Seite 1 von 3

Falscher Rat der Krankenkasse – Folgen für das Krankengeld

Verfasst: 17.04.2015, 21:50
von Anton Butz
Der 1. BSG-Senat hat früher schon
… entschieden, dass wenn der Versicherte (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, er (2.) daran aber durch eine von der KK zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde (zB durch die Fehlbeurteilung der AU des Vertragsarztes und des MDK), und er (3.) - zusätzlich - seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht, der Versicherte sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen kann. Unter diesen engen Voraussetzungen kann die Unrichtigkeit der ärztlichen Beurteilung ggf auch durch die nachträgliche Einschätzung eines anderen ärztlichen Gutachters nachgewiesen werden und der Versicherte ausnahmsweise rückwirkend Krg beanspruchen (vgl zum Ganzen BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, RdNr 22 ff; kritisch allerdings Knispel, NZS 2014, 561 ff).
Diesen Rechtssatz haben die Herren "konkreter Vorgaben" mit dem – nach Datum und Aktenzeichen – letzten Krankengeld-Urteil vom 16.12.2014, B 1 KR 37/14 R, um einen weiteren Grundsatz ergänzt:
Auf dieser Linie liegt es, wenn man den Versicherten hiermit gleichstellt, der in Unkenntnis seiner Obliegenheiten nicht etwa Rechtsrat bei einem Arzt sucht (vgl dazu zB BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 192 Nr 6 RdNr 20), sondern (1) bei seiner hierzu berufenen KK, (2) dadurch aber (3) wegen erwiesener Fehlberatung seiner KK von der (4) gebotenen ärztlichen AU-Feststellung innerhalb des bestehenden, ärztlich bereits festgestellten AU-Zeitraums (5) abgehalten wird und damit trotz (6) nachträglich voll nachgewiesener AU (7) seines Krg-Anspruchs wegen Verletzung der Obliegenheit lückenloser ärztlicher AU-Feststellung verlustig zu gehen drohte, aber seine Rechte spätestens unverzüglich nach Kenntniserlangung von der wahren Rechtslage geltend macht. Auch in diesem Falle liegt der Grund für die nachträgliche AU-Feststellung allein im Risikobereich der KK. Sie kann durch angemessene Organisation, Schulung der eigenen Mitarbeiter und den Betroffenen mitgeteilte Dokumentation sachlich richtiger Beratung vermeiden, dass ihre unzutreffende Beratung Versicherte von der rechtzeitigen ärztlichen AU-Feststellung abhält. Das LSG hat hierzu keine Feststellungen getroffen, obwohl der Kläger einen solchen Sachverhalt behauptet, die Beklagte aber in Abrede gestellt hat. Es hat die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
Schönen Gruß
Anton Butz

Verfasst: 17.04.2015, 22:17
von Czauderna
Hallo Anton,
Und was ist jetzt das Problem oder die Frage ?
Einfach nur einen eigenen oder kopierten Text einstellen, das passt nicht.
Also bitte ergänzen , ansonsten mache ich dann morgen im Laufe des Tages zu.
Gruß
Czauderna

Verfasst: 17.04.2015, 23:21
von Anton Butz
Hallo Czauderna,

klar habe ich Fragen / Diskussionsbedarf:

Wo liegt bei „Formalitäten“ der AU-Feststellung/Bescheinigung – für den
Versicherten – der entscheidende Unterschied, ob der falsche Rat direkt von
der Krankenkasse oder aber von deren Kassen-/Vertrags-Arzt kommt?

Wie ist zu erklären, dass die Krankenkassen von sich aus Versicherte und
Ärzte nicht über deren Obliegenheiten und Pflichten im Zusammenhang mit
der Feststellung und Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit aufzuklären haben,
die Versicherten durch den Verlust des Krankengeldes und der kostenfreien
Krankenversicherung sowie die Ärzte bei Schadenersatzansprüchen ihrer
Patienten aber die „Dummen“ sein sollen?

Schönen Gruß
Anton Butz

Verfasst: 18.04.2015, 00:12
von broemmel
@ Czauderna

Bitte schließen. Ich glaube nicht an einen wirklichen Willen zur Diskussion

Verfasst: 18.04.2015, 14:30
von Lady Butterfly
wenn die Krankenkasse tatsächlich "falschen Rat" (wie es die Überschrift suggeriert) geben sollte, kann sie dafür haftbar sein aus § 14 SGB I - Stichwort "sozialrechtlicher Herstellungsanspruch" - Voraussetzung dafür ist aber, dass die Versicherten sich beraten lassen.

http://www.finkenbusch.de/?p=826

Verfasst: 18.04.2015, 20:15
von Czauderna
Hallo,
ich will da auch mal pingelig hinzufügen, dass Rat und Beratung in meinen Augen nicht dasselbe ist.
Interessanter Ansatzpunkt für eine sachliche Diskussion (solange, wie es geht) wäre hier tatsächlich die Frage - muss die Kasse immer und in jedem Fall, der eine Leistungsinanspruchnahme betrifft beraten, wie hat das auszusehen und muss es dokumentiert werden und muss dies auch gegen den Willen des Versicherten geschehen, oder gilt diese Beratungspflicht nur bei Beratungswunsch des Versicherten. Als Abschlussfrage (etwas provokativ), und wenn die Beratung erfolgte und dokumentiert wurde, dann gibt es keine Krankengeldfalle mehr, denn in eine Falle kann man ja nur hineingeraten, wenn man vorher nix von ihr wusste und wenn man dann trotzdem hinein tappt, ist dann immer noch die Kasse oder der Gesetzgeber schuld oder kann es da auch mal ausnahmsweise der Versicherte selbst sein?
Gruss
Czauderna

Verfasst: 19.04.2015, 11:31
von Anton Butz
Hallo Czauderna,

um bei der provokativen Abschluss-Frage nach der "Schuld" zu beginnen:

Die Hauptschuld trifft weder den Gesetzgeber noch die Krankenkassen - dachte darin sind
wir längst einig: BSG-Krankengeld-Falle!

Dazu sind die Kassen - fast - fein raus. Das BSG verneint (im Interesse des Wirkungsgrades?)
eine allgemeine Pflicht zur Aufklärung / Beratung / Warnung durch die Krankenkassen, außer
bei konkretem Anlass.

Unabhängig davon meine ich, macht es keinen Sinn, eine Falle für alle sichtbar zu machen -
denn dann ist es ja tatsächlich keine wirksame Falle mehr und könnte auch gleich
verschrottet werden.

In diesem Sinne geht der Kampf dagegen zumindest von mir weiter:

Bild

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... id-4693823

Schönen Gruß
Anton Butz

Verfasst: 19.04.2015, 12:08
von Czauderna
Hallo,
ja, verstanden, aber wäre es da nicht doch effektiver die Aufklärung in den Vordergrund zu stellen, also alle Beteiligten immer und immer wieder dazu aufrufen, diese "Falle" zu erkennen und zu vermeiden, also Kassenmitarbeiter, Ärzte (Arztpraxen) aber auch die Versicherten selbst.
Wäre es nicht sinnvoller, wenn in den dazu existierenden Foren im Internet, mehr darauf ein Augenmerk gelegt wird als mit *** von Gesetzestexten und den dazu vorliegenden Urteilen aller Instanzen -
bringt es dem Versicherten nicht mehr, wenn die Falle vermieden wird, als wenn erst im Nachgang solche Probleme mühsam aus den Weg geräumt werden müssen und das meist dann auch noch ohne Erfolg ?.
Es ist übrigens das erste Mal, dass du von deinem Kampf sprichst - finde ich gut. Natürlich kann man das Eine tun ohne das Andere zu lassen.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 19.04.2015, 12:12
von broemmel
AB sollte mal erklären worin der Sinn dieses Threads besteht.

Bisher sehe ich wieder nur Selbstdarstellung

Verfasst: 19.04.2015, 13:02
von Lady Butterfly
ich bin ebenfalls der Meinung, dass es sinnvoller ist, durch Beratung und Aufklärung Probleme zu vermeiden als dem unendlichen Wiederkäuen der immer gleichen Thesen Foren zuzumüllen.

Wir leben in einem Staat, der uns gewisse Rahmenbedingungen setzt. Mit denen man mehr oder weniger einverstanden sein kann, und die man durchaus auch kritisieren und hinterfragen kann und soll. Dazu gehören auch die Gesetze und die Rechtsprechung zum Thema Krankengeld.

Nun kann man versuchen, diese zu ändern (sprich: Gesetzesänderung) oder man kann versuchen, das Beste daraus zu machen. Z. B. indem man die betroffenen über die Fallstricke aufklärt und Wege aufzeigt, um diese zu vermeiden.

Last but not least: was Krankengeld mit Ehrverletzung, Rufschädigung und Beleidigung zu tun hat? Und wieso werden hier Postings aus anderen Diskussionen verlinkt?

Ich halte diese ganzen Äußerungen - wie broemmel - eher für Selbstdarstellung ohne irgendwelchen sachlichen Nutzen. Macht es wirklich Sinn, die eigene Minderheitsmeindung in allen möglichen Foren zu verbreiten? Mich erinnert das alles an den Witz mit dem Fahrer, der auf einer Autobahn fährt, als er eine Warnmeldung hört: Achtung, ein Falschfahrer kommt ihnen entgegen und sich fragt "wieso einer - alle!"

Verfasst: 19.04.2015, 13:39
von Anton Butz
Hallo Czauderna und Lady Butterfly,
Czauderna hat geschrieben: … wäre es da nicht doch effektiver die Aufklärung in den Vordergrund zu stellen,
also alle Beteiligten immer und immer wieder dazu aufrufen, diese "Falle" zu erkennen
und zu vermeiden …
Lady Butterfly hat geschrieben: ich bin ebenfalls der Meinung, dass es sinnvoller ist, durch Beratung und Aufklärung
Probleme zu vermeiden als dem unendlichen Wiederkäuen der immer gleichen Thesen
Foren zuzumüllen.
Wäre es nicht auch aus eurer Sicht gerade jetzt noch mehr als bisher effektiver und effizienter,
sich gegen die BSG-Krankengeld-Falle zu wehren, sich als Minderheit Gehör zu verschaffen?

Aus meiner Sicht erscheint dies um ein vielfaches besser als wenn – weiterhin – ca. 130
Krankenkassen immer und immer wieder aufklären, beraten, vor den Gefahren der BSG-
Krankengeld-Falle warnen und wenn die Opfer dann schreien zu sagen: selbst schuld!

Schönen Sonntag
Anton Butz

Verfasst: 19.04.2015, 13:46
von GerneKrankenVersichert
Anton Butz hat geschrieben: Wäre es nicht auch aus eurer Sicht gerade jetzt noch mehr als bisher effektiver und effizienter, sich gegen die BSG-Krankengeld-Falle zu wehren, sich als Minderheit Gehör zu verschaffen?
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

verschiedenen Autoren zugeschrieben


Wenn die Weisheit auch zu Anfang nicht da war, so sollte sie eigentlich nach deinem jahrelangen erfolglosen Kampf gereift sein.

Verfasst: 19.04.2015, 15:23
von Czauderna
Hallo Anton,

"Wäre es nicht auch aus eurer Sicht gerade jetzt noch mehr als bisher effektiver und effizienter,
sich gegen die BSG-Krankengeld-Falle zu wehren, sich als Minderheit Gehör zu verschaffen?"

Was nützt dir das Gehör, wenn es rechts reingeht und links ungefiltert wieder raus, mal allgemein geschrieben.
Selbst wenn mein deine Grundmeinung teilt, dein Weg um deinen Kampf
zu bestreiten kann zumindest ich nicht als effektiv betrachten.
Auch wenn du von einer Minderheit schreibst (ich verwende gern dafür den Begriff "Einzelfall"), jeder Fall, der in diese Falle tappt ist ein Fall zuviel.
Solche Fälle zu verhindern, da ist meiner Auffassung nach Aufklärung besser als Gerichtsschelte und Unterstellung von Vorsatz oder was noch schlimmer ist, Unfähigkeit.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 19.04.2015, 16:19
von Lady Butterfly
Anton Butz hat geschrieben:
Wäre es nicht auch aus eurer Sicht gerade jetzt noch mehr als bisher effektiver und effizienter,
sich gegen die BSG-Krankengeld-Falle zu wehren, sich als Minderheit Gehör zu verschaffen?
Aus meiner Sicht erscheint dies um ein vielfaches besser als wenn – weiterhin – ca. 130 Krankenkassen immer und immer wieder aufklären, beraten, vor den Gefahren der BSG-Krankengeld-Falle warnen und wenn die Opfer dann schreien zu sagen: selbst schuld!
Nein - ich werde mich nicht an deinem Kampf beteiligen.

Wenn die Sachlage bekannt ist, weil jemand ausführlich und verständlich beraten worden ist, ist es nach meiner Meinung keine "Falle" mehr. Daher ist es wichtig, über die Problematik zu informieren und auch Wege aufzuzeigen, damit es gar nicht erst zu Problemen kommt. Rechtzeitig zum Arzt gehen anstatt hinterher jahrelang zu prozessieren, mit hohen Kosten und viel Energie aber ohne Ergebnis.

Als Arbeitnehmerin muss ich - wenn ich krank bin - zum Arzt gehen, damit er mir dies bescheinigt. Wenn ich das nicht tue oder zu spät zum Arzt gehe (z. B. Krankmeldung Freitags und erst Dienstags, also am 3. fehlenden Arbeitstag zum Arzt) bekomme ich auch Probleme.

Und selbst wenn ich deine Meinung teilen würde - deine Methoden gefallen mir nicht. Und sie waren bislang ja auch nicht sehr erfolgreich.

Verfasst: 19.04.2015, 17:25
von Anton Butz
Hallo ihr Drei,

eure Statements gerade jetzt erscheinen mir zu skeptisch, nachdem

- der Gesetzgeber auf Forderungen aus Foren heraus im 3. Anlauf dabei ist, …

- der BSG-Präsidenten-Senat auf Krankengeld keinen Einfluss mehr hat

- es dem LSG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 20.11.2014 und dem BSG mit
5 Urteilen vom 16.12.2014 nicht gelang, die Rebellion der Sozialgerichte
Trier, Mainz und Speyer sowie des 16. Senates des Landessozialgerichtes
Nordrhein-Westfalen zu ersticken, sondern Überzeugte ihren Weg weiter
gehen, s. auch hier II. 2.:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 4B5FB1C12C}

Nennt mir gerne einen effektiveren Weg oder auch nur ein zweites Engagement!

P.S.:

Czauderna, der Begriff „Minderheit“ meint hier die „Überzeugten“, nicht die
„Opfer“ – letztere gibt es massig. Und sollte ich das fehlende Wort orakeln, wer
dein … ist, der meine Grundmeinung teilt? Die Schelte sind übrigens – als Buch-
staben – in Relation zu echten Härten bei menschlichen Opfern zu sehen.

Lady Butterfly, dass wir zum Ziel – Probleme vermeiden – einig sind, freut
mich. Auf die Idee, hier Verbündete, evtl. sogar für den Weg, zu finden, wäre
ich, unabhängig von Broemmels Schließ-Aufruf, allerdings nicht gekommen.
Und meinst du nicht, dass das von dir geschilderte Problem durch eine
Ruhens-Regelung angemessen abgegrenzt wäre, das Erlöschen aber
unverhältnismäßig ist?

Schönen Gruß
Anton Butz