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Beitragsberechnung bei Gründungszuschuss

Verfasst: 15.02.2012, 15:50
von linus
Hallo zusammen,

vielleicht kann mir jemand weiterhelfen bei der Berechnung der Beiträge in der Selbständigkeit bei Bezug von Gründungszuschuss der BA:

Seit 02/2010 bin ich Selbständig und erhielt für 9 Monate einen Gründungszuschuss der BA von €2100,- zzgl. 300,- SV-Pauschale.
Der vorläufige Beitrag wurde daraufhin auf die € 2100,- berechnet, d.h. die niedrigere Beitragsbemessungsgrenze für Bezieher des Gründungszuschusses galt für mich nicht - so weit noch nachvollziehbar.

Nach der nun erfolgten Vorlage des Einkommenssteuerbescheides von 2010 versprach man mir eine rückwirkende Neuberechnung des Beitrags.
Allerdings habe ich im ersten Jahr einen Verlust aus Gewerbebetrieb von etwa € 8400,- ausweisen müssen.

Nun will meine Krankenkasse diesen Verlust nicht mit dem Gründungszuschuss verrechnen, da dies unterschiedliche Einkommensarten seien. Das will mir nicht einleuchten. Beides hat direkt mit meiner Selbständigkeit zu tun - im Gegensatz zu beispielsweise Verlusten aus Vermietung etc..

Gerade die Bezieher von Grünungszuschüssen sollten doch in der Krankenkasse besser gestellt werden durch eine niedrige Beitragsbemessungsgrenze. Ohnen die Angabe des Gründungszuschusses hätte ich sogar geringere Beiträge zahlen müssen als jetzt.

Daher noch mal meine Frage:
Gründungszuschuss und Einkommen aus Gewerbebetrieb (d.h. auch Verlust) sind meiner Meinung nach die selbe Einkommensart und dürften verrechnet werden.

Kann mir da jemand helfen ?

Vielen herzlichen Dank

Verfasst: 15.02.2012, 16:12
von Sportsfreund
Hi Linus,

ich gebe Dir recht. Auch ich kenne es so, dass man den Gründungszuschuss im beitragsrechtlichen Sinne zum Arbeitseinkommen gemäß § 15 Sozialgesetzbuch Vier (SGB IV) zählt.

Und eine Saldierung von verschiedenen Arbeitseinkommen ist möglich.

Ich kann hierzu leider keine Rechtsgrundlage finden. Ist von daher meine persönliche Einschätzung.

Gruß
Sportsfreund

Verfasst: 16.02.2012, 21:24
von heinrich
hier gibt es KEINE Verrechnung/Saldierung.

Ich erkläre es immer so.

Der Gründungszuschuss (früher Existenzgründungszuschuss oder Überbrückungsgeld sind keine Einnahmen AUS selbstständiger Tätigkeit, sondern WEGEN.


Hierzu gibt es auch eine einzige mir bekannte sozialgerichtliche Entscheidung
siehe hier
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... sensitive=

Die entscheidende Passage füge ich jetzt auch ein
"
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts waren die im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2004 festgestellten Verluste aus der Einkunftsart selbständige Tätigkeit nicht beitragsmindernd zu berücksichtigen. Ein vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten findet im Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht statt (BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 19; BSG, Urteil vom 09.08.2006 - B 12 KR 8/06 R). Die beitragspflichtigen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bemessen sich allein nach dem Arbeitseinkommen (§ 15 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)), d.h. dem nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (vgl. BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 27). Das Überbrückungsgeld mag zwar im Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit stehen, zählt aber - was auch der Kläger nicht bezweifelt hat - eindeutig nicht zu den Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit und damit nicht zum Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV. Es handelt sich vielmehr um sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt, so dass eine Saldierung der negativen Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit mit dem Überbrückungsgeld ausscheidet.
"

Verfasst: 17.02.2012, 09:41
von Sportsfreund
Hallo Heinrich,

danke für den Hinweis. Im zitierten Urteil geht es jedoch um "Überbrückungsgeld". Dies kann beim Gründungszuschuss schon wieder anders ausgehen.

Aber um das für mich (und auch Linus) mal auf den Punkt zu bringen:
- nirgends gibt es eine Rechtsgrundlage die besagt, wie der Gründungszuschuss zu bewerten ist
- da er steuerfrei ist erscheint er auch nicht im Steuerbescheid unter einer bestimmten Einkunftsart
- und darüber: ist er nun Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV, kann man sich durchaus streiten und vielleicht auch auf ein Klageverfahren ankommen lassen.
Denn als "Arbeitseinkommen" würde es sich nicht um einen vertikalen Verlustausgleich handeln.

Heinrich, wenn Du eine anderslautende Rechtsgrundlage hast, wonach der Gründungszuschuss explizit nicht zum Arbeitseinkommen zählt, dann her damit.

Gruß
Sportsfreund

Verfasst: 18.02.2012, 14:12
von heinrich
der Gründungsuschuss hat doch das Überbrückungsgeld ersetzt.

Eine noch explizitere Fundstelle kann ich leider nicht bieten.

In der von mir zitierten Gerichtsenscheidung steht neben Überbrückungsgeld auch reichlich oft ("jetzt Gründungszuschuss).

Aber der Fragesteller kann ja gerne vor dem Sozialgericht klagen.

Verfasst: 18.02.2012, 16:23
von zost
Da der gründungszuschuss im steuerbescheid nicht ausgewiesen wird, kann auch kein vertikaler ausgleich vorgenommen werden

Verfasst: 21.03.2012, 13:07
von FreeEagle
Fundstelle: http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/ ... ID=0524000

Kurzum: Laut Sozialgesetzbuch.... §240 SGB V heist es:

2) Die Satzung der Krankenkasse muß mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Der in Absatz 4 Satz 2 genannte Existenzgründungszuschuss darf nicht berücksichtigt werden.


Die Mindesteitragsbemessung lag bei 1916 € für 2010 und 2011. Unabhängig ob Existenzgründer oder nicht.

Die Krankenkasse darf dein Einkommen festlegen wie sie möchte, jedenfalls zwischen den den beiden Beitragsbemessungsgrenzen. Sie hätten auch 3000€ als Bemessungsgrundlage nehmen können. Erst ab Eingang des Steuerbescheides müssen sie Ihre Beiträge nach diesem Berechnen...

Und nun... Bezieher von Existenzgründungszuschuß sind besser gestellt, wäre nicht das Wort "mindestens" in dem Satz verbaut.


(4) Als beitragspflichtige Einnahmen gilt für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste, für freiwillige Mitglieder, die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421l des Dritten Buches haben, der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Für freiwillige Mitglieder, die Schüler einer Fachschule oder Berufsfachschule sind oder regelmäßig als Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung im Umherziehen anbieten (Wandergesellen), gilt § 236 in Verbindung mit § 245 Abs. 1 entsprechend. Satz 1 gilt nicht für freiwillige Mitglieder, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte dieses Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren; § 5 Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend.


Eine Neuberechnung bringt Dir nichts, den zuviel bezahlte Beiträge bekommst du nicht zurück. Die Krankenkasse wird sich auf folgendes Berufen:
Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Steht im oben aufgeführten Gesetz.

Sprich... Du bekommst nix zurück, wenn Du aber Pech hast, darfst Du nachzahlen, da auf dem Beitragsbescheid "Vorläufig" steht.

In meinem Fall war es so, ich habe 1200 Euro Zuschuß bekommen.
Berechnet wurde von der BKK der 40te Teil von 1916 Euro, somit habe ich rund 230 Euro bezahlt.

Dieses Jahr, habe ich bei der AOK nachgefragt, die meinten, es währen wie oben im Gesetz der 60te Teil... also eigentlich 150€ gewesen, wenn ich mich bei Ihnen Versichert hätte.

Berechnet wird das wie Folgt:

1916 Euro/Teil/100*Beutragssatz*30

Als ich bei der BKK nachgefragt habe, wieso ich den 40ten Teil zahlen musste und nicht den 60ten nannte sich das "Ermessensspielraum"
Im Gesetz heist es MINDESTENS

Also... verschieden Krankenkassen, Verschieden Auslegungen des Gesetzes...

Deine Beitragsneuberechnung bringt Dir vielleicht für die Zeit bis zur nächsten Neuberechnung niedrigere Beiträge... solltest Du aber Gewinn machen und die stellen fest, das Du zu wenig bezahlt hast, dann darfst Du nachzahlen.

Das Gesetz ist so schwammig geschrieben mit "Mindestens" vollgespickt, das Du dich nicht darauf Berufen kannst.

Ansonsten geb ich Heinrich recht... Klage vor dem Sozialgericht.
Wenn Du Zeit hast.... daurt ca. 1,5 Jahre bis es zur Verhandlung kommt, denn die Sozialgerichte sind überlastet.