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GKV informiert Arbeitgeber über Kündigung

Verfasst: 02.11.2011, 13:01
von wendtstil
Eine Frage:
Versicherter kündigt bei der GKV.
Nach der Kündigung kommt es zum Streit zwischen dem Versicherten und der GKV. Jedenfalls entscheidet sich der Versicherter, länger in der GKV zu bleiben, um seine Forderung durchzusetzen (damit hatte der Versicherte auch Erfolg).
Dazu macht der Versicherte eben gar nichts, er sucht sich eben keine neue GKV.
Nach Verstreichen der Kündigungsfrist sendet die GKV ein Schreiben an den Arbeitgeber (der von der Kündigung nichts weiss) und sagt, dass die Kündigung nicht wirksam sei und der Versicherte weiterhin in der GKV bleibt.
Der Arbeitgeber zitiert den Arbeitnehmer zu sich und fragt, was da mit der Krankenkasse los ist. Der Arbeitnehmer ist brüskiert.

Meine Frage: Welches Gesetz gestattet die GKV den Arbeitgeber über die Kündigung zu informieren, die letztendlich gar nicht wirksam war?

Das Verfahren ist doch eigentlich ganz eindeutig: Der Versicherte legt die Mitgliedsbescheinigung der neuen GKV innerhalb der Kündigungsfrist seinem Arbeitgeber vor, der Arbeitgeber meldet den Versicherten um, und somit ist der Wechsel vollzogen. Falls was nicht passt, ist die Kündigung eben nicht wirksam, oder?

Verfasst: 02.11.2011, 13:20
von Herby2011
Hallo wendtstil,

die Kasse ist dazu berechtigt, sogar dazu verpflichtet. Wenn dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist keine Mitgliedsbescheinigung der neuen Kasse vorliegt, wird die Mitgliedschaft bei der bisherigen Kasse fortgeführt. Die alte Kasse merkt dass aber erst, wenn die erwartete Abmeldung durch den Arbeitgeber zum Kündigungstermin nicht erfolgt. Bis dahin gilt das Versicherungsverhältnis als gekündigt. Die Kasse hinterfragt dann die ausbleibende Abmeldung und erfährt, dass keine MB einer anderen Kasse vorliegt. Daraufhin teilt sie dem Arbeitgeber mit, dass die Mitgliedschaft bei ihr fortgeführt wird.
Da der Arbeitgeber die meldende Stelle ist, muss sich jeder im klaren darüber sein, dass eine Kündigung immer auch dem Arbeitgeber bekannt wird.
Einfacher wäre es gewesen, Du hättest bei deiner bisherigen Kasse die Kündigung einfach schriftlich widerrufen und ihnen dabei mitgeteilt, dass Du noch keine andere Kasse gewählt hast (also auch keine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Kasse beim Arbeitgeber vorliegen kann). Dann kann die Kasse auf eine neue Mitgliedsbescheinigung bezüglich der Fortführung der Mitgliedschaft verzichten.

Das ist jetzt wohl dumm gelaufen, aber in der Praxis völlig gängig.

Gruß
Herby

Verfasst: 02.11.2011, 13:35
von wendtstil
die Kasse ist dazu berechtigt, sogar dazu verpflichtet. [..] Die Kasse hinterfragt dann die ausbleibende Abmeldung und erfährt, dass keine MB einer anderen Kasse vorliegt. Daraufhin teilt sie dem Arbeitgeber mit, dass die Mitgliedschaft bei ihr fortgeführt wird.
Wo steht das? Bzw. wo steht diese unnötige/komplizierte Verfahrensweise?
Wenn ich logisch denke, dann kann doch die GKV erst von einem Ende der Mitgliedschaft ausgehen, wenn Diese die Abmeldung vom Arbeitgeber bekommt.

Mein Problem ist einfach das Thema Datenschutz. Dass die GKV den Arbeitgeber (der zur Meldung verpflichtete Stelle) über die Kündigung informieren darf/muss, dazu muss es doch eine gesetzliche Legimitation geben, oder nicht?
Bis dahin gilt das Versicherungsverhältnis als gekündigt.
Auch das verstehe ich nicht. Es existiert doch das Nahtlosigkeitprinzip, d.h. solange nicht feststeht, dass eine neue GKV zuständig ist, solange hat die alte Kasse anzunehmen, dass der Versichterte weiterhin dort Mitglied ist.

Was passiert denn:
Kündigung zum 31.09.2011 (Versicherte sucht sich bis dahin keine neue GKV)
Am 01.10.2011 steht der Versicherte im Service-Center der alten Kasse und verlangt eine neue Versichertenkarte bzw. Versicherungsformular, um anschließend zum Arzt zu gehen.

Ich hätte jetzt einfach mal gedacht, dass im Zweifelsfall die alte Kasse weiterhin zuständig ist bzw. die alte Kasse nachweisen muss, dass eine neue Kasse zuständig ist. Solange die alte Kasse das nicht kann, ist Sie zu Leistungen verpflichtet.

Verfasst: 02.11.2011, 14:59
von Herby2011
Hallo wendtstil,

ich muss mich etwas anders ausdrücken: Das Versicherungsverhältnis gilt für die bisherige Kasse als gekündigt. Sie hat eine Kündigung vorliegen zum Datum XY, hat diese bestätigt und muss jetzt davon ausgehen, dass der Kunde ab dann von einer anderen Kasse betreut wird. Gesetzlich gesehen gilt die Kündigung solange als "schwebend unwirksam", bis nachgewiesen ist, dass dem Arbeitgeber eine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Kasse vorliegt. Von daher müssen/ sollen die Kassen dies auch nachprüfen.

Kommt der Kunde, wie in Deinem Beispiel genannt, nach dem Kündigungstermin zu seiner alten Kasse und erklärt dort, dass er keine neue Kasse gewählt hat und jetzt dieses oder jenes benötigt, ist das kein Problem. Dann wird die Kündigung als unwirksam angesehen, dann ist auch keine Prüfung beim oder Info an den Arbeitgeber notwendig.
Wie ich in meinem Beispiel angemerkt habe, wäre dass auch nicht passiert, wenn Du deine Kasse entsprechend informiert hättest (keine neue Kasse gewählt, Mitgliedschaft soll weiterlaufen).
Wobei die Info "keine neue Kasse gewählt" hier der entscheidende Bestandteil ist. Wenn Du keinen Mitgliedschaftsantrag bei einer anderen Kasse gestellt hast, braucht der Arbeitgeber nicht über die Fortsetzung der Mitgliedschaft informiert werden.
Ist der Kasse das jedoch nicht bekannt, sondern sie hat nur die Information, dass bis zum Kündigungsdatum bei dem Arbeitgeber keine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Kasse vorliegt, dann muss und wird sie den Arbeitgeber über den Fortbestand der Mitgliedschaft informieren (und damit zwischen den Zeilen natürlich auch über die Kündigung).

Hintergrund: Jemand kündigt, wählt eine neue Kasse. Die neue Kasse versäumt es jedoch, rechtzeitig eine Mitgliedsbescheinigung an den Arbeitgeber zu senden. Die bisherige Kasse prüft das nach, erfährt, dass keine Mitgliedsbescheinigung vorliegt und sichert das Fortbestehen der Mitgliedschaft über eine eigene, neue Mitgliedsbescheinigung ab. Aus der geht hervor, dass die Mitgliedschaft "über den xyz hinaus bestehen bleibt". Sollte jetzt doch noch verspätet eine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Kasse beim Arbeitgeber ankommen, weiss dieser bescheid und meldet den Kunden nicht um. Dadurch kann sich der Arbeitgeber aber natürlich zusammenreimen, dass die Versicherung gekündigt wurde.

Gesetzliche Hintergründe: §175 SGB V und RdSchr. 08 d Titel 5.5.3 Absätze 6 und 8

Gruß
Herby

Verfasst: 02.11.2011, 16:03
von wendtstil
Danke für die ausführliche Erklärung vom Kündigungsprozedere.
Letztendlich ist meine Frage nicht beantwortet.
RdSchr. 08 d Titel 5.5.3 Absätze 6 und 8
Wir reden wohl über das Rundschreiben vom 30.06.2008? Hier kann ich bei Punkt 5.5.3. keinen Hinweis sehen, dass die alte Kasse den Arbeitgeber über die fehlgeschlagene Kündigung informieren darf/muss. Aber dazu später mehr!

Hintergrund: Jemand kündigt, wählt eine neue Kasse. Die neue Kasse versäumt es jedoch, rechtzeitig eine Mitgliedsbescheinigung an den Arbeitgeber zu senden. Die bisherige Kasse prüft das nach, erfährt, dass keine Mitgliedsbescheinigung vorliegt und sichert das Fortbestehen der Mitgliedschaft über eine eigene, neue Mitgliedsbescheinigung ab. Aus der geht hervor, dass die Mitgliedschaft "über den xyz hinaus bestehen bleibt". Sollte jetzt doch noch verspätet eine Mitgliedsbescheinigung einer anderen Kasse beim Arbeitgeber ankommen, weiss dieser bescheid und meldet den Kunden nicht um. Dadurch kann sich der Arbeitgeber aber natürlich zusammenreimen, dass die Versicherung gekündigt wurde.
Das Prozedere begründet doch aber immer noch nicht, dass die alte Kasse den Arbeitgeber über die fehlgeschlagene Kündigung informieren muss.
Wo ist mein Denkfehler?

1. Meine Lochbuchhaltung ist doch nicht auf den Kopf gefallen. Nehmen wir an, am 07.11.2011 kommt beim Arbeitgeber eine Mitgliedsbescheinigung einer neuen Kasse an, wo steht, dass der Arbeitnehmer ab dem 01.11.2011 Mitglied bei der neuen Kasse sei.
Die Lohnbuchhaltung kennt die Gesetzeslage und weiss, dass die Mitgliedsbescheinigung zu spät eingetroffen ist und der Arbeitnehmer weiterhin bei alten Kasse versichert ist. Die Lohnbuchhaltung macht gar nichts und lässt die Anmeldung zur Sozialversicherung bei der alten Kasse bestehen.

So ist die Rechtslage.
Warum muss denn jetzt die alte Kasse hier noch nachbohren?

Zu meinen Fall: Da keine neue Kasse gewählt wurde, würde bei mir dieser Fall ja nie eintreten.
Der Arbeitgeber würde REIN GAR NIX von der Kündigung mitbekommen.
RdSchr. 08 d Titel 5.5.3 Absätze 6 und 8
Dort steht bei Absatz 8:
Die ausgesprochene Kündigung ist damit zunächst schwebend unwirksam mit der Folge, dass immer dann, wenn dem Arbeitgeber bis zum Ende der Kündigungsfrist keine Mitgliedsbescheinigung
einer neu gewählten Krankenkasse oder kein Nachweis über das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall vorgelegt wird, die Kündigung keine Bestandskraft hat. Die Mitgliedschaft
wird in diesen Fällen bei der bisherigen Krankenkasse fortgesetzt. Ein Krankenkassenwechsel wäre erst wieder nach der Abgabe einer erneuten Kündigung im zeitlichen Rahmen des § 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V möglich. Das heißt, die Krankenkassen müssen bei Kündigungen den Eingang der von den Arbeitgebern abzugebenden Abmeldungen überwachen. Ohne die fristgerechte Vorlage einer neuen Mitgliedsbescheinigung oder eines Nachweises über das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall ist eine Abmeldung durch den Arbeitgeber unzulässig.
Die Versicherten, die ihre Mitgliedschaft kündigen, sind hierauf hinzuweisen.
Auch hier steht nichts dazu, dass die alte Kasse dem Arbeitgeber irgendwas übermitteln muss/darf.
Hier steht stattdessen, dass der Arbeitgeber selbst dafür Sorge zu tragen hat, dass nur abgemeldet wird, wenn die Mitgliedsbescheinigung vor Ende der Kündigungsfrist bei ihm eingegangen ist.
Der einzige Grund, der mir einfällt, ist, dass die alte Kasse denkt, der Arbeitgeber kennt die gesetzlichen Regeln nicht und weist den Arbeitgeber darauf hin, keine Abmeldung zu unternehmen. Das ist ja schön und gut. Nur sehe ich für diesen Hinweis weder eine gesetzliche Grundlage, noch einen Hinweis in den Rundschreiben. Solange es keine Legitimation gibt, ist die Meldung der Kasse an den Arbeitgeber über die Kündigung rechtswidrig.

Wo ist mein Denkfehler?

Es geht hierbei um das Thema Datenschutz!

Verfasst: 02.11.2011, 18:59
von Herby2011
Hallo wendtstil,

Dein Denkfehler besteht darin, dass Du nur auf die gesetzlichen Vorschriften schaust und dabei die Praxis vernachlässigst. Die Vorschriften geben einen Rahmen vor, der über Arbeitsabläufe in der Praxis umgesetzt werden muss. Und die Praxis zeigt 2 immer wiederkehrende Fälle.

Den ersten habe ich schon beschrieben: Die Mitgliedbescheinigung der neuen Kasse kommt zu spät. Du hast recht, der Arbeitgeber müsste wissen, dass er nicht mehr ummelden dürfte. Viele wissen es aber nicht! Kommt so ein Fall durch eine Prüfung ans Tageslicht, muss eine rückwirkende Ummeldung inklusive Beitragsumbuchung erfolgen. Die Kassen müssen die bis dahin erbrachten Leistungen untereinander abrechnen etc. etc. Um das von vornherein zu unterbinden, sieht es die Kasse als Aufgabe an, den Arbeitgeber über das Fortbestehen der Mitgliedschaft zu unterrichten, und das geht eben über eine Mitgliedsbescheinigung. Darin steht übrigens auch nicht: Der Versicherte hat gekündigt. Sondern nur, dass die Versicherung über den xyz hinaus besteht. Aber klar: Der Arbeitgeber kann sich dadurch zusammenreimen, dass eine Kündigung vorgelegen hat.

Der zweite Fall kommt in der Praxis noch häufiger vor: Kasse gekündigt, andere Kasse gewählt. Doch entschieden, bei der ursprünglichen Kasse zu bleiben und daher die Kündigungsbestätigung nicht an die neue Kasse weitergeleitet. Laut Gesetzt: Alles paletti. In der Praxis: Die neue Kasse hatte schon nach dem Antragseingang (widerrechtlich) eine Mitgliedsbescheinigung an den Arbeitgeber versandt. Was passiert jetzt wohl? Der Arbeitgeber kennt die ganzen Hintergründe nicht und meldet den Kunden zur neuen Kasse um.

Auch hier sichern sich die Kassen ab, indem sie in unklaren Fällen eine neue Mitgliedsbescheinigung an den Arbeitgeber versenden, wenn der Kunde ihnen rechtzeitig mitgeteilt hat, dass er dort versichert bleiben möchte aber bereits einen Antrag bei einer neuen Kasse gestellt hat.

Der Arbeitgeber ist bei Meldungen nunmal der direkte Partner der Kassen. Und wenn ich etwas unternehme, was zu Ummeldungen führen kann oder könnte, ist immer auch der Arbeitgeber involviert. Das hat nichts mit einer Verletzung des Datenschutzes zu tun.

Und um noch einmal auf Deinen konkreten Fall zurückzukommen: Du hast schriftlich bei Deiner Kasse gekündigt und hast schriftlich eine Kündigungsbestätigung bekommen. Warum hast Du dann nicht einfach Deine Kasse schriftlich oder zumindest mündlich informiert, dass Du die Kündigung vorerst zurücknimmst und noch keine neue Kasse gewählt hast? Dann wäre alles paletti gewesen. Daraus jetzt ein Fehlverhalten Deiner Kasse ableiten zu wollen, ist schlichtweg falsch. Du hast dich nicht gekümmert, Deine Kasse schon.

Gruß
Herby