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Familienversicherungsgrenze knapp überschritten

Verfasst: 19.06.2012, 14:40
von JuliaJ19
Hallo zusammen,

ich habe heute meinen Einkommensteuerbescheid bekommen. Laut diesem lag ich 2011 ca. 30 Euro im Monat über der Grenze (365 Euro) der Familienversicherung und würde somit rausfallen. Kann mir jemand einen Tipp geben, welche Möglichkeiten ich nun habe? Eine private bzw. gesetzliche Krankenversicherung kann ich mir mit den Einkünften aus meiner selbständigen Tätigkeit nicht leisten. Das letzte Jahr lief überdurchschnittlich gut, aber in diesem habe ich bisher nur einen Bruchteil der normalen Einnahmen erzielt, weswegen ich 2012 definitiv wieder unter der Einkommensgrenze läge. Nun schrieb mir vor einiger Zeit meine Kasse aber, dass eine Familienversicherung nicht möglich sei, wenn ich im Jahre 2011 die Grenze überschreiten würde, was ja nun passiert ist.

Ich ärgere mich selbst, da ich nebenher eigentlich nur einem "bezahlten Hobby" nachgehe und nicht beabsichtigt hatte, über die Grenze zu kommen.

Besteht die Chance, dass Sie mich trotzdem behalten, wenn ich den aktuellen Stand sowie die erwarteten geringen Einnahmen weitergebe? Wird vielleicht sogar ein Auge zugedrückt bei der geringen Überschreitung? Muss mein Mann die Kasse wechseln, damit dort "alles auf 0" geht und wo nur vom Jahr 2012 ausgegangen wird? Und noch etwas: Muss ich zudem noch mit Nachzahlungen für das letzte Jahr rechnen, weil ich ja über der Grenze lag?

Herzlichen Dank im voraus für die Hilfe.
Julia

Verfasst: 19.06.2012, 16:18
von Rossi
Tja, sieht nicht gut, die Kasse wird Dich aus der Familienversicherung austragen müssen. Gehe mal davon aus, dass die Familienversicherung nicht rückwirkend beendet wird, sondern erst zum nächsten 1. des Monats, der auf Erteilung des Steuerbescheides erfolgt. D.h., wenn Du im Juni 2012 den Steuerbescheid für 2011 erhalten hast, dann wird Dich die Kasse zum 30.06.2012 aus der Familienvesicherung austragen.

Ich glaube nicht, dass die Kasse augrund der Prgnose der Einkünfte für 2012 die Familienversicherung weiterhin bestehen lassen wird. Denn gerade bei Selbständigen ist die Einkommensermittlung mehr als schwierig. Aus diesem Grunde orientieren sich die meisten Kasse eben an den Steuerbescheid. D.h., wenn der Steuerbescheid für 2012 (Einkommen unterhalb 365,00 €) vorliegt, wird die Kasse wieder zum nächsten Monasersten die Familienversicherung eintragen. Daher solltest Du zusehen, dass Du so schnell wie möglich den Steuerbescheid für 2012 erhälst. Bsow. schon im Janaur 2013 um ab Februar 2013 wieder in die Familienversicherung zu kommen. Du sollstest dann den Steuerbescheid auch umgehend der Kasse vorlegen.

Sonst könntest Du überlegen, das Gewerbe erst einmal abzumelden, um dann sofort wieder in die Famileinversicherung zu kommen. Ende 2012 nimmst Du dann das Gewerbe wieder auf.

Verfasst: 19.06.2012, 16:52
von zeckerlrund
Der Steuerbescheid für 2012 liegt doch frühestens im März 2013 vor!
Wenn die Einkünfte für das 1. Halbjahr 2012 korrekt verbucht wurden und entsprechende Unterlagen vorliegen (bei uns ist das die EüR) kann man beim Finanzamt doch eine Herabsetzung der vierteljährlichen EinkSt.Vorauszahlung auf NULL beantragen. Einfach entsprechend begründen.
Darüber gibt es einen Bescheid und der wird von der GKV auch akzeptiert. Dann müßte doch die Fami wieder gehen, oder?

Verfasst: 19.06.2012, 19:11
von heinrich
die Idee von Rossi mit der Gewerbeabmeldung ein legaler Weg legaler Weg.


evt. gibt es auch noch einen anderen:
Wenn es noch Unterlagen gibt, die bei der Steuererklärung vergessen wurden (damit meine ich keine illegalen Sachen)
UND auch noch das Finanzamt eine Berichtigung vornimmt.

Viel Spaß beim Suchen UND beim dann folgenden Gespräch mit dem Finanzamt.

Ich habe schon mehrmals erlebt, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheid für die Krankenkasse eine Auswirkung gehabt hätte; jedoch das Finanzamt deswegen keine Änderung vorgenommen hatte, weil der Steuerpflichtige steuerrechtich NICHT BESCHWEHRT ist.

Versuch macht kluch.

Verfasst: 20.06.2012, 11:55
von JuliaJ19
Danke für eure Antworten! Grundsätzlich klingt Gewerbe abmelden gut, aber da ich freiberuflich im künstlerischen Bereich tätig bin, klappt das nicht. Auch habe ich überlegt, wo man noch eine Rechnung finden könnte.

Letztendlich habe ich mich entschieden, heute zur Krankenkasse zu fahren und den Ablauf zu schildern. Mein Steuerbescheid wird nun geprüft und wahrscheinlich werde ich nachzahlen müssen. Er sprach zunächst von monatlichen 300Euro, die allerdings in keiner Relation stehen, wenn ich nur 400Euro verdient habe und mich vor den finanziellen Ruin stellen würden. Ich hoffe, es findet sich ein Mittelweg und wenn ich Glück habe, nehmen sie mich für dieses Jahr wieder auf, da ich ja weit unter den erlaubten 375 Euro liege.

Leider hat man als geringfügig Selbständige/Freiberuflerin nur wenig Möglichkeiten. Die Kosten-Sprünge von der kostenfreien Familienversicherung zur normalen gesetzlichen sind einfach zu hoch, denn wie will man mit einem Einkommen von knapp 400 Euro eine Versicherung von 300 Euro bezahlen? Hier ist man dann fast gezwungen seinen kleinen Nebenverdienst lieber aufzugeben.

Verfasst: 20.06.2012, 18:34
von Rossi
Um es mal zu verdeutlichen.

Wenn es Dir nicht gelingen sollte, die Einkommensgrenze von 375,00 € zu unterschreiten, dann wird Dich die Kasse vermutlich mit einem freiw. Kv.-Beitrag von ca. 310,00 € im Monat einstufen.

Es gibt noch eine Härtefallbemessung. Bei der sog. Härtefallbemessung (ca. 220,00 €) wird das Einkommen des Ehegatten auch zu Grunde gelegt und ich glaube kaum, dass diese Einkommengrenze erfüllt ist.

Du kannst selbstverständlich auch überlegen, diese freiberuflich künstlerische Tätigkeit vorübergehend einzustellen. Oder gar eine Bewerbung bei der Künstlersozialkasse in Hamburg. Diese Pflichtversicherung ist super günstig.

Verfasst: 20.06.2012, 20:45
von HansHuckebein
Gibt es bei der Berechnung des Einkommens in diesem Fall keinen Werbungskostenabzug? Ich meine, ich habe da mal was gelesen.

(Monatl. Einkommen x 12 - Werbungskosten (920,00 Euro)) :12= zu berücksichtigendes Einkommen für die Familienversicherung.

LG vom Hans

Verfasst: 20.06.2012, 21:11
von CTG
Soweit ich weiß werden bei einer selbstständigen Tätigkeit keine Werbungskosten abgezogen.

Verfasst: 20.06.2012, 22:15
von Rossi
Es dürfte relativ einfach sein.

Bei dem "Gesamteinkommen" handelt es sich gem. § 16 SGB IV um das Einkommen im Sinne des Steuerrechts.

Im Bereich des Steuerrechts gibt es leider nur bei Nichtselbständigen (Arbeitnehmer) diese Werbungskostenpauschale.

Da die Posterin hier selbständig ist, gilt die Werbungskostenpauschale nicht. Es ist der Gewinn unter Berücksichtigung der Einnahmen und Ausgaben zu berücksichtigen. Jenes dürfte alles sein.

Und genau dies findet man im Steuerbescheid, denn der Steuerbescheid weist das Einkommen im Sinne des Steuerrechts aus. Dies ist dann leider das Gesamteinkommen.

Andere Vorschläge?!


Auf der anderen Seite setzt die Beurteilung, ob das Gesamteinkommen für die Familienversicherung die Einkommensgrenze überschreitet nach der Rechtsprechung des BSG eine vorausschauende Betrachtungsweise voraus. Diese kann auch durchaus durch eine rückwirkende Betrachtungsweise erfolgen.

Allerings muss mit hinreichender Sicherheit feststehen, dass auch im Kalenderjahr 2012 die Einkommensgrenze überschritten wird (vgl. Umkehrschluss BSG 07.12.2000 Aktenzeichen: B 10 KR 3/99 R)

Wenn Julia119 schlüssig und nachvollziehbar darlegt, dass im Kalenderjahr 2012 eben nicht diese Einkommensgrenze überschritten wird, würde ich es durchaus versuchen.

Die Klamotte mit dem Steuerbescheid kommt doch aus dem Bereich der Rechtsprechung der Beitragsfestsetzung für die freiw. Kv. Meines Erachtens gibt es hier aber Unterschiede.

Der Spibu wendet diese Rechtsprechung natürlich *** an, welches in der Praxis den Kassen natürlich eine Arbeitserleichterung darstellt.

Eine Arbeitserleichterung untermauert durch eine Auffassung des Spibus muss aber nicht immer das non plus ultra sein.

Von daher würde ich es vielleicht auch etwas anders machen.

Ich gehe mal davon aus, dass Julia119 nunmehr gedenkt ab dem 01.07.2012 den Beitritt zur freiw. Kv. der Kasse anzuzeigen. Sie muss nicht der freiw. Kv. beitreten, sie kann es, wenn sie will.

Dies macht Julia119 nicht und lässt sich dann nach Ablauf von mehr als 3 Monaten von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V erwischen. Diese Mitgliedschaft entsteht kraft Gesetz, es sind die gleichen Leistungen und der gleiche Beitrag, aber mit einem kleinen und wesentlichen Unterschied.

Wenn Julia119 der freiw. Kv. beitritt und nach Vorlage des Steuerbescheides für 2012 sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Familienversicherung in 2012 (Einkommen unterhalb der Gesamteinkommensgrenze) sehrwohl vorglegen hat, dann kann Juli119 bei den meisten Kassen erst mit Wirkung für die Zukunft die freiw. Kv. kündigen bzw. beseitigen um in die kostenlose Familienversicherung zu kommen. Dies ergibt sich aus § 191 SGB V und der jeweiligen Satzungsautonomie der Kasse. Bei den meisten Kassen geht eine rückwirkende Kündigung nicht. Es gibt nur ein paar Kassen, die eine rückwirkende Kündigung zulassen.

Also hat Juli119 bei einer freiw. Kv. schon mal ein fettes Problem.

Anders verhält es sich aber bei der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V. Denn diese Mitgliedschaft muss man nicht kündigen. Sie wird nämlich kraft Gesetz beendet, wenn eine Absicherung im Krankheitsfall besteht. Dies ist dann natürlich auch eine Familienversicherung unter Berücksichtigung der voraus- bzw. nachträglichen Betrachtungsweise der Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit. Also dürfte es hier rückwirkend gehen.

Auf der anderen Seite bin ich mir ziemlich sicher, dass dies auf einen hefitigen Widerstand der meisten Kassen führen wird. Aber so würde ich auf jeden Fall argumentieren.

Last und least ist natürlich der Weg, die künstlerische Tätigkeit vorübergehend einzustellen, wesentlich geschickter. Er wird Julia119 wesentlich schneller zum Ziel führen.

Verfasst: 21.06.2012, 11:27
von JuliaJ19
danke für eure ausführlichen erklärungen!
ich hätte noch eine frage. bei wikipedia fand ich folgendes zum thema familienversicherung:

"Kosten bei Nicht-Familienversicherung in der GKV

Ist eines der oben genannten Kriterien nicht erfüllt, muss eine eigene Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung begründet werden. In der Gesetzlichen Krankenversicherungen bemessen sich die Beiträge nach dem Einkommen. Ist jedoch kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen vorhanden, so wird pauschal von einem Einkommen in Höhe von 1/3 der Bezugsgröße ausgegangen, aus dem dann die Beitragshöhe berechnet wird. In Westdeutschland ergibt sich hier für 2012 ein fiktives Einkommen von 875 € pro Monat und damit ein Beitrag für die GKV von 130 € pro Monat."


Bedeutet das vielleicht auch, dass ich nur mit diesen Nachzahlungen zu rechnen hätte? Momentan sind es die Nachzahlungen die mir Angst machen, ich wüsste nämlich nicht, wie ich 300Euro X 12 leisten könnte. 130 X 12 würden wir vielleicht noch schaffen. Oder berechnen sich etwaige Nachzahlungen nur nach den Monaten, die ich über der Grenze lag, was im Schnitt bei mir 2 waren.

ZU Beginn des letzten Jahres war ich sogar noch einige Monate privat versichert, da aber dies ebenfalls nicht in Relation mit meinem Gewinn lag, wechselte ich in die Familienversicherung. Besteht hier die Möglichkeit diese Zahlungen an die PKV noch einzurechnen oder die Monate anteilmäßig abzuziehen? Dann wäre ich wieder locker in der Familienversicherung.

Ähnlich wäre es doch auch, wenn eine Frau ihren Job aufgibt im Monat Mai udn ab da zu ihrem Mann in die Familienversicherung geht, oder sehe ich das falsch?

Nochmal herzlichen Dank!