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Selbstverschuldet zu viel bezahlt - (Teil-)Rückerstattung?

Verfasst: 11.04.2013, 15:53
von birdie79
Mein Mann und ich haben Anfang 2011 geheiratet, wir sind beide bei der gleichen KK versichert. Die Hochzeit bzw. die Namensänderung habe ich der Kasse auch mitgeteilt. Im Juni 2011 wurde dann unser 1. Sohn geboren und ich bin seitdem in Elternzeit.
Im August 2011 ist mir beim Ausfüllen eines Fragebogens dann leider ein Fehler unterlaufen: Ich habe das Datum der Hochzeit zwar korrekt angegeben, bin aber mit meinem Kreuzchen um eine Zeile verrutscht, so dass dort dann stand "geschieden seit <Hochzeitsdatum>". Die zuständige Sachbearbeiterin hat ohne sich zu wundern hin- bzw. übernommen, das heißt, in meiner Akte gibt es ein Hochzeits- und ein Scheidungsdatum (beide gleich) und ich wurde folglich fortan als geschieden geführt.
Für mich hat die KK dann ab Ende des Mutterschutzes im Oktober 2011 einen monatlichen Grundbeitrag von ca. 140 EUR festgelegt. Da ich mich an so etwas ähnliches aus meiner Studentenzeit erinnern konnte, habe ich mich nicht darüber gewundert und den Betrag monatlich gezahlt.
Letztens kam ein Schreiben, in dem dann etwas anderes nicht in Ordnung war und beim Gespräch mit dem Sachbearbeiter stellte sich "nebenbei" heraus, daß ich falsch eingestuft bin. Richtigerweise hätte ich bei meinem Mann familienversichert und von jeglichen Zahlungen befreit sein sollen. Ich hab daraufhin die Kasse angeschrieben, habe die Sachverhalte aufgelistet und richtig gestellt.

Der Fehler, wie es zu den Zahlungen kam, ist also ganz klar mir zuzuschreiben:

* Ich habe in dem Bogen (aus Versehen) eine falsche Angabe gemacht
* Eigentlich hätte ich wissen sollen, daß ich nichts zahlen muss (so schlau bin ich aber erst jetzt - ich dachte, man zahlt immer einen Grundbetrag, wie z.B. als Student auch, da hatte ich ja auch kein Einkommen).

Meine Fragen sind jetzt:

* Hab ich trotzdem ein Recht, die zu viel gezahlten Beiträge (teilweise?) erstattet zu bekommen oder ist das persönliches Pech, weil ich es selbst verschuldet habe?
* Die Falschangabe auf dem Bogen ist nach erstem googeln eine Ordnungswidrigkeit (stimmt das?) - ich unterschreibe ja, dass die Angaben richtig sind, auch wenn in diesem Fall ein Versehen und keine Täuschungsabsicht vorliegt. Kann da noch was nachkommen?

Danke schon mal an alle, die sich bis hier durch den Text und Sachverhalt gewühlt haben - über Input würde ich mich freuen!

Verfasst: 11.04.2013, 16:19
von zost
Wie warst du vor dem Mutterschutz versichert? Auch schon freiwillig?

Dann hätte die Kasse korrekt gehandelt und dich weiterhin als freiwilliges Mitglied mit Beitragszahlungen versichert.

Die Kasse könnte jetzt kulant handeln und dich rückwirkend in die Fami deines Mannes nehmen und dir die Beiträge erstatten.

Verfasst: 11.04.2013, 16:45
von birdie79
Vor dem Mutterschutz habe ich Vollzeit gearbeitet und war freiwilliges Mitglied mit Status 1. Seit dem Mutterschutz arbeite ich nicht (was ja in Elternzeit bis zu 30h/h Woche möglich wäre) und habe dementsprechend bis auf Mutterschafts- und Elterngeld derzeit kein eigenen Einkommen. Damit habe ich, zumindest lt. Wikipedia und dem Sachbearbeiter, mit dem ich telefoniert habe, einen Anspruch auf Familienversicherung.

Dass die Kasse den Beitrag (eben auf Basis der falschen Angabe "geschieden") richtig berechnet hat, ist mir klar (wäre ich tatsächlich geschieden, hätte ich ja keinen Anspruch auf Familienversicherung), die Frage ist eben, ob ich tatsächlich auf Kulanz hoffen muss oder ob ich ein Recht auf (Teil)Erstattung habe, obwohl es mein Fehler war.

Verfasst: 11.04.2013, 17:18
von Czauderna
Hallo,
ich denke mal, dass du dich mit dem X geiirt hast, das dürfte wohl eindeutig sein, von daher ist die Kasse von falschen Voraussetzungen ausgegangen (ohne nachzudenken) und alles muss wieder rückgängig gemacht werden.
Man macht doch vorsätzlich keine falsche Angaben zum eigenen Nachteil.
So sehe ich das.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 11.04.2013, 22:55
von Rossi
Hm, ich glaube, dass hier irgendetwas nicht passt.

Nach meiner bescheidenen Auffassung ist die Auskunft der Kasse, dass Du dich kostenlos familienversichern kannst, nicht korrekt.

Wir halten fest, dass Du vor Beginn der Elternzeit freiw. versichert gewesen bist, da Du oberhalb der sog. JAEG verdient hast. Damit bist Du im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei gewesen. Das Arbeitsverhältnis besteht fiktiv während der Elternzeit weiterhin fort. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 SGB IV. Somit wirst Du weiterhin fiktiv so gestellt, als ob Du arbeiten würdest. Mithin liegt bei Dir weiterhin der Tatbestand der Versicherungsfreiheit vor.

Und dann genau geht es los. Wenn man versicherungsfrei (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) ist (auch während der Elternzeit), dann kann man sich nicht in die kostenlose Familienversicherung beim Ehemann eintragen. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB V.

Somit verbleibst Du während der Elternzeit weiterhin in der freiw. Krankenversicherung, die grundsätzlich auch beitragspflichtig ist. Eine Familienversicherung ist nach meiner Rechtslektüre nicht möglich. Die Kasse sieht dies offensichtlich anders. Die Begründung hierzu würde ich gern erfahren. Also gehen hier schon mal die Standpunkte auseinander.

Okay, wir sind aber noch nicht am Ende.

Grundsätzlich muss man für die freiw. Kv. Beiträge zahlen; es gibt hier einen sog. Mindestbeitrag. Genau in diesem Beitrag hat Dich die Kasse eingestuft.

Dann aber kommen die einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung für die freiw. Versicherten des Spibus in den Ring.

Guckst Du hier:



gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/grundprinzipien_1/finanzierung/beitragsbemessung/Grundsaetze_Beitragsbemessung_Freiwillige__30052011.pdf

Unter § 8 Abs. 6 (Beitragspflicht / Beitragsfreiheit) findet man genau Deine Konstellation.

Du bist beitragsfrei zu führen, da ohne Deine Mitgliedschaft während der Elternzeit die Voraussetzungen für eine Familienversicherung vorliegen würden.


Okay, genau diese Bestimmung wurde von der Kasse nicht beachtet, weil Du ein Kreuzchen vermeintlich falsch gesetzt hast.

Hierfür gibt es im SGB X eine Wunderwaffe. Es ist der § 44 Abs. 1 SGB X. Denn bei Erlass des Beitragsbescheides ist die Kasse (aufgrund Deiner Angaben) von einem Sachverhalt (geschieden) ausgegangen, der sich als falsch erwiesen hat.

Hier muss die Kasse den Beitragsbescheid rückwirkend aufheben und die zu Unrecht erhobenen Beiträge wieder ausbezahlen. Diese Verpflichtung besteht nur dann nicht, wenn Du vorsätzlich falsche bzw. unrichtige Angaben gemacht hast. Genau dies kann man Dir (falsches Kästchen) meines Erachtens überhaupt nicht anlasten.

So würde ich die rechtliche Normenkette aufbauen und mit dieser Argumentation in den Ring steigen. Ich weiss, die rechtliche Normenkette überfordert teilweise die Poster hier im Forum.

Aber es fängt schon bei der Kasse damit an, dass Du dich in die Familienversicherung hättest eintragen können. Dies ist - meines Erachtens - schon mal der falsche Ansatz.

Es geht nur über § 8 Abs. 6 der einheitlichen Grundsätze des Spibus.

Verfasst: 13.04.2013, 20:52
von birdie79
Danke für Antworten...

Zu dem Thema "versicherungsfrei" hab ich mich auf Wikipedia verlassen (jaja, ist nicht die beste aller Quellen), ist das da dann falsch angegeben?
Der Familienangehörige darf nicht Pflichtmitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (z. B. als Arbeitnehmer mit einem monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von mehr als 450 €, als Azubi, Rentner, Freiwilliges Soziales Jahr etc.) sein. Der Familienangehörige darf außerdem nicht versicherungsfrei (z. B. als höherverdienender Arbeitnehmer oder Beamter) sein. Bei Personen, die während ihrer *Erwerbstätigkeit als höherverdienende Arbeitnehmer versicherungsfrei waren und sich in der Mutterschutzfrist gem. § 3 Abs. 2 MuSchG (6 Wochen vor der Entbindung) und § 6 Abs. 1 MuSchG (acht Wochen oder zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten) oder in Elternzeit befinden, endet die Versicherungsfreiheit mit dem Wegfall des bisherigen Arbeitsentgelts. Sie können aber während der Mutterschutzfristen bzw. der Elternzeit nur dann familienversichert sein, wenn sie gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 SGB V zuletzt (unmittelbar zuvor), gesetzlich, d. h. freiwillig, versichert waren.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Familienve ... ssetzungen

Das mit dem "beitragsfrei ohne Familienversicherung" würde zu dem passen, was mir der (leicht verwirrte) Mitarbeiter am Telefon gesagt hat:
Ich habe gefragt, ob ich dann eine neue Karte mit Status 3 bekomme. Er verneinte, ich würde Status 1 behalten, sei aber trotzdem familienversichert, sein Programm würde die Beiträge so auf Null setzen, das sei ein verwaltungstechnischer Ablauf.

Danke auf jeden Fall für die vielen Referenzen und die Argumentationskette für eine Erstattung, ich werde mich da einlesen und den Brief entsprechend formulieren!

Verfasst: 13.04.2013, 21:15
von Rossi
Jooh, birdie79, Dein fachkompetenter Kassenmitarbeiter weiss auch nicht wo die Glocken hängen.

Zitat:

Er verneinte, ich würde Status 1 behalten, sei aber trotzdem familienversichert, sein Programm würde die Beiträge so auf Null setzen, das sei ein verwaltungstechnischer Ablauf.


So etwas habe ich noch nie gehört.

Jenes scheint wohl die geballte Fachkompetenz darzustellen. Man tippt etwas in das Progrämmchen ein, verlässt sich auf das Progrämmchen und weiss überhaupt nicht was dahinter steckt. Das Ergebnis sind dann solche Auskünfte.

Es dürte relativ einfach sein; Du hast die Wunderwaffe des § 44 SGB X auf deiner Seite. Da man Dir keinen Vorsatz unterstellen kann, sollte eine Beitragserstattung auch möglich sein.

Hoffentlich gibt das Prorgämmchen der Kasse diese Möglichkeit auch ohne mullen und knullen her. Sonst musst Du leider kämpfen.

Verfasst: 25.07.2013, 07:30
von birdie79
Einige Wochen später will ich doch mal updaten, damit der Thread vollständig ist und sich auch zum Nachschlagen eignet:

Letzte Woche hat mir die Kasse nach einigem hin und her zu dem Thema das Geld zurückerstattet.

Im Schriftwechsel, der meinem Post im April hier folgte, kam ziemlich schnell die Meldung, daß sie sich freuen, meine "freiwillige Mitgliedschaft beitragsfrei fortführen zu können", das Thema Erstattung der bereits gezahlten Beiträge haben sie aber in jedem Schreiben geflissentlich ignoriert. Erst ein 5. Schreiben mit einer letzten Frist für eine Antwort zu dem Thema und einem Hinweis, daß ich ohne eine Stellungnahme ihrerseits rechtliche Schritte prüfen lassen würde, hat dann zu einer Reaktion und einer recht schnellen Auszahlung geführt.

Danke an dieser Stelle für eure kompetente Hilfe und speziell Rossi für die ausführlichen Antworten mit den richtigen Stichworten für eine weiterführende Googlesuche! :)

Verfasst: 31.07.2013, 21:50
von Rossi
Dann mal einen herzlichen Glühstrumpf zu dieser Aktion!

Dir ist es gelungen, dass sich der Kassenmitarbeiter mit der Rechtsmaterie beschäftigt hat und sich nicht nur auf sein Progrämmchen verlassen hat.

Leider hat es ganz offensichtlich hierfür 5 Anläufe benötigt!

Du bist der Laie und auf der anderen Seite sitzt die geballte Fachkompetenz!