Ausländische Rente (Beitragsnachzahlung)

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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-ingrid-
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Ausländische Rente (Beitragsnachzahlung)

Beitrag von -ingrid- » 11.12.2015, 12:55

Ich bin Franzose und bekomme eine deutsche und eine französische gesetzliche Rente, bisher zahlte ich nur auf den deutschen Teil Beitrag zur Krankenversicherung. Jetzt will die AOK auch Beiträge auf meine französiche Rente.
Und die AOK will eine Nachzahlung, mit der Begründung: Auslandsrenten sind seit dem 01.07.2011 nach § 228 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Krankenversicherung und nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) beitragspflichtig.
Kann ich diese Nachzahlung verhindern?
Danke schon mal im voraus für die Hilfe.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 11.12.2015, 22:26

Nein, normalerweise nicht. Die Beiträge sind auch noch nicht verjährt.

In der Tat gab es zum 01.07.2011 diese Gesetzesänderung.

Die Frage ist natürlich, wer jetzt aufgrund der Gesetzesänderung zum 01.07.2011 etwas hätte machen müssen?!

Gibt es für Dich im Gesetz eine Verpflichtung der Kasse diese französische Rente zu melden? Oder hätte die Kasse - aufgrund der Gesetzesänderung - alle betroffenen Rentner vielleicht anschreiben müssen?

Einige Kassen haben in der Tat in 2011 eine Aktion gemacht und alle Rentner angeschrieben und nachgefragt, ob sie zusätzlich auch eine ausländische Rente beziehen. Es waren aber nicht alle Kassen. Du bist offensichtlich bei einer Kasse versichert, die diese Aktion damals (2011) nicht gemacht hat.

Und jetzt sollst bzw. musst Du nachzahlen?! Wie fühlst Du dich dabei?!

Du hast gem. § 205 SGB V nur eine Verpflichtung "Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 SGB V" der Kasse zu melden. Unter dieser Meldeverpflichtung fallen aber nicht die ausländischen Renten im Sinne des § 228 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Denn Äpfel sind nicht gleich Birnen.

In dieser Konstellation (keine Meldeverpflichtung / Gesetzesänderung) landen wir dann ggf. bei der sog. Verwirkung. Will heißen, es gab eine Gesetzesänderung; Du hattest keine Meldeverpflichtung; die Kasse schlummert im Dornröschenschlaf und macht nichts und jetzt sollst Du löhnen. Könnte dieser Beitragsanspruch nicht ggf. verwirkt sein?!

Was sagt Dir dein gesunder Menschenverstand derzeit?!

Zum Thema Verwirkung eines Beitragsanspruches habe ich nachfolgendes zusammengetragen:

Die Verwirkung ist im deutschen Recht nicht gesetzlich geregelt, sondern ihre Grundsätze wurden von der Rechtsprechung aus der Generalklausel des § 242 BGB (Treu und Glauben) entwickelt. Ein Recht ist dann verwirkt, wenn es der Berechtigte längere Zeit nicht beansprucht hat. Der Verpflichtete kann sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten, dass dieser auch in Zukunft sein Recht nicht geltend machen werde. Verwirkung hat nichts mit Verjährung zu tun. Verwirkung kann sowohl im Privatrecht, als auch im öffentlichen Recht geltend gemacht werden. Im Sozialrecht geht die Ausschlussfrist gem. § 111 SGB X inhaltlich in die Richtung von Verwirkung. Das SG Marburg stellt in seinem Urteil S 12 KA 638/05 am 29.3.06 fest, dass das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialrecht gilt.

Voraussetzungen für die Verwirkung eines Rechts sind:

a) Zeitablauf / Zeitmoment: Seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen , muss ein längerer Zeitraum verstrichen sein. Was ein längerer Zeitraum ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. I.d.R. wird nach Ablauf von 1 Jahr von einem längeren Zeitraum ausgegangen. Weiterhin müssen besondere Umstände vorliegen, die nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) den Schuldner davon ausgehen ließen, dass keine Forderungen mehr geltend gemacht werden. Der Schuldner muss in seinem Vertrauen, vom Gläubiger nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, besonders schutzwürdig sein.

b) Untätigkeit des Berechtigten: Der Berechtigte hat trotz Möglichkeit seine Ansprüche nicht geltend gemacht (Recht längere Zeit nicht geltend gemacht.

c) Umstandsmoment: Besondere Umstände müssen hinzukommen: Der Verpflichtete hat und durfte sich darauf einstellen, dass der Berechtigte aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes sein Recht nicht mehr geltend machen wird. Die verspätete Geltendmachung des Rechts muss eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte darstellen.

Zusammengefasst im o.a. Urteil des SG Marburg: „Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebiets das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSG, Urteil vom. 10.08.1999, Az.: B 2 U 30/98 R, SozR 3-2400 § 4 Nr. 5, juris Rdnr. 31; BSG, Urteil vom v. 23.05.1989, Az.: 12 RK 23/88, USK 8964, juris Rdnr. 26, jeweils m. w. N.).“

Die Verwirkung ist eine rechtsvernichtende Einwendung und im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen.

Viel Spaß dabei!

Ich weiß jetzt nicht, was die Kassenfraktion hier im Forum meint.

Vor allen Dingen; über wieviel reden wir hier!?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 12.12.2015, 09:59

Hallo,
Hat die Kasse erstmalig danach gefragt bzw. wie kam sie an die Information über den Rentenbezug ?
Ich gebe zu, das was Rossi geschrieben hat klingt schlüssig, er findet fast immer etwas, dass die Kassen alt aussehen lässt und so formuliert er es dann auch - er wäre bestimmt ein super Rechtsanwalt.
Aber Spaß beiseite, in deinem Fall könnte es passen mit der Verwirkung, allerdings, ob das so einfach durchzusetzen sein wird, das ist die spannende Frage.
Gruß
Czauderna

Bully
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Re: Ausländische Rente (Beitragsnachzahlung)

Beitrag von Bully » 12.12.2015, 10:42

-ingrid- hat geschrieben:Ich bin Franzose und bekomme eine deutsche und eine französische gesetzliche Rente,

Hallo Ingrid,

Du schreibst " eine französische gesetztliche Rente "

na, dann schau mal hier,


http://www.aok-business.de/fachthemen/p ... d/4964072/

Auch für französische Renten sind in Deutschland volle Beiträge zu zahlen

Deutsche, die neben ihrer deutschen Rente eine Betriebsrente aus einem anderen EU-Land beziehen (hier: Frankreich), haben auch von dieser ausländischen Rente Beiträge an ihre gesetzliche Krankenkasse abzuführen. Und das gilt auch für den seit dem Jahr 2004 verdoppelten Beitrag, der auf Betriebsrenten zu entrichten ist.

Gruß Bully

Rossi
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Beitrag von Rossi » 12.12.2015, 11:12

Nun ja, jetzt kommt bekanntlich das Äpfel und Birnenprinzip!

Ist es eine französchische Altersrente oder eine sog. französische Betriebsrente (Versorgungsbezug). Wenn es ein Versorgungsbezug ist, dann sind fast die doppelten Beiräge zu zahlen, ferner bestand für dich eine Meldeverpflichtung. Und dann sieht es mit der Verirkung nicht gut aus.

Die Kasse beruft sich aber auf § 228 SGB V, was eben nicht auf einen Versorgungsbezug deutet.

-ingrid-
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Beitrag von -ingrid- » 12.12.2015, 12:39

Danke für Eure Antworten!
Muss jetzt erst mal versuchen alles genau zu verstehen, was Ihr mir geanwortet hab...

Rossi
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Beitrag von Rossi » 12.12.2015, 12:57

Gucke doch erst einmal nach, was für eine Rente es genau ist.

Und dann schildere genau, wie es dazu gekommen ist, dass die AOK erst jetzt die Beiträge dafür haben möchte.

-ingrid-
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Beitrag von -ingrid- » 14.12.2015, 14:32

Hallo Rossi,

die FRA-Rente ist eine gesetzliche.

Ich habe einen Fragebogen von der AOK bekommen über meine Einkünfte, das war im Jahr 2007. Den habe ich richtig ausgefüllt und mein FRA-Rente und sogar meine kleine österreichische Rente angegeben. Von Okt. 2009 bis Okt. 2010 war ich in Griechenland und dort versichert. Im Okt. 2010 bin ich wieder nach Deutschland gezogen und habe mich wieder bei der AOK gemeldet. Die haben mich OHNE nachzufragen wieder aufgenommen und mir die Beiräge auf meine deutsche Rente berechnet. Habe mich auch gewundert, weil die nicht sehr hoch ist.
Seit Sep. 2010 habe ich keine Fragen von der AOK bekommen. Erst jetzt im Dez. 2015! Dass ich mehr Beiträge bezahlen muss, auch auf meine FRA-Rente ist mir klar (leider), aber, dass die AOK eine Nachzahlung will seit 2011, will ich verhindern (kann ich gar nicht bezahlen). Die könne doch nicht jetzt damit kommen, ohne je neu nachgefragt zu haben, seit dem neuen Gesetz.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 29.12.2015, 23:32

Hallo Ingrid.

Über welche Summe reden wir hier?

Für mich ist das im ersten Ansatz ziemlich klar. Dir selber ist kein Fehlverhalten vorzuwerfen.

Deiner AOK war es bekannt, dass Du eine französische Rente erhälst. Deine AOK hat zum 01.07.2011 keine Aktion gemacht; vermutlich war sie überlastet oder hat es nich für nötig gehalten.

Jetzt sollst du bluten?

Kann jenes wohl sein?!

Czauderna hat als Moderator schon eindrucksvoll geschildert, dass es hier einzig und allein darauf ankommt, wie der oberste Boss deiner AOK druff ist.

Hardcore oder Softcore?

Ich tippe mal uff Hardcore!!!!

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