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Expertenfrage hauptberuflich oder nebenberuflich selbständig

Verfasst: 02.03.2013, 13:23
von GKVdesperado
Hallo, liebe GKV-Experten,

folgender Fall beschäftigt den Threadersteller:

Arbeitnehmer A nimmt am 1.5.12 eine sozialversicherte Tätigkeit über 30 Wochenstunden für knapp 1200,- brutto auf. Nach 8 Wochen, am 1.7. wird das Gehalt mit mündlicher Vereinbarung erhöht, A muss nur noch 78 Stunden im Monat leisten (unter 20 Wochenstunden an 3 Tagen in der Woche) bei gleichbleibendem Gehalt, d.h. knapp 1200,-.
A nutzt darauf hin die 2 freien Tage in der Woche und macht sich ab 1.7. nebenberuflich selbständig.
Er erbringt nun zusätzlich folgende monatlichen Arbeitszeiten als Selbständiger:

Juli: 66 Stunden (+25 Stunden Fahrtzeiten zu Auftraggebern, gesamt 91 h), Umsatz 990,-
August: 54 Stunden (+20 Stunden Fahrtzeit, gesamt 74 h), Umsatz 801,-
September: 53,16 h (+20 Stunden Fahrtzeit, gesamt 73 h), Umsatz 797,-

Für den Zeitraum 01.09.12 - 31.01.13 erfolgt keine monatliche Rechnungserstellung mehr. Es sind von 09/12 - 01/13 insgesamt 222,09 Stunden freie Mitarbeit erbracht worden, bei Fahrtzeiten zu den Auftraggebern von insgesamt 87,5 h. Insgesamt damit für diesen Zeitraum 309,59 h bei einem Umsatz von 4441,80,-. Auf jeden einzelnen Monat umgerechnet wären dies also 77,39 h bei einem Monatsumsatz von 1110,45, damit zeitlich und finanziell immer noch knapp unter der Arbeitnehmertätigkeit (nochmal zum Vergleich: als AN 78 h pro Monat bei 1200,- brutto).

Die Abschlussrechnung der selbständigen Tätigkeit per 31.01.13 wird für einen Auftraggeber jedoch um 80 Stunden (1600 Euro Umsatz) vermindert. Hier der Grund dafür: Dieser Auftraggeber stellt A ab 1.2. fest ein und die Rechnung per 31.01. wird für diesen Auftraggeber um 80 Stunden gekürzt. Dies wird so vereinbart, da A beim zweiten (alten) Arbeitgeber noch Resturlaub hat, den er im April zum Auslaufen des Vertrags beim alten Arbeitgeber nehmen möchte und beim neuen Arbeitgeber dann den neuen Urlaub nicht nehmen möchte. Stattdessen sollen 80 Stunden freie Mitarbeit als bezahlter Urlaub (2 Wochen) im Arbeitsverhältnis abgegolten werden.
Kurz nach Beginn des neuen Arbeitsvertrags, der eine 4 Tage-Woche für 2400,- vorsah, zerstreitet man sich. Nach 4 Arbeitstagen kündigt A und erscheint mit Hinweis auf die noch unbezahlten zwei Arbeitswochen (+ 2 für diesen Monat zustehende Urlaubstage) auch nicht mehr zur Arbeit. Die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung war damit erfüllt, jedoch sind damit im Februar 80 Stunden im "Wert" von 1600,- aus der Zeit der bis 31.01. geleisteten freien Mitarbeit abgefeiert worden. SV-pflichtig angemeldet ist der AN dort für den gesamten Monat. Parallel ist der AN auch seit 01.05.12 ununterbrochen über den "alten" AG versichert. Da der Vertrag fortgesetzt wird, wird dies auch ab 01.05.13 so bleiben.

Frage: Kann A sich trotz des Kuddelmuddels für den Zeitraum 01.07.12 - 28.02.13 als gesetzlich pflichtversichert ansehen oder könnte man ihn rückwirkend als hauptberuflich Selbständigen ansehen ?
Im Schnitt sind alle Monate finanziell und zeitlich unter der Arbeitnehmertätigkeit geblieben. Absolut gesehen lag jedoch der Juli 2012 mit 91 Stunden knapp 20 % zeitlich über der AN-Tätigkeit. Der Februar 2013 lag in absoluten Zahlen auch über dem Schnitt, da von der bis 31.01. geleisteten freien Mitarbeit 80 Stunden bezahlt abgefeiert worden sind, im "Wert" von 1600,-.

Wie werden Zeit und Einkommen verglichen ? Auf jeden einzelnen Monat, auf die Zeit, wo Arbeitnehmereigenschaft und nebenberufliche selbständige Tätigkeit kombiniert vorliegen oder aufs Kalenderjahr bezogen ?
Vergleicht man pro Kalenderjahr, wie ist das dann bei Rechnungen, die Jahresübergreifend erstellt werden (wie es hier der Fall ist für 10/2012 - 01/2013) ? Wird das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit dann fiktiv den Monaten, in denen es erwirtschaftet wird, zugerechnet ?

Abschließend noch die Frage, wie A gegenüber der Kasse nachweisen könnte, dass er bis 31.01.13 222 Stunden freie Mitarbeit geleistet hat. Die Rechnung weist dummerweise nicht die Kürzung um 80 h aus. Man könnte auf die Idee kommen, dass auch die gesamten 128 h (= 16 Arbeitstage) der sozialversicherten Tätigkeit ab 1.2. beim neuen Arbeitgeber noch der freien Mitarbeit zuzurechnen sind - was aber definitiv nicht der Fall ist.

Reicht eine Bescheinigung des AG, die ausweist, dass 80 h freie Mitarbeit als Überstunden in das Arbeitsverhältnis eingebracht worden sind ?

Sorry, ist sehr lang geworden. Danke an alle, die bis hierher durchgehalten haben. Und vielen Dank vorab für die Einschätzung der Experten hier.

P.S.
Nochmal zum Verständnis: Es gab den alten AG ab 1.5.12, für den der AN ununterbrochen arbeitet (auch jetzt noch), dann gab es einen großen Auftraggeber, der den Auftragnehmer zum 01.02.13 fest einstellte (und sich dann schnell wieder trennte) und es gab einen dritten kleineren Auftraggeber.

Verfasst: 03.03.2013, 11:48
von Czauderna
Hallo,

so wie geschildert, sehe ich den einen Monat als nicht ausschlaggebend für die Entscheidung der Kasse und sehe hier auch die Arbeitnehmertätigkeit im Vordergrund, nur, das ist nicht entscheidend, das macht die Kasse, die dies zu beurteilen hat.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 04.03.2013, 13:31
von GKVdesperado
Hallo Herr Czauderna,

danke für Ihre Antwort.

Mal eine andere Frage.

Ist der Beurteilungszeitraum, in dem Einkommen und Zeitaufwand von Arbeitnehmer- und Selbständigentätigkeit verglichen werden immer das Kalenderjahr ?

Im vorliegenden Fall: Arbeitnehmer A war schon seit 1.1.12 Arbeitnehmer, macht sich aber erst am 1.7. nebenberuflich selbständig.
Zählt das Arbeitnehmereinkommen bis 30.06. mit beim Vergleich von Hauptberuf und Selbständigkeit ?

Nochmals danke für Ihre Antwort.

Verfasst: 04.03.2013, 14:20
von Czauderna
Hallo,
nein, es wird nur der Teil herangezogen, in dem Arbeitnehmer und selbständig nebeneinander laufen, also ab 01.07.
Gruss
Czauderna