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Muss ich nachzahlen?

Verfasst: 09.05.2012, 15:13
von Falk
Hallo,

ich bin chronisch krank und mir wurde Februar 2011 das ALG 2 gekündigt.
Wenn ich jetzt wieder ALG 2 beantrage muss ich dann den Zeitraum von Februar 2011 bis jetzt nachzahlen?

Verfasst: 09.05.2012, 15:19
von roemer70
Wie bist Du denn seit damals versichert? Hast Du evtl. einen Familienversicherungsanspruch (verheiratet? Alter?)?

Verfasst: 09.05.2012, 15:37
von Falk
Nicht versichert, ledig, über 30, keine Familienversicherung

Verfasst: 09.05.2012, 15:45
von amerin
Ja, musst Du nachzahlen, denn es besteht Versicherungspflicht.

Verfasst: 09.05.2012, 23:54
von Rossi
Hm, amerin

Zitat:
Ja, musst Du nachzahlen, denn es besteht Versicherungspflicht.


Womit begründest Du dies?

Das GR vom 30.06.2011 für die ALG II-Empfänger sieht dies nämlich nicht vor.

Die erneute Mitgliedschaft im Rahmen des ALG II-Bezuges ist auch einzutragen, wenn der Kunde zuvor nicht seinen Mitwirkungspflichten (Anzeigebogen zur Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V) nachgekommen ist.

Guckst Du hier:

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler- ... -AlgII.pdf

Seite 33

Auf Personen, die taggenau vor Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld II tatsächlich we-der gesetzlich noch privat versichert waren, zuletzt jedoch der GKV angehörten, treffen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 5a zweite Alternative SGB V - ungeachtet der Personenkreis-zugehörigkeit – von vornherein nicht zu, wenn die Voraussetzungen für eine Versicherungs-pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorlagen, die Versicherungspflicht tatsächlich jedoch, z. B. wegen mangelnder Mitwirkung der betroffenen Person, nicht festgestellt worden ist. Diese Personen sind im Sinne einer konsequenten Systemabgrenzung für die Zeit des Ar-beitslosengeld II-Bezuges (weiterhin) der GKV zuzuordnen.

Kannst Du mir Gegenargumente liefern, dass in der Praxis der Kassen die erneute Mitgliedschaft im Rahmen des ALG II explizit von der Nachzahlungspflicht abhängig ist?

Ist das Rundschreiben überholt, bzw. kalter Kaffee? Oder ignoriert man es einfach?

Verfasst: 10.05.2012, 08:37
von Sportsfreund
Rossi hat geschrieben:Womit begründest Du dies?

Das GR vom 30.06.2011 für die ALG II-Empfänger sieht dies nämlich nicht vor.

Die erneute Mitgliedschaft im Rahmen des ALG II-Bezuges ist auch einzutragen, wenn der Kunde zuvor nicht seinen Mitwirkungspflichten (Anzeigebogen zur Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V) nachgekommen ist.

Guckst Du hier:

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler- ... -AlgII.pdf

Seite 33

Auf Personen, die taggenau vor Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld II tatsächlich we-der gesetzlich noch privat versichert waren, zuletzt jedoch der GKV angehörten, treffen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 5a zweite Alternative SGB V - ungeachtet der Personenkreis-zugehörigkeit – von vornherein nicht zu, wenn die Voraussetzungen für eine Versicherungs-pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorlagen, die Versicherungspflicht tatsächlich jedoch, z. B. wegen mangelnder Mitwirkung der betroffenen Person, nicht festgestellt worden ist. Diese Personen sind im Sinne einer konsequenten Systemabgrenzung für die Zeit des Ar-beitslosengeld II-Bezuges (weiterhin) der GKV zuzuordnen.

Kannst Du mir Gegenargumente liefern, dass in der Praxis der Kassen die erneute Mitgliedschaft im Rahmen des ALG II explizit von der Nachzahlungspflicht abhängig ist?

Ist das Rundschreiben überholt, bzw. kalter Kaffee? Oder ignoriert man es einfach?
Hallo Rossi,

ich lese dieses Rundschreiben tatsächlich anders. Hierbei geht es nämlich nur um die Beurteilung, dass mit Beginn des ALG-II auch tatsächlich KV-Pflicht für die GKV vorliegt.
ALG-II-Bezieher werden ja aufgrund des o.g. § 5 Abs 5a SGB V unter Umständen NICHT der GKV zugeordnet. Und dieses GR nimmt lediglich Stellung hierzu und ordnet den Bezieher mit Beginn des Bezugs halt der GKV zu.

Wenn aber dennoch für die Vorversicherungszeit festgestellt wird, dass derjenige ohne anderweitigen Anspruch auf KV-Schutz war, unterliegt er eben für diese Zeit der KV-Pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Punkt.

Gruß
Sportsfreund

Verfasst: 10.05.2012, 10:10
von Falk
November und Dezember 2010 war ich wegen Saktionen nicht versichert,
bekam davor auch ALG 2, es wurde aber nichts von mir gefordert.
Muss ich jetzt nachzahlen?

Verfasst: 10.05.2012, 10:33
von Rossi
Jooh,

Zitat:
Wenn aber dennoch für die Vorversicherungszeit festgestellt wird, dass derjenige ohne anderweitigen Anspruch auf KV-Schutz war, unterliegt er eben für diese Zeit der KV-Pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Punkt.


Und genau jenes setzt in der Regel voraus, dass der Kunde den Anzeigebogen bei der Kasse ausgefüllt und unterschrieben bei der Kasse einreicht. Ebenfalls Punkt.

Zitat aus einem Schreiben des BMG an den Spitzenverband der Krankenkassen.

.....

In beiden Fallkonstellationen findet die behördliche Ermittlungspflicht auch nach Auffassung des Bundesversicherungsamtes dort ihre Grenze, wo eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ohne eine Mitwirkung des Antragstellers / Betroffenen unmöglich Ist. Diese Grenze ist insbesondere in den Fallen zu sehen, in denen Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten normiert sind. Nach § 206 SGB V sind Versicherte, oder wer als Versicherter in Betracht kommt, mitwirkungs- bzw. auskunftspflichtig hinsichtlich aller Tatsachen, die für die Feststellung oder Änderungen der Versicherungs- oder Beitragspflicht erheblich sind. Diese Vorschrift korrespondiert mit § 307 Abs. 2 BGB, wonach ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht eine Ordnungswidrigkeit darstellt- Die Normierung dieser Pflichten und die Androhung eines Bußgeldes bei Nichtbeachtung bringt die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass die Kasse allein kaum in der Lage ist, die für die Versicherungspflicht relevanten Daten zu erlangen. Daher dienen sie letztlich der ordnungsgemäßen Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.


Und genau so lese ich das GR vom 30.06.2011. Die Verfasser halten sich ganz offensichtlich an die Rechtsauffassung des Ministeriums.

Aber es hat den Anschein, dass dies vielfach ein Schattendasein führt.

Verfasst: 10.05.2012, 10:49
von Falk
was bedeutet das jetzt?

Verfasst: 10.05.2012, 15:03
von Falk
An Alle Bitte um Antwort

Verfasst: 10.05.2012, 15:12
von broemmel
Rossi hat geschrieben:Jooh,

Zitat:
Wenn aber dennoch für die Vorversicherungszeit festgestellt wird, dass derjenige ohne anderweitigen Anspruch auf KV-Schutz war, unterliegt er eben für diese Zeit der KV-Pflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Punkt.


Und genau jenes setzt in der Regel voraus, dass der Kunde den Anzeigebogen bei der Kasse ausgefüllt und unterschrieben bei der Kasse einreicht. Ebenfalls Punkt.

Zitat aus einem Schreiben des BMG an den Spitzenverband der Krankenkassen.

.....

In beiden Fallkonstellationen findet die behördliche Ermittlungspflicht auch nach Auffassung des Bundesversicherungsamtes dort ihre Grenze, wo eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ohne eine Mitwirkung des Antragstellers / Betroffenen unmöglich Ist. Diese Grenze ist insbesondere in den Fallen zu sehen, in denen Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten normiert sind. Nach § 206 SGB V sind Versicherte, oder wer als Versicherter in Betracht kommt, mitwirkungs- bzw. auskunftspflichtig hinsichtlich aller Tatsachen, die für die Feststellung oder Änderungen der Versicherungs- oder Beitragspflicht erheblich sind. Diese Vorschrift korrespondiert mit § 307 Abs. 2 BGB, wonach ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht eine Ordnungswidrigkeit darstellt- Die Normierung dieser Pflichten und die Androhung eines Bußgeldes bei Nichtbeachtung bringt die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass die Kasse allein kaum in der Lage ist, die für die Versicherungspflicht relevanten Daten zu erlangen. Daher dienen sie letztlich der ordnungsgemäßen Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.


Und genau so lese ich das GR vom 30.06.2011. Die Verfasser halten sich ganz offensichtlich an die Rechtsauffassung des Ministeriums.

Aber es hat den Anschein, dass dies vielfach ein Schattendasein führt.
Verstehe ich die Auffassung jetzt richtig?

Der Rossi ist der Meinung das ein ALG 2 Bezieher der auf Fragen zur Aufklärung der vorherigen Versicherung nicht antwortet, also seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, für die offene Zeit nicht nach § 5 Abs 1 Nr. 13 SGB V versichert werden soll?

Also da soll es möglich sein? Und der "Depp" der zur Aufklärung beiträgt soll nachzahlen?

Komische Rechtsauffassung

Verfasst: 10.05.2012, 16:05
von Sportsfreund
broemmel hat geschrieben:Der Rossi ist der Meinung das ein ALG 2 Bezieher der auf Fragen zur Aufklärung der vorherigen Versicherung nicht antwortet, also seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, für die offene Zeit nicht nach § 5 Abs 1 Nr. 13 SGB V versichert werden soll?

Also da soll es möglich sein? Und der "Depp" der zur Aufklärung beiträgt soll nachzahlen?

Komische Rechtsauffassung
Aber genau das ist der Knackpunkt bei dem Ganzen. Die Gratwanderung zwischen Fairness (eben der von broemmel beschriebenen Ungleichbehandlung) und der Anerkennung, dass nicht jedem Bürger zugemutet werden kann, diese generelle KV-Pflicht zu kennen, bzw. dass eine solche (Nach-)Forderung eine zu belastende finanzielle Härte darstellen kann.

Ein Patentrezept wird es hierfür wohl nicht geben und immer von Einzelfall zu Einzelfall zu entscheiden sein.

Gruß
Sportsfreund

Verfasst: 10.05.2012, 16:28
von heinrich
einfach diese Sch.... Bürgerversicherung abschaffen
und gut ist es.

Beitragsrückstände ohne Ende. Enorme Anzahl an KK-Mitarbeiter werden damit beschäftigt = Kosten

Schulden für Versicherten = Unglück


Früher (also vor 01.04.2007) als es das ganze noch nicht gab: gab es kaum einmal einen Schicksalsfall. Irgendwie wurden die Dinge geregelt.
Und wenn es eben der SGB XII Täger war.

Jetzt ist der SGB XX-Träger entlastet und
ALLE anderen unglücklich.

Danke nochmals an Ulla für diese Sch....


normalweise schreiben ich nur sachlich Kommentar. Dies musste aber mal sein

Verfasst: 10.05.2012, 20:10
von Rossi
Sorry,
Verstehe ich die Auffassung jetzt richtig?

Der Rossi ist der Meinung das ein ALG 2 Bezieher der auf Fragen zur Aufklärung der vorherigen Versicherung nicht antwortet, also seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, für die offene Zeit nicht nach § 5 Abs 1 Nr. 13 SGB V versichert werden soll?
Jenes ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Es sind die Gedankengänge der hochbezahlten Herrschaften im BMG (Ministerium) und des Spibus.

Ich zitiere nochmals

Zitat BMG Schreiben vom 17.07.2008

...

Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.



Und dann die Auffassung des Spibus


Zitat GR ALG II vom 30.06.2011

wenn die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorlagen, die Versicherungspflicht tatsächlich jedoch, z. B. wegen mangelnder Mitwirkung der betroffenen Person, nicht festgestellt worden ist


Für mich ist das ziemlich eindeutig. Ich habe dies auch mehrfach- damals während meiner Tätigkeit im Jobcenter - den Kasse so mitgeteilt. Es hat fast immer ohne mullen und knullen funktioniert.

Für mich stellt sich die Frage, warum man hier in der Praxis davon abweichen soll? Wenn die Kunden keine Leistungen in Anspruch genommen haben und bei der Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V nicht mitwirken, was will ich dann mehr?

Ich lasse die Finger davon und trage die neue Mitgliedschaft ein. Fertig aus und basta. Dabei dürfte es völlig egal sein, um welche Art der Mitgliedschaft es handelt (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a, § 5 Abs. 1 etc). Der Kunde ist nunmehr wieder versichert. Die Nachteile, die er hierdurch evtl. hat (fehlende VVZ für KVdR) muss er später selber tragen.

Wenn man sich nicht an die Aussagen von ganz oben hält, dann muss man sich nicht wundern, wenn man zahlreiche Beitragsforderungen produziert, die fast nie eingetrieben werden.

Machen wir uns doch nichts vor. Es sind in der Regel Kunden, die eh am Existenzminimum knabbern. Bekommt man dort - relatisch gesehen - Kohle?

Fordert man dennoch die Beiträge, muss man sich nicht wundern, wenn dadurch zusätzliches Personal benötigt wird. Dies verursacht auch noch Kosten. Wie war das noch einmal, wer rechnen kann, ist klar im Vorteil.

@Heinrich
Die Bürgerversicherung wird man nicht wieder abschaffen. Deutschland ist ein moderener Sozialstaat (Zitat GKV WSG).

Der Sozialhilfeträger ist auch nicht mehr hierfür Ausfallbürge. Der Sozialhilfeträger soll nur noch für die Personen der Absicherungsträger sein, die Leistungen vom Sozialhilfeträger erhalten (Zitat GKV WSG).

Es ist nicht meine Erfindung.

Verfasst: 10.05.2012, 20:21
von Czauderna
Hallo,
hier haben alle Recht (nach meiner Auffassung) - Sportsfreund und Broemmel -
dieser Meinung bin schon immer - die Dummen und Naiven ??, nein, die Ehrlichen ??, die verhalten sich korrekt und dürfen dafür zahlen bis zur Existenzvernichtung !!
Rossi - hat natürlich auch recht, wenn das Gesetz es zu beschreibt und zulässt, man wäre ja wirklich saublöd wenn man sich das Geld nicht sparen würde.
Heinrich - schön, dass du auch einmal die Haltung etwas verlierst - du hast natürlich und selbstverständlich recht.
Also Falk - ich denke, du weißt jetzt wohin der Hase für dich laufen kann.
Gruss
Czauderna