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Fachfrage - KV möglich?

Verfasst: 16.01.2013, 16:43
von Jobcenter
Hallo, ich wende mich an dieses Forum weil ich nicht mehr weiter weiß:

Es geht um einen Kunden im Jobcenter, war 9 Jahre im Ausland, davor war er gesetzlich versichert. Als er aus dem Ausland zurückkam, war er bereits über 55 Jahre alt.
Die AOK lehnte ihn 2011 ab. (Vorversicherer vor dem Auslandsaufenthalt) In Widerspruch dagegen ist er nicht gegangen.

Gibt es eine machbare Möglichkeit (außer einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit, das schließe ich momentan aufgrund des Gesundheitszustandes aus, Prüfung der Erwerbsfähigkeit läuft parallel, Kunde wird möglicherweise ins SGB XII gehen) ihn zu versichern?

Er hat mehrere gesundheitliche Probleme, die aktuell nicht behandelt werden.

...

Normalerweise ist das auch nicht meine Aufgabe, das für mich moralische Problem liegt aber darin, dass nach mir niemand mehr kommt, der dem Kunden hilft.

Über sachliche hilfreiche Antworten wäre ich sehr dankbar...Bei Fragen zum Fall gerne fragen.

Verfasst: 16.01.2013, 16:56
von Cyber85
Hallo,

leider kann ich Ihnen bei dem Sachverhalt nicht weiter helfen. Ich wollte trotzdem kurz mal sagen das ich es sehr toll finde wie Sie sich für ihren Kunden einsetzen.
Ich drücke Ihnen und ihren Kunden die Daumen das Sie schnell eine Lösung finden.

Lieben Gruss!

Verfasst: 16.01.2013, 17:04
von Jobcenter
Danke trotzdem,

ich finde es einfach ungerechtfertigt, ihn so hängen zu lassen, er hat schließlich vor dem Auslandsaufenthalt Jahrzehntelang in Deutschland gearbeitet und entsprechende Zahlungen an die Sozialkassen geleistet, zusätzlich hat er (alleine!) 2 Kinder großgezogen, die (leider am anderen Ende des Landes) beide mitten im Leben stehen und ihrerseits ebenfalls ihre Beiträge entrichten.

Ich bin (noch) Idealist. Wir sind ein Sozialstaat. Meiner Meinung nach muss es doch eine Möglichkeit geben, diesem Menschen eine medizinische Versorgung zu ermöglichen. Seine gesundheitlichen Schwierigkeiten schränken ihn extrem ein.

Verfasst: 16.01.2013, 17:12
von Czauderna
Hallo,
ich denke, der Ansatz kann nur die "Ablehnung" der AOK damals sein - gibt es diesen Ablehnungsbescheid noch - und was ist mit einer PKV zum Basis-Tarif (Am Beitrag kann es ja wohl nicht liegen, der wird doch sicher von Euch übernommen ?). Tatsache ist, dass er sich versichern muss.
Ich denke die Chancen für die GKV sind jedenfalls noch vorhanden.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 16.01.2013, 17:16
von Jobcenter
ich mutmaße eine PKV kann ihn in jedem Fall ablehnen - er ist über 55 Jahre alt und hat diverse gesundheitliche Einschränkungen, die schon hohe Behandlungskosten verursachen würden...

...oder liege ich da falsch? AOK heute tel. nicht mehr erreicht (habe keine direkte Durchwahl bekommen), das wir eine Ablehnung schwarz auf weiß bekommen daran wird aktuell gearbeitet...

Verfasst: 16.01.2013, 18:40
von GerneKrankenVersichert
In welchem Land war er denn und falls innerhalb der EU/Abkommensstaat: wie war er dort versichert?

Verfasst: 16.01.2013, 19:20
von Swantje B.
Hallo,

eventuell ist die AOK zur Durchführung der Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr. 13 SGB V verpflichtet. Voraussetzungen:

- die AOK war die letzte Krankenversicherung, bei der in Deutschland eine Versicherung bestand

Zusätzliche Voraussetzung, wenn der Auslandsaufenthalt in einem EU- oder Abkommensstaat war:
- der Kunde muss auch im Ausland im dortigen gesetzlichen System versichert gewesen sein

Zusätzliche Voraussetzungen, wenn der Kunde kein deutscher Staatsbürger ist:
- der Aufenthaltstitel muss länger als 12 Monate gültig sein.

Gruß
Swantje

Verfasst: 18.01.2013, 07:31
von Jobcenter
Danke Swantje,

hatte ich mir in etwa auch schon so herausgelesen, er war in einem EU-Land, ob er da versichert war, werde ich beim nächsten Termin nachfragen.

Was wäre, wenn er im Ausland nicht versichert gewesen ist?

Er ist Deutscher.

Ich bin gespannt, ob ich die AOK-Dame heute erreiche... Momentan noch nicht, aber um die Zeit ist es auch einsam in Büros...

Verfasst: 18.01.2013, 19:28
von Rossi
Nun ja, Du solltest erst einmal klären, wie der Kunde im EU/EWR Land versichert war.

Wenn es eine GKV war, dann war die Entscheidung der Kasse in 2011 falsch. Denn die Ausschlussgründe für einen über 55-jährigen (§ 6 Abs. 3a SGB V) liegen nicht vor.

Okay, nehmen wir an, dass der Kunde im EU/EWR Land privat oder überhaupt nicht versichert war.

Dann kommt es entscheidend darauf an, welchen Status der Kunde in den letzten 5 Jahre vor der Rückkehr aus dem Ausland gehabt hat. D.h, also konkret der Zeitraum von 2007 - 2011. Wenn er in diesem Zeitraum min. 2,5 Jahre lang

- selbständig
- Beamter
- Lehrer
- Soldat
- Geistlicher
- gut Verdienender


war, dann kommt er nicht im Rahmen des ALG II in die GKV.

Wenn er diesen Stauts überhaupt nicht hatte, oder bpsw. nur 2 Jahre (also keine 2,5 Jahre), dann hat er guten Chancen durch das ALG II wieder in die GKV zu kommen.

Sorry, ich war 2 Jahre lang zentraler Ansprechpartner im Bereich der Sozialversicherung für ein großes Jobcenter.

Diese Fälle (Ü 55) hatte ich mehrfach. In der Regel wurden diese Fälle von den Kassen abgelehnt. Die meisten Fälle - natürlich nicht alle - landeten nachher doch in der GKV.

Man muss dort höllisch aufpassen. Denn hier haben wir die Vorschriften des § 5 Abs. 5a, § 5 Abs. 1 Nr. 13a und § 6 Abs. 3a SGB V zu beachten. Dies ist ziemlich heftig, denn es kommt teilweise auf Kleinigkeiten an.

Für diesen Bereich hatte ich damals Schulungen angeboten. Die ALG II Kunden, die am Tag der Antragstellung vermeintlich nicht versichert sind. Hier herrschte bei den pAp´s in der Regel Ratlosigkeit.

Diese Schulung hatte einen Spitznamen. Es war das sog. Kapitänspatent. Der pAp als Kapitän muss diesen Kunden zunächst in den richtigen Heimathafen (GKV oder PKV) schippern, um danach zu sehen, wo er hin gehört.

Der Fall hat aber Potential.

Verfasst: 20.01.2013, 04:49
von Feuerqualle
Während meiner Berufstätigkeit in einer Klinik habe ich mehrfach mitbekommen, dass unversicherte Patienten als Notfall eingeliefert wurden.

Unsere Verwaltungsdamen in der Patientenanmeldung regelten dies immer in recht kurzer Zeit.

Es wurde ein sogenanntes "Notfallfax" ans zuständige Sozialamt geschickt und die sorgten für eine Versicherung und das ging immer recht fix.

Vielleicht kannst Du auf dem Sozialamt "Amtshilfe" bekommen??

Auch von mir danke für Dein Engagement - wenngleich es meine Einstellung zum Sozialsystem auch nicht zu reparieren vermag.

LG

Verfasst: 20.01.2013, 15:12
von Rossi
Nun ja, Feuerqualle, die Zeiten sind aber vorbei. Das Sozialamt ist in der Regel nicht mehr der Notfallausbürge für die Krankenhäuser.

Seit dem 01.04.2007 bzw. 01.01.2009 leben wir in einem modernen Sozialstaat. Dort soll keiner mehr durch die Gegend rennen, der nicht im Krankheitsfall abgesichert ist.

Es gibt eine Versicherungspflicht in der GKV und eine Pflicht zur Versicherung in der PKV.

Der Sozialhilfeträger ist in der Regel nur noch für die Kunden im Krankheitsfall zuständig, die auch gleichzeitig vom Sozialhilfeträger andere Leistungen erhalten. D.h., wenn der Fall beim Sozialamt nicht bekannt ist, dann ist in erster Linie ein anderer Träger für die Absicherung im Krankheitsfall zuständig.

Verfasst: 21.01.2013, 12:15
von Jobcenter
Danke @ Rossi,

...Ich hätte so eine Schulung gerne genommen....

das gibt insgesamt schonmal Hoffnung, ich hab mich inzwischen auch etwas ins SGB V eingefressen, es ist ja echt total beknackt... (entschuldigt die Ausdrucksweise); aber ich verstehe, weshalb da auch die Mitarbeiter der Krankenkassen überfragt sind...

Ich bin inzwischen soweit, dass §5 Abs. 1 Ziff. 13 ausgeschlossen ist wegen:
§5 Abs. 8a - weil theoretisch zumindest §5 Abs. 1 Ziff. 2a zutrifft, er bezieht ja die Leistungen und ist somit darüber versicherunspflichtig wenn nicht...

§ 5 Abs. 5a: *doch nicht versicherungspflichtig* - aber die Aushebelung der Ziff. 13 besteht trotzdem.....

(und dann gibts noch den §6 Abs. 3a usw usf...)

baaah *kotz*

wer denkt sich solche Gesetzte aus??

nach dieser Theorie ist die Tatsache, dass er Leistungen bezieht zumindest subjektiv ursächlich dafür, dass er nach Ziffer 13 nicht versicherungspflichtig ist.. Also - soll ich ihn jetzt ne Woche aus der Leistung hauen, und in der Woche dann die GKV beantragen?? Das kanns doch ehrlich nicht sein...

Ich vermute er war im Ausland gar nicht versichert. Er hat kein Telefon, ich kann nicht fragen. Diese Woche hat er einen Termin.. GKV bislang telefonisch nicht erreicht (versuche am Freitag + heute früh erfolglos...)

...

Verfasst: 21.01.2013, 12:17
von Jobcenter
@ Rossi: Du hast nicht zufällig Unterlagen zum "Kapitänspatent"?

Ich kann mich prinzipiell ganz gut in sowas reinlesen.....

Verfasst: 21.01.2013, 13:11
von reallyangry
Hey, Jobcenter
toller Einsatz von dir! Viel Glück bei der weiteren Hilfestellung.
In meiner Heimatstadt läuft ein Projekt "Einfache Sprache". Die übersetzen behördliche "Bähsprache", damit der Durchschnittsbürger sie versteht.
Ich weiss allerdings nicht, ob die sich schon an das SGB gewagt haben.
(Ich und meine Tochter waren auch mal ohne Versicherungsschutz nach Auflandsaufenthalt und dortiger Verischerung, 2001, und die AOK hat sich damals auch geweigert, mich zu versichern. Zum Glück habe ich nach 4 Monaten ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis erhalten und bin so in die GKV gerutscht.)

LG
ReallyAngry

Verfasst: 21.01.2013, 13:12
von Jobcenter
Also im Ernst, ich hab auch schon überlegt, wenn alle Stricke reißen, ob ich einen sozial veranlagten Arbeitgeber anbettel, den Kunden 1 Tag Sozialvers.pfl. einzustellen - würde ja reichen (völlig krank...) - aber so würde er ja auch reinkommen...

Hallo . da es ja nicht die letzte Möglichkeit darstellt, lasse ich deinen "kühnen" Gedanken mal stehen - wundere mich aber schon, dass ein Mitarbeiter einer solchen Institution zum "Scheinarbeitsverhältnis" greifen will
und die auch noch öffentlich macht - aber du schreibst ja, so würde er auch reinkommen.
Gruss
Czauderna