Schutzfrist vor der Entbindung die Arbeitsstelle und arbeitet sie beim neuen Arbeitgeber weiter, so gilt: Das Mutterschaftsgeld ruht in Höhe des weitergezahlten
Arbeitsentgelts. Der Anspruch auf das Arbeitsentgelt bzw. den Zuschuss richtet sich gegen den neuen Arbeitgeber. Da das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber beendet ist, besteht ihm gegenüber weder ein Anspruch auf den Zuschuss, noch beeinflusst der frühere Lohn die Höhe des Zuschusses.
Zahlt der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiter oder gewährt er sonstige geldwerte Leistungen, ohne dass die Frau arbeitet, ist diese Leistung des Arbeitgebers auf den Zuschuss anzurechnen (h. M.; vgl. z. B. Zmarzlik/Zipperer/Viethen, § 14 MuSchG Rdnr. 26; Buchner/Becker, § 14 MuSchG Rdnr. 28). Erst wenn sie den Zuschuss übersteigt, kommt das Mutterschaftsgeld zum Ruhen.