9/10tel Regel für alle GKV zwingend?

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Hanne
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9/10tel Regel für alle GKV zwingend?

Beitrag von Hanne » 26.04.2012, 15:39

Ich bin Rentnerin und wegen der m.E. für mich ungerechtfertigt angewendeten sog. 9/10tel-Regelung in die freiwillige Versicherung gezwungen worden, mit der Folge, dass nun das Haushaltseinkommen und nicht meine kleine Rente als Berechnungsgrundlage für den Beitragssatz herangezogen wird. 40% meiner Rente gehen nun für den Beitrag drauf. Ich frage mich, warum ich 19 Jahre drei Kinder groß gezogen habe, ohne Einkommen, und niemals eine Ahung von der 9/10tel-Regelung erlangt habe. Kassen haben mich da flasch beraten. Angeblich ist eine Kasse berechtigt so zu verfahren und die Regelung anzuwenden. Meine Frage ist, ob alle GKVs auch gezwungen sind, so zu verfahren, oder ob es GKVs gibt, die die Regelung nicht anwenden. Ich kenne nämlich Fälle, die zu meiner Biografie völlig identisch sind und als Pflichtversicherte eingestuft worden sind. Ich weiß nur nicht, welche Kasse das ist und ob die die Regelung entweder selbst nicht kennen oder bewusst auf die Anwendung verzichten.

Sportsfreund
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Beitrag von Sportsfreund » 26.04.2012, 15:44

Hi,

ganz kurz: Diese 9/10-Regelung ist ein Muss.

Eine Kasse kann die Gesetze zum krankenversicherungspflichtigen Personenkreis nicht einfach nach belieben anwenden oder nichtanwenden.

Natürlich sollten gleichgelagerte Fälle, wie bei Deinen Bekannten, auch gleich ausgehen. Stellt sich also die Frage: Haben deren KK'n das falsch berechnet? Oder wurde von Deiner KK das falsch berechnet? Eines von beiden.

Aber eine Frage:
Aus welchem Grund bist Du der Meinung, dass diese Regelung bei Dir unberechtigter Weise angewandt wurde?

Gruß
Sportsfreund

Hanne
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9/10tel Regelung

Beitrag von Hanne » 26.04.2012, 15:59

Ich bin aus folgemdem Grunde der Meimnung, dass man mich falsch behandelt: ich war vor meiner 19jährigen Kinderpause gesetzlich versichert. Habe dann 19 Jahre drei Kinder groß gezogen und war in der Zeit - ohne eigenes Einkommen - bei meinem Mann privat versichert. Die mich abgebende Kasse hat mir trotz mehrmaliger Befragung nicht gesagt, was für Konsequenzen ich damit eingehe und ich mich z.B. freiwillig bei ihr weiterversichern könne, was meine Ansprüche auf eine Pflichtversicherung erhalten könnte, weil die freiwillige Zeit auch angerechnet werde (ist das so richtig?). Im Gegenteil: man hatte mir damals sogar gesagt, dass eine Weiterführung als Freiwillige nicht gleichwertig zu einer Pflichtversicherung sei. Nach der Kinderpause bin ich 17 Jahre wieder pflichtversichert beschäftigt gewesen, leider 2,5 Jahre für die 9/10tel Regelung zu wenig. Ich hatte also subjektiv nach allen Informationen, die mir vorlagen, gar keine Alternativen, als mich bei meinem Mann zu versichern.

broemmel
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Beitrag von broemmel » 26.04.2012, 16:32

Also vor 36 Jahren konnte die Kasse dazu noch keine Auskunft erteilen.
Die Regelung wurde später erst eingeführt.

Dazu gibts mit Sicherheit schon BSG urteile.
Da wird es zu keiner Änderung kommen

röschen
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Re: 9/10tel Regelung

Beitrag von röschen » 26.04.2012, 17:23

Hanne hat geschrieben:Im Gegenteil: man hatte mir damals sogar gesagt, dass eine Weiterführung als Freiwillige nicht gleichwertig zu einer Pflichtversicherung sei. Nach der Kinderpause bin ich 17 Jahre wieder pflichtversichert beschäftigt gewesen, leider 2,5 Jahre für die 9/10tel Regelung zu wenig.
Das kann doch sein: Ich habe, als ich erwerbsunfähig wurde, wild herumgerechnet, ob es reicht für die KVdF, weil ich in den 80ern mal für ein paar Jahre wegen zu hohem Einkommen freiwillig in der GKV weiter versichert war. Erst als sich niemand dafür interessierte, was Pflicht- und was freiwillige Versicherung war, nur, dass ich immer GKV war, habe ich mitbekommen, dass der Unterschied für die 9/10-Regelung keine Rolle mehr spielt; das war offenbar mal anders - zumindest war ich so informiert.

heinrich
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Beitrag von heinrich » 26.04.2012, 20:15

von 1993 bis zum Jahre 2002 wurden tatsächlich nach der damals gültigen Rechtslage die Zeiten der freiwilligen Mitgliedschaft NICHT angerechnet.


Wenn die Beratung (keine Anrechenbarkeit der freiwilligen Zeiten) vor 17 Jahr , also 1995 , stattgefunden hat

na dann: hat die Krankenkasse damals die richtige Auskunft gegeben.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 22.05.2012, 19:05

Jooh, Heinrich.

Unser lieber Gesetzgeber hat zum 01.01.1994 die KVdR-Zugangsvoraussetzungen beschränkt. Unter anderem sollte Diejenigen, die freiwllig versichert sind (bzw. daraus einen Fami) nicht mehr von der günstigen KVdR profiitieren.

Deswegen hat man röschen damals auch wohl so beraten, dass es eh nix bringt.

Allerdings wurde diese Beschneidung im Bereich der KVdR im Jahre 2000 vom Bundesverfassungsgericht einkassiert. Die Regelung wurde als verfassungswdrig eingestuft.

Gleichwohl durften die Kasse dann in der Zeit vom 01.01.1994 - 31.03.2002 mit dieser verfassungswidrigen Regelung arbeiten und die Bestimmungen so anwenden.

Hätte die Posterin damals sehrwohl die freiw. Kv. weiterhin aufrecht erhalten, dann wäre sie heute in der KVdR drinne. Denn aufgrund der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2000 müssen alle Zeiten einer freiw. Kv. auch in den Jahren 1993 - 31.03.2002 in die KVdR eingerechnet werden.

Die Gretchenfrage dürfte daher sein, ob aus der Beratung der Kasse (Gesetz war verfassungswidrig) etwas gezaubert werden kann?

Na ja, wäre mal ne spannende Geschichte. Aber eins dürfte dabei klar sein, da wird man ggf. bis zum BSG marschieren müssen.

Im Bereich der KVdR gibt es natürlich schon BSG-Rechtsprechung, aber ich glaube keine, hinsichtlich der verfassungswidrigen Beschneidung in dem v. g. Zeitraum. Und vor allen Dingen nicht, der deraus damaligen Beratung durch die Kassen.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 22.05.2012, 19:18

eine Optionsrentnerin? dehe ich irgendwie nicht, denn hätte sich bis zum 30.09.2002 das Recht gehabt der KvdR als Pflichtversicherte beizutreten.

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2. Soweit die Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, kann sie bis zur gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31. März 2002, ausnahmsweise weiter angewendet werden &#40;vgl. BVerfGE 92, 53 <74>; Beschluss des Ersten Senats vom 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98 u.a., Umdruck S. 27&#41;. Falls es innerhalb der gesetzten Frist nicht zu einer gesetzlichen Neuregelung kommt, bestimmt sich ab dem 1. April 2002 der Zugang zur Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes.

Soweit das BVG und nu?

Rossi
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Beitrag von Rossi » 22.05.2012, 19:27

Nee, vergil, keine Optionsrentnerin.

Es geht hier einfach darum, dass die damaligen Vorschriften verfassungswidrig waren.

Na klar, die Kasse hat nach dem damaligen Gesetz beraten, dass eine freiw. Kv. eh nix für die spätere KVdR bringt. Aber genau jenes hat das BVerfG dem Gesetzgeber nachher um die Ohren gehauen.

Dein Link hinkt meines Erachtens. Die Posterin hat erst jetzt den Rentenantrag gestellt und nicht bis zum Ende der Übergangsfrist (30.09.2002).

Wenn die Posterin im Ansatz gewusst hätte bzw. hätte erahnen können, dass diese Vorschrift verfassungswidrig ist, dann hätte sie sich vermutlich weiterhin freiwillig versichert. Und schwuppi duppi hätte sie heute davon profitieren können.

Na ja, hätte wenn und aber, ist natürlich alles gelaber!

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 22.05.2012, 19:50

Rossi, da sehe ich gleich 3 Probleme:

- wenn du dich auf einen Beratungsfehler berufen willst, musst du diesen beweisen
- selbst wenn du es beweisen kannst - es handelte sich zum damaligen Zeitpunkt nicht um Falschberatung. Die Kassenmitarbeiter haben nach dem damals geltenden Recht korrekt beraten. Du kannst meines Erachtens nicht von Kassenmitarbeitern erwarten, dass sie Verfassungsrechtler sind
- du müsstest nachweisen, dass die Beratung kausal für den aktuellen "Schaden" ist - hätte Hanne tatsächlich auf die PKV zugunsten der freiwilligen KV verzichtet?????

Gruß Lady Butterfly

P. S. ich habe in der letzten Zeit immer häufiger den Eindruck, dass sich nach deinen Ausführungen kein einziger Kassenmitarbeiter an das Verwaltungsverfahrensrecht hält bzw. korrekt berät. Ich kann dir aus meiner Erfahrung sagen, dass ich froh wäre, wenn sich die Mitarbeiter der JobCenter bzw. ArGen sich zumindest an das materielle Recht hielten. Von korrekter Beratung und/oder korrekter Anwendung des Verwaltungsverfahrensrechts will ich gar nicht reden.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 22.05.2012, 19:51

hher um die Ohren gehauen.

Dein Link hinkt meines Erachtens. Die Posterin hat erst jetzt den Rentenantrag gestellt und nicht bis zum Ende der Übergangsfrist (30.09.2002).

Wenn die Posterin im Ansatz gewusst hätte bzw. hätte erahnen können, dass diese Vorschrift verfassungswidrig ist, dann hätte sie sich vermutlich weiterhin freiwillig versichert. Und schwuppi duppi hätte sie heute davon profitieren können.

Na ja, hätte wenn und aber, ist natürlich alles gelaber![/quote]

Taja wäre hätte könnte................ ein Satz mit x wie du schon so schön bemerkt hast.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 22.05.2012, 20:13

Völlig klar, über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann man die Geschichte nicht glatt bügeln. Überhaupt kein Thema, denn dieser Herstellungsanspruch knüpft an eine falsche oder gar keine Beratung. Dies haben wir de facto nicht, die Kasse hat alles völlig richtig gemacht.

Zunächst muss man Hanne doch mal ein großes Lob aussprechen. Bevor sie in die Beihilfe und Restkosten-PKV geflüchtet ist, hat sie sich umfassend beraten lassen. Sie hat nach der damaligen Rechtslage völlig richtige Auskünfte bekommen. Und nach der damaligen Lage war der Entschluss (Flucht in die PKV) auch nicht zu beanstanden und mehr als nachvollziehbar. Es war die richtige Entscheidung.

Leider hat das BVerfG dies dann gekippt. Der Kasse kann man keinen Vorwurf machen, nein im Gegenteil, eher dem Gesetzgeber, dass er so eine Regelung damals getroffen hat.

Die Gretchenfrage ist dann, ob man dies - heute gesehen - wieder glatt bügeln kann. Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wird es nicht funktionieren. Denn es dürfte vielleicht eins klar sein, wenn man jenes aus der heutigen Sicht betrachtet, dann hätte Hanne dies damals vermutlich nicht gemacht. Und genau darum geht es.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 22.05.2012, 20:47

Das ganze wurde 2000 geregelt, wie willst das denn jetzt glatt bügeln ? Der Gesetzgeber hat zwar das ganz korrigiert, allerdings hätte das denn entsprechend denn anders geregelt werden müssen, nachträglich regeln geht wohl nicht shit happens.

Lady Butterfly
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Beitrag von Lady Butterfly » 22.05.2012, 20:51

dann hätte Hanne dies damals vermutlich nicht gemacht
hätte sie oder hätte sie nicht? das ist hier die Frage......

Rossi
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Beitrag von Rossi » 22.05.2012, 21:38

@Lady Butterfly
hätte sie oder hätte sie nicht? das ist hier die Frage......
Ich lese dies auf jeden Fall aus dem Posting.

Zitat:
Im Gegenteil: man hatte mir damals sogar gesagt, dass eine Weiterführung als Freiwillige nicht gleichwertig zu einer Pflichtversicherung sei.


Jenes ist doch genau die Klamotte mit der Verfassungswidrigkeit.

Na ja, wir nennen es mal "Herstellungsanspruch als verfassunsgsrechtlicher Vertrauensschutz"!



Will heißen, können sich unsere im Grundgesetz verankerten drei Staatsgewalten (Judikative = Gerichte / Legislative = Gesetzgeber / Exekutiv = Verwaltungen, Behörden etc.) jeweils den schwarzen Peter hin und herschieben? Ich bin es nicht gewesen, es war der Andere! Weil es der Andere gewesen ist, bekommst Du jetzt nicht deine materiellen Rechte? Meine Weste ist völlig sauber und genau deswegen hast Du jetzt Pech?

Dort muss man ansetzen, nach meiner bescheidenen Auffassung. Ich komme derzeit ins Grübeln.

Hanne schreibt es doch, dass sie es als ungerecht empfindet. @Hanne ich kann Dich verstehen.

Ich habe dann nachfolgendes gefunden, welches sich im ersten Anlauf ganz interessant anhört.

http://books.google.de/books?id=2fzHOA1 ... ch&f=false

Zu erörtern bleibt hier zunächst noch der Problemkomplex jener behördlichen Information, die ex post betrachtet objektiv fehlerhaft waren, jedoch zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder auch mit einer – später für verfassungswidrig erklärten – Norm im Einklang stehen. Mit einer ex ante Betrachtung käme man nicht zu der Feststellung eines Pflichtverstoßes der Behörde. Sollte es auf diese Sicht bei einem aktiven Betreuungsverhalten der Behörde entscheidend ankommen, könnte damit auch der Vertrauenstatbestand für den Berechtigten begrenzt sein.
Die Pflichtwidrigkeit ist jedoch nicht das einzige Kriterium eines – fehlerhaften – Vertrauenstatbestandes. Der grundrechtliche Vertrauensschutz bezieht sich nicht allein auf ein rechtmäßiges Behördenverhalten, sondern generell darauf, dass die sozialrechtlichen Eigentumsposition nur im Rahmen der grundrechtlichen Eigentumsposition nur im Rahmen der grundrechtlichen Grenze beschränkt werden darf. Damit spricht der Vertrauensschutz auch die gesamte Staatstätigkeit an, weil diese insgesamt einer Grundrechtsbindung unterworfen ist.

Deswegen kann aber auch eine fehlende subjektive Vorwerfbarkeit für ein objektiv rechtswidriges Verhalten der Behörde kein entscheidendes Kriterium sein, wenn ein rechtswidrige Verhalten einer anderen Staatsgewalt (dürfte hier wohl der Gesetzgeber als legislative sein, oder?) dafür die Ursache gesetzt hat, insofern ist von der Einheit der Staatsgewalt auszugehen


Der Autor schiebt ganz offensichtlich nicht den schwarzen Peter dem Anderen in die Schuhe. Er geht von einer Einheit der Staatsgewalt aus.

Ich bin auf jeden Fall wach geworden!

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