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keine Auskünfte erteilt und zum Höchstsatz eingestuft

Verfasst: 16.04.2012, 19:18
von Freundin1982
Hallo zusammen!

Ich bin neu hier in dem Forum und habe gestern schon ganz viel hier gelesen. Es scheint mehrere Fälle in der Art zu geben, wie ich einen gleich schildern werde, nur haben mir diese Beiträge nicht alle erhofften Infos gegeben. Daher schreibe ich jetzt meine Geschichte.

Im Prinzip ist es der Fall meines Freundes. Wir sind vor 3 Monaten zusammen gezogen. Und beim Auspacken hat sich dann ergeben, dass ich erfahren habe, dass er Schulden von ca. 21 TEUR bei einer gesetzlichen Krankenkasse hat.

Was ich wusste war, dass er arbeitslos war, von 03/2008 bis 02/2011. Leider hat er sich nie arbeitslos gemeldet. Nun stellte sich also heraus, dass er seine Beiträge nicht bezahlt hat.

Da ich die Forderungshöhe nicht glauben konnte, habe ich mal ein wenig um die Sache gekümmert und sowohl mit der Krankenkasse, als auch dem Zoll gesprochen.

Fakt ist, dass er zu Beginn die normalen ca. 133 EUR mtl. gezahlt hat. Dann wohl aufgefordert wurde, Angaben zu seinen Einkünften zu machen, was er nicht getan hat, worauf hin eine Höchsteinstufung vorgenommen worden ist. Daraufhin hat er ein paar Monate sogar seine ca. 600 EUR mtl. gezahlt. Da aber irgendwann das Angesparte, von dem er gelebt hat, verbraucht war, hat er aufgehört zu zahlen.

Daraufhin wurde in 04/2010 fruchtlos gepfändet. Danach ruhte die ganze Sache. Die Krankenkasse hat aber weiterhin den Höchstsatz von ca. 600 EUR berechnet und alles zzgl. Säumniszuschlägen von 5%. Wenn von vornherein der richtigere niedriger Mindestbemessungssatz zugrunde gelegt worden wäre, wäre die Forderung ca. 5 TEUR hoch (Säumniszuschläge mit korrigiert). Diese Summe von 5 TEUR wäre evtl. machbar in absehbarer Zeit zu zahlen, nicht jedoch die 21 TEUR.

Seit 03/2011 arbeitet er wieder. Und hat sich jetzt selber Ende März 2012 bei der Kasse gemeldet und gefragt, was mit den offenen Forderungen ist, weil er ja ein kleines bisschen was angespart hat.

Leider haben die mittlerweile den Vorgang an den Zoll zur erneuten Vollstreckung zurückgegeben. Wir hatten jetzt direkt ein paar Tage später die Post vom Zoll.

Wir haben die Krankenkasse angeschrieben und auf deren Kulanz gehofft, dass sie die Beiträge rückwirkend neu berechnen und haben denen alle fehlenden Angaben geliefert. Leider lassen die sich nicht darauf ein. Der Gerichtsvollzieher wird wohl in den nächsten Tagen kommen.

Ich hätte jetzt gerne zu folgenden Punkten Antworten/Hilfestellungen, soweit das möglich ist:
1. Wenn in 04/2010 fruchtlos gepfändet wurde, muss die Krankenkasse nicht diese Info quasi verarbeiten und die Beträge niedriger berechnen. Denn dass er kein Einkommen hatte, ist doch dann klar, oder?! Zumal laut Aussage heute am Telefon vom Zoll der Gerichtsvollzieher Unterlagen wie Arbeitsverträge und Kontoauszüge sichtet.
2. Da mir das ganze erst so kurz bekannt ist und mein Freund sich so knapp bei der Krankenkasse gemeldet hat, überschneidet sich das jetzt zeitlich blöd mit dem Zoll und wir haben dadurch enormen Zeitdruck. Wie sind denn wohl die Chancen (vielleicht hat einer Erfahrungen), wenn wir ein Fax an den Vorstand für Beiträge schreiben und ihm das schildern und quasi vorhalten, dass die Krankenkasse von dem nicht vorhandenen Einkommen wusste (das würde eine Forderungskorrektur von ca. 8 TEUR ausmachen). Denn "lieb" hat ja nicht funktioniert.
3. Welche anderen Schritte würdet ihr empfehlen?
4. Wenn er jetzt anfängt in Raten zu zahlen (im Rahmen eines Insolvenzverfahrens), wird dann die Forderung weiterhin mit Säumniszuschlägen von mtl. 5% verzinst? Das ist ein Jahreszins von 60%.


Weitere Info: Ich habe meine Rechtsschutzversicherung angerufen. Die hat mir leider nicht viel geholfen. Wir sollen quasi den Gerichtsvollzieher abwarten. Ansonsten sagte die nur, dass man da bei Krankenkassen wenig Chancen hat, dass die neu berechnen. Also ein Anwalt wenig nützen würde.
Ich hatte noch nie Probleme mit dem Recht. Daher weiß ich nicht, ob Rechtsschutzversicherungen immer so reagieren, weil sie ja quasi eh nie zahlen wollen, oder ob es hier tatsächlich keine anderen Möglichkeiten gibt.

Vielleicht könnt ihr mir ein paar Tipps geben, welche Briefe ich noch an wen schreiben soll? Denn es ist ja nicht so, dass er nicht zahlen will. Nur ist es halt nicht möglich die hohe Forderung zu zahlen. Eine korrigierte (richtige) Forderung wäre halt realistischer abzuzahlen. Dass er alles selber zu verschulden hat ist auch klar. Aber das ist nun mal so gelaufen, da kann ich leider auch nichts mehr daran ändern.

Ich danke jetzt schon für eine Antwort.

Viele Grüße
Freundin1982

Verfasst: 16.04.2012, 21:12
von Czauderna
Hallo,
die Kasse beruft sich auf die fehlende Mitwirkung und begründet damit die "Zwangseinstufung" in die höchste Versicherungsklasse - so, wie geschildert hat sie richtig gehandelt - eine rückwirkende Umstufung ist grundsätzlich nicht möglich, auch wenn die Daten nachgeliefert werden. Chancen bestehen tatsächlich nur, wenn der Kasse selbst ein Versäumnis nachgewiesen werden könnte.
Ich sehe, außer den Versuch zu starten, zumindest einen moderaten Ratenzahlungsplan zu vereinbaren, z.Zt. keine rechtliche Handhabe - es, sei denn
es taucht noch etwas verwertbares auf.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 16.04.2012, 21:49
von broemmel
Ich würde empfehlen mit dem Hauptzollamt eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen.

Dann gelten auch nicht mehr die einmaligen (monatlichen) Säuminszuschläge

Verfasst: 17.04.2012, 07:12
von Freundin1982
Hallo!

Ich danke euch für die Antworten.
Eine Ratenzahlung nimmt der Zoll nicht an. Die haben auch erst gar nicht danach gefragt, bzw. auf unser Schreiben in der Richtung reagiert. Habe daher telefonisch nachgefragt. Da teilte mir die Sachbearbeiterin mit, dass sie eine Ratenzahlung nur akzeptieren dürfen, wenn die Forderung innerhalb eines Jahres damit erloschen ist. Das läge an der Höhe der Forderung.
Und eine solch hohe Monatsrate ist für uns leider nicht möglich.

Ist denn mit dem Punkt, dass sie aus der alten fruchtlosen Pfändung heraus hätten wissen müssen, dass mein Freund kein Einkommen hat etc., nichts zu machen?!

Ich habe viel im SGB 5 gelesen. In §240 SGB V steht, dass sich die Beiträge an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwillig versicherten Mitglieds orientieren müssen.
Und es gibt noch irgendeinen Paragraphen, der besagt, dass ab Bekanntwerden (einer anderen finanziellen Situation) neu gerechnet wird. Nur halt nicht rückwirkend. Daher dachte ich, dass wir vielleicht ab der fruchtlosen Pfändung Chancen auf Neuberechnung hätten.
Sieht diesen Ansatz keiner? Habe ich mich da verrant?

Und weiß vielleicht einer den Paragraphen (mit dem Bekanntwerden der Einkommensituation), den ich meine? Ich finde ihn nicht wieder.

Viele Grüße
Freundin1982

Verfasst: 17.04.2012, 07:32
von CiceroOWL
§ 186 11) 1Die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Versicherungspflichtigen beginnt mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. 2Die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, beginnt mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis. 3Für Personen, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, beginnt die Mitgliedschaft an diesem Tag. 4Zeigt der Versicherte aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach den in Satz 1 und 2 genannten Zeitpunkten an, hat die Krankenkasse in ihrer Satzung vorzusehen, dass der für die Zeit seit dem Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlende Beitrag angemessen ermäßigt, gestundet oder von seiner Erhebung abgesehen werden kann.

http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/ ... ID=0407600

(4) Die Einzugsstelle kann einen Vergleich über rückständige Beitragsansprüche schließen, wenn dies für die Einzugsstelle, die beteiligten Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Die Einzugsstelle darf den Vergleich über rückständige Beitragsanprüche, deren Höhe die Bezugsgröße insgesamt übersteigt, nur im Einvernehmen mit den beteiligten Trägern der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit schließen. Der Träger der Unfallversicherung kann einen Vergleich über rückständige Beitragsansprüche schließen, wenn dies wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Für die Träger der Rentenversicherung gilt Satz 3, soweit es sich nicht um Ansprüche aus dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag handelt.

http://www.finkenbusch.de/?p=1376

http://www.gkv-spitzenverband.de/upload ... _17011.pdf

bundesversicherungsamt.de/cln_108/nn_1046648/DE/Krankenversicherung/Rundschreiben/Rundschreiben62,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Rundschreiben62.pdf

Dein Freund hat die Sache verschusselt, er muss zusehen das er das wieder geregelt bekommt. Wenn die Zwangsvollstreckung gelaufen ist muss er jetzt die Hosen runterlassen und sich mit der Kasse einigen.

Ich würde mich da doch mal denn an einen kompetenen Rechtsanwalt wenden. Bund der Versicherten usw usw.

Verfasst: 18.04.2012, 00:08
von heinrich
Cicero,

Deine Antwort erstaunt mich.

Du würdest Dich also an einen kompetenten Anwalt wenden.

Damit drückst Du ja aus, dass die KK womöglich etwas falsch gemacht hat.

Du bist doch selbst Mitarbeiter einer KK.

Frag doch mal in Deiner eigenen KK nach, wie dort so ein Fall gehändelt wird.

Nämlich so: dass wenn jemand nicht antwortet auf die Einkommensanfrage
=> Einstufung in die Höchststufe.

Kommt nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eine AUSREICHENDE Einkommensanfrage:
=> Runterstufung ab Folgemonat

Ist eine fruchtlose Pfändung eine Einkommensanfrage
Antwort: nein.

Damit werden nämlich nicht alle die Frage beantwortet, die bei einer Einkommensanfrage benötigt werden.



PS: in Deinem ersten Absatz scheinst Du davon auszugehen, dass es sich um eine Mitgliedschaft nach § 5,1,13 SGB V handeln könnte und für die rückwirkende Anlagezeit eine Ermäßigung infrage käme.

Dieses Problem wurde hier doch überhaupt nicht beschrieben.
Hier wurde doch zuerst 133 EUR berechnet, die auch bezahlt wurden,
danach Höchstsatz, der dann auch noch zunächst bezahlt wurde.

Verfasst: 18.04.2012, 07:03
von CiceroOWL
aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/krankenkassen/article/810664/versicherte-schulden-kassen-milliarden.html

aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/krankenkassen/article/810729/kommentar-versichertenschulden-kein-recht-pflichten.html

Der gutse sollte schleunigst in die Puschen kommen, bevor er eine Privatinsolvenz hinlegt und sich den Rest des Lebens versaut. Für mich ist sowas nur wieder Ignoranz und der Glaube daran das sich alles selber regelt. Das Leben ist nicht wünsch dir was, sondern so ist das. Mich wundert eigentlich auch das nir noch nicht regiedere Ma0nahmen, wie die Kontopfändung durchgeführt wurden, Zwangsgeld usw.

Verfasst: 18.04.2012, 09:01
von Krankenkassenfee
Hallo,
bei der eigenen Kasse das Handling nachzufragen bringt gar nichts.
Bei der Konstellation hatten wir hier so ziemlich alles von Anwartschaftversicherung, über Mindestvemessung bis Höchstbetrag.

Die Kasse ist rechtlich auf der sicheren Seite. Dein Freund hat sich ja nicht mal nach der fruchtlosen Pfändung gekümmert?!
Ich hoffe nur, Dein Freund liest hier mit und verhandelt auch mit der Kasse über Lösungsmöglichkeiten. Ansonsten solltest Du mal überdenken, ob das so zielführend ist, dass Du Dich so reinhängst.
Guter Rat von Frau zu Frau: bloß kein gemeinsames Konto oder größere Anschaffungen!

Dass man mit dem Hauptzollamt keinen Ratenvertrag machen kann, dass ist mir neu. Lass Deinen Freund der Kasse einen Brief schicken und eine realistische Ratenzahlung anbieten, mit dem Hinweis, dass der Zoll das nicht machen wollte.
Ansonsten würde ich das Girokonto in ein P-Konto umwandeln lassen, oder ein solches eröffnen.
Ach ja, und dem neuen AG würde ich auch Bescheid geben. Denn Lohnpfändungen mögen die nicht, überraschende noch weniger.

LG, Fee

Verfasst: 18.04.2012, 13:01
von amerin
Schon ein starkes Stück, dass man als Partner erst "beim Auspacken" von 21.000 Euro Schulden erfährt... Wo soll da noch Vertrauen vorhanden sein... :roll:

Verfasst: 19.04.2012, 07:29
von Freundin1982
Hallo!

Ich danke euch für die zahlreichen Beiträge. Das Konto ist schon, seitdem ich davon erfahren habe, in ein P-Konto umgewandelt.

Er hat jetzt erst mal das Geld für drei der 17 Einzelforderungen an den Zoll überwiesen. Das war alles, was er in dem einen Jahr seit der neuen Anstellung gespart hat. Wir haben zwar beim Zoll keinen erreicht. Aber vielleicht lassen die besser mit sich reden (über Ratenzahlungen o.ä.), wenn die schon mal was haben.

Ansonsten hat seine Familie ihm finanzielle Hilfe zugesichert. Ich denke also, dass er damit sein Problem erst mal gelöst hat. Obwohl es natürlich nur verlagert wurde. Aber an eine weniger kritische Stelle.

Ich hatte zwar hier auf diesem Wege hier versucht noch Anregungen zu finden, wie man ihm helfen kann weniger bezahlen zu müssen. Doch wusste ich auch, und einige von euch haben es ja auch geschrieben, dass die Kasse im Prinzip im Recht ist. Er hat halt selber den Mist gebaut.

Nun, jetzt wird es sich wohl über die Familie regeln, hoffe ich.

Also vielen Dank für eure Beiträge und schöne Woche noch.

Viele Grüße
Freundin1982