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Taxifahrt zur Augenop.

Verfasst: 26.09.2013, 11:21
von Hartzer
Guten Tag,

ich habe da mal eine Frage an die Experten, und zwar geht es um Folgendes:

Mein Vater (82) soll Anfang Januar 2014 abwechselnd an beiden Augen eine Staroperation über sich ergehen lassen. Diese OP kann an unserem Wohnort nicht durchgeführt werden, der Augenarzt würde ihn zur ambulanten OP in eine (Fach-)Klinik überweisen, der Weg dahin beträgt ca. 40 KM.
Klar, am Tage der OP kann mein Vater kein Auto fahren, aber auch ohne OP traut er sich die Fahrt mit dem PKW und auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln in eine Großstadt nicht mehr zu. Ich werde ihn begleiten, als Autofahrer stehe ich aber ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Verfügung, das geht aber auch Niemanden etwas an, so meine Meinung. Schließlich bin ich nicht Angestellter der KK meines Vaters.

Nun hat man ihm die telefonische Auskunft gegeben, dass eine Taxifahrt nur bezahlt wird, wenn seine Schwerbehinderung (100 %, Kennzeichen G) auf den Kennbuchstaben aG erhöht wird.

Nicht nur mein Gerechtigskeitssinn sagt mir, dass hier etwas nicht stimmt, vielleicht sollte man anstreben, die OP stationär durchführen zu lassen, dann ist der Transport keine Frage mehr. Allerdings wird es dann etwas teurer für die Kasse.

Es wäre schön, wenn ich hier fundierte Hilfestellung bekomme, immerhin sollte das Problem ja auch kein Einzelfall sein. Ich brauche ein wenig 'Munition zum Schießen' (hat mein Orthopade immer zu mir gesagt), um ggfs. einen Widerspruch zu verfassen, Urteile oder Vorschriften wären sehr hilfreich.

Herzlichen Dank an alle Helfenden und Interessierten
LG Hartzer

Verfasst: 26.09.2013, 11:26
von Czauderna
Hallo,
es handelt sich hier um eine ambulante Op., d.h. wenn durch diese ambulante Op. eine stationäre Behandlung vermieden wird, dann zahlt die Krankenkasse nach meinem Wissen sehr wohl die notwendigen Fahrkosten.
wichtig wäre auf jeden Fall, dass der Arzt die Verordnung rechtzeitig vorher ausstellt und entsprechend kennzeichnet, dazu auch vermerkt, dass es sich um die nächstgelegene Behandlungsmöglichkeit handelt.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 26.09.2013, 11:30
von Hartzer
Das ging ja superschnell, vielen Dank für die Antwort und den Hinweis, dass der Arzt auf die nächstmögliche Gelegenheit zur OP hinweist.

Verfasst: 26.09.2013, 12:46
von Czauderna
Hallo,
ach ja vergessenb habe ich noch den Zusatz, dass die Verordnung vorher zur Kasse sollte wegen der Genehmigung.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 26.09.2013, 19:48
von ratte1
Czauderna hat geschrieben:Hallo,
es handelt sich hier um eine ambulante Op., d.h. wenn durch diese ambulante Op. eine stationäre Behandlung vermieden wird, dann zahlt die Krankenkasse nach meinem Wissen sehr wohl die notwendigen Fahrkosten.
Genau das könnt der Knackpunkt sein, da eine Star-Op i.d.R. keiner stationärer Behandlung bedarf.

Wenn aber durch die ambulante OP eine stationäre Behandlung nicht vermieden wird, können die Fahrkosten nur bei einer Schwerbehinderung mit dem Kennzeichen aG, Bl oder H oder einer vergleichbaren Mobilitätseinschränkung übernommen werden.

MfG
ratte1

Verfasst: 26.09.2013, 20:08
von Carola
hm, Beispiel..
Harz4.. 50km zur Klink....Augen-Op
Selber fahren fällt aus, wegen Sehbehinderung oder Alter auch Bus-Bahn
Warten auf Bescheid von Versorgungsamt auf aG,BL, ca 6 Monate, oder besser zuhause in Frieden erblinden, und dann Kosten beantragen lassen durch Pflegedienst ?
Ist nicht wirklich realitätsfremd oder ?
lg Carola

ps: sollte der Kunde Krankengeld beziehen würde er von meinen AOK.NW SB sogar zur Klink getragen werden..Sorry musste das sagen, verzeiht mir :-)
Getragen aber nur Bildlich, er würde auch so keinen Cent sehen. Nur hätte er schneller einen Bescheid im Briefkasten das er kein Krankengeld mehr bekommt als er sehen kann..Ohh welch Zufall, sehen kann er ja bald nicht mehr.
Wer Ironie findet darf sie behalten..Mein AOK-NW SB darf sie sich sogar dahin stecken, wo er normal seinen Chef besucht.

Verfasst: 26.09.2013, 20:15
von ratte1
Carola hat geschrieben:hm, Beispiel..
Harz4.. 50km zur Klink....Augen-Op
Selber fahren fällt aus, wegen Sehbehinderung oder Alter auch Bus-Bahn
Warten auf Bescheid von Versorgungsamt auf aG,BL, ca 6 Monate, oder besser zuhause in Frieden erblinden, und dann Kosten beantragen lassen durch Pflegedienst ?
Ist nicht wirklich realitätsfremd oder ?
ratte1 hat geschrieben:Wenn aber durch die ambulante OP eine stationäre Behandlung nicht vermieden wird, können die Fahrkosten nur bei einer Schwerbehinderung mit dem Kennzeichen aG, Bl oder H oder einer vergleichbaren Mobilitätseinschränkung übernommen werden.
In der Realität kann der Arzt eine Verordnung von Krankenfahrten ausstellen und begründen, weshalb eine vergleichbare Mobilitätseinschränkung besteht. Diese VO ist dann vorab bei der KK zur GEnehmigung einzureichen.

MfG
ratte1[/u]

Verfasst: 26.09.2013, 20:37
von Carola
Und Geldeinschränkung ?
Welcher Harz4 kann 2 mal Taxi 50Km z.b bezahlen ?
Sollte so um die 100€ liegen hin und zurück.
Soll der Arzt auf den Schein dann Armut als zusätzliches Argument einbringen ?
Ich rede hier nicht von jemanden der 100.000€ im Jahr verdient, wie handhabt ihr es den mit Rentner, Leuten die sich überlegen ob sie einen Facharztbesuchen können weil er so weit weg ist ?
Ich als Arzt würde sie als Notfall einweisen, aber die Krankenhäuser selber haben ja keine Fachärzte mehr, eigendlich nur Unis.
Da läuft einiges schief, ich denke die Politik sollte da sowas schnell regeln,
in solchen Fällen einen Taxischein auszustellen wird keine Kasse in die Pleite treiben.

Achso, Bekannte..hat 4 Jährige Tochter, muss zur Sprach-Hör Untersuchung, laut ihren Neurologen, Termin steht. (Sprachbehindert, aber so ein Sonnenschein die Kleine)
Nächster der das kann ist diese Uni..
200Km einfache Fahrt.
Das kann sie nicht..auch Harz4.
Haben ausgerechnet Bus von ihr bis Bahnhof, Zug, dann Bus bis Uni..das nochmal zurück.
Dann kann die kleine nochnicht mal Brot den ganzen Monat essen.
Sie hat angerufen das sie den Termin nicht schafft, da er am 25.10 ist, eh am ende des Geldes.
Nun wird sie Ärger bekommen, weil sie die Wahrheit sagte.
Und ? wie kann man ihr den helfen ? Caritas ? ist selbst ihnen zu weit.

Verfasst: 26.09.2013, 20:46
von ratte1
Carola hat geschrieben:Und Geldeinschränkung ?
Welcher Harz4 kann 2 mal Taxi 50Km z.b bezahlen ?
Sollte so um die 100€ liegen hin und zurück.
Soll der Arzt auf den Schein dann Armut als zusätzliches Argument einbringen ?
Nein, eine Rechtsgrundlage für die Übernahme von Fahrkosten bei finanzieller Bedürftigkeit gibt es zumindest im Krankenversicherungsrecht nicht.

MfG
ratte1

Verfasst: 26.09.2013, 21:04
von Poet
Hallo Carola,

zeig Deiner Bekannten mal diese Seite hier:

dgpp.de/cms/pages/de/adressen.php

Die Pädaudiologie muss nicht zwingend an einer Uni-Klinik durchgeführt werden, es gibt auch zahlreiche ambulante Spezialisten.

BTW: Nicht mal über Hartz IV Mehrbedarf kann sie Fahrtkosten ansetzen. Das ist eine echte Lücke.

Poet

Verfasst: 26.09.2013, 22:06
von vlac
Hallo,

Frage - bitte nicht hauen, wenn ich komplett daneben liege: Rein hypothetisch betrachtet könnte man ja davon ausgehen, dass der Neurologe eine stationäre Behandlung in dieser Uniklinik im Kopf gehabt hat, als er dorthin überwiesen hat. Wenn dem so wäre, würde doch eine vorstationäre Behandlung daraus, wofür, wenn ich das recht in Erinnerung habe, wiederum die Fahrtkosten übernommen werden könnten.

Verfasst: 27.09.2013, 09:05
von broemmel
Die ganzen Nebendiskussionen bringen doch nichts.

Eine Staroperation ist eine ambulante OP. Punkt aus, fertig.

Der augenarzt kann also natürlich eine Verordnung ausstellen. Das benötigte Transportmittel legt der Arzt fest. Im allgemeinen natürlich ein Taxi.

Die Verordnung sollte im voraus der Kasse zur Genehmigung vorgelegt werden, ist im allgemeinen aber nicht unbedingt nötig. Wird auch so erstattet.

Der Eigenanteil beträgt 10 % der Kosten je Fahrt, mindestens 5 € je Fahrt.
die Begleitperson würde ich nicht erwähnen, ist beim Taxi auch unerheblich.

Das einzige was zu klären wäre, ob es sich um eine der beiden nächstgelegenen Behandlungsmöglichkeiten handelt. Wenn nicht, kann ein weiterer Eigenanteil anfallen (Wirtschaftlichkeitsprinzip).

Alles Gute und gutes Gelingen bei der OP

Verfasst: 27.09.2013, 10:41
von GerneKrankenVersichert
Ergänzend zu Broemmels Aussage die "Munition":
§ 60 Abs. 2 Nr. 4 SGB V:

(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

4.
bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__60.html
Katalog der entsprechenden Diagnosen nach § 115 b SGB V:
kbv.de/media/sp/AOP_Vertrag_Anlage_1.pdf
§ 2 Abs. 2 des Vertrages nach § 115 b

Aus dem als Anlage des Vertrages beigefügten „Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe“ kann nicht die Verpflichtung hergeleitet werden, dass die dort aufgeführten Eingriffe ausschließlich ambulant zu erbringen sind. Der Arzt ist verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Art und Schwere des beabsichtigten Eingriffs unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes des Patienten die ambulante Durchführung der Operation nach den Regeln der ärztlichen Kunst mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erlauben. Zugleich muss sich der verantwortliche Arzt vergewissern und dafür Sorge tragen, dass der Patient nach Entlassung aus der unmittelbaren Betreuung des operierenden Arztes auch im häuslichen Bereich sowohl ärztlich als gegebenenfalls auch pflegerisch angemessen versorgt wird. Die Entscheidung ist zu dokumentieren.

kbv.de/media/sp/AOP_Vertrag.pdf
Das bedeutet im Klartext, dass man nicht isoliert betrachtet sagen kann, dass die OP ambulant durchgeführt werden kann. Wenn z. B. die Heimfahrt nach der OP ohne "Taxischein" nicht gewährleistet ist, kann die OP nicht ambulant durchgeführt werden. Denn die Verantwortung des Arztes beginnt nach meiner Einschätzung nicht an der Haustür des Versicherten, sondern an der Ausgangstür der Einrichtung, in der die OP durchgeführt wird. Womit wir bei der Einschätzung und Entscheidung des Arztes wären, die dieser auf dem Muster 4 "Verordnung einer Krankenbeförderung" dokumentiert kbv.de/media/sp/02_Mustersammlung.pdf

Diese Verordnung ist unterteilt zwischen

A) Hauptleistung im Krankenhaus
B) ambulante Operation nach § 115 b SGB V
C) ambulante Behandlung (von der Krankenkasse zu genehmigen)

A) und B) sind nicht von der Kasse zu genehmigen. Wenn der Arzt also entscheidet, dass die Voraussetzungen nach B) vorliegen, kann man diesen Schein sofort dem Taxifahrer vorlegen, der (bei gültigem Vertrag) mit der Kasse abrechnet.

Deshalb wäre der Ansprechpartner der Arzt. Stellt er das Muster 4 aus, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, würde ich genau nachfragen, weshalb nicht. Entweder ist dann die Diagnose nicht ausreichend oder er ist der Meinung, der Versicherte könnte irgendwie sonst nach Hause kommen (wie?).

Verfasst: 27.09.2013, 20:30
von Czauderna
Hallo,
der Knackpunkt bei diesem Fall liegt doch darin, dass durch die ambulante Op. eine stationäre Behandlung vermieden werden kann und das Urteil fällen allein die Ärzte bzw. wenn die sich "unsicher" sind, der MDK. In der Praxis kommt es mehr als häufig vor, dass in solchen Fällen die Kasse die Fahrkosten übernimmt. Ansonsten gilt bei einer ambulanten Behandlungen bzw. die Fahrkosten dafür die Voraussetzungen mit mindestens Pflegestufe II, Schwerbindeartenausweis mit AG,HI oder BL. usw.
Der Umstand dass jemand kein Geld hat oder ALG-2 bezieht spielt dabei keine Rolle.
Gruss
Czauderna