Das System in der Diskussion

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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roemer70
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Das System in der Diskussion

Beitrag von roemer70 » 11.11.2012, 23:29

Ausgelagert aus http://www.krankenkassenforum.de/-vp49702.html#49702
KKA hat geschrieben:Roemer, es geht doch nicht (nur) um Geschäftsberichte der Krankenkassen bzw. den Kosten für die KK , sondern dem kompletten System. Darunter fallen Kosten für administrative Tätigkeiten von Krankenhäusern, Ärzten und Apothekern, die rigoros einzementierte Apothekenpflicht (weltweit einmalig, soweit mir bekannt und äußerst kostenintensiv), Medikamente, welche im Ausland erheblich kostengünstiger angeboten werden und eine Pharmaindustrie (und Lobby), für die das bestehende System fast einem Selbstbedienungsladen gleicht. Und letztlich frage ich mich, warum 'das System' nicht mit einer zentralgelenkten (und jeweils regional ansässigen) 'Krankenkasse' arbeiten könnte. Damit kein Missverständnis aufkommt: Grundversorgung finanziert aus einer Mischung von Beiträgen der Versicherten/Arbeitgebern und Steuermitteln, das ist m.E. eine machbare Alternative.
Wettbewerb für die GKV? Darüber kann ich nur müde lächeln.

Aber, die Pfründe sind verteilt, niemand scheint daran rütteln zu können und die lobbyverseuchte Politik hat zu grundliegenden Reformen weder den Willen noch die Macht. Leider.
KKA hat geschrieben:Wettbewerb für die GKV? Darüber kann ich nur müde lächeln.
Weil Du ihn nicht kennst...
Sonst nenne mir doch mal die Gründe hierfür:
Bezieht man die Nettoverwaltungskosten auf die Gesamtausgaben für Leistungen in Höhe von 144.432.734.000 Euro beträgt der Verwaltungskostenanteil 5,66%. Dies ist ein Wert leicht über dem seit Jahren um die 5,5%-Marke oszillierenden Wert.
• Im Vergleich mit anderen Sozialversicherungsträgern steht die GKV günstig da: Der Verwaltungskostenanteil an den jeweils erbrachten Leistungen beträgt etwa bei der Bundesagentur für Arbeit derzeit rund 5,9%, bei den Rentenversicherungsträgern knapp 7% und bei den Berufsgenossenschaften ca. 10%. Wesentlich höher ist die zuletzt für das Jahr 2004 ermittelte vollständige Verwaltungausgabenquote der privaten Kranken- und Pflegeversicherungen: Inklusive Abschlusskosten, aber ohne die in der GKV gewichtigen Vertrags- und Preisverhandlungskosten liegen sie nach der Gesundheitsausgabenrechnung des Statistischen Bundesamtes bei 16%.
Quelle: http://www.forum-gesundheitspolitik.de/ ... tikel=1628
Die GKV ist hier der einzige Sozialversicherungsbereich mit Wettbewerb.

Welchen Verwaltungsaufwand verursacht z.B. die RV bei den Ärzten, wenn Unterlagen für den Rehaantrag ausgefüllt werden müssen? Ist der so viel geringer? Und ohne gewisse Dokumentationen hast Du ein viel größeres Missbrauchsrisiko. Was natürlich nicht heißt, dass gewisse Punkte vielleicht doch verzichtbar sind - das macht aber den Kohl nicht fett.

Nur eine Krankenkasse würde einen Verzicht auf Wettbewerb bedeuten. Einen von der Politik absolut abhängigen Bereich, bei dem der Kunde keinerlei Wahl hat. "Unzufrieden? Pech gehabt!" Willst Du das?
KKA hat geschrieben:Grundversorgung finanziert aus einer Mischung von Beiträgen der Versicherten/Arbeitgebern und Steuermitteln
Was haben wir denn heute? Genau diese Art der Finanzierung. Jetzt müsste man nur noch sagen, was eine Grundversorgung vom derzeitigen Leistungsangebot unterscheidet. Die wichtigsten Ausgabenpunkte sind nämlich auch die größten. Nur Zahnersatz streichen brächte nicht einmal 2%...
gkv-spitzenverband.de/media/grafiken/gkv_kennzahlen/kennzahlen_gkv_ausgaben_alle/GKV-Kennzahlen_Leistungsbereiche_Prozent_2011.jpg

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Das System hat einige Bau- und Schwachstellen. Aber ich kenne kein besseres.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 12.11.2012, 01:37

Sachverständigenrat kritisiert Kürzung der Bundesmittel für die GKV

Kritisch sieht der Sachverständigenrat die Absenkung des Bundeszuschusses im Haushaltsbegleitgesetz 2013 um zwei Milliarden Euro auf noch zwölf Milliarden Euro. Für die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen müssten eigentlich 45 Milliarden Euro aufgebracht werden.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Zuschüsse 2013 um weitere 500 Millionen Euro und 2014 um zwei Milliarden Euro reduziert werden. Nach Ansicht der Koalitionsfraktionen ist der Gesundheitsfonds nicht so konzipiert worden, dass er über eine notwendige Reserve hinaus Rücklagen in Milliardenhöhe ansammelt.
Beschleunigte flächendeckende Zusatzbeiträge wünschenswert

Die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu erwartenden Kostensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung müssten über Zusatzbeiträge der Versicherten aufgefangen werden.

Von den Zusatzbeiträgen verspricht sich der Sachverständigenrat mehr Wettbewerb. Zugleich würde die relative Entlastung der Arbeitgeber zu mehr Wachstum und Arbeit führen. Aus Sicht des Sachverständigenrates sollte eine flächendeckende Einführung der Zusatzbeiträge beschleunigt herbeigeführt werden.
Ausgabenanstieg von 85 Prozent projiziert

In einer Projektion bis zum Jahr 2060 gehen die Wirtschaftsweisen in der GKV von einem Kostenanstieg von 180,7 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf dann 335 Milliarden Euro aus. Diesem realen Ausgabenanstieg von 85 Prozent würde nur ein Einnahmezuwachs von 35 Prozent gegenüber stehen.

Die anwachsenden Lücken müssten mit Zusatzbeiträgen von etwa 100 Euro monatlich im Jahr 2040 und 160 Euro im Jahr 2060 geschlossen werden, meinen die fünf Professoren des Sachverständigenrates.

Die GKV-Kassen, die im Jahr 2010 einen Zusatzbeitrag von acht Euro im Monat erhoben hatten, hatten mit massiven Kündigungen zu kämpfen. Von den großen Kassen erhebt heute keine mehr einen Zusatzbeitrag.

versicherungsjournal.de Artikel Wirtschaftsweise fordern deutlich höhere GKV-Zusatzbeiträge v. 12.11.2012

aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/berufspolitik/article/823784/idee-tuecken-geldbunker-gkv.html?sh=10&h=1131152867

aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/krankenkassen/article/823969/sechs-optionen-leicht-koennen-kassenueberschuesse-schmelzen.html?sh=9&h=1131152867

Und schwubs sind denn mal eben 34 Milliarden weg

Dazu denn mal die Ausagbensteigerung in Prozent.

gbe-bund.de/oowa921-install/servlet/oowa/aw92/dboowasys921.xwdevkit/xwd_init?gbe.isgbetol/xs_start_neu/&p_aid=i&p_aid=15101725&nummer=522&p_sprache=D&p_indsp=-&p_aid=21028083

gbe-bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_tab?fid=11988&suchstring=&query_id=&sprache=D&fund_typ=GRA&methode=&vt=&verwandte=1&page_ret=0&seite=1&p_lfd_nr=1&p_news=&p_sprachkz=D&p_uid=gastg&p_aid=15101725&hlp_nr=2&p_janein=J

Dazu denn mal die Zahlen der ausgaben in der KV

gkv-spitzenverband.de/media/grafiken/gkv_kennzahlen/GKV-Kennzahlen_Booklet_Q2_2012_2012-09-20.pdf

und der PV

gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/presse/pressemitteilungen/2011/SPV_Kennzahlen_Booklet_10-10-21_14721.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/103/1710323.pdf

http://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/ ... dendum.pdf

Wenn ich mir denn so die Jahresgutachten von 2000 bis jetzt ansehe kannich eigentlich nur sagen das entsprechend schön 2006 zum GKV WSG gesagt wurde : Das Ziel eines wirtschaftlichen, stabilen bedarfsorientierten Systems wurde nicht erreicht. Insbesondere nicht im Bereich des SGB IX, usw.

Bei nur mitelmäßiger Leistungsfähigkeit

http://www.forum-gesundheitspolitik.de/ ... tikel=2161

und das arme eher sterben ist eh klar

http://www.forum-gesundheitspolitik.de/ ... tikel=1993

so und jetzt mal ein relativ sicheres, qualitätis und kostendeckendes System bitte.

http://www.boeckler.de/pdf/pm_wsimit_2011_07_hagen.pdf

Poet
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Beitrag von Poet » 12.11.2012, 09:45

@KKA: Ich habe das DDR-KV-System als 1 Beispiel genannt für nahezu ausschließlich staatlich subventionierte Systeme und ich habe geschrieben "sorry, dass ich Dir den Sachverstand hierzu absprechen muss"...dazu muss ich Dich nicht kennen. Mir haben Deine Zeilen genügt um festzustellen, dass hier jemand schreibt, der Frust auf das "System" hat aber auch anstelle von Parolen keine Lösungen zur Finanzierung anbieten kann. Und ich meine damit nur Deine Sachkenntnis zu den Finanzierungs- und Umverteilungsmechanismen in der GKV.

Auch ich finde, dass das viele Geld im System viel besser verteilt werden könnte.

Dennoch: Wir haben in D eine der besten Absicherungen im Krankheitsfall.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 12.11.2012, 10:22

Wir gehören zwar nicht zu den top ten,

sondern ins Mittelmass, wir fahren Käfer und zahlen für einen Benz.

http://www.oecd.org/germany/deutschesge ... rteuer.htm

http://www.forum-gesundheitspolitik.de/ ... tikel=2136

https://www.destatis.de/DE/PresseServic ... 1_231.html

KKA
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Beitrag von KKA » 12.11.2012, 13:24

@ Poet / Roemer

Eine gewagte These (das Du mich nicht zu kennen benötigst um ein Urteil über meine Intentionen und/oder Fähigkeiten zu belegen), findest Du nicht? Anonyme Foristen neigen leider allzu leicht dazu ferndiagnostische Beurteilungen per se abzugeben. Und, der guten Ordnung halber, ich bin nicht frustriert, vielmehr mache ich mir aus den verschiedensten Gründen Gedanken über das bestehende System und dessen Zukunft, insbesondere über die Kostenentwicklung und vor allem der schleichenden Privatisierung, sprich Errichtung eines 2-Klassensystems.
In diesem Bezug hat Cicero korrekt festgehalten, dass arme Menschen früher sterben. Genau an diesem Punkt setzt meine Systemkritik an.

Zugegeben, ich bin nicht in der Gesundheitspolitik unterwegs und das ich hier auf vehemente Gegenwehr stoße ist einleuchtend.

Ich behaupte auch nicht, dass ein anderes System unbedingt 'besser' wäre, allerdings ist eine tiefen-kritische Beleuchtung des deutschen Gesundheitswesens durchaus angebracht. In diesem Sinne ist es m.E. auch angemessen, Alternativen zu sichten und aufzuzeichnen.

Falls Du / Roemer hier ein umfangreiches 'Budget' von mir erwarten muss ich Euch leider enttäuschen. Auch ich werde mich des Internets bedienen um meine These, das eine Bürgerversicherung ein besseres System sein könnte, zu untermauern. Time permitting, wie es so schön im englischen heißt.

PS. Der britische NHS, wohlgemerkt ein System im Ursprungsland des Neo-Liberalismus', hier oft belächelt und bedauert, ist zumindest vom Prinzip her ein m.E. geeignetes Instrument um alternative Wege in Deutschland in Erwägung zu ziehen. Dass die Briten statistisch eine ebenbürtige Lebenserwartung wie wir Deutschen nachweisen können, steht ausser Frage. Dass hierzulande oft und unnötig operiert wird, z.B. Bandscheibenvorfälle, und zu emsig neue Hüften verordnet werden, dürfte hinreichend bekannt sein.

Auf weitere Details komme ich zurück.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 12.11.2012, 13:37

Meiner Ansicht nach ist schon das Suchen nach DEM System, das alles und jedes optimal regelt, zum Scheitern verurteilt. Jedes System hat Vor- und Nachteile, die man kombiniert nutzen könnte, ähnlich wie in Singapur. Dies der Bevölkerung zu vermitteln halte ich persönlich jedoch für ziemlich aussichtslos. Aber da hier ja interessierte Menschen mit Sachverstand versammelt sind, stelle ich mal meine Überlegungen zur Diskussion:

Familienpolitische Leistungen sollten nicht bei der Krankenkasse angesiedelt sein. Haushaltshilfe, Mutter-Kind-Kuren, künstliche Befruchtung - raus aus dem Leistungskatalog und den Beitrag entsprechend senken.

Behandlungen bei Bagatellerkrankungen werden privat gezahlt. Jeder entscheidet selbst und finanziert auch selbst, ob er bei einer Erkältung einen Arzt aufsucht oder nicht. Wenn ein Arztbesuch nur aufgrund des "gelben Scheines" erforderlich ist, übernimmt der Arbeitgeber die Kosten (z. B. über eine Umlageversicherung).

Einzahlung jedes Bürgers auf ein eigenes Konto "Medical saving account" (in Singapur je nach Alter 6,5 % - 9 % des Einkommens, AG zahlt paritätisch denselben Betrag). Dann hat jeder tatsächlich eine "Sparkasse" und profitiert davon, wenn er wenige Leistungen in Anspruch nimmt, Prävention nutzt plötzlich ihm persönlich und nicht "der Allgemeinheit". Darüber laufen stationäre und ambulante (z. B. ambulante Operationen) Leistungen in einem vorher definierten Rahmen. Ab einem bestimmten Alter darf ein gewisser Überschuss für andere Zwecke verwendet werden oder auf das Gesundheitskonto eines Angehörigen umgebucht werden.

Die dritte Stufe ist eine Hochrisiko-Versicherung für teure Erkrankungen und chronische Behandlungen wie Krebsbehandlungen und Dialyse. Die Versicherungsprämien werden je nach Alter und Umfang der Selbstbeteiligung kalkuliert und vom Guthaben des eigenen Kontos finanziert.

Damit löst man das Problem, dass es einfach Erkrankungen gibt, deren Behandlung nicht jeder selbst finanzieren kann, andererseits wird bei anderen Erkrankungen die Eigenverantwortung gestärkt. Wenn ich weiß, dass meine krankengymnastischen Übungen zuhause dazu beitragen, dass mein Konto nicht belastet wird, sind die meisten motivierter, als wenn "die Allgemeinheit" im Falle eines Falles Krankengymnastik, Massagen, Rehasport, Schmerzmittel, OP und Reha zahlt (vgl "Moral hazard").

Außer im Hochrisiko-Bereich würde ich die komplette Reglementierung mit Budget etc. streichen - Angebot und Nachfrage sollen den Umfang der Leistungen bestimmen. Und Ärzte sollen sich wie Rechtsanwälte und Architekten dort niederlassen können, wo sie wollen. Dann hat man als Patient auch endlich mal eine Wahlmöglichkeit und muss nicht den Orthopäden nehmen, der irgendwann mal einen Termin frei hat, sondern kann den auswählen, der schnell und effektiv weiterhilft.

Das Ganze natürlich abgefedert für Sozialschwache. Dies sollte jedoch Aufgabe des Staates und nicht des Gesundheitssystems sein.

Wen es interessiert, wie es in Singapur geregelt ist: www.rsf.uni-greifswald.de/fileadmin/med ... ngapur.pdf . Dort ist auch beschrieben, wie es geregelt wird, wenn ein Gesundheitskonto ins Minus rutscht etc. Sehr interessant.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 12.11.2012, 13:46

KKA hat geschrieben: In diesem Bezug hat Cicero korrekt festgehalten, dass arme Menschen früher sterben. Genau an diesem Punkt setzt meine Systemkritik an.
Da stellt sich mir die Frage, ob diese soziale Ungleichheit am System liegt und von ihm überhaupt ausgemerzt werden kann?

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 12.11.2012, 14:26

Schon im alten Griechenland war bekannt das die armen eher sterben, >>> Sokrates, es sit auch bekannt das Armut stress erzeugt udn das dieser Stress eher zum Tode führt. Da gabe es schon Untersuchungen zur Zeiten Kochs Virchows und Fleming. usw, Verstärkt natürlich nach dem 2 Weltkrieg usw. Im Prinzip läuft zum guten Schluss eh alles auf die Triage aus, wenn die Mittel begrenzt sind.

http://de.wikipedia.org/wiki/Triage

Und dieses Prinzip läuft schon seit der Steinzeit.

KKA
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Beitrag von KKA » 12.11.2012, 17:17

GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
KKA hat geschrieben: In diesem Bezug hat Cicero korrekt festgehalten, dass arme Menschen früher sterben. Genau an diesem Punkt setzt meine Systemkritik an.
Da stellt sich mir die Frage, ob diese soziale Ungleichheit am System liegt und von ihm überhaupt ausgemerzt werden kann?
Nein, nicht das Gesundheitssystem in sich selbst produziert soziale Ungleichheit, sondern die 'große' Politik in Berlin. Das gänzlich eliminieren zu können dürfte Illusion sein und bleiben. Denn sonst hätten wir DAS perfekte System und das ist, wie Du im Vorbeitrag richtig ausführst, nirgendwo anzutreffen. Zu Singapore und Deinen Anregungen schreibe ich separat.

Poet
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Beitrag von Poet » 12.11.2012, 17:27

@KKA: Ich habe Dir nicht generell Verstand abgesprochen sondern nur in diesem Thema...also Waffen runter.

Deinem Vorschlag einer Bügerversicherung, also dass alle in D lebenden Menschen dort einzahlen (ja, auch Beamte...), dem kann ich sogar etwas abgewinnen. Dennoch würde ich einen Anbieter-Wettbewerb lassen. Man sieht ja, wohin gerade Monopolstellungen in der SV führen: RV/AV -> ständiger Verschiebebahnhof für den Gesetzgeber -> keine Verbesserung für den Beitragszahler -> Kundenorientierung eher lau.

KKA
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Beitrag von KKA » 12.11.2012, 17:27

CiceroOWL hat geschrieben:Schon im alten Griechenland war bekannt das die armen eher sterben, >>> Sokrates, es sit auch bekannt das Armut stress erzeugt udn das dieser Stress eher zum Tode führt. Da gabe es schon Untersuchungen zur Zeiten Kochs Virchows und Fleming. usw, Verstärkt natürlich nach dem 2 Weltkrieg usw. Im Prinzip läuft zum guten Schluss eh alles auf die Triage aus, wenn die Mittel begrenzt sind.

http://de.wikipedia.org/wiki/Triage

Und dieses Prinzip läuft schon seit der Steinzeit.
Der alte Herr Sokrates hatte sicher Recht. Die Triage findet bereits Anwendung, z.B. in GB.. Eigentlich auch ein logischer Vorgang, der sich nicht allein nach begrenzten Mitteln ausrichten sollte.

KKA
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Beitrag von KKA » 12.11.2012, 19:50

Poet hat geschrieben:@KKA: Ich habe Dir nicht generell Verstand abgesprochen sondern nur in diesem Thema...also Waffen runter.

Deinem Vorschlag einer Bügerversicherung, also dass alle in D lebenden Menschen dort einzahlen (ja, auch Beamte...), dem kann ich sogar etwas abgewinnen. Dennoch würde ich einen Anbieter-Wettbewerb lassen. Man sieht ja, wohin gerade Monopolstellungen in der SV führen: RV/AV -> ständiger Verschiebebahnhof für den Gesetzgeber -> keine Verbesserung für den Beitragszahler -> Kundenorientierung eher lau.
Waffen runter..der war gut:-) ...ich bin unbewaffnet.

Die vielen Beiträge in diesem (und anderen) Forum (Foren), sowie Berichte aus den einschlägigen Medien, gestatten mir auch ohne 'Fachverstand' festzustellen, dass das bestehende System viel zu teuer, zu kompliziert und zu ungerecht ist. Wenig hilfreich, wenn nicht unnütz und verwirrend sind darüberhinaus die verschiedenen Schnittstellen der unterschiedlichen Leistungsträger. Ein Riesenpotenzial grundsätzlich über ein flaches Versorgungsmanagement nachzudenken.

Politiker aller Couleur neigen dazu, dringend notwendige Reformen (und nicht nur im Gesundheitsbereich) zu Reförmchen mutieren zu lassen. Die Kraft der Gewohnheit, ohnehin uns Deutschen auf den Leib geschrieben ( 'das haben wir immer so gemacht'), behindert politisch weitsichtigen Wagemut und den aufrichtigen Willen zu Grundsatzreformen.

Wenn ich Dich (@ Poet) korrekt verstehe, favorisierst Du den Anbieter- Wettbewerb im Sinne von Privatisierung. Das hieße in der Praxis, der Versicherte finanziert in jedem Fall Profite, welche die Leistungserbringung in nicht unerheblichem Maße verteuert (vergleiche mit Strom, Wasser und Gas Privatisierung) und den grundsätzlichen Leistungsanspruch zu irgendein gegebenen Zeitpunkt in Frage stellen kann (z.B. wenn der Versicherte die Prämien nicht mehr bezahlen kann). Eine absolute Ökonomisierung der Gesundheitsleistung kann (und darf) aus genannten Gründen nicht das Ziel sein.

Das Thema 'Verschiebebahnhof' dürfte sich mit Einführung einer Bürgerversicherung, in Folge einer monostrukturellen Verwaltung (mit entsprechenden Fachrichtungsbereichen) von selbst erledigen.
Damit sollte das jetzt gültige, staatlich gefütterte und für den Versicherten unkalkulierbare ebenso wie nachteilige Schnittstellenrisiko zumindest erheblich eingeschränkt werden können.

Selbstverständlich müssten 'Beamte' mit dem Ziel der Gleichbehandlung in das System einzahlen. Überhaupt, der Status aus Zeiten des 'Alten Fritz' gehört, mit wenigen Ausnahmen, abgeschafft (Randbemerkung..).
Man bedenke die Milliarden an Steuermitteln, die in die Pensionskassen fließen, Stichwort ' Finanzieriung'...

Pause...:-)

Poet
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Beitrag von Poet » 12.11.2012, 22:23

@KKA: Das Problem der Politik ist doch dass sie es allen Lobby-Blöcken recht machen muss. Nein, eine rein profitorientierte GKV will auch nicht. Meine gewagten Schritte würden wie folgt aussehen:

1. Unterwerfung aller Kassen unter BVA-Aufsicht/Zusammenfassung der regionalen Kassen zu bundesweiten Kassen

2. Wiedereinführung der Beitragsautonomie der Kassen plus kassenartenübergreifenden Morbi-RSA

3. Einbeziehung aller in D lebenden Personen in die GKV/Abschaffung von Beitragsobergrenzen

4. Wiedereinführung der vollständigen paritätischen Finanzierung AG/ARN

5. Abschaffung der proKopfPauschalVergütung von Kassen an regionalen KV/KZV - Abschaffung regionaler KassenärztlicherVereinigungen/KZV'n - direkte Rechnungsstellung von Leistungserbringern an Kassen

6. Festschreibung der Arzneimittelpreise auf EU-Durchschnitt

7. Umstellung der Vergütung an Leistungserbringer (stat./amb. ) auf Behandlungserfolg

Dr. Know
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Beitrag von Dr. Know » 12.11.2012, 23:35

Mit Nr. 3 und 5 kann ich nicht so gut leben, ansonsten sehr schöne Vorschläge:

zu Nr 3: das verlagert die strukturellen Probleme aus meiner Sicht nur auf Zeit, daher gleich Strukturreformen angehen.

zu Nr. 5: Zu viel Bürokratie, wenn jede Kasse das selbst machen muss, daher aus meiner Sicht unwirtschaftlich.

Ergänzen würde ich noch die Wiedereinführung des (Hoch-) Risikopools.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 13.11.2012, 08:40

Hallo,
mit 3. und 5. könnte ich sehr gut leben.
Die Vollversicherung über die PKV. sollte es nicht mehr geben, sondern nur noch entsprechende Zusatzversicherungen. Dazu würde ich mir vorstellen, dass auch die Beamten in die GKV müssen - die Beihilfe wird abgeschafft,
dafür für den Bund und die Länder für diesen Personenkreis ein "Arbeitgeberanteil eingeführt". Die Beamten zahlen einen ermässigten Beitragssatz wegen fehlendem Krankengeldanspruch, dafür aber den vollen Pflegebeitrag.
Auch die Direktabrechnung der Leistungserbringer mit den jeweiligen Kassen kann ich mir (wieder) vorstellen (wäre auch im Rahmen der Vertragsfreiheit der Kassen günstiger). Wir kennen es doch schon heute, dass sich die Kassen selbst "Dienstleister" bedienen, die die Abrechnungen für sie machen, ähnlich wie die Privatärztlichen Verrechnungsstellen.
Was die Leistungen der "neuen "Kassenlandschaft betrifft, sollte gelten -
ein einheitlicher Leistungskatalog, von dem keine Kasse abweichen darf, also diese Leistungen nach Notwendigkeit zwingend für jeden erbringen muss.
Dazu dann die Berechtigung - Zusatzleistungen entweder unentgeltlich aber auch beitragspflichtig in eigener Regie und Verantwortung anzubieten.
Dass der Gesundheitsfonds abgeschafft werden muesste und die Beitragssätze wieder von den Kassen selbst bestimmt werden darf, ist wohl selbstverständlich.
Was ich auch noch machen würde, wäre die Abschaffung der kostenlosen Familienversicherung wenn die Familienbruttoeinnahmen (Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen) (nach Abzug von Freibeträgen pro Familienangehörigem) die Beitragsbemesseungsgrenze in der Krankenversicherung übersteigen.
Gruss
Czauderna

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