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Verspätete Meldung der Arbeitsunfäigkeit im Krankengeldbezug

Verfasst: 01.02.2015, 22:50
von Manolito
Hallo Forum,

habe ein Problem mit meiner KK und benötige mal Eurere Hilfe oder Einschätzung zu dem Vorgang. Schreibe mal was mir die KK geschrieben hat.

Sie sind seit August 2014 arbeitsunfähig und erhalten von uns Krankengeld.

Der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Kasse nicht gemeldet wird. Dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. ( § 49 Abs.1 Nummer 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V-)

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG ) - so z.B.
Urteil des BSG vom 08.11.2005; B 1 KR 30/04 R- ist die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann innerhalb der Meldefrist von einer Woche anzuzeigen, wenn sie seit dem Beginn ununterbrochen bestand.

Die Arbeitsunfähigkeit ist der Kasse erneut zu melden, da wegen der Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weitergewährung des Krankengeldes neu zu befinden ist. Die Fortdauer der AU ist nicht nur rechzeitig, vor Fristablauf ärztlich festzustellen sondern auch der Kasse fristgemäß - innerhalb einer Woche - wieder zu melden.

Mit ärztlicher Bescheinigung - Auszahlungsschein - vom 05.01.2015 haben Sie Ihre Arbeitsunfähigkeit zunächst bis zum 16.01.2015 nachgewiesen. In dem uns jetzt vorgelegten Auszahlungsschein bescheinigt Ihr Arzt am 16.01.2015 weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit bis 30.01.2015.

Dieser Auszahlungsschein ging bei uns erst am 28.01.2015, also verspätet ein.

Daher ruht ihr Krankengeldanspruch wegen verspäteter Meldung vom 17.01.2015 bis 27.01.2015.

Ich habe den Auszahlungsschein persönlich am Freitag den 23.01.2015 in den Briefkasten bei der Krankenkasse eingeworfen inerhalb der Wochenfrist.

Wenn die dann den Auszahlungsschein erst am Montag aus dem Briefkasten holen und die restlichen Tage zur Bearbeitung brauchen,
sollte es nicht mein Problem werden, oder wie seht Ihr die Sache?


Mit freundlichen Grüßen

Manolito

Verfasst: 02.02.2015, 13:27
von Czauderna
Hallo,
ich habe das von der Kasse genannte Urteil mal überflogen und meine erste Einschätzung lautet - dieses Urteil basiert auf einer Einzelfallkonstellation und kann so nicht verallgemeinert werden - meine Meinung.
Ich bin kein Rechtsexperte, aber wenn die Kasse damit wirklich richtig liegen würde, dann hätten wir ab sofort "Krankengeld-Falle 2.0" - auch nur meine Meinung.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 02.02.2015, 14:03
von reallyangry
Hallo,
mein "Bauch" sagt mir gerade: Brechreiz
Meine KK hat mich aufgefordert, alle zwei Wochen zum Arzt zu gehen und den Auszahlschein einmal im Monat zu übersenden damit sie mir Krankengeld überweisen können, und das lief anderhalb Jahre so.
Also nix mit "Frist einer Woche"
Und jetzt kommt hier eine Kasse und kreiert diese Konstellation.
Czauderna, ich stimme dir zu: Krankengeldfalle 2.0
Die Frage ist, was sollte Manolito jetzt unternehmen, damit das nicht Schule macht?
Gruß
ReallyAngry

Verfasst: 02.02.2015, 23:25
von Poet
@Manolito: Ich sehe das wie Czauderna...es ist ein Urteil in einem Einzelfal, in welchem es außerdem querbeet über ärztliche Feststellung, über Meldung an Kasse bis hin zu Mitwirkungspflichten geht. Hier findest Du ein späteres Urteil in welchem der BSG-Auffassung nicht gefolgt wurde: http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 2507A53%7D

Auszug: "Durch eine solche Rechtsanwendung wird der gesetzliche Anspruch auf Krankengeld aber unter Missachtung der Auslegungsregel des § 2 Abs. 2 SGB I (möglichst weitgehende Verwirklichung der sozialen Rechte bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs) und entgegen § 31 SGB I ohne Anhalt im Gesetz nur im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit der selbst aufgestellten Kriterien verkürzt. Zutreffend hat bereits das SG Mainz (Urteil vom 24.09.2013 - S 17 KR 247/12 -) unter Verweis auf die Bedeutung der Wortlautgrenze für die Auslegung von Gesetzestexten darauf hingewiesen, dass das Bedürfnis nach Überprüfung bei jeder weiteren Bewilligung von Krankengeld eine *** zu Lasten der Versicherten oder eine "Rechtsfortbildung contra legem" nicht zu rechtfertigen vermag. Zu Recht hat das BSG in seinem Urteil vom 10.05.2012 (- B 1 KR 19/11 R -, juris Rn. 28 f.) selbst darauf hingewiesen, dass nicht ein richterrechtlich entwickelter Pflichtenkanon, sondern die gesetzlich geregelten Anforderungen für den Inhalt und die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs maßgeblich sind."

Ich persönlich halte es für eine unzulässige Verknüpfung des §49SGB V mit der Regelung "Tag der ärztlichen Feststellung." Ersterer hat das Ziel dass nicht Wochen später AU-Bescheinigungen - und hier hatte man Erstbescheinigungen im Visier - an die Krankenkasse gehen die einen KRG-Anspruch auslösen ohne dass die Kasse dann noch mitreden kann.

Zudem steht in dem von der Kasse zitierten Urteil dass der Versicherte organisatorische Unzulänglichkeiten der Kasse nicht zu vertreten hat bzgl. der Fristeneinhaltung. Nach wie vor gilt lt. BGB ein Schreiben als zugegangen wenn es in den Bereich der Empfänger hätte kommen können. Wann es tatsächlich auf dem Tisch der Bearbeiter lag spielt dabei keine Rolle. Selbst wenn unzulässigerweise §49SGB V bei einer abschnittsweisen Bewilligung zitiert wird, ist Dein Schreiben fristgerecht zugegangen. Eine Woche endet nicht mit den Öffnungszeiten der Empfänger.

Ich würde innerhalb der Widerspruchsfrist einen begründeten Widerspruch an die Kasse schicken. Wenn Du es Dir nicht allein zutraust, dann bitte einen Rechtsbeistand dazu nehmen.

Verfasst: 02.02.2015, 23:32
von Czauderna
reallyangry hat geschrieben:Hallo,
mein "Bauch" sagt mir gerade: Brechreiz
Meine KK hat mich aufgefordert, alle zwei Wochen zum Arzt zu gehen und den Auszahlschein einmal im Monat zu übersenden damit sie mir Krankengeld überweisen können, und das lief anderhalb Jahre so.
Also nix mit "Frist einer Woche"
Und jetzt kommt hier eine Kasse und kreiert diese Konstellation.
Czauderna, ich stimme dir zu: Krankengeldfalle 2.0
Die Frage ist, was sollte Manolito jetzt unternehmen, damit das nicht Schule macht?
Gruß
ReallyAngry
Hallo,
ja, da bin ich im Moment wirklich ratlos - wenn hier andere Kassen auf diesen Zug aufspringen, dann haben wir wirklich eine Verschärfung in der Gestalt, dass es dann nicht nur die arbeitslosen Mitglieder trifft sondern auch Arbeitnehmer. Sicher, es wird dort vom "Ruhen" des Krankengeldes für einen bestimmten Zeitraum gesprochen, also nicht vom Wegfall der Versicherungspflicht, aber fatal an der Sache ist, dass hier eigentlich noch mehr Geld "eingespart" werden könnte wie man es bisher getan hat.
Du weißt, dass ich kein Freund von Klagen durch alle Instanzen, von Strafanzeigen und von Gerichtsschelte bin.
Ich bin eher ein Praktiker, der dazu aufruft, den Anfängen zu wehren - ich wiederhole es gerne noch einmal - Versicherte, wenn Ihr Arbeitsunfähig seit, informiert Euch, bzw. lasst euch informieren - Kassenmitarbeiter beratet eure Versicherten in deren Interesse und nicht zu deren Nachteil und Ärzte, guckt Euch an was ihr wann auf einen Auszahlschein oder eine AU-Bescheinigung schreibt. Wenn hier alle Beteiligten an sich arbeiten, dann gibt es keine "Lücken" im Fallverlauf und seit gestern auch kein "Ruhen", wenn dieses Beispiel Schule machen sollte.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 02.02.2015, 23:38
von Czauderna
Hallo Manolito,
auf jeden Fall Widerspruch einlegen und als Begründung zum einen angeben, dass du den Schein "passend" in den Briefkasten geworfen hast
und zum anderen, das Urteil, für deinen Fall als komplett unzutreffend hältst.
Außerdem stellt das Schreiben (wenn du alles zitiert hast), kein Bescheid im Sinne des Gesetzes da. Es fehlt die Rechtsbehelfsbelehrung, also die Möglichkeit des Widerspruchs. Mehr fällt mir dazu momentan auch nicht ein.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 03.02.2015, 11:00
von Manolito
Hallo Czauderna,

die Rechtsbehelfsbelehrung war dem Schreiben beigefügt.

Dann werde ich mal den Widerspruch verfassen.

Besten Dank für Ratschläge, werde Euch Berichten wie die Sache ausgegangen ist.

Mit freundlichen Grüßen
Manolito

Verfasst: 03.02.2015, 11:05
von Bully
Poet hat geschrieben:
Zudem steht in dem von der Kasse zitierten Urteil dass der Versicherte organisatorische Unzulänglichkeiten der Kasse nicht zu vertreten hat bzgl. der Fristeneinhaltung. .
Hallo Poet,

tja, und da liegt der Hase im Pfeffer

wie will der Vs denn beweisen, das er die Post im Hausbriefkasten geworfen hat, wenn die KK sagt " wir haben keinen erhalten "

Das in den Hausbriefkasten eingeworfene Post angeblich verloren geht, liest man in letzter Zeit hier öfter.

Gruß Bully

Verfasst: 03.02.2015, 11:35
von Manolito
Hallo Bully,

danke für den Hinweis das der Versicherte beweisen muss,
dass er die Unterlagen zugestellt hat. Werde in dem Widerspruch
Schreiben das es für die Zustellung einen Zeugen gibt.

Überlege gerade was wohl besser ist, den Widerspruch nett oder knallhart zu formulieren.

Was meint ihr was hier der bessere Weg ist?

Gruß Manolito

Verfasst: 03.02.2015, 11:52
von GerneKrankenVersichert
Im Zusammenhang mit der abschnittsweisen Bewilligung von Krankengeld ist die Anwendung der Ruhen-Regelung eigentlich nur folgerichtig. Das BSG hält an seiner Rechtssprechung fest und hat sich von den anderslautenden Urteilen in der Vergangenheit nicht beirren lassen: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi ... 4&nr=13685

Die zweite Baustelle ist der Zugang. Als Mitarbeiter einer Kasse, die sich streng an die gesetzlichen Vorgaben hält, fällt es mir natürlich schwer zu glauben, dass ein Mitarbeiter montags den Briefkasten öffnet, die Auszahlungsscheine drei Tage zur Seite legt, um sie dann zu stempeln. Oder dass eine Kasse, die evtl. ein anderes System hat und die komplette Post ohne Eingangsstempel an eine zentrale Scan-Stelle schickt, dies dann dem Versicherten zur Last legt. Aber wie ich hier immer wieder lerne, ist nichts unmöglich.

Es wäre also wichtig herauszufinden, nach welchem System die Kasse den Posteingang bearbeitet/abstempelt. Wenn sie zentral eingescannt wird, ohne dass vorher ein Eingangsstempel verwendet wird, hat der Widerspruch große Aussicht auf Erfolg. Ansonsten liegt die Beweislast beim Versicherten. Kannst du einen Zeugen benennen, der dabei war, als du den Auszahlungsschein eingeworfen hast?

Für die Zukunft kann ich dir nur raten, geh zu den Öffnungszeiten bei deiner Kasse vorbei, lass dir eine Kopie abstempeln und dann hast du immer ein Beweisstück parat.

Verfasst: 03.02.2015, 13:27
von Poet
@GKV: Hm, ich weiß es nicht exakt aber das sehe ich anders. Erstens müsste der Versicherte die Frist kennen und zweitens darf der Versicherte nach Treu und Glauben ohne Fristkenntnis davon ausgehen dass es wie bereits vornweg zur KRG-Zahlung kommt solange der fristgerecht ausgestellte Schein zeitnah bei der Kasse landet. Zumal die Kassen selbst dafür werben dass die Auszahlscheine am besten nur 1x pro Monat abgegeben werden sollen. Dein Hinweis mit der persönlichen Übergabe ist 100% praxisgerecht, von der Zumutbarkeit her an den Versicherten so eine Sache...

@bully: Der Versicherte sollte nach meinem Verständnis diesen Beweis gar nicht antreten müssen. Die Bescheinigung wurde fristgerecht ausgestellt und weitere AU attestiert. Möglichkeiten der Steuerung für die Kasse bestanden bereits davor und sie bestehen immer noch. Das hatte der Gesetzgeber mit §49 garantiert nicht im Sinn auch wenn der Versicherte Obliegenheitspflichten hat. Übrigens hat man glaube ich auch im EFZG derartige Fristwirkungen von den Erst- auf die Folgebescheinigungen verneint, sonst müsste jeder Auszahlschein von Arbeitnehmern noch am selben Tag zum Arbeitgeber, da ja vielen AG die fernmündliche Mitteilung einer AU nicht reicht. Ich hoffe darauf dass die MA der betreffenden Kasse nach Rückäußerung von Manolito doch KRG zahlen.

In dubio pro reo bzw. die Kasse verliert so oder so.

Verfasst: 03.02.2015, 14:24
von GerneKrankenVersichert
Poet hat geschrieben:@GKV: Hm, ich weiß es nicht exakt aber das sehe ich anders. Erstens müsste der Versicherte die Frist kennen und zweitens darf der Versicherte nach Treu und Glauben ohne Fristkenntnis davon ausgehen dass es wie bereits vornweg zur KRG-Zahlung kommt solange der fristgerecht ausgestellte Schein zeitnah bei der Kasse landet. Zumal die Kassen selbst dafür werben dass die Auszahlscheine am besten nur 1x pro Monat abgegeben werden sollen. Dein Hinweis mit der persönlichen Übergabe ist 100% praxisgerecht, von der Zumutbarkeit her an den Versicherten so eine Sache...
Ich glaube nicht, dass das BSG sich von dieser Argumentation überzeugen lässt und erinnere nur daran, wie es der DAK die kundenfreundliche Vorgehensweise zu ihrem Nachteil ausgelegt hat.

Statt es um diese Sache zu einem Rechtsstreit kommen zu lassen, würde ich eher i ansetzen, zu beweisen, dass der Schein rechtzeitig eingeworfen wurde.

Verfasst: 03.02.2015, 17:39
von Bully
Manolito hat geschrieben:

Überlege gerade was wohl besser ist, den Widerspruch nett oder knallhart zu formulieren.
Hallo Manolito,

ich kann Dir nur sagen, was ich machen würde :)

Widerspruch ja, ( Frist gerecht )aber mit dem Hinweis " Begründung folgt "

zeitgleich würde ich Akteneinsicht beantragen ( § 25 SGB X )

Gruß Bully

Verfasst: 03.02.2015, 17:56
von Bully
Poet hat geschrieben: ..

@bully: Der Versicherte sollte nach meinem Verständnis diesen Beweis gar nicht antreten müssen. Die Bescheinigung wurde fristgerecht ausgestellt und weitere AU attestiert.
Hallo Poet,
tja. eine Wunschvorstellung ?????

da ich persönlich, Krankenkassen als umsatzstarke Unternehmen betrachte, frage ich mich hier sehr oft, was sich der eine oder andere Vs / Kunde doch für Geschäftspartner ausgesucht hat

Eventuell ist auch eine 18 monatige Bindung, heute nicht mehr Zeitgemäß
und kürzere Zeiten z.b. 4-6 Monate würden zu mehr Service= Kundenbindung führen

Gruß Bully

Verfasst: 03.02.2015, 18:23
von Poet
@GKV: Aus Sicht unseres TE halte ich auch das für den richtigen Weg.

@bully: Ja, Wunsch aber auch Anspruch an eine GKV.