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Frage: Versagungsbescheid und Widerspruchsfrist

Verfasst: 23.07.2013, 15:14
von vlac
Hallo,

jetzt ist es passiert: Ich bin ratlos. Sehr ratlos. Und hoffe, Ihr könnt meine Gram durch Schläge mit guten Räten mildern.

Folgendes:

Einer Person wurden Leistungen versagt, weil er oder sie seinen oder ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist.

Das Schreiben beginnt wie folgt:

"hiermit versagen wir Ihnen gemäß §§ 60, 66 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung..."

Am Ende, nachdem erklärt wurde, warum man das macht, steht eine Rechtsbehelfsbelehrung:

"Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben."

Soweit so gut (naja, nicht wirklich)

Nach einiger Zeit legt die Person die Unterlagen vor, und passiert - nichts.

Als ich gerade bei der Kasse anrief, und nachfragte, warum das so ist, das Nichts, bekam ich zur Antwort, der oder die Betroffene habe ja nur vier Wochen Zeit gehabt, die Mitwirkung nachzuholen, wegen der Widerspruchsfrist. Nun habe der Bescheid Bestandskraft, und es sei nichts mehr zu machen. Einen Ablehnungsbescheid werde man auch nicht ausfertigen, denn das sei ja nicht notwendig, weil die Leistungen ja bereits versagt worden seien.

Meine Frage, auf die sicherlich noch weitere folgen werden: Ist das tatsächlich so korrekt?

Vielen lieben Dank im Voraus.

Verfasst: 23.07.2013, 15:40
von Czauderna
Hallo,
sehe ich nicht so wie die Kasse. Es wurde von der Kasse eine Leistung versagt wegen fehlender Mitwirkung. Gegen diesen Bescheid hatte der Versicherte die Zeit von einem Monat um seinen Widerspruch gegen die Entscheidung als solches einzulegen. In dem Bescheid musste aber auch stehen, dass die Verweigerung der Leistung solange gilt bis er eben seiner Mitwirkung nachgekommen ist. In dem Moment, in dem er dies tat muss die Leistung (wieder) gewährt werden. Sie wurde ihm ja nicht vom Grunde her verweigert sondern nur wegen seiner fehlenden Mitwirkung - meine ich.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 23.07.2013, 16:20
von broemmel
Da hat die Kasse Quatsch erzählt.

Genau wie Czauderna es geschrieben hat. Der Bescheid über das Versagen der Leistung hat Bestandskraft erhalten.

Aber der Bescheid sagt ja auch aus das bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung versagt wird. Wenn die Mitwirkung erfolgt ist, lebt der Leistungsanspruch wieder auf. (Vorausgesetzt es handelt sich um eine laufende Leistung)

Eine Möglichkeit das zum umgehen wäre vielleicht der § 27 SGB X. Wenn er ohne Verschulden die Mitwirkung nicht wahrgenommen hat. Geht unter Umständen vielleicht bei psychischen Erkrankungen.

Fehlende Mitwirkung

Verfasst: 23.07.2013, 17:32
von CiceroOWL
http://dejure.org/gesetze/SGB_X/48.html

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,

Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__121.html

1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

Die Kasse hat stande pede wiiterzuzahlen. Laut BGB unverzüglich . Es ist so zu händeln das durch das verwaltungsmäßige Handeln der Kasse.

vergl :

Verwaltungsakt

Die Sanktionen auf Grund fehlender Mitwirkung erfordern ebenfalls einen Verwaltungsakt. Dabei handelt es sich nicht um einen Aufhebungsbescheid über den Leistungsanspruch. Die Wirksamkeit des Verwaltungsakts über den Leistungsanspruch bleibt unberührt. Vielmehr hat der Bescheid über die Folgen fehlender Mitwirkung “suspendierende” Wirkung hinsichtlich des Bescheides über den Leistungsanspruch. Wirkt der Sozialleistungsberechtigte mit oder wird die Mitwirkung nachgeholt, fällt der suspendierende Effekt weg und der ursprüngliche Bescheid über den Leistungsanspruch kann weiterhin vollzogen werden.
Nachholen der Mitwirkung

Hat der Sozialleistungsträger durch einen Verwaltungsakt Leistungen versagt oder entzogen, wirkt der entsprechende Verwaltungsakt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Sozialleistungsberechtigte die Mitwirkung nachholt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, versagte oder entzogene Sozialleistungen auch für die Vergangenheit ganz oder teilweise zu erbringen. Die Entscheidung darüber ist eine Ermessensentscheidung, bei der auch die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten ist. Voraussetzung ist, dass die Leistungsvoraussetzungen vorgelegen haben.

Die Vorschrift gilt sinngemäß auch, wenn die Mitwirkungspflicht entfallen ist, weil sich z. B. für die Leistungsgewährung erhebliche Umstände auf andere Weise geklärt haben oder die Mitwirkung unmöglich geworden ist.

finkenbusch.de/?p=1000

Das heißt mit dem Datum der Mitwirkung ist die Leistung wieder zu erbringen. Meiner Meinung nach. Ausserdem sind es nicht 4 Wochen sondern 1 Monat also 30 Tage + 3 Tage Post weg = 33 Tage von mir auch 34 Tage vergl § 26 SGB X i.V.m § 136,137 BGB

Kurzer Tip mal an das GR zum SGB X erinnern

§ 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X

Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist die Aufhebung für die Vergangenheit gegenüber der Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft keine eigene Regelung. Es handelt sich vielmehr um eine von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X abweichende Bestimmung des Aufhebungszeitpunktes.

Der Verwaltungsakt soll aufgehoben werden, wenn eine der vier Voraussetzungen vorliegt.

1.

Es soll eine Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgen.
2.

Der Betroffene ist einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen.
3.

Nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes ist Einkommen oder Vermögen erzielt worden, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
4.

Der Betroffene wusste oder wusste nicht, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz bzw. teilweise weggefallen ist, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

bkk.de/arbeitgeber/neu-lexikon-sv-und-steuerrecht/?tx_bkklexikon_pi1[bkkl-item]=2072886&tx_bkklexikon_pi1[bkkl-sub0]=0000001:263129_bv&tx_bkklexikon_pi1[bkkl-sub1]=0000004:263129_bv&tx_bkklexikon_pi1[bkkl-sub2]=0000007:263129_bv

Hier die Kurzfassung

lumrix.de/gesetze/bsg_urteile/bsg_1277.php

Re: Frage: Versagungsbescheid und Widerspruchsfrist

Verfasst: 23.07.2013, 17:57
von CiceroOWL
vlac hat geschrieben:Hallo,

jetzt ist es passiert: Ich bin ratlos. Sehr ratlos. Und hoffe, Ihr könnt meine Gram durch Schläge mit guten Räten mildern.

Folgendes:

Einer Person wurden Leistungen versagt, weil er oder sie seinen oder ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist.

Das Schreiben beginnt wie folgt:

"hiermit versagen wir Ihnen gemäß §§ 60, 66 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung..."
siehe § 48 SGB X = Nachgeholte Mitwirkung, weiter Zahlung ab Datum der Mitwirkung. für den zurückliegenden Zeitraum Ermessensentscheidung der Kasse, grundsätzlich. Jagdschein liegt nicht vor?

Verfasst: 23.07.2013, 18:12
von vlac
Hallo,

vielen, vielen Dank. Irgendwas habe ich an mir: Nachdem ich das ganze Jahr über mit netten, korrekten Kassen zu tun habe, suchen mich jetzt, wo das Team durch Urlaub auf ein Minimum reduziert ist, die krassen Kassen heim - es ist schon die Zweite innerhalb von einer Woche, mit der ich Ärger habe. Mal ganz abgesehen von dem Jobcenter, wo niemand ans Telefon geht.

Was mich in diesem Fall zur Verzweiflung treibt, ist dieses Kafkaeske, dieses "Du hast Pflichten, aber wir schreiben Dir nicht, was Deine Pflichten sind" - und ich frage mich, ob es irgendwo in den Tiefen des deutschen Paragraphendschungels ein Gesetz, eine Vorschrift gibt, die es einer Behörde erlaubt, genau das zu tun, also im Grunde die Verpflichtung nach § 67 SGB I davon abhängig zu machen, dass der Bescheid nach § 60 SGB I noch keine Bestandskraft erlangt hat. Und es darüber hinaus auch nocht gestattet, dem Bürger das nicht mitzuteilen.

Verfasst: 23.07.2013, 18:30
von CiceroOWL
vlac hat geschrieben:Hallo,

vielen, vielen Dank. Irgendwas habe ich an mir: Nachdem ich das ganze Jahr über mit netten, korrekten Kassen zu tun habe, suchen mich jetzt, wo das Team durch Urlaub auf ein Minimum reduziert ist, die krassen Kassen heim - es ist schon die Zweite innerhalb von einer Woche, mit der ich Ärger habe. Mal ganz abgesehen von dem Jobcenter, wo niemand ans Telefon geht.

Was mich in diesem Fall zur Verzweiflung treibt, ist dieses Kafkaeske, dieses "Du hast Pflichten, aber wir schreiben Dir nicht, was Deine Pflichten sind" - und ich frage mich, ob es irgendwo in den Tiefen des deutschen Paragraphendschungels ein Gesetz, eine Vorschrift gibt, die es einer Behörde erlaubt, genau das zu tun, also im Grunde die Verpflichtung nach § 67 SGB I davon abhängig zu machen, dass der Bescheid nach § 60 SGB I noch keine Bestandskraft erlangt hat. Und es darüber hinaus auch nocht gestattet, dem Bürger das nicht mitzuteilen.
Die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären
http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbi/13.html

Daraus folgt

http://dejure.org/gesetze/SGB_I/60.html und http://dejure.org/gesetze/SGB_I/66.html

Wenn § 13 SGB I nicht deutlich nachgekommen wurde aufgrund der fehlenden Informationspflicht nicht nachgekommen ist ergibt sich:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_10/__44.html

das heißt denn wiederum sollt irgen ein verfahrensweg sich nicht annähernd an den allgemeinen Verwaltungsabläufen halten. Da kann man das Ganze von vornherein in die Tonne kloppen und alles beginnt wieder bei Los. Meiner Meinung nach.

Verzinsung

Verfasst: 23.07.2013, 18:43
von CiceroOWL
Übrigens

http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbi/44.html

Ich würde an sTelle der Kasse lieber zahlen, das heißt nämlich zb bei Eingang des geforderten Nachweises znb. am 31.05. Begin der sortigen Zahlung z. B ab dem 01.06.2013, Beginn der Verzinsung der nicht gezahlten Leistungen ab dem 01.07.2013 >>> 4 %, kann teuer werden.