Gilt eingeschränktes Dispositionsrecht auch für Widerspruch?

Informationen und Fragen zum Krankengeld

Moderator: Czauderna

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AndreaH
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Gilt eingeschränktes Dispositionsrecht auch für Widerspruch?

Beitrag von AndreaH » 04.08.2014, 12:40

Hallo,
ich habe zwar diese Frage schon eingestellt, aber wohl im falschen Forumsteil, deshalb also jetzt nochmal meine Frage:

Hallo,
nachdem ich seit 4 Monaten Krankengeld erhalte, hat die Krankenkasse mich aufgefordert, eine Reha Maßnahme zu beantragen. Diese wurde von der Rentenversicherung abgelehnt. Ich habe dagegen Einspruch erhoben, würde diesen Einspruch jetzt aber gern zurückziehen.
Darf ich das einfach so oder brauche ich hierzu das Einverständnis der Krankenkasse? Könnten Sie mir auch die entsprechenden Paragraphen nennen wo ich das nachlesen kann?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 04.08.2014, 14:29

Hallo,
ich habe dazu noch etwas gefunden - Achtung - etwas länger.
Rücknahme


Besprechung des AOK-Bundesverbandes mit den AOK-Landesverbänden vom 11./13. 6. 1975:

Sachstand:

(1) . . . Sofern sich bei der Bearbeitung des Antrages auf Rehabilitationsmaßnahmen herausstellt, dass der Versicherte [jetzt] vermindert erwerbsfähig ist und nicht zu erwarten ist, dass die Erwerbsfähigkeit erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann, gilt der Antrag auf Rehabilitation als Antrag auf Rente ( § 116 Abs. 2 SGB VI).

(2) Fraglich ist in diesen Fällen, wie der Anspruch auf Krankengeld zu beurteilen ist, wenn der Versicherte den Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation zwar fristgerecht stellt, jedoch später zurücknimmt.

Besprechungsergebnis:

(1) Nach Auffassung der Besprechungsteilnehmer ist der Fall, dass ein Versicherter innerhalb der ihm nach [jetzt] § 51 Abs. 1 SGB V gesetzten Frist der Aufforderung der Krankenkasse nachkommt, aber im Verlauf des Verfahrens den Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation wieder zurücknimmt, rechtlich nicht anders zu bewerten, als wenn ein Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation nicht gestellt worden wäre. Der Versicherte beseitigt nämlich durch die spätere Antragsrücknahme den Tatbestand der rechtzeitigen Antragstellung. Die Gleichbehandlung erfordert es, den Versicherten, der nach Aufforderung gemäß [jetzt] § 51 Abs. 1 SGB V den Rehabilitationsantrag gestellt hat, ihn aber später zurücknimmt, nicht anders zu behandeln als den Versicherten, der den Antrag erst gar nicht stellt und dessen Anspruch auf Krankengeld demzufolge mit Ablauf der Frist entfällt. Von der Rücknahme des Antrages auf Maßnahmen zur Rehabilitation an, frühestens jedoch nach Ablauf der Frist von 10 Wochen . . ., entfällt deshalb der Anspruch auf Krankengeld.

(2) Für Versicherte, die – z. B. auf Anraten ihres behandelnden Arztes – ohne Aufforderung durch die Krankenkasse einen Antrag auf Maßnahmen zur Rehabilitation stellen, [jetzt] deren Erwerbsfähigkeit jedoch nach ärztlichem Gutachten als erheblich gefährdet oder gemindert anzusehen sind, gelten die in § 51 Abs. 1 und 3 SGB V bestimmten Rechtsfolgen gleichermaßen, wenn die Krankenkasse sie auf diese Folgen schriftlich hingewiesen hat.



Vgl. auch Besprechungsergebnis der damaligen Spitzenverbände vom 27./28. 5. 1980 (BKK S. 279) und 22. 8. 1985 (BKK 1986 S. 59).


Vielleicht hilft das weiter, meine persönliche Meinung hatte ich ja aufgrund deiner Anfrage per PN. dargestellt.
Gruss
Czauderna

AndreaH
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Beitrag von AndreaH » 04.08.2014, 15:14

Hallo Czauderna,

kannst Du mir die Antwort auf die PN bitte hier noch einstellen, ich habe beim Versuch, mich in meinem Mail-Account anzumelden, festgestellt, dass es hier ein Problem gibt. Da ich im Büro bin, kann ich das derzeit nicht klären.

Ansonsten betrifft auch das Besprechungsergebnis immer den Antrag. Der wurde aber bereits negativ beschieden. Damit wäre die Sache eigentlich beendet. Ich bin meiner Pflicht nachgekommen, habe Antrag gestellt, negativer Bescheid, fertig.
Verwaltungsverfahren ist damit beendet.

Wenn ich weitere Rechtsmittel einlege (Widerspruch/Klage), so ist das doch mein Privatvergnügen, hierzu kann ich nicht aufgefordert werden. Wenn ich dieses Rechtsmittel dann zurücknehme, so ist das ja dann auch mein Privatvergnügen, oder?

Danke für Deine Ausführungen und Deine Hilfe!! Das ist für "Otto-Normalverbraucher" echt undurchsichtig...

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 04.08.2014, 18:11

Hallo,
hier meine PN von heute Morgen:
Hallo,
ich kann leider auch nur mit den im Forum genannten §§ dienen.
Ich bin nun kein Rechtsexperte aber für mich stellt sich die Sache so dar.
Antrag erfolgte aufgrund einer Aufforderung nach § 51 SGB V. innerhalb der gesetzten Frist. Im Aufforderungsschreiben wurde das Gestaltungsrecht insofern eingeschränkt, dass ohne Absprache (Zustimmung) der Kasse keine Willenserklärung bezüglich dieses Antrages gegenüber dem RV-Träger abgegeben werden darf, da ansonsten das Krankengeld versagt wird.
So, oder so ähnlich müsste das geschrieben stehen.
Der Antrag wurde abgelehnt (warum eigentlich ?) - der Widerspruch gegen die Ablehnung erfolgte (aus eigenem Antrieb oder auf Einwirken der Kasse ?). Wie auch immer, dem Widerspruch könnte ja stattgegeben werden und die Kasse dadurch Krankengeld einsparen, wogegen die Rücknahme des Widerspruchs für die Kasse ungünstig wäre.
Der einzige Haken wäre der, wenn der Widerspruch nicht in Absprache mit der Kasse erfolgt wäre und die Kasse somit keine Kenntnis davon hätte.
Aber das ist schon wirklich eine Rechtsfrage. Aus meiner Praxis kenne ich es so, dass die Versicherten schon zum Widerspruch aufgefordert werden im Rahmen des Gestaltungsrechtes.
Gruss
Czauderna

Nadenn
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Beitrag von Nadenn » 10.08.2014, 17:50

Hallo AndreaH,

ein klares und eindeutiges Nein!

Die Einschränkung des Gestaltungsrechts bezieht sich auf rentenversicherungsrechtliche Dispositionen. Mit der Ablehnung wurde über den Antrag entschieden. Die Krankenkasse kann Sie weder dazu anhalten, einen Rechtsbehelf bzw. im Weiteren ein Rechtsmittel einzulegen, noch eine Rücknahme eines solchen erhobenen Rechtsbehelfs bzw. Rechtsmittels sanktionieren.

Hier können auch keine Mitwirkungspflichten oder ein Verzicht konstruiert werden.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 10.08.2014, 19:42

Nadenn hat geschrieben:Hallo AndreaH,

ein klares und eindeutiges Nein!

Die Einschränkung des Gestaltungsrechts bezieht sich auf rentenversicherungsrechtliche Dispositionen. Mit der Ablehnung wurde über den Antrag entschieden. Die Krankenkasse kann Sie weder dazu anhalten, einen Rechtsbehelf bzw. im Weiteren ein Rechtsmittel einzulegen, noch eine Rücknahme eines solchen erhobenen Rechtsbehelfs bzw. Rechtsmittels sanktionieren.

Hier können auch keine Mitwirkungspflichten oder ein Verzicht konstruiert werden.
Hallo,
du schreibst ziemlich "endgültig" - kannst du deine Sicherheit in diesem Fall evtl. auch belegen ??
Wäre doch interessant für alle, die Rechtsgrundlage für deine Aussage zu kennen.
Gruss
Czauderna

Nadenn
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Beitrag von Nadenn » 11.08.2014, 20:08

Guten Abend Czauderna,

natürlich gibt es dafür keinen Paragraphen, genauso wenig, wie für die Dispositionseinschränkung. Das ergibt sich aus der Gestezessystematik.

Da bereits das Einlegen eines Rechtsbehelfs oder -mittels im Rahmen des § 51 SGB V im Verhältnis zur Krankenkasse ausgeschlossen ist (siehe hierzu Kommentierung Noftz zu § 51 SGB X, Rz 51, mit Verweis auf Wagner, GK-SGB V), kann abgeleitet werden, dass die Grenzen der Dispositionseinschränkung auch bei vom Betroffenen (von sich aus) erhobenen Widerspruch gegen einen ablehenden Bescheid erreicht sind.

Dieses wird anhand des Folgenden vielleicht auch deutlich:

Bei der Zustimmung handelt es sich ebenfalls um eine (auch anfechtbare) Ermessensentscheidung der Krankenkasse. Wie bereits im Rahmen der Auffoderung sind dabei erneut die rentenversicherungsrechtlichen Belange des Betroffenen den Interessen der Krankenkasse abwägend gegenüber zu stellen. Sollte nach einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung des Rentenversicherungsträgers ein Widerspruch erhoben worden sein und ist beabsichtigt, diesen zurückzunehmen, dann würde dieses bedeuten, dass die Krankenkasse im Rahmen einer Zustimmungsprüfung die Erfolgsaussichten des Widerspruchs (bzw. im weiteren des Klageverfahrens) beurteilen müsste. Und schon sind wir im Bereich der unzulässigen Rechtsberatung und der - bereits im Rahmen der Erstattungsansprüche vom BSG als unzulässig bewerteten - Überprüfung des Bescheides des Rentenversicherungsträgers.

Eine Zustimmung könnte dann ja nur mit der Begründung verneint werden, dass der Bescheid des Rentenversicherungsträgers rechtswidrig und damit erfolgreich angreifbar ist. Wer sollte diese Entscheidung treffen und wer trägt die Kosten, wenn diese Beurteilung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhält? Und wo sollte diese gerichtliche Überprüfung enden? Wäre der Betroffene also dazu angehalten, alle zulässigen Instanzen zu durchlaufen und auch ggf. NZBn einzulegen?

Den Betroffenen in die Erhebung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmittel zu drängen bzw. dazu zu verpflichten, entsprechende Verfahren fortzuführen, ist in Bezug auf den Normzweck des § 51 SGB V insofern unverhältnismäßig.

Sofern der Krankenkasse Aspekte vorliegen, die die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers als falsch erscheinen lassen, dann bliebe hier für die Krankenkasse ggf. die Möglichkeit, einen Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) zu stellen. Aber über die Zulässigkeit solcher Anträge zwischen Sozialversicherungsträgern streiten sich die Rechtsgelehrten.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 12.08.2014, 00:12

Hallo nadenn,
das ist doch mal eine klare und meiner Auffassung nach auch sehr gut begründete Stellungnahme - vielen Dank dafür.
Ich bin selbst auch der Meinung, dass ein Versicherter, der von sich aus einen Widerspruch eingelegt hat, diesen auch wieder zurücknehmen kann, ohne dass er dadurch "Schwierigkeiten" mit seiner Kasse bekommen dürfte. Seiner Mitwirkungspflicht ist er ja schon mit der ursprünglichen Antragstellung nachgekommen. Aber, das ist meine Meinung, noch einmal, vielen Dank für deinen Beitrag.
Gruss
Czauderna

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