Seite 1 von 1
Von hauptberuflicher in nebenberufliche Selbstständigkeit
Verfasst: 12.02.2015, 12:07
von selfie
Hallo, ich bin über zehn Jahre Freiberufler gewesen und bin freiwillig in der GKV. Nun habe ich einen Teilzeitjob angeboten bekommen, der mich reizt und hätte gerne eine Einschätzung zu meinen künftigen status, sprich ob ich abdann als als nebenberuflich selbsständig zählen kann. Folgendes Sezenario
Eckdaten Festanstellung:
- neuer Job ist Teilzeitstelle mit 25 Std./Woche
- Bruttoverdienst Grundentgelt ohne Sonderzulagen ca. 2070.-€ St.kl I netto dann ca. 1380
(- habe daneben noch Job-Angebot auch mit 25 Std., aber mit brutto ca. 1900.- und netto 1300, bitte auch um Stellungnahme zu diesem Szenario)
künftige Eckdaten meiner selbstständigen Tätigkeit
- wird auf zwischen 15 bis max. 18 Std. pro Woche heruntergefahren, Abrechnung erfolgt nach Stunden und wäre nachvollziehbar
- brutto ohne Spesen (z.B Kilometergeld) bei 15-18 Std (Mittelwert) ca. 2700.-€
Meine freiberufliche Tätigkeit würde also brutto mehr abwerfen bei aber deutlich geringerer Arbeitszeit. Wie wäre ich demnach einzustufen? Ziel wäre natürlich dass ich als nebenberuflich selbstständig zähle. Danke im Voraus
Verfasst: 12.02.2015, 13:12
von Czauderna
Hallo,
von der Verteilung der Arbeitszeit würde keine hauptberufliche Selbständigkeit mehr bestehen, da dies aber nicht als alleiniges Kriterium angesehen werden kann, spielt u.a. auch die wirtschaftliche Bedeutung der Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit eine Rolle und von da aus gesehen sehe ich dich weiter als hauptberuflich Selbständigen, das ist aber nur meine eigene Einschätzung - entscheiden muss und wird das Krankenkasse.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 12.02.2015, 13:58
von selfie
...das sind ja keine guten Nachrichten, hätte trotzdem ein paar Nachfragen
1. Hat Jemand evtl. eine anderweitige Meinung, evtl aus eigener Erfahrung?
2. Bis zu welcher Grenze an Einnahmen aus selbs. Tätigkeit wäre es denn rel. sicher, dass ich als nebenberufl. selbsständig zählen würde? Also wieviel dürfte ich dazu verdienen? Wird der Bruttobetrag aller selbsts. Einnahmen herangezogen oder zu versteuernde nach Abzug der abzugsfähigen Ausgaben?
3. Welche praktischen Asuwirkungen hätte es auf die gesamte Soz.versicherung, wenn ich den Job annehme (evtl. mit ungefährer Kosten, die auf mich zukommen)?
Verfasst: 12.02.2015, 15:16
von Czauderna
selfie hat geschrieben:...das sind ja keine guten Nachrichten, hätte trotzdem ein paar Nachfragen
1. Hat Jemand evtl. eine anderweitige Meinung, evtl aus eigener Erfahrung?
Das mit der anderen Meinung lass ich mal weg, kann mir ja nicht selbst widersprechen - Erfahrung dagegen habe ich schon auf diesem gebiet
2. Bis zu welcher Grenze an Einnahmen aus selbs. Tätigkeit wäre es denn rel. sicher, dass ich als nebenberufl. selbsständig zählen würde? Also wieviel dürfte ich dazu verdienen? Wird der Bruttobetrag aller selbsts. Einnahmen herangezogen oder zu versteuernde nach Abzug der abzugsfähigen Ausgaben?
deine Chancen auf Arbeitnehmer beurteilt zu werden stehen u.U. gar nicht mal so schlecht - wenn deine Krankenkasse folgendes zu deinen Gunsten auslegt : Das Bundessozialgericht (BSG) hat festgestellt, dass Hauptberuflichkeit im Sinne des § 5 Abs. 5 SGB V ein deutliches Übergewicht der Faktoren Geld und Zeit bedeutet. Ein bloßes Überschreiten des Arbeitseinkommens über das Arbeitsentgelt genügt somit nicht. Wann allerdings ein Überschreiten "deutlich" ist, hat das BSG nicht präzisiert. Das bedeutet für dich konkret, wertet die Kasse dein Arbeitseinkommen deutlich über dem Gehalt, dann wird sie auf hauptberuflich selbständig entscheiden - was die Höhe angeht, gilt für die Bewertung dein Bruttogehalt und dein zu versteuerndes Einkommen, also das was im Einkommensteuerbescheid steht bzw. stehen würde.
3. Welche praktischen Asuwirkungen hätte es auf die gesamte Soz.versicherung, wenn ich den Job annehme (evtl. mit ungefährer Kosten, die auf mich zukommen)?
Nun, bei hauptberuflicher Selbständigkeit betrifft es nur die Kranken- und Pflegeversicherung (Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht bestünde, meines Wissens nach auf jeden Fall). Dann würde zu deinem Arbeitseinkommen das Bruttogehalt zugeschlagen werden und danach müsstest du den Gesamtbeitrag (14,6 % zzgl. evtl. Zusatzbeitrag) alleine zahlen. Ob du trotzdem einen Anspruch auf einen Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung hättest, kann ich dir leider momentan nicht sagen.
Fällt die Entscheidung auf Arbeitnehmer, dann musst du für dein Arbeitseinkommen keine Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen.
Hättest du nicht die Möglichkeit ggf. dein Arbeitseinkommen abzusenken ?.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 12.02.2015, 16:54
von selfie
Arbeitseinkommen absenken, damit meinst Du sicherlich mein Einkommen aus selbs. Tätigkeit, oder? Das könnte ich tatsächlich noch nach unten korrigieren durch noch weniger Std. nebenberuflich. Deswegen ja auch die Frage, ab welchem Einkommen aus selbs. Tätigkeit in meinem Fall nichts zu befürchten wäre. Weiterhin ob dann der zu versteuernde Gewinn herangezogen wird (also abzüglich der Ausgaben) oder das reine Bruttoeinoommen.
Verfasst: 12.02.2015, 17:18
von Czauderna
Hallo,
Was im Einkommensteuerbescheid steht, also steuerpflichtiges Arbeitseinkommen (aus selbstaendiger Taetigkeit ).
Gruß
Czauderna
Verfasst: 12.02.2015, 17:59
von selfie
Okay, dann mal anders gefragt:
1. Jahresbrutto aus Festanstellung: ca. 26.000€
2. zu versteuerndes Einkommen aus selbs. Tätigkeit: 25.999€
Würde das schon ausreichen
, oder wie hoch darf 2. in Anbetracht von 1. sein?
Verfasst: 12.02.2015, 22:33
von Czauderna
Hallo,
also, wenn ich zu entscheiden hätte,
würde ich auf Arbeitnehmer und damit
Krankenversicherungspflicht entscheiden.
Mit den eben gelieferten Daten bzw, Werten hat sich
natürlich auch meine Meinung geändert.
andere Faktoren wie Gesellschaftsform oder Arbeitnehmer-
Beschaeftigung wird es ha wohl nicht geben.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 13.02.2015, 19:45
von heinrich
beim Arbeitseinkommen zählt NICHT das zu versteuernede bla bla bla,
Der richtige Begriff (aus dem Einkommensteuerbescheid) lautet
Einkünfte aus Gewerbe oder selbstständiger Tätigkeit (bei Freiberuflern)
hier nur dazu die ausführlich Beschreibung
http://www.tk.de/centaurus/servlet/cont ... aendig.pdf
Pkt 2.2
Die Gewinnerzielungsabsicht,
auf die die selbstständige Tätig-
keit gerichtet sein muss, stellt dabei auf das sozialrecht
lich relevante Arbeitseinkommen ab.
Dieses ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV der nach den
allgemeinen Gewinnermittlungsvor-
schriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus
der selbstständigen Tätigkeit;
es umfasst neben den steuerrechtlich maßgeblichen Einkünft
en aus selbstständiger Arbeit
(§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 18 EStG) auch Einkünfte aus Lan
d- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1,
§§ 13 ff. EStG) und aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2
, §§ 15 ff. EStG).
Verfasst: 13.02.2015, 20:12
von Czauderna
Hallo Heinrich,
....Der richtige Begriff (aus dem Einkommensteuerbescheid) lautet
Einkünfte aus Gewerbe oder selbstständiger Tätigkeit (bei Freiberuflern) ...
danke, genau den meinte ich auch - steht auf der Berechnungsseite ziemlich weit oben - hab mich mit meiner Formulierung "steuerpflichtig" wohl falsch ausgedrückt.
@selfie - also wenn deine Werte mit diesem Begriff beschrieben werden, bleibt es bei meiner Einschätzung.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 16.02.2015, 12:45
von Herby2011
Hallo selfie,
es gibt hierzu sogenannte "Grundannahmen" des GKV-Spitzenverbandes zur Beurteilung einer hauptberuflichen Selbständigkeit und der Arbeitnehmereigenschaft:
1. Wenn jemand als Arbeitnehmer eine vertragliche Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden hat und mehr als 1.417,50 Euro verdient, kann er als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer angesehen werden.
2. Sollte eine Einzelfallprüfung erfolgen, so kann von einem deutlichen Überwiegen der Selbständigkeit ausgegangen werden, wenn die Einnahmen und die Arbeitszeit der Arbeitnehmertätigkeit um mindestens 20% überschritten werden. In Deinem Fall also mindesten 30 Stunden Zeitaufwand wöchentlich (25 Stunden + 20%) und mindestens 2484 Euro Einnahmen monatlich (2070 Euro + 20%) bei der selbständigen Tätigkeit.
Ich würde Dich also als Arbeitnehmer ansehen.
Liebe Grüße
Herby
Verfasst: 25.02.2015, 13:41
von selfie
Hallo Herby, Danke für das genau Aufschlüsseln. Ich hätte aber gerne noch eine Einschätzung zu folgenden Szenario:
"2. Sollte eine Einzelfallprüfung erfolgen, so kann von einem deutlichen Überwiegen der Selbständigkeit ausgegangen werden, wenn die Einnahmen und die Arbeitszeit der Arbeitnehmertätigkeit um mindestens 20% überschritten werden. In Deinem Fall also mindesten 30 Stunden Zeitaufwand wöchentlich (25 Stunden + 20%) und mindestens 2484 Euro Einnahmen monatlich (2070 Euro + 20%) bei der selbständigen Tätigkeit. "
Was wäre, wenn die Stunden definitiv unter den 25Std. lder Festanstellung liegen (wird sicher so sein), ABER die Einnahmen daraus die 20% (also in meinem Falle die 2484.-€) überschreiten. Außerdem, ich habe das doch richtig verstanden, die Einnahmen sind das zu versteuernde Einkommen und NICHT der Gewinn ohne Ausgaben, oder?
Darüber hinaus wäre mir noch wichtig zu wissen, wie ein Einstieg in ein Arbeitnehmerverhältnis mitten im Jahr gewertet wird. Werden dann auch nur die Einnahmen aus selbst. Tätigkeit ab diesem Zeitpunkt gerechnet, oder auch die davor. Bsp. Einstieg in Festanstellung Juni (also 7 Monate), bis dahin hauptberufl. Selbsständig gewesen. Fairerweise müßten doch die Einnahmen aus Selbst. Tätigkeit vorher herausgerechnet werden, oder?
Verfasst: 02.03.2015, 21:45
von Herby2011
Hallo selfie, beide Werte müssen mind. 20% überschritten werden, nicht nur einer.
Was als Einkommen aus der Selbständigkeit zählt, hat Heinrich weiter oben wunderbar beschrieben.
Und für den Vergleich/ eine Prüfung wird ein Zeitraum, in dem beide Erwerbsarten vergleichbar sind, herangezogen. Z.B. ein Monat.
Ich hoffe, ich helfe damit weiter.
LG Herby