freiw. Kv als Rentner / Beiträge unterhalb Mindestbemessung

Informationen zu Fusionen, Zusatzbeiträgen und Beitragsausschüttungen der gesetzlichen Krankenkassen

Moderatoren: Czauderna, Karsten

Antworten
Rossi
Beiträge: 2075
Registriert: 16.12.2007, 14:41

freiw. Kv als Rentner / Beiträge unterhalb Mindestbemessung

Beitrag von Rossi » 21.03.2014, 08:54

Uspela, hier legt sich eine Kammer des Sozialgerichtes aber ganz weit aus dem Fenster.

Sozialgericht Chemnitz S 10 KR 422/12 12.09.2013

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... sensitive=

Zitat:
I. Die Beklagte wird verurteilt, in Abänderung des Bescheides vom 11.05.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2009 die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung ohne Berücksichtigung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze des § 240 Abs. 4 SGB V zu berechnen.

....


Das Gericht ordnet § 238 a SGB V als lex specialis gegenüber § 240 SGB V ein, was die Beitragsbemessung der freiwillig versicherten Rentner betrifft. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 238 a SGB V. Der Wortlaut verweist lediglich auf § 240 Abs. 1 SGB V, jedoch nicht auf die übrigen Vorschriften in § 240 SGB V. Schon damit ist die Vorschrift des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V aus § 238 a SGB V herausgenommen.

Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V kann auch nicht in § 240 Abs. 1 SGB V hineingelesen werden. Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V soll die Beitragsbelastung der freiwilligen Mitglieder die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen. Eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann sich nach Ansicht des Gerichts jedoch nur daran bemessen, welche Einnahmen das freiwillige Mitglied tatsächlich zur Verfügung hat. Fiktive Einnahmen können daher bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des § 240 Abs. 1 SGB V nicht berücksichtigt werden.
Zuletzt geändert von Rossi am 21.03.2014, 12:18, insgesamt 1-mal geändert.

Bully
Beiträge: 1205
Registriert: 10.12.2009, 16:47

Beitrag von Bully » 21.03.2014, 11:12

Uspela, das kann man laut sagen

bleibt die Frage, ziehen eventuell andere SG nach,
wird es vom LSG und BSG dann so bestätigt ???

aber im Einzugsgebiet des Sozialgericht Chemnitz,
eröffnet der § 44 SGB X schon jetzt die Möglichkeit, auf den anfahrenden Zug mit aufzuspringen

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_10/__44.html

§ 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Gruß Bully

Czauderna
Beiträge: 11322
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 21.03.2014, 13:24

Hallo,
ja, das wäre revolutionär und würde logischerweise den Wegfall der Mindestbeitragsbemessungsgrenze bedeuten (Gleichbehandlung).
Dies würde aber dann zwangsläufig auch zu Mitgliedschaften ohne Beitrag
führen, nämlich immer dann, wenn bei Personen über 25 Jahre der Familienversicherungsanspruch weg fällt und es keine eigenen, anrechenbaren Einkünfte gibt (Beitrag soll sich an den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen orientieren - 0 bleibt 0).
Gruss
Czauderna

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 21.03.2014, 21:19

@Czauderna: Eine Konkretisierung/Anpassung der Formulierung "Beitragsbemessungsgrenze" im 240er SGB V ist aber auch möglich.

Rossi
Beiträge: 2075
Registriert: 16.12.2007, 14:41

Beitrag von Rossi » 21.03.2014, 21:21

Nun ja, ich glaube persönlich, dass sich diese Entscheidung definitiv nicht durchsetzen wird.

Der Ansatz mag zwar innovativ und kreativ sein, aber er ist systematisch nicht durchdacht.

Das lex specialis dürfte auch hinken; denn bei bei § 238a SGB V geht es nur um die Rangfolge.

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 21.03.2014, 21:31

@Rossi: ...und man hat die Herleitung über eine Formulierungslücke gemacht, das ist halt immer leicht behebbar.

Rossi
Beiträge: 2075
Registriert: 16.12.2007, 14:41

Beitrag von Rossi » 21.03.2014, 21:38

Nun ja, dies müsste man ggf. allerdings auch machen (beheben)!

Antworten