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Bereitschaft zur Organspende sinkt weiter

Verfasst: 15.07.2013, 14:40
von Lohnbuchhalter
Hallo,

hat jemand von euch eine Ahnung warum die Bereitschaft zur Organspende weiter sinkt? Mir kommt es fast so vor um so mehr der Staat (über die Krankenkassen) sich dem Thema annimmt um so geringer wird die Bereitschaft zum spenden. Sprich, das was der Staat will, will ich noch lange nicht und um so mehr Kampagnen gefahren werden um so geringer ist die Bereitschaft.

Gruß
der Lohnbuchhalter

Verfasst: 15.07.2013, 15:25
von GerneKrankenVersichert
Ich denke, es hat eher was mit den letzten Skandalen zu tun.

Verfasst: 15.07.2013, 17:02
von derKVProfi
Wer sagt das und wo ist der Beleg?

Auch den Zusammenhang mit "um so mehr der Staat (über die Krankenkassen) sich dem Thema annimmt um so geringer wird die Bereitschaft zum spenden".

Den Zusammenhang, den GKV hier erzeugt, also die Skandale, mögen, wenn es denn tatsächlich so ist, eine Rolle spielen!

Aber wo sind bitte die validen Fakten, die die Grundthese stützen?

Verfasst: 15.07.2013, 17:19
von GerneKrankenVersichert
derKVProfi hat geschrieben:Wer sagt das und wo ist der Beleg?
Google, dein Freund und Helfer:
http://www.dso.de/dso-pressemitteilunge ... hland.html

Verfasst: 15.07.2013, 17:23
von derKVProfi
Kenne ich doch - das ist aber die postmortale Spende.

Eine verstärkte Organsspendebereitschaft in Form von organspendeausweisen wird nicht mittelbar und kurzfristig die postmortalen Spenden beeinflussen. das ist doch Unfug so etwas innerhalb von Monaten messen zu wollen.

Die Bereitschaft zur Organspende würde sich ergeben aus einer Datei, in der die Spender gelistet sind!
Die ausgefüllten udn eingesteckten Organspendeausweise der letzten 3 bis 7 Monate hat keiner gezählt.

Und bitte bei postmortal auch berücksichtigen, ob die Verstorbenen überhaupt geeignet waren zur Spende! Ganz pragmatisch und unterkühlt: Tote sind auch mit Ausweis nicht zwangsläufig geeignet!

Verfasst: 15.07.2013, 17:27
von KKA
Wie wäre es damit:

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 76176.html

Wenn mir bewusst ist, das meine verhunzte :) Leber am Tage meiner letzten Stunde von irgendeinem Arzt dem höchstbietenden, potenziellem Organempfänger 'verkauft', oder via Beziehung bevorzugt implantiert wird, überdenke ich meine Entscheidung, Organspender zu sein.
Gier steht über Ethik und Moral.

Jedermanns gutes Recht, aber ebenfalls zutiefst bedauerlich, trifft es doch letztlich die Majorität derer, die auf ein Spendeorgan angewiesen sind, um überhaupt weiter leben zu können.

Lösung .....unbekannt.

Gruss
KKA

Verfasst: 15.07.2013, 17:30
von GerneKrankenVersichert
Da zum Glück nicht auch noch überwacht wird, wer einen Organspendeausweis hat und wer nicht, ist doch die Zahl der postmortalen Spendebereitschaft die einzig möglich vergleichbare. Soweit ich informiert bin, wird diese ermittelt, indem der Anteil der tatsächlichen Spenden an den möglichen ermittelt wird. Und da kann man die Abnahme der Bereitschaft schon innerhalb einiger Monate erkennen.

Verfasst: 15.07.2013, 17:47
von KKA
Es bedarf keiner personbezogenen Überwachung um den Bereitschaftsverlust messen zu können.
Ich denke es spricht kein Gesetz dagegen, dass die betreffenden Organisationen anhand einer reinen, entpersonifizierten Anzahlstatistik die reduzierte premortale Organspendebereitschaft belegen können, der Zeitraumvergleich vor und nach Bekanntwerden der Skandale bewertet das Ergebnis.

Gruss
KKA

Verfasst: 15.07.2013, 18:05
von derKVProfi
Das rechtfertigt aber rein wissenschaftlich nicht die Aussage im ursprünglichen Beitrag!

Wer entscheident denn die postmortale Spende? Der potentielle Spender?

Ist der Zeitraum zwischen Gesetzesänderung und Aktivität (Krankenkassen/Werbeaktion) ausreichend lang um etwas bewerten zu können.

Unstrittig ist, dass die Skandale an deutschen Transplantationszentren die Bereitschaft zur Organspende aktuell immer noch negativ beeinflussen. Darum ging es aber im Ursprungsbeitrag nicht!

Verfasst: 15.07.2013, 19:47
von KKA
Staat/Krankenkasse... der Gedankengang ist nicht nachvollziehbar (und natürlich auch nicht belegt bzw. überhaupt belegbar).

Ich bezog mich auf GKVs Beiträge.

Gruss
KKA

Verfasst: 15.07.2013, 20:56
von vlac
Hallo,

zunächst einmal: Natürlich geht es hierbei nahezu ausschließlich um die postmortale Organspende. Die prämortale Organspende ist nach dem Transplantationsgesetz nur bei Personen zulässig, die dem Empfänger nahe stehen: Also Verwandte, Lebenspartner, Freunde.

Dafür ist der Organspenderausweis also nicht da: Es geht bei ihm darum, die Zustimmung zur Organentnahme nach dem eigenen Ableben zu signalisieren.

Diese Zustimmung steigt und sinkt, ohne dass es dafür abschließende, dauerhaft gültige Begründungen gibt, denn diese Gründe verändern sich: Teilweise sind es allgemeine Erwägungen, wie die Skandale um einige Transplantationzentren. Sehr viel öfter sind es allerdings sehr persönliche Erwägungen: Es war aus sozio-psychologischer Sicht zu erwarten, dass die Werbekampagne für den Organspenderausweis und die Debatte um gesetzliche Regelungen gemessen an der Gesamtbevölkerung zu einer statistischen Abnahme der Spendenbereitschaft führen würde.

Dies aber allerdings nicht, weil die Menschen ein Misstrauen gegenüber den Staat und seine Institutionen hegen, sondern weil diese Debatten, und der Spenderausweis, der plötzlich vor ihnen lag, sie dazu gezwungen hat, sich mit ihrem Tod auseinander zu setzen. Das ist etwas, was für viele etwas Neues ist, auch wenn diese Auseinandersetzung möglicherweise nur einige Minuten andauert, und es ist etwas, was die Menschen zuerst einmal abschreckt. Was sich damit auch mit den verlinkten Ausführungen der DSO deckt, die ja von Verunsicherung am Infotelefon berichtet. Gut möglich, dass diese Verunsicherung nicht so ausgefallen wäre, wenn nicht Skandal und Debatte gleichzeitig gelaufen wären.

Nur: Am Ende kommt es nicht darauf an, wie viele Leute in einer Umfrage etwas sagen, sondern wie viele tatsächlich den Ausweis genommen und darauf vermerkt haben, dass sie keine Organentnahme wünschen. Dazu gibt es aktuell keine Daten.

Interessant dabei ist, dass die Zustimmungen von Angehörigen, die mit der Frage nach einer Organentnahme konfrontiert werden, auch nach den Skandalen nur im unteren einstelligen Bereich abgenommen haben, was dazu führt, dass die Ablehnungsquote bei solchen Fragestellungen stets bei um die zehn Prozent pendelt. Der Grund dafür ist, dass hier aus der abstrakten Fragestellung, was nach dem eigenen Tod passiert, eine reale Entscheidungssituation wird, in der Menschen die Möglichkeit haben, einen Teil des Verstorbenen weiter leben zu lassen. Dies ist ein Konstrukt, dass vielen Menschen in einer Trauersituation attraktiv erscheint, weil es die Definitivität des Todes durchbricht.

Der reinen Lehre nach werden auch alle gefragt, bei deren Angehörige ein oder mehrere Organe für die Spende geeignet sind, es sei denn, sie haben vor dem Tod erklärt, dass sie eine Organspende nicht wünschen - das aber ist etwas, mit dem Kliniken, habe ich mir sagen lassen, zur Zeit nur selten konfrontiert werden, wobei es durchaus möglich ist, dass sich das in Zukunft durch die Organspendeausweise ändern wird.

Das Auf und Ab bei der Spendenbereitschaft erklärt den Organmangel damit nicht. Denn zunächst einmal müssen die Leute ja erstmal tot sein, um als Spender in Frage zu kommen. Und da ist die Sache, dass jene Leute, die sich für die Spendenbereitschaft entschieden haben, sich eher auch mit ihrer Gesundheit auseinander setzen, und es deshalb unwahrscheinlicher wird, dass sie auf absehbare Zeit versterben werden. Zumal die Zahl der tödlichen Unfälle ständig sind, und die medizinische Behandlung immer besser, immer lebenserhaltender wird.

Verfasst: 16.07.2013, 21:06
von Poet
@vlac: Mit Dir möchte ich mal auf ein Symposium zum Thema "Einstellung und Motivation - Triebfeder oder Bremsklotz?" :-)

Ich als schnöder Arbeiter sage es mal so: Die Bereitschaft steigt wie immer bei denen die direkt oder indirekt schon mal betroffen waren und sinkt bei denen, die das Thema ausblenden können.

Überzeugung

Verfasst: 16.07.2013, 23:37
von barkasse
Mit 35,3 Organspenden pro eine Million Einwohner ist Spanien innerhalb der EU Spitzenreiter. In Deutschland gibt es 14,7 Spender pro eine Million Einwohner.
Fiel mir gerade ein. Neulich ein interessanter Artikel über die spanische Bereitschaft zur Organspende; anstatt globaler PR (Mehr Spenden, bitte) setzt man auf lokale Überzeugungsarbeit durch den krankenhauseigenen Transplantationsbeauftragten:

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/5 ... de+spanien