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Bitte um Meinungen / Hilfe

Verfasst: 24.02.2014, 22:51
von AdrianMcCaal
Guten Tag,

ich wollte fragen ob ihr mir da evt weiterhelfen könnt.
Es geht um folgendes.

An Sylvester hatte ich bei einem bekannten einen Treppensturz,
wo ich mir die rechte Schulter ausgekugelt und eine Sehne mit Laprum abgerissen hab.
Ich hab dann den Krankenwagen und den Notarzt gerufen welcher auch
relativ schnell zur stelle war.

Der Notarzt hat mich dann gefragt ob ich Alkohol getrunken hab,
weil es wichtig für die Schmerzmittel Dosierung sei, da ich ins Krankenhaus müsse.

Wahrheitsgemäß hab ich ihm dann gesagt dass ich von 18 Uhr Abends bis um 4 Uhr (wo es passiert ist) 5 Bier und nen Sekt getrunken hab, ansonsten nur unalkoholisch da ich am nächsten morgen wieder mit dem Auto heimfahren wollte.

Darauf hin hat er mich kurz schlafen geschickt bis ich im Krankenhaus war, dort haben sie die Schulter wieder eingeränkt und ich konnte ein paar Tage später wieder heim.

Und wie es nach 6 Wochen passiert fällt man in den Krankenstand, wo man Krankengeld bekommt.

Und hier das grosse Problem.
In dem Arzt Bericht der mir und der Krankenkasse dann zugeschickt wurde steht drin,

"Ich bin im Alkoholisierten Zustand die Treppe runtergefallen."

Darauf hin kam ein Brief von meiner Krankenkasse wo drin steht aufgrund dessen kürzen sie die Zahlung um 3 Tage Pro Woche.

Als ich den zuständigen Bearbeiter dann darauf hingewiesen habe,
dass ich nicht betrunken war, und der Arzt bei einem Gespräch sagte
dass nur 0.04 Promille Alkohol gemessen wurde.

Hies es nur ob 0.04 oder 1.3 des ist egal da liegt ein Eigenverschulden vor
denn währe ich komplett nüchtern gewesen hätte ich mich ja noch irgendwie abfangen können.


So nu meine Frage,
Kann ich dagegen irgendwie vorgehen?
Bzw Einspruch einlegen ?

Vielen Dank schonma

Gruss
Adrian

Verfasst: 24.02.2014, 23:26
von Lady Butterfly
verlang einen schriftlichen Bescheid mit rechtlicher Begründung (aufgrund welcher Vorschriften erfolgt die Kürzung?) - und verlang, dass die Kasse dir zeigt, aufgrund von was sie vermutet, dass Alkohol schuld war

nach meiner Meinung lehnt sich die Kasse da ziemlich weit aus dem Fenster....

Verfasst: 24.02.2014, 23:36
von Czauderna
Hallo,
das, was die Kasse da macht, das waren und sind Überlegungen, die mal diskutiert wurden, aber rechtlich gibt es keine Grundlage für die Kürzung oder gar Verweigerung des Krankengeldes. Ich bin da auch der Meinung, dass die Kasse sich wirklich sehr, sehr weit aus dem Fenster gelehnt hat.
Befolge den Rat und fordere einen rechtsmittelfähigen Bescheid an per Widerspruch.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 24.02.2014, 23:55
von Lady Butterfly
es gab - glaub ich - mal nen Fall, bei dem jemand stark alkoholisiert einen Autounfall verschuldet hatte. Er musste dann einen Teil der Kosten erstatten.

Aber das war nach meiner Kenntnis ein Einzelfall, die Hürden für diese Selbstbeiteilung für Eigenverschulden sind wohl recht hoch. Die Kasse müsste dann den Einzelfall sehr genau prüfen und die Kürzung sorgfältig begründen.

bei Krankengeld müsste man so z. B. mindestens prüfen, wieviel Geld der Versicherte zum Lebensunterhalt benötigt. Auch müsste man min. das Verschulden (wieviel Alkohol? war die Alkoholsierung der einzige Grund? oder hätte der Unfall ohne Alkohol auch so passieren können?) abwägen. Und das alles schriftlich und allgemein nachvollziehbar. Und selbst wenn man das alles gemacht hat, steht das ganze noch auf sehr wackligen Füsssen....

im Zweifelfall - wenn die Kasse an dieser Entscheidung festhält - gilt auch hier: ab zum Fachanwalt für Sozialrecht. Aber ich würde zuerst mal versuchen, mit der Kasse zu sprechen.

Verfasst: 25.02.2014, 00:10
von broemmel
Das sind ja ganz neue Dinge hier.

Krankengeld gibt es nur ganz oder gar nicht. Auf die rechtliche Begründung bin ich mal gespannt.

Verfasst: 25.02.2014, 00:38
von roemer70
broemmel hat geschrieben:Das sind ja ganz neue Dinge hier.

Krankengeld gibt es nur ganz oder gar nicht. Auf die rechtliche Begründung bin ich mal gespannt.
Krankengeld kann es auch anteilig geben, §52 SGB V macht es möglich:
SGB V hat geschrieben:§ 52 Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden
(1) Haben sich Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen, kann die Krankenkasse sie an den Kosten der Leistungen in angemessener Höhe beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer dieser Krankheit versagen und zurückfordern.
(2) Haben sich Versicherte eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen, hat die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.
Absatz 2 spielt hier keine Rolle, also Absatz 1:
"Haben sich Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen[...]"
War der Treppenstur vorsätzlich?
Ist ein Treppensturz mit 0,04 Promille ein Verbrechen?
Ist ein Treppensturz mit 0,04 Promille ein vorsätzliches Vergehen?

Diese Fragen muss man sich stellen. Das hat die Kasse getan. Und deren Schlussfolgerung kann ich nicht ansatzweise nachvollziehen.

@ AdrianMcCaal: Mich würde mal interessieren, bei welcher Kasse Du versichert bist. Wenn Du es nicht öffentlich machen möchtest, gerne auch vertraulich als PN.

Verfasst: 25.02.2014, 07:41
von Czauderna
Hallo,
Ja, der § 52, der wird es wohl sein, den die Kasse ins Feld führen wird, der
trifft aber hier nicht, es wird eben probiert.
Wenn es nämlich so einfach wäre, dann hätten die Kassen insgesamt in der
Vergangenheit schon mehrere zig Millionen einsparen können, gerade in Verbindungen mit Alkohol.
Ja, die Kasse wird es wahrscheinlich so begründen und nein, damit wird sie in diesem Fall nicht durch kommen, erst recht bei dieser Fallkonstellation.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 25.02.2014, 17:25
von AdrianMcCaal
Vielen Dank
für euren Rat + der ausführlich aufgeführten Paragraphen,

Werde heute noch den Brief verfassen,

Ich bin bei der AOK Versichert.

Ich werde auch auf jeden Fall hier noch reinschreiben wie es weitergeht ^^


Vielen Dank nochmal

Verfasst: 25.02.2014, 19:43
von Lady Butterfly
das ist wohl wahr Römer, diesen Fragen muss man sich stellen

aber dennoch bin ich der Meinung, dass ein Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen in § 52 Abs. 1 SGB V nicht ganz leicht zu erbringen ist.... es reicht sicherlich nicht, einfach zu schreiben, dass es nur an 3 von 7 Tagen Krankengeld gibt.

hier ist übrigens das Urteil, dass ich im Kopf hatte: http://www.ra-kotz.de/regress_der_krank ... raftat.htm

Voraussetzung für den Regress ist u. a. dass sich der "Versicherte eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen" hat - ich gehe davon aus, dass der Vorsatz bei dir ausscheidet

dann muss noch die Höhe des Regresses geprüft werden:
Als Rechtsfolge der genannten Vorschrift ist der Krankenkasse Ermessen dahingehend eingeräumt, ob und in welchem Umfang sie den Versicherten an den Kosten seiner Behandlung beteiligt und gezahltes Krankengeld zurückfordert. Bei der Ermessensausübung hat die Krankenkasse unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die Interessen des Versicherten mit denen der Versichertengemeinschaft abzuwägen. Kriterien sind insbesondere der Grad des Verschuldens, die Höhe der Aufwendungen der Krankenkasse, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherten sowie dessen Unterhaltsverpflichtungen (Becker/Kingreen, a.a.O. Randr. 6 und Kruse-Hänlein, a.a.O., Randnr. 9, beide unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung).

Verfasst: 25.02.2014, 20:06
von GerneKrankenVersichert
War das nicht letztens auch eine AOK, die wegen einer "selbst verschuldeten Depression" nicht zahlen wollte???

Verfasst: 25.02.2014, 21:07
von broemmel
Früher hatte die AOK auch die ruhmreiche Idee Krankengeld zu streichen wenn jemand im Auto nicht angeschnallt war.

Das wurde aber ganz schnell wieder aufgegeben

Verfasst: 26.02.2014, 00:32
von roemer70
Lady Butterfly hat geschrieben:aber dennoch bin ich der Meinung, dass ein Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen in § 52 Abs. 1 SGB V nicht ganz leicht zu erbringen ist.... es reicht sicherlich nicht, einfach zu schreiben, dass es nur an 3 von 7 Tagen Krankengeld gibt
Da bin ich voll und ganz bei Dir.

Warum wundert es mich nicht, dass dieser "kreative" (ohne gute Kinderstube hätte ich hier mit Sicherheit einen treffenderen Begriff genutzt) Ansatz von einer AOK kommt? :roll:

@ AdrianMcCaal:
Viel Erfolg!

Verfasst: 26.02.2014, 00:37
von AdrianMcCaal
Ich hab jetzt einen Brief erstellt den ich morgen einreichen würde,
meint ihr den kann ich so lassen ?



Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben mir am 18.02.2014 schriftlich mitgeteilt, dass Sie die Krankengeldzahlung ab dem 17.02.2014 um 3 Tage pro Woche kürzen.
Gegen diese Entscheidung lege ich Widerspruch ein.

Da es keine rechtliche Begründung dazu gibt, dass ich vorsätzlich den Treppensturz herbeigeführt habe, noch dass er durch alkoholbedingt fahrlässiges Verhalten zustande gekommen ist.
Wie es im SGB V laut § 52 "Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden" beschrieben ist.

Ich beantrage deswegen, den Kürzungsbescheit vom 18.02.2014 aufzuheben.

Sollten sie dennoch an ihrer Entscheidung festhalten,

Bitte ich um
- einen schriftlichen rechtsmittelfähigen Bescheid mit rechtlicher Begründung aufgrund welcher Vorschriften die die Kürzung erfolgt,

- einen Nachweis dass der Treppensturz vorsätzlich begangen bzw
durch Alkohol verschuldet wurde,


Mit freundlichen Grüßen

Name

Verfasst: 19.03.2014, 16:35
von vlac
Hallo,

auch wenn es schon einige Zeit her ist, möchte ich gerne einige Anmerkungen aus meiner Sicht von außen machen.

Zunächst einmal vermute, ich auf Grund dessen, was ich bisher über Fälle gehört habe, in denen der § 52 SGB V angewandt wurde, dass hier wenigstens Informationen fehlen, die zum Verständnis des Falles notwendig wären.

So erschließt sich auf Grund des Beschriebenen nicht, warum der Arztbrief zur Krankenkasse gelangt ist. Arztbriefe werden ja nicht standardmäßig zur Krankenkasse gesandt. Auch die Bestimmung des Blutalkohols ergibt vor diesem Hintergrund keinen Sinn: Die Narkose wurde gesetzt, bevor das Ergebnis des Tests vorgelegen haben kann.

Dass dann auch noch ein Mitarbeiter der Krankenkasse hingegangen sein soll, und die Leistungen um gut und gerne 50 Prozent kürzt, weil, so dann die Verkündung, das alles nicht passiert wäre, wenn der Betroffene vollkommen nüchtern gewesen wäre, ist ebenfalls etwas, was mir recht komisch vorkommt - schon allein deshalb, weil sich die Krankenkasse der Lächerlichkeit preis geben würde, wenn ein solcher Fall an die Medien gerät: Es ist Teil der Lebensführung in Deutschland, zu Anlässen wie dem Jahreswechsel Alkohol zu konsumieren, und im Grunde würde die Krankenkasse damit sagen, dass sie gerne ihre Untertanen trocken legen, und zumindest für die Gesundheitsversorgung die Prohibition einführen möchte. Oder anders gesagt: Man darf zwar mit bis zu 0,5 Promille Auto fahren, aber wenn dabei was passiert, dann muss man damit rechnen, dass die Kasse nicht zahlt.

Eigentümlich finde ich auch, dass das Ganze ohne Begründung und Benennung von Rechtsgrundlagen erfolgt sein soll. Meiner Erfahrung nach sind sich Krankenkassen durchaus über die hohen Anforderungen im Klaren, die an Entscheidungen in Bezug auf den § 52 (1) SGB V gestellt werden.

Da ich die internen Abläufe in den Krankenkassen nicht kenne, kann ich auch nicht sagen, wie genau solche § 52 SGB V-Entscheidungen getroffen werden. Meinen Erfahrung von außen nach zu urteilen ist es aber überwiegend so, dass bei der Anwendung des Paragraphen stets sehr vorsichtig vorgegangen zu werden scheint, und dass an der Entscheidung über seine Anwendung auch immer mehr als eine Person beteiligt zu sein scheinen.

Denn Gesetzgeber und Rechtssprechung stellen extrem hohe Anforderungen an solche Entscheidungen, und die Krankenkasse muss vor dem Hintergrund der Massivität eines solchen Schritts immer damit rechnen, dass die Sache sehr schnell vor Gericht landet: Entweder wird der Betroffene im Nachhinein mit einer erheblichen Rückforderung von erbrachten Leistungen konfrontiert, oder ihm bricht während seiner Krankheit ein erheblicher Teil seines Einkommens weg.

Krankenkassen haben in der Vergangenheit immer mal wieder die Grenzen des § 52 (1) SGB V ausgetestet: Da wurden mal dem Extremsportler, der sich bei seinem Sport verletzt hat, die Leistungen gekürzt, mal dem Autofahrer, der betrunken ins Auto gestiegen ist, wobei diese Aufzählung nur zur Verbildlichung dient, und nicht abschließend ist.

Im Großen und Ganzen allerdings scheinen mittlerweile so gut wie alle Aktivitäten auf ihre § 52 (1) SGB V-Fähigkeit abgeklopft worden zu sein, und das Gesamtbild, dass sich dabei abzeichnet, zeigt, dass die juristisch wasserdichte Feststellung eines Vorsatzes im Spannungsfeld Gesundheit für Laien noch schwerer vorzunehmen ist, als dies ohnehin schon der Fall ist.

Bei den Begriffen "Verbrechen" und "Vergehen" ist die Situation recht deutlich: § 12 StGB definiert Taten als Verbrechen, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von mehr als einem Jahr belegt werden. Als Vergehen gelten alle Taten, deren Mindestfreiheitsstrafe bei unter einem Jahr oder einer Geldstrafe liegen.

Interessant dabei ist, dass die Krankenkasse in solchen Fällen nicht das Urteil abwarten müssen: Sie darf selbst ermitteln, und, wenn sich dabei das Bild abzeichnet, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Verurteilung kommen wird, bereits vorab den § 52 SGB V anwenden darf. Ein Beispiel dafür gibt es hier:

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... b&id=53523

In dem dort verhandelten Fall war eine Person bei einem Überfall auf eine Gaststätte durch einen Schuss verletzt worden. Die Krankenkasse hatte bereits vor einem Urteil durch das Strafgericht auf Grundlage der Akten der Staatsanwaltschaft entschieden, dass die Verletzung im Zuge der Begehung eines Verbrechens zugezogen wurde, und Leistungen versagt.

Auch zum Szenarium "Betrunkener Autofahrer" habe ich ein Beispielurteil:

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... &id=127544

In diesem Fall hatte ein Autofahrer unter Alkohol- und THC-Einfluss einen Unfall gebaut, und danach einen Strafbefehl wegen des vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr erhalten, der rechtskräftig wurde. Da ein solcher Strafbefehl einem Urteil gleich steht, war er damit nicht nur wegen eines Vergehens verurteilt, sondern es war auch der Vorsatz fest gestellt.

Gerade der Strafbefehl ist ein interessanter, und auch sehr wichtiger Seitenaspekt des Ganzen, denn viele Betroffene durchschauen weder das Prozedere noch die Tragweite eines Strafbefehls auch nur im Ansatz: Geschaffen, um bei leichteren Vergehen die Justiz zu entlasten, wirkt ein solcher Strafbefehl zunächst einmal auch auf die Betroffenen wie ein einfacher Ausweg - man zahlt eine bestimmte Summe, und die Sache scheint vom Tisch. Manche glaube allerdings auch, der Strafbefehl sei so in Stein gemeißelt.

Das Erstere ist nicht unbedingt so; das Zweitere stimmt überhaupt nicht. Laienhaft zusammen gefasst, ist der Strafbefehl eigentlich nicht mehr als eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, die von einem Richter einer Prüfung unterzogen, und dann dem Betroffenen zugestellt wird. Will heißen: Ein Staatsanwalt beurteilt den Fall nach Aktenlage, schreibt in einem Strafbefehlsantrag auf, was er davon hält, und welchen Tatbestand er hier vorwirft, und der Strafrichter beim Amtsgericht schaut dann da drauf, überlegt sich, ob er das für stichhaltig hält, und lässt es dann, samt der Festsetzung einer Geldstrafe dem Betroffenen zustellen. Der Betroffene kann sich dann sagen, dass er das so akzeptiert, oder er kann innerhalb von zwei Wochen wider sprechen.

Widerspricht er, dann kommt es theoretisch zur mündlichen Verhandlung. Es kann aber auch passieren, dass die Staatsanwaltschaft es sich dann anders überlegt, und das Verfahren ganz einstellt. Denn: Ob man dem kiffenden und saufenden Autofahrer wirklich Vorsatz vorwerfen kann, ob er nicht möglicherweise suchtkrank und wenig steuerungsfähig ist, ist nicht so eindeutig, wie es auf die ersten paar Blicke scheint. Zudem sind Blutproben möglicherweise nicht vorschriftsgemäß entnommen worden, und auch die vorgeworfene Tat nicht so eindeutig, wie sie dargestellt wird.

Manche Betroffene denken, wie gesagt, dass der Strafbefehl so fest steht. Sehr viel mehr allerdings machen sich die Rechnung auf, wägen die zu erwartenden Anwalts- und Gerichtskosten gegen die Gesamtsumme des Strafbefehls ab, und akzeptieren ihn dann.

Was dabei dann unter Umständen vergessen wird, ist, dass die Vorwürfe im Strafbefehl auch Auswirkungen anderswo haben können: zum Beispiel bei der Krankenkasse. Ich habe es schon mehrmals erlebt, dass zumindest eine Kasse solche Strafbefehle dazu nutzt, um das Krankengeld zu kürzen, wenn sie davon erfährt, wobei allerdings andere Kassen die Dinge eher entspannter zu sehen scheinen: Letzten Endes kann man bei solchen Personen davon ausgehen, dass sie eher Hilfe bei der Suchtbekämpfung als den § 52 (1) SGB V brauchen.

Der Vorsatz ist im Strafbefehl nun rechtskräftig fest gestellt, die Krankenkasse muss ihn also nicht mehr nachweisen, und muss im Grunde nur noch Ermessen bei der Frage ausüben, ob und wie hoch die Kürzung ausfallen soll. Das Besondere dabei ist, dass die Anforderungen an den Vorsatz im zweiten Teil des (1) niedriger sind, als im ersten Nebensatz. Denn während sich der Vorsatz im ersten Teil des (1) auf die Erkrankung selbst bezieht, beziehen sich die im zweiten Teil des (1) genannten Verbrechen oder vorsätzlich begangenen Vergehen nicht auf die Herbeiführung der Erkrankung selbst, sondern darauf, dass die Erkrankung im Zuge der Begehung eines Verbrechens oder vorsätzlich begangenenen Vergehens erfolgte, die wiederum nicht auf die Herbeiführung der Erkrankung abgezielt haben müssen.

Dementsprechend sollte man sich sehr genau überlegen, wie man verfahren möchte, wenn der Strafbefehl im Briefkasten liegt - steht das Wort "Vorsatz" in irgendeiner Form drin, ist Vorsicht geboten.

Vorab kann die Krankenkasse natürlich auch bereits im Vorfeld den Vorsatz vorwerfen. Nur: Das ist ausgesprochen schwierig, denn ohne Urteil, oder ein eindeutiges Verbrechen muss sie das sehr gut begründen. "Sie sind betrunken ins Auto gestiegen, um einen Unfall herbei zu führen", ist beispielsweise etwas, was nicht reicht. Der Betroffene hat dies vielleicht, vielleicht auch nicht billigend in Kauf genommen, aber dass er tatsächlich, wenn auch nur bedingt, vorsätzlich darauf abgezielt hat, einen Unfall zu bauen, dürfte schwer bis gar nicht nachweisbar sein. Zudem stellt sich immer die Frage, inwieweit eine vorsätzlich herbei geführte Verletzung oder Krankheit Teil eines größeren Krankheitsbildes ist. Und ich bezweifele, dass die Krankenkasse einfach einen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, also ein vorsätzlich begangenes Vergehen vorwerfen kann - die Staatsanwalt denkt da unter Umständen ganz anders drüber; es mag nie zu einer Verurteilung kommen.

Sie müsste also im Vorfeld nachweisen, dass der Betroffene vorsätzlich den Unfall herbei geführt hat. Und die Abgrenzungen, beispielsweise zur bewussten Fahrlässigkeit, bei der auf den Nichteintritt des Erfolgs, also eines Unfalls, vertraut wird, beispielsweise weil die Gefahren verdrängt werden, dürfte extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein.

Sollte sich das vom Themenersteller Beschriebene tatsächlich so zugetragen haben, würde mich ernsthaft die Begründung dafür interessieren. Auf Grund dessen, was hier beschrieben wurde, kann man dem TE nicht einmal eine bewusste Fahrlässigkeit vorwerfen: Er schreibt ja, er habe kontrolliert getrunken, um am nächsten Tag fahrtauglich zu sein, und der Gesetzgeber gestattet es nun einmal, auch mit einem gewissen Blutalkohol Auto zu fahren. Ein Verbot, im alkoholisierten Zustand die Treppe zu benutzen, gibt es meines Wissens nach nicht.

Verfasst: 20.03.2014, 12:07
von Lady Butterfly
Hallo vlac,

was du schreibst, ist sicherlich alles richtig....geht aber nach meiner Meinung zum großen Teil am Thema vorbei.

die Frage hier war, ob die Krankenkasse jemandem, der am Jahreswechsel auf einer Treppe gestürzt ist, die Leistungen wg. Selbstverschulden kürzen kann.

Von Straftaten, einem Strafbefehl, der Staatsanwaltschaft, irgendwelchen Klagen oder Strafanzeigen war hier niemals die Rede.

Es gibt die Möglichkeit, dass Kassen Leistungen kürzen - ja. Aber wenn sie das macht, sollte sie vorher den genauen Sachverhalt ermitteln, den Betroffenen anhören und ihre Entscheidung ausführlich begründen. Das ist hier offensichtlich nicht geschehen. Und allein dadurch hat die Kasse einen Fehler gemacht.

Dasss AdrianMcCaal in einem Brief seine Kasse dazu aufgefordert hat, dies alles nachzuholen, ist nach meiner Meinung die richtige Vorgehensweise. Wenn die Antwort der Kasse vorliegt, kann man weiter sehen.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Kasse Probleme hat, ihre Entscheidung zu begründen und daher einen Rückzieher macht.