Seite 1 von 1

Mutterschutzgeld wird mit Forderungen an Arbeitgeber verrech

Verfasst: 17.06.2014, 10:54
von Steffi_Berlin
Hallo,

vielleicht bekomme ich hier Hilfe.
Mein Fall: Ich habe im letzten Jahr (September 2013) wegen meiner Schwangerschaft ein individuelles Beschäftigungsverbot erhalten. Mein Arbeitgeber hat kurz vorher Insolvenz angemeldet. Der Insolvenzverwalter hat mir, obwohl noch nicht gekündigt, die Auszahlung meines Muttschutzlohns verweigert. Ich solle zum Arbeitsamt gehen (die haben jegliche Zahlung verweigert, weil ich im Beschäftigungsverbot nicht vermittelbar sei). Die Krankenkasse hätte gezahlt, darf aber nicht direkt auszahlen und somit müsste der Insolvenzverwalter vorlegen, hat er aber nicht.
Es kam nun zur Kündigung zum 28.02.14 und ich habe den Insolvenzverwalter auch verklagt. Gerichtlicher Vergleich (Nachzahlung des kompletten Mutterschutzlohnes von Oktober 2013-Februar 2014) wurde angestrebt und vom Insolvenzverwalter auch befürwortet. Leider kam dann die Absage der Krankenkasse. Mein Mutterschutzlohn wird nun mit den noch ausstehenden Forderungen an meinen Ex-Arbeitgeber verrechnet. Ist das legal?
Einer (werdenden) Mutter den ihr zustehenden Mutterschutzlohn gegen Forderungen an den früheren Arbeitgeber aufzurechnen? Ich bin sehr verzweifelt, da mir zum einen 5 Monate Lohn fehlen und zusätzlich diese 5 "Nullmonate" auch mit 0€ in meinen Elterngeldanspruch eingehen.

Was kann ich tun?

Verfasst: 17.06.2014, 11:37
von broemmel
Entschuldigung. Wer hat was an wen gezahlt?

Du hast Anspruch auf Mutterschaftsgeld von seiten der Kasse. Bis zur Höhe des Nettoentgeltes. Maximal 13 € am Tag.

Dieser Betrag wurde Dir ausgezahlt?

Welche Zahlung an Dich soll jetzt mit Forderungen an den Arbeitgeber verrechnet werden?

Verfasst: 17.06.2014, 13:46
von Steffi_Berlin
Es geht nicht um das MutterSCHAFTSgeld. Das habe ich erhalten, da ist alles gut.

Mir fehlt das MutterSCHUTZgeld. Ich habe in der Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot erhalten und dann zahlt der Arbeitgeber weiter das Gehalt, erhält dieses aber komplett von den Krankenkassen zurück (Umlageverfahren). Und genau das ist mein Problem. Während der Schwangerschaft ging mein Arbeitgeber pleite (daraus resultieren wohl noch offene Forderungen der KK) und der Insolvenzverwalter hatte keine Lust/scheute den Aufwand/wollte einfach nicht mein Gehalt zahlen und sich dieses von der KK zurück holen.
Inzwischen ist im Insolvenzverfahren klar, dass kein Geld mehr übrig ist um alle offenen Forderungen an meinen Ex-Arbeitgeber zu begleichen (Masseunzulänglichkeit) und die KK rechnet nun das mir zustehende Mutterschutzgeld gegen die noch offenen Forderungen auf. Ich nehme an, dass Arbeitgeberbeiträge zur KK schon vor Eröffnung der Insolvenz nicht mehr komplett gezahlt wurden.

War das jetzt verständlich? Es ist ein wirklich blöder und gottseidank auch seltener Fall.

Verfasst: 17.06.2014, 14:53
von Czauderna
Hallo,
wenn ich es richtig verstanden habe, dann wäre im Normalfall folgendes passiert. Ein beschäftigungsverbot wird ausgesprochen. Der Arbeitgeber muss das Entgelt weiterzahlen, bekommt aber von der Krankenkasse aufgrund des Umlageverfahrens seine Aufwendungen wieder.
In diesem Falle ist es aber so, dass der Arbeitgeber nicht gezahlt hat, demnach die Kasse ihm auch nichts erstatten kann - hier wurde nun "geregelt", dass die Kasse zwar leistungspflichtig ist, aber dem Arbeitgeber gegenüber und da dieser Schulden bei der Kasse hatte, wurde eine Verrechnung mit dem Schulden vorgenommen.
Der Anspruch der Versicherten kann sich aber nicht gegen die Kasse richten sondern "nur" gegen den insolventen Arbeitgeber - ich gebe zu, eine vertrackte Situation, die meiner Meinung nach die Kasse scheinbar im Recht sieht, aber es trotzdem per Rechtsweg möglich sein müsste die Kasse zur Auszahlung der "Arbeitgeberaufwendungen" an die Versicherte zu zwingen. Eine Verrechnung kann meines Erachtens auch schon deshalb nicht erfolgen weil offenbar der Arbeitgeber keinen Antrag auf Erstattung gestellt hat, es fehlt also der Grund für eine Verrechnung.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 17.06.2014, 16:32
von broemmel
die Erstattung der Aufwendungen des Arbeitgebersstehen dem Arbeitgeber zu.

du hast Forderung gegen den Arbeitgeber und die musst du vom Arbeitgeber erhalten also vom Insolvenzverwalter

wenn keine Masse vorhanden ist geht das eher über das Konkursausfallgeld beim Arbeitsamt

die Ansprüche vom Arbeitgeber kann die Karte nicht einfach so an dich auszahlen

Verfasst: 19.06.2014, 09:27
von Steffi_Berlin
Danke für die Antworten!

Czauderna, Du hast es genau getroffen. Ich verklage auch den Insolvenzverwalter, aber es ist halt vom Vermögen meines Arbeitgebers nichts mehr da. Hätte der Insolvenzverwalter direkt im Okotber, November, etc. gezahlt, hätte die Kasse noch nicht gewusst, dass nichts mehr da ist und gezahlt. Das ärgert mich am Meisten!
Insgesamt bin ich immer wieder fassungslos, wie man mit Schwnageren in diesem Lande, dass sich Sozialstatt nennt, umgehen kann. Ich wurde von einer Behörde zur anderen verwiesen, das Frauenministerium bedauert meinen Fall, kann/will aber nicht helfen und ich fühle mich sehr alleine gelassen. Das hat meine Schwangerschaft nicht einfacher gemacht.

Broemmel, mit Konkursgeld meinst Du sicher Insolvenzgeld, oder? Das haben wir bereits ab Juli erhalten (für drei Monate). Ich weiss, dass die Kasse nicht direkt an mich auszahlen kann, aber die Verrechnung bringt mich fast dazu Hartz 4 beantragen zu müssen und das, obwohl ich immer gearbeitet habe und einfach nur schwanger wurde.....

Sorry, bin einfach fertig, enttäuscht und pleite.

Verfasst: 19.06.2014, 11:08
von Lady Butterfly
es ist wie Czauderna schon geschildert hat:

- der Arbeitgeber zahlt das normale Gehalt während eine Beschäftigungsverbotes weiter (=Mutterschutzlohn)
- der Arbeitgeber kann dann im Rahmen der "Umlageerstattung" die Erstattung dieses Mutterschutzlohnes inkl. Arbeitgeberbeiträge bei der Krankenkasse beantragen
- dem Arbeitgeber entstehen bei diesem Verfahren keine Kosten, daher gibt es nomalerweise auch keine Probleme

=> ich könnte mir vorstellen, dass entweder der Insolvenzverwalter dieses Verfahren nicht kennt oder dass die Kasse die Erstattung mit offenen Beiträgen verrechnen möchte
es kann auch sein, dass dein Anspruch durch den Insolvenzverwalter einfach zu den anderen Forderungen gezählt wurde und so Teil der Insolvenzmasse wurde.
Man müsste hier den genauen Sachverhalt kennen....

du solltest dich an einen Anwalt wenden (am besten Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht), der deinen Anspruch und die Argumente des Inso-Verwalters und der Kasse prüfen kann. Wenn du pleite bist, kostet das dich nichts - du kannst einen Beratungsschein beantragen.

Vielleicht ist es möglich, dass der Inso-Verwalter seinen Anspruch auf Umlageerstattung direkt an dich abtritt und dass du so doch dein Geld bekommst.

Viel Glück!

Verfasst: 19.06.2014, 11:37
von broemmel
Die Kasse hätte in keinem Fall gezahlt. Oder besser zahlen dürfen.

Die Rechtsbeziehung besteht zwischen Kasse und Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist versichert.

Deshalb darf eine Erstattung nur an den Arbeitgeber erfolgen und nicht an den Arbeitnehmer.

Die Kasse streitet sich aufgrund der Verrechnung vermutlich mit dem Insolvenzverwalter. Der muss prüfen, ob die Verrechnung mit den Beitragsschulden rechtmässig ist. Das nützt Dir aber leider nichts. Wenn die Kasse nicht hätte verrechnen dürfen fliesst das Geld in die Konkursmasse ein und wird (wenn überhaupt) an die Gläubiger nach Quote verteilt.

Das ist echt eine bescheidene Situation. Da konntest Du wirklich nur das Insolvenzgeld (früher hiess das Konkursausfallgeld) in Anspruch nehmen

Verfasst: 19.06.2014, 13:55
von Czauderna
Hallo,
wenn ich die Ratsuchende richtig verstanden habe,
dann war die Kasse erst mit der Zahlung einverstanden, ist aber,
nachdem bekannt eurde, dass es Rückstände gab, zurückgehuft.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 19.06.2014, 14:24
von Lady Butterfly
@Broemmel: da bin ich mir nicht so ganz sicher - um das zu entscheiden, müsste man mehr wissen. Wann wurde die Insolvenz beantragt und wann eröffnet? Von wann bis wann galt das Beschäftigungsverbot, wann wurde es bescheinigt?

in die Insolvenzmasse fließen nur Forderungen vor der Insolvenzeröffnung ein, für die Zeit nach der Inso-Eröffnungen gelten andere Regeln als für die Zeit nach der Inso-Eröffnung. Zudem stellt sich die Frage, ob Mutterschutzlohn in der Rangfolge der Forderungen irgendeine besondere Rolle spielt und ob die Kasse die Erstattung überhaupt verrechnen darf.

wie schon gesagt: hier sollte nach meiner Meinung ein Fachmann ran.

Verfasst: 19.06.2014, 15:40
von broemmel
Die Möglichkeit der Verrechnung durch die Kasse bezweifel ich ganz stark.
Das hat die mit Sicherheit einfach so gemacht.

Aber wenn ich das richtig gelesen habe wird ja auch schon der Insolvenzverwalter verklagt. Da gehe ich davon aus das das hoffentlich mit anwaltlicher Hilfe geschieht. Sonst sehe ich da zappenduster

Verfasst: 19.06.2014, 16:00
von Herby2011
Hallo,

ich sehe da noch ein Problem, das bislang nicht berücksichtigt wurde:
Die Umlage 2-Versicherung für den Arbeitgeber ist eine Erstattung der Aufwendungen des Arbeitgebers z.B. bei Entgeltfortzahlung bei Beschäftigungsverbot.
Jetzt hat der Arbeitgeber aber nichts gezahlt. Welche Erstattung soll denn dann erfolgen?
Der richtige Weg wäre: Der Insolvenzverwalter zahlt den Lohn aus, stellt einen Erstattungsantrag, bekommt 100% von der Kasse.
Nur, da hier Rückstände bei der Kasse bestehen, geht der Insolvenzverwalter davon aus, dass er die Erstattung nicht bekommen wird. Also zahlt er auch den Lohn nicht aus.
Eine vertrackte Situation. Zu klären wäre hier, ob eine Verrechnung der Erstattung U2 bei Insolvenz rechtlich möglich ist. Wenn ja, hat Steffi_Berlin schlechte Karten. Wenn nein, könnte der Insolvenzverwalter den ausstehenden Lohn zahlen (falls dafür überhaupt noch Geld verfügbar wäre...) und über die U2 zurückerhalten, hätte dadurch nichts verloren.

Lieben Gruß
Herby

Verfasst: 19.06.2014, 23:13
von Swantje B.
Herby2011 hat geschrieben:Zu klären wäre hier, ob eine Verrechnung der Erstattung U2 bei Insolvenz rechtlich möglich ist.
§ 6 AAG: Aufgerechnet werden darf mit "Umlagebeträgen, Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und solchen Beiträgen, die die Einzugsstelle für andere Träger der Sozialversicherung und die Bundesagentur für Arbeit einzuziehen hat."

Gruß
Swantje

Verfasst: 20.06.2014, 15:10
von Lady Butterfly
das ist alles korrekt - es bleibt aber trotzdem die Frage, ob mit der Insolvenzmasse verrechnet werden darf oder nicht

dazu müssten wir die genauen Daten (Zeitraum Beschäftigungsverbot, Tag der Antragstellung und der Insolvenzeröffnung) kennen, die haben wir aber nicht

es stellt sich für mich auch die Frage, ob die Kasse aufrechnen muss oder darf

die nächste Frage wäre, ob und inwiefern der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, den Lohn auszuzahlen (für den Zeitraum nach der Insolvenzeröffnung)

das alles sind Fragen, die wir hier nicht beantworten können - daher nochmal den Verweis an einen Fachmann: am besten Fachanwalt für Sozial- und Arbeitsrecht, vielleicht aber auch an einen Berater einer Gewerkschaft o. ä.