GKV-Nichtversicherung : strafrechtliche Konsequenzen etwaige

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Helmes63
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GKV-Nichtversicherung : strafrechtliche Konsequenzen etwaige

Beitrag von Helmes63 » 30.01.2013, 15:52

Guten Tag,

... ein Punkt der bei GKV-Nichtversicherten immer wieder durch die Presse geistert ist die Sanktionierungsmöglichkeit durch den Gesetzgeber. Da es sich bei einer derartig verantwortungslosen Pflichtverletzung um einen klaren Rechtsverstoß handelt greift meines Wissens hier durchaus evt. das Strafrecht. Für mich ist in diesem Zusammenhang wissenswert ob es sich hier um eine strafrechtliche Option handelt, die sowohl durch einen GKV-Kassenträger als auch durch einen behandelnen Arzt veranlasst werden kann.

Von einer Strafverfolgungspflicht sagen die Medienquellen nach mir vorliegenden Informationen nichts. Von der praktischen Seite her kann ich mir allerdings gut vorstellen, dass sich eine derartige Anzeige-Möglichkeit im Zuge einer Notbehandlung im Krankenhaus ergeben könnte, wenn einem Arzt in der Notaufnahme dieses Problem dann erstmals hautnah bekannt wird.

heinrich
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Beitrag von heinrich » 30.01.2013, 20:03

da ist mir aber KEINE Vorschrift im STGB bekannt.

Dann kann dies im Sinne des STGB auch nicht betraft werden.


Es gab mal den Stromklau (Strom bei jemand anderem abzapfen).


Für jeden klar, dass man so was ja nicht machen darf.

Strafbar war dies aber nicht, da der Strom keine Sache war.
ALSO: nicht strafbar.

Hier (beim Stromklau) wurde dann das Gesetzt erweitert.

Was ich sagen will: nicht versichert sein, ist zwar nicht schön und man fällt auch evt anderen zur Last, wenn man plötzlich krank ist und sich dann daran erinnert, dass man zur Krankenkasse läuft und genau dann Leistungen braucht.

Strafbar ist dies aber sicherlich nicht.

Akita
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Beitrag von Akita » 30.01.2013, 20:05

Also für eine Strafverfolgung sehe ich per se absolut keinen Anlaß, jedenfalls nicht durch die Tatsache der Nichtversichertheit.

Zuallererst nicht für den Arzt/Krankenhaus, denn immerhin ist es ja möglich, die Behandlungskosten selber zu zahlen und den Arzt nicht zu betrügen. Ich habe noch keinen Arzt erlebt, der eine Behandlung als Selbstzahler nicht sehr gerne durchgeführt hätte - auch nach 2007. Und selbst die Kosten für normale OP´s sind durchaus nicht so hoch, wie man sich das allgemein vorstellt, und lassen sich sehr gut mit dem Krankenhaus per Ratenzahlung regeln und zahlen.

Wer dies nicht abklärt und regelt und dann nicht bezahlt, fiele dann unter den Vorwurf des Eingehungsbetruges, was allerdings nicht grundsätzlich mit der fehlenden Versicherung zu tun hat, sondern mit dem persönlichen Umgang damit.

Helmes63
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Vergleich Stromklau : fehlende GKV-Versicherung

Beitrag von Helmes63 » 20.02.2013, 10:28

Der Stromklau und eine fahrlässige GKV-Nichtversicherung sollte man nicht vergleichen. Die Rechtsgrundlagen unterscheiden sich doch wesentlich. Tatsache ist doch es gibt eine Versicherungspflicht. Auf die kann der Gesetzgeber offenbar reagieren. Man darf aber die Frage stellen ob eine Strafverfolgung hier im öffentlichen Interesse ist oder nicht ?!

heinrich
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Beitrag von heinrich » 20.02.2013, 20:03

sicherlich darf die Frage gestellt werden

Rossi
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Beitrag von Rossi » 20.02.2013, 20:19

Nun ja, in Deutschland ist doch alles geregelt.

Im Bereich des SGB V haben wir hier extra enstprechende Vorschriften.

In § 307 SGB V finden wir bestimmte Ordnungswidrigkeiten, die mit einer Geldanstrafe geahndet werden können.

In § 307a und § 307b SGB V sind Straftatbestände genannt, die eine Freiheitsstrafe zur Folge haben könnten.

Die unterlassene Pflicht zur Versicherung ist hier nicht genannt.

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 20.02.2013, 21:42

Warum sollte ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestehen?
Ich sehe keine Belange des Gemeinwohls berührt (Nichtversicherte verursachen ja keine Kosten, sonst sind wir eh in einem anderen Straftatbestand), keine präventive Funktion (Wer würde bei Strafandrohung überhaupt noch eine fehlende KV melden?) und keine Verhinderung weiteren Schadens.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 20.02.2013, 22:48

Nun ja, leider läuft es ja manchmal darauf hinaus, dass die ehemals GKV-Versicherten erst dann zur Kasse dackeln, wenn sie Leistungen benötigen. Also dem Grunde nach, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen in der GKV beginnt die Mitgliedschaft rückwirkend, damit natürlich auch rückwirkend der Leistungsanspruch und zwar unabhängig von der Beitragszahlung. Für sog. Notfälle (Regelfälle) muss die GKV auch rückwirkend löhnen, ohne eine Cent an Beiträgen zu bekommen.

Ist dies nicht - im Bereich der GKV - eine relativ gute Ausgangslage?

Dann vergleichen wir es mal mit der PKV. Denn das dortige System funktioniert ganz anders.

Im Bereich der PKV beginnt die Mitgliedschaft und somit der Leistungsanspruch niemals rückwirkend. Es ist ganz egal, ob hier jemand eine Pflicht zur Versicherung bspw. ab dem 01.01.2009 hat. Wir sind hier im Vertragsrecht. Oder hast Du schon mal versucht Deine PKW-Teilkasko rückwirkend in eine Vollkasko umzuwandeln. Nee, oder?!

Der Leistungsanspruch in der PKV beginnt erst mit dem Zustandekommen eines Vertrages (zweiseitige Willenserklärung). Dies ist immer mit Wirkung für die Zukunft und niemals rückwirkend. Also können sich die ehemals PKV-Versicherten nicht zurücklehnen und abwarten bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Gleichwohl müssen die PKV-Versicherten einen sog. "Prämienzuschlag" rückwirkend löhnen, ohne Leistungen rückwirkend in Anspruch nehmen zu können.

Für micht ist dies kein Prämienzuschlag; sondern ein indirekter "Strafzuschlag".

Dann nehmen wir mal einen Fall aus der Praxis. Ein Kunde war zuletzt privat versichert und hatte ab dem 01.01.2009 die Pflicht eine priv. Kv. abzuschließen. Dies hat er nicht gemacht und dackelt erst im März 2013 zu PKV. Der Vertrag kommt zum 01.04.2013 zustande.

Dannn hat er einen einmaligen Strafzuschlag von 7.800,00 € zu zahlen. Dieser Strafzuschlag ist mit der lfd. Prämie im April 2013 einmalig fällig.

Ein Erlass oder eine Ermäßigung ist im Bereich der PKV vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Dazu kommt dann noch die private Pflegeversicherung. Hier wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Sind die Systeme nicht klasse?

roemer70
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Beitrag von roemer70 » 20.02.2013, 23:08

Hallo Rossi,

natürlich stößt den Kassenmitarbeitern das Melden nach dem "Brunnensturz" übel auf. Denn im direkten Vergleich ist der ehrliche Beitragszahler, der sich mit Einführung des §5(1)13V gemeldet hat und über die Rückkehrmöglichkeit froh war, der Dumme.

Von einem Strafverfahren halte ich persönlich aber gar nichts.
Denn machen wir uns nichts vor - wer meldet sich erst, wenn es zu spät ist? Derjenige, der seine Beiträge nur in den seltensten Fällen tragen kann. Wenn ich dem jetzt noch ein Strafverfahren anhänge, wem ist dann geholfen? Dem Gerechtigkeitsempfinden vielleicht, aber die in meinem vorherigen Beitrag erwähnten Punkte sehe ich immer noch nicht erfüllt.

Gruß
roemer70

Rossi
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Beitrag von Rossi » 20.02.2013, 23:32

Sicherlich haben wir keinen konkreten Straftatbestand, sowohl in der GKV als auch in der PKV.

Allerdings haben die Systeme in der GKV und in der PKV schon mal gravierende Unterschiede.

Mehr wollte ich mit diesem Posting nicht aussagen.

CiceroOWL
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Strafzahlung

Beitrag von CiceroOWL » 21.02.2013, 10:20

http://www.bundestag.de/presse/hib/2013 ... 83/06.html

Die Strafe ist sozusagen denn die Nachforderung der Beiträge.
In vier Jahren knapp 30.000 Euro Beitragsschulden

Welche Wirkung die Säumniszuschläge haben, zeigt sich an Beispielrechnungen, die das Ministerium nach Vorgaben des Fragestellers (gemäß § 240 SGB V (http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/240.html)) anstellte. Bei einem Monatsbeitrag von knapp 300 Euro haben sich nach zwei Jahren Beitragsschulden von fast 10.500 Euro angehäuft, davon rund 3.850 Euro Säumniszuschläge. Nach vier Jahren hat sich ein Schuldenberg von über 29.300 Euro aufgetürmt. Davon machen die Säumniszuschläge (rund 15.760 Euro) bereits mehr als die Hälfte aus.

Allerdings im Bereich der PKV ist das auch nicht viel besser

http://www.handelsblatt.com/meinung/kol ... 12332.html
Eine Lösung wäre dann eben der „Nichtzahlertarif“, der so kalkuliert ist, dass nur die notwendigsten Gesundheitsleistungen abgesichert sind. Der Tarif ist besonders günstig. Wenn also statt rund 610 Euro im normalen Basistarif zum Beispiel nur etwa 100 – 120 Euro im Nichtzahlertarif fällig würden, dann würden die Schulden für jeden Monat erheblich geringer ansteigen. Das Unternehmen ist dann auch aus der Pflicht heraus, in großer Höhe Deckungsrückstellungen nachweisen zu müssen.
Und auch bei erheblich geringeren Monatsbeiträgen kommen schnell größere Schulden zusammen. Die Beispielrechnung mit einem Monatsbetrag von knapp über 130 Euro (1/90 der Beitragsbemessungs-Grenze laut § 240 SGB V) zeigt nach zwei Jahren einen Schuldenstand von 4.627,16 Euro (davon 1.694,00 Euro Säumniszuschlag) und na
ch vier Jahren einen von 12.988,52 (Säumniszuschlag 6.968,00) Euro.

Bodi
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Beitrag von Bodi » 04.03.2013, 20:03

Wie schon verlinkt wurde, sollen im Jahresverlauf die Zinsen von 5%/Monat drastisch reduziert werden sowie ein "PKV-Nichtzahler-Tarif" eingeführt werden und das Problem der explodierenden Schulden damit entschäft werden.

Sich nicht zu versichern ist nicht einmal eine Ordungswidrigkeit.
Auch hinsichtlich der Pflegeversicherung gibt es keine Sanktionen, denn es gilt: Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung. Wenn keine Krankenversicherung besteht....

³ 23 SGB XI
"1) Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen versichert sind, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 verpflichtet, bei diesem Unternehmen zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen und aufrechtzuerhalten."

An alle, die die Sanktionskeule schwingen wollen: Es handelt sich bei den Nichtversicherten in aller Regel um die Schwächsten dieser Gesellschaft, denen man mit ordnungsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Maßnahmen erst recht den (Wieder-)Eintritt in die Krankenversicherung versperren würde. Die Nachzahlungen in der GKV oder im Falle der PKV Prämienzuschläge sind bereits sehr abschreckend.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 04.03.2013, 20:29

Nun ja, ob der Gesetzgeber hier nachbessert und die Säumniszuschläge heruntersetzt, bleibt abzuwarten.

Das BSG hat doch noch gerade ganz frisch entschieden, dass der erhöhte Säumniszuschlag rechtmäßig ist.

@Bodi
Im Bereich der PKV stellt es serhwohl eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn man keine private Pflegeversicherung abschließt.

Zitat:

§ 121 Bußgeldvorschrift


(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1. der Verpflichtung zum Abschluß oder zur Aufrechterhaltung des privaten Pflegeversicherungsvertrages nach § 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 oder § 23 Abs. 4 oder der Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des privaten Pflegeversicherungsvertrages nach § 22 Abs. 1 Satz 2 nicht nachkommt,

...


6. mit der Entrichtung von sechs Monatsprämien zur privaten Pflegeversicherung in Verzug gerät,


(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 2.500 Euro geahndet werden.


So etwas gibt es hingegen in der GKV nicht.

röschen
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Beitrag von röschen » 04.03.2013, 20:42

Bodi hat geschrieben:Es handelt sich bei den Nichtversicherten in aller Regel um die Schwächsten dieser Gesellschaft, denen man mit ordnungsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Maßnahmen erst recht den (Wieder-)Eintritt in die Krankenversicherung versperren würde.
Nicht immer. es gibt auch durchaus Selbständige, die Krankenversicherung trotz ausreichendem Einkommen nicht für nötig halten. Einer (mit sehr gutem Einkommen) rechnete mir mal vor, was er zahlen würde für eine KV und, dass er das Geld lieber sparen und seine seltenen Behandlungen selbst zahlen würde. Dass, wenn es blöd läuft, Krankenhausaufenthalt auch mal Monate dauern kann, abgesehen von Nachbehandlungen, hatte er vermutlich nicht auf der Rechnung.
Oder ich hörte schon von Leuten aus der alternativen Ecke, die zwischen D und einem wärmeren EU-Land pendelten und nur soviel jobbten wie unbedingt nötig: Dass sie bei ihrer Lebensweise ohnehin kaum krank werden könnten, "und wenn doch irgendwann, dann sterben wir eben, ist Natur".

Bodi
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Beitrag von Bodi » 04.03.2013, 20:53

Es mag Ausnahmen von der Regel geben.

@Rossi: Nichtversicherte sind gerade nicht in der PKV versichert.
§ 23 SGB XI verweist nur auf Personen, die in der PKV versichert sind.
Die PKV wiederum hat Verstöße nur ihrer Versicherten zu melden - etwa wenn die Beiträge zur Pflegeversicherung lange nicht gezahlt wurden.

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