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Bemessungszeitraum bei "gestückelter" Krankheit

Verfasst: 22.03.2017, 11:08
von Inga67
Hallo,

ich habe hier ein Berechnungsproblem des Krankengeldes und hoffe auf eure Hilfe, da das ganze noch Neuland für mich ist. Folgende Situation (ich versuche das ganze Strukturiert zu schildern):

Arbeitnehmer Paul arbeitet im Oktober, November, Dezember in einer 3/4 Stelle und bekommt dafür 2000€ Brutto.
Davor arbeitete er im Ausland Vollzeit und bekam noch wesentlich mehr Geld.

Im Januar und Februar nimmt Paul jeweils 10 Tage unbezahlten Urlaub, da seine Firma in dieser Zeit keine Arbeit für ihn hat. Er bekommt jeweils folglich nur rund 1000€ Brutto.
Vom 6. - 9.3. ist Paul das erste Mal krankgeschrieben. Dann versucht er wieder zu arbeiten, muss sich aber vom 13. - 16.3. wieder krank schreiben lassen. Er probiert es wieder und muss sich aber ab dem 20.3. wieder krankschreiben lassen. Immer wegen der selben Krankheit.

Nun hat Paul Angst, das seine Krankheit andauert und er ins Krankengeld rutscht. Hierbei stellt sich die Berechnungsfrage.

Laut "Internet" wird als Berechnungszeitraum die letzte Abrechnung genommen (vorrausgesetzt, diese umfasst 4 Wochen). Das Wäre bei Paul ja der schlecht bezahlte Februar.

Frage 1: Kann in diese Fall von stark unterschiedlichen Gehältern ausgegangen werden und es werden die letzten X (wieviele?) Monatsgehälter zusammengerechnet und ein Mittelwert gebildet? Oder bleibt es in jedem Fall beim schlechten Februargehalt als Berechnungsgrundlage?

Frage 2: Was ist wenn Paul ab 25.3. wieder arbeitet und dann aber ab z.B. 20.4. wieder wegen der selben Sache krank wird: Wird dann der März als Berechnungszeitraum genommen? Da ja nun eine neue Abrechnung vorliegt zu welcher Paul gesund war? Oder immer noch der Februar, da dies der letzte Monat vor erstmaligem Eintritt der Krankheit war?

Ich danke euch für eure Hilfe!

Verfasst: 22.03.2017, 11:36
von Pichilemu
Ich bin kein Arbeitsrechtler und weiß daher nicht, was mit "3/4-Stelle" gemeint ist. Was ist denn vertraglich als Arbeitsentgelt bzw. als wöchentliche Arbeitszeit vereinbart?

Ich frage deswegen, weil es eigentlich arbeitsrechtlich nicht zulässig ist, Mitarbeiter dazu zu zwingen, unbezahlten Urlaub zu nehmen, weil es keine Arbeit im Betrieb gibt, denn das gehört zum unternehmerischen Risiko. So etwas ginge nur z. B. wenn ein Gehalt auf Provisionsbasis vereinbart ist oder bei Arbeit auf Abruf, bei der es keine feste wöchentliche Arbeitszeit gibt.

Das müsste man wissen, damit man das KG berechnen kann.

Verfasst: 22.03.2017, 12:40
von Inga67
Hi Pichilemu, vielen Dank für deine schnelle Antwort!

Mit 3/4-Stelle meine ich eine Teilzeitstelle mit 75%, d.h. 32 Arbeitstunden in der Woche.

Es ist ein Festgehalt pro Monat vereinbart.

Der unbezahlter Urlaub war nicht erzwungen. Dies war eine freiwillige Absprache zwischen AG und AN. Der AN kam hier dem AG freundschaftlich entgegen, als der AG keine Arbeit für ihn hatte, und nahm den unbezahlten Urlaub.
Im Nachhinein sicherlich nicht die beste Entscheidung des AN, aber wer konnte ahnen, das Krankengeld einen Monat später eine Rolle spielen könnte...

Verfasst: 22.03.2017, 13:05
von Pichilemu
Ich hab nochmal in den Berehcnungsbeispielen zum Krankengeld geschaut, das Ergebnis ist sogar besser als gedacht:
Weicht das erzielte Arbeitsentgelt z.B. aufgrund von unbezahlten Fehlzeiten oder zusätzlicher Vergütung vom vereinbarten Arbeitsentgelt ab oder liegt bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein abgerechneter Entgeltabrechnungszeitraum von mindestens 4-wöchiger Dauer noch nicht vor, weil das Arbeitsverhältnis erst während eines laufenden Entgeltabrechnungszeitraums aufgenommen wurde, sind grundsätzlich die vereinbarten (vollen) Monatsbezüge der Berechnung des Regelentgelts zugrunde zu legen (BSG-Urteil vom 30.05.2006 – B 1 KR 19/05 R –). Das Arbeitsentgelt ist durch 30 zu teilen.
Das heißt, dass im Februar wegen unbezahlten Urlaubs weniger ausgezahlt wurde, spielt hier keine Rolle, es gilt das, was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Damit hat sich auch die zweite Frage erledigt, weil es keine Rolle spielt, welcher Monat für die Berechnung des KG angesetzt wird.

Wenn ich das richtig ausgerechnet habe, käme also auf Grundlage eines Bruttoeinkommens von monatlich 2000 Euro ein KG-Anspruch von kalendertäglich 46,67 € bzw. monatlich 1400 € heraus, vorausgesetzt das ist nicht mehr als 90% seines Nettomonatseinkommens (ansonsten wäre es der Betrag).

Verfasst: 22.03.2017, 17:15
von Inga67
Hallo, das hört sich ja erstmal super an, vielen vielen Dank für dieses Dokument und auch für die Berechnung!

Ein kleines "Aber" habe ich allerdings noch: In dem Fall von Paul ist es ja so, das im Januar UND Februar das niedrige Gehalt wegen unbezahltem Urlaub gezahlt wurde. Also in zwei Monaten nacheinander. Und "nur" seit Arbeitsbeginn im Oktober + November + Dezember das Volle.
Gilt da trotzdem noch der von dir genannte Text?

Ist dieses Schreiben denn auch für alle gesetzlichen Krankenkassen bindent? Ich frage, da nur ein Teil der Kassen am Anfang erwähnt wird.

Dann gibt es noch das Problem, das kein Arbeitsvertrag vorliegt, aus dem schriftlich das vereinbarte Einkommen hervorgeht. Diese Vereinbarung liegt nur mündlich vor.
Allerdings gibt es ja Kontoauszüge, aus denen das Gehalt von Oktober, November und Dezember hervorgehen und auch die Tage des unbezahlten Urlaubes von Januar und Februar können nachgewiesen werden. Sollte dies reichen um den von dir angesprochenen Vorraussetzungen zu genügen und dies den Krankenkasse nachzuweisen?

Ich befürchte nämlich eine größere Diskussion mit der Kasse bei dem vorliegenden, auf den ersten Blick nicht eindeutigen, Fall...

Verfasst: 22.03.2017, 17:37
von Pichilemu
Also Krankengeld ist bei allen Krankenkassen gleich, da gibt es keine Unterschiede.

Auch wenn es keinen schriftlichen Arbeitsvertrag vorliegt, sollten die Nachweise über das zugeflossene Gehalt aus dem letzten Jahr zusammen mit dem Nachweis des unbezahlten Urlaubs für Januar und Februar eigentlich ausreichen. Klar wird die KK erstmal nur auf die Gehaltsabrechnung für Februar schauen, aber sobald du denen die Situation erklärst sollten die einlenken. Weil wie gesagt, es gilt in diesem Fall eben das was vertraglich im (hier mündlichen) Arbeitsvertrag vereinbart ist und nicht, was dann tatsächlich ankommt, wenn das wegen unbezahlten Urlaub weniger ist. Sonderregelungen gibt es nur, wenn es regelmäßig mehr gibt als vereinbart (z. B. durch regelmäßige Überstunden), das ist aber hier nicht der Fall.

Verfasst: 23.03.2017, 10:48
von Inga67
Ok, vielen Dank noch einmal für deine Hilfe, du hast mir wirklich sehr viel weiter geholfen. Richtig klasse :)