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rückwirkende Beendigung einer Familienversicherung

Verfasst: 18.10.2011, 23:33
von Rossi
Na wunderbar, Marcel2611 hat die um Hilfe gebeten. Es wurde die Familienversicherung rückwirkend beendet. Eine kontroverse Diskussion wurde hier auslgelöst. Die Meinungen gingen hier auseinander.

Marcel hat es dennoch geschafft, die Familienversicherung wurde nicht - wie sont - rückwirkend aufgehoben.

Nun auf einmal ist der Thread geschlossen!

Ich bleibe nach wie vor dabei; die Verfahrensvorschriften, die bei einer rückwirkenden Beendigung einer Familienversicherung einzuhalten sind, führen "teilweise" ein Schattendasein in der Paxis.

Es werden dort noch viele Fehler gemacht, bzw. wird es von der aktuellen Rechtsprechung nicht mehr geteilt.

Hier mal ein weiteres Beispiel zur den Verfahrensvorschriften, die einzuhalten sind und der gegenteiligen Denkweise "einiger" Kassen.


https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... &sensitive

Zitat:

Auch im Berufungsverfahren hat es die Beklagte nicht für erforderlich gehalten, ihre Begründung zu ergänzen und schlicht auf die - ungenügenden - Ausführung ihres erstinstanzlichen Sitzungsvertreters verwiesen. Auch in der mündlichen Verhandlung war sie zu einer entsprechenden Ergänzung nicht in der Lage. Auch die Bezugnahme auf die ebenso dürftigen wie unzulänglichen Ausführungen des Sozialgerichts, das sie sich zur Ermessensbetätigung überhaupt nicht geäußert hat, bedeutet keine Nachholung der erforderlichen Begründung. Es kann somit dahinstehen, ob überhaupt nach § 41 Abs. 2 SGB X eine unterbliebender Ermessensentscheidung durch Mitteilung von Ermessenserwägungen geheilt werden kann (verneinend Wiesner, a.a.O. § 41 Rdnr. 6; KassKom Steinwedel, § 41 SGB X Rdnr. 25; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2007 - L 2 O 46/03 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2007 - L 10 R 5254/05 -).


Der Bescheid vom 06.07.2005 ist daher schon wegen der unzureichenden Begründung und vor allem wegen der fehlenden Ermessensausübung aufzuheben. Da es sich bei dem Bescheid vom 15.06.2005 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist die zweijährige Frist für eine Rücknahme nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X abgelaufen. Für das Vorliegen der Voraussetzung des Satz 2 oder des Satz 3 ist nichts ersichtlich. Aufgrund des Bescheides vom 15.06.2005 ist somit die Beklagte verpflichtet, die Familienversicherung ab dem 01.09.2005 durchzuführen. Ob sie wegen der vom Kläger vorläufig weiter gezahlten privaten Krankenversicherungsbeiträge diesem wegen ihrer rechtswidrigen Ablehnung der Durchführung der Familienversicherung unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zum Schadensersatz verpflichtet ist, ist hier nicht zu entscheiden.


Obwohl die Voraussetzungen für die Familienversicherung nicht vorgelegen haben, musste die Kasse dennoch die Familienversicherung durchführen (ohne materielle Anspruchsgrundlage). Es kam nur einzig und allein auf die Verfahrensvorschriften an. Holla!

Da die Kasse auch noch die Fristen für die formelle Aufhebung verschlafen hatte - sie fühlte sich ziemlich sicher - verblieb der Kunde bis auf weiters - ohne rechtliche Grundlage - kostenlos in der Solidargemeinschaft.

Nur soviel zum Thema, Verfahrensvorschriften!!!

Verfasst: 19.10.2011, 15:08
von GerneKrankenVersichert
Es gibt Fälle, in denen von Kassen die Verfahrensvorschriften nicht eingehalten werden.

Es gibt Fälle, in denen von Jobcentern die Verfahrensvorschriften nicht eingehalten werden.

Ich denke, darüber sind wir uns hier alle einig.

Daraus aber jetzt zu konstruieren, die vor sechs Jahren und heute wieder involvierte Kasse würde grundsätzlich die Verfahrensvorschriften nicht beachten und hätte aus diesem Grund einen Rückzieher gemacht, halte ich für ziemlich abwegig. Ich denke, du würdest genauso reagieren, wenn ich jetzt ein 6 Jahre altes Urteil rauskramen würde, bei dem es um Verfahrensfehler der ArGe ging und daraus ableiten wollte, dass die ArGen immer so verfahren.

Mir ist bis jetzt kein höchstrichterliches Urteil bekannt, das

1. die Rechtssprechung des BSG, dass der Versand eines Begrüßungsschreiben oder der Versand einer Versichertenkarte einen Verwaltungsakt darstellt, aufhebt (im zitierten Urteil ging es um einen Fall, in dem tatsächlich eine Bescheinigung über die Familienversicherung ausgestellt wurde) und

2. die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung generell nicht zulässt (im zitierten Urteil ging es um einen ganz anderen Fall als den von Marcel)

Deshalb kann jetzt sowohl deine als auch meine Vermutung zu der Entscheidung der Kasse geführt haben, das werden wir hier jedoch nicht klären können. Von daher finde ich es absolut in Ordnung, dass der Thread nach dem für Marcel glücklichen Ausgang (mit der Zustellung der Bescheinigung über die Familienversicherung ist er ja auf der sicheren Seite) geschlossen wurde und verstehe ehrlich gesagt nicht, warum du einen neuen eröffnest.

Verfasst: 19.10.2011, 20:10
von Rossi
Eben, darum geht es:

Zitat:
1. die Rechtssprechung des BSG, dass der Versand eines Begrüßungsschreiben oder der Versand einer Versichertenkarte einen Verwaltungsakt darstellt, aufhebt (im zitierten Urteil ging es um einen Fall, in dem tatsächlich eine Bescheinigung über die Familienversicherung ausgestellt wurde)


Diese Rechtsprechung kommt aus dem Bereich der Versicherungspflichtigen und nicht aus dem Bereich der Familienversicherten, wenn ich mich nicht täusche.

Denn bei den Versicherungspflichtigen erhält die Kasse in der Regel durch Dritte eine elektronische Meldung und über Nacht wird das Begrüßungsschreiben versandt.

Hier hat die Kasse also noch nicht geprüft und handelt sich im Bereich der Massenverwaltung nicht um einen Verwaltungsakt.

Bei der Familienversicherung ist es jedoch ganz anders.

Denn die Familienversicherung ist im Rahmen eines Meldeverfahrens der Kasse zu melden. Danach hat die Kasse sowohl im Rahmen des Meldeverfahrens als auch nach § 289 SGB V die Familienversicherung festzustellen.

Wenn die Kasse dann die Angaben des Meldebogens geprüft hat und dann dem Versicherten das Begrüßungsschreiben und die Versichertenkarte übersendet, ist dies für mich schon ein Verwaltungsakt. Sie hat geprüft und entschieden.

Zitat

LSG Nordrhein-Westfalen, 31.10.2007, L 11 KR 92/06

Zwar mag in der Übersendung sogenannter Begrüßungsschreiben oder der Aushändigung der Krankenversicherungskarte noch nicht inkludent eine Entscheidung über das Versicherungsverhältnis zu sehen sein (vgl. zu Begrüßungsschreiben BSG SozR 3-3300 § 306 Nr. 2; SozR 3-2500 § 9 Nr. 3; anders aber LSG NRW, Urteil vom 18.01.2007 - L 16 KR 227/06). Das BSG hat in den genannten Entscheidungen den Verwaltungscharakter solcher Begrüßungsschreiben im Wesentlichen mit der Begründung verneint, es fehle an der Regelung der Versicherungspflicht, da häufig vor Eintritt der Versicherungspflicht die Mitgliedschaft beantragt und diese in der Regel daraufhin bestätigt werde, ohne den Zeitpunkt des Eintritts in die Beschäftigung abzuwarten oder gar zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Versicherungspflicht tatsächlich erfüllt worden seien. Sehe man in derartigen Bestätigungen der Mitgliedschaft einen Verwaltungsakt über das Vorliegen der Versicherungspflicht, wären die Krankenkassen erst nach verwaltungsaufwendigen länger dauernden Verfahren zur Bestätigung einer beantragten Mitgliedschaft in der Lage. Solches werde den Anforderungen an eine Massenverwaltung nicht gerecht. Im vorliegenden Fall hat dagegen die Beklagte den Bescheid erst nach individueller Prüfung des Falles erteilt. Wie oben dargelegt ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass sie vom Bestehen einer Familienversicherung ab dem 01.09.2005 ausging, die sie auch nicht von der Höhe der Rente abhängig gemacht hat, denn ihr war bekannt, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt Arbeitslosengeld II bezog und erst ab dem 01.09.2005 Rente beziehen würde.


Wenn ich also einen Antrag stelle bzw. ich reiche den Familienmeldebogen ein und darauf hin stellt die Kasse gem. § 289 SGB V die Voraussetzungen für die Familienversicherung fest und übersendet dann das Begrüßungsschreiben, weiss ich ehrlich gesagt nicht, warum dies kein Verwaltungsakt ist.

Völlig klar, nicht zu verwechseln mit einer eletronischen Meldung und der übernacht verschickten Versichertenkarte. Hier hat die Kasse vermeintlich erst einmal nix geprüft.

Und natürlich werden bei Jobcentern bzw. bei den SGB XII-Trägern auch Fehler gemacht. Sogar jede Menge!

Verfasst: 19.10.2011, 20:54
von GerneKrankenVersichert
Rossi hat geschrieben: Diese Rechtsprechung kommt aus dem Bereich der Versicherungspflichtigen und nicht aus dem Bereich der Familienversicherten, wenn ich mich nicht täusche.
Seit dem 01.01.1989 gibt es die Familienversicherung statt der Familienhilfe, d. h., es fand eine Verlagerung vom Leistungs- in den Beitragsbereich statt. Und genauso argumentiert das BSG im letzten mir bekannten Urteil vom 7.12.2000 – B 10 KR 3/99 R – (USK 2000-64):
BSG hat geschrieben: 29 ´
(a) Bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht - und um eine derartige Entscheidung handelt es sich bei der Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung - ist grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtungsweise angezeigt (Peters in: Kasseler Komm, § 10 SGB V RdNr 19; Stand: 2000): Der Betreffende muß beim Entfallen der Familienversicherung für eine anderweitige Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit zuverlässig wissen, wie und wo er versichert ist. Dies erfordert eine Prognose unter Einbeziehung der mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Veränderungen. Das hierbei gewonnene Ergebnis bleibt dann auch verbindlich, wenn die Entwicklung später anders verläuft als angenommen (noch zu § 205 RVO: BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41 S 102 f mwN). Die Änderung kann jedoch Anlaß für eine neue Prüfung und - wiederum vorausschauende - Beurteilung sein (Peters aaO § 6 SGB V RdNr 11, Stand: 2000).
30


Dies gilt auch für rückwirkende Entscheidungen (vgl BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41, sowie vom 26. Oktober 1982, SozR aaO Nr 52; hier ergibt sich jeweils aus den vollständigen Gründen [insoweit in SozR nicht abgedruckt], daß rückwirkende Feststellungen streitig waren): Auch dann bestand - rückblickend - nur für solche Zeiträume keine Familienversicherung, zu deren Beginn - ggf anhand der durchschnittlichen Verhältnisse der vergangenen Zeit - bereits absehbar war, daß die insoweit geltenden Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt würden. Beruhten zB die Kapitaleinkünfte der Klägerin im Jahre 1993 (in Höhe von ca DM 6. 700, -) auf einem bereits im Dezember 1992 vorhandenen und festverzinslich zu 6, 7 % angelegten Kapital von ca DM 100. 000, -, so bestand - auch rückblickend - während des gesamten Jahres 1993 keine Familienversicherung. Anders hingegen, wenn die gesamten Kapitaleinkünfte dadurch erzielt wurden, daß das zum genannten Zinssatz angelegte Kapital zunächst nur DM 50. 000, - betrug und erst zum 1. Juli 1993 (etwa durch eine Erbschaft) auf DM 150. 000, - anwuchs: Dann dürfte eine Familienversicherung erst in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr bestanden haben. Die entsprechenden Verhältnisse im Fall der Klägerin wird das LSG noch aufzuklären haben.
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(b) Soweit jedoch - nach den obigen Maßstäben - materiell-rechtlich keine Familienversicherung bestand, war die Beklagte nicht gehindert, dies auch rückwirkend durch den angefochtenen Bescheid des Jahres 1997 festzustellen.
32


Ein Verwaltungsakt der Beklagten über das Bestehen der Familienversicherung ist nicht ergangen. Die Klägerin hat sich auf eine entsprechende ausdrückliche Entscheidung der Beklagten nicht berufen. Auch das LSG hat insoweit lediglich offengelassen, "ob in dem Aktenvermerk der Beklagten im Anhörungsschreiben vom 23. Mai 1989 über den Beginn der Familienversicherung der Klägerin ein Verwaltungsakt zu sehen" sei. Die hierdurch aufgeworfene Frage ist jedoch zu verneinen. Das Berufungsurteil nimmt zur Ergänzung des Tatbestands ua auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug. Hiernach aber wurde jener Vermerk - unter dem Datum vom 2. Juni 1989 - auf dem Schreiben angebracht, nachdem es - von der Klägerin am 23. Mai 1989 ausgefüllt - am 24. Mai 1989 wieder bei der Beklagten eingegangen war; im Vermerk ist ferner bei der vorgedruckten Wendung "Bescheid erteilt" das hierfür vorgesehene Kästchen nicht angekreuzt. Dies läßt nur den Schluß zu, daß es sich um einen rein internen Vermerk gehandelt hat, der weder der Klägerin noch ihrem Ehemann (als Stammversicherten) bekanntgegeben wurde. Ohne Bekanntgabe (§ 37 SGB X) aber ist ein Verwaltungsakt nicht existent (vgl § 39 Abs 1 SGB X).
33


Liegt jedoch ein entgegenstehender Verwaltungsakt nicht vor, ist die Krankenkasse nicht gehindert, rückwirkend festzustellen, daß ab einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt eine Familienversicherung nicht bestanden hat. Der Senat schließt sich insoweit der bisherigen Rechtsprechung des BSG an.
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Der 12. Senat des BSG hat - ebenso wie bereits mehrfach der zuvor insoweit zuständige 3. Senat hinsichtlich der Familienhilfe nach § 205 RVO (s zB die Urteile vom 29. Januar 1980, SozR 2200 § 205 Nr 33; vom 4. Juni 1981, SozR aaO Nr 41; vom 28. Oktober 1981, SozR aaO Nr 45; vom 26. Oktober 1982, SozR aaO Nr 52 und vom 6. August 1987, BSGE 62, 90 = SozR aaO Nr 63) - Bescheide über die rückwirkende Feststellung, daß keine Familienversicherung nach § 10 SGB V mehr bestanden habe, nicht beanstandet (BSG vom 3. Februar 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 4; vom 30. August 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 6) und dies damit begründet, daß kein anderweitiger bindender Verwaltungsakt entgegenstehe (insbes Urteil vom 30. August 1994, aaO S 20 unten).
35


Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des 12. Senats auch insoweit an, als dieser - konkludent - im Aushändigen von Krankenscheinen oder der Krankenversichertenkarte (§§ 15, 291 SGB V) keinen Verwaltungsakt über das Versicherungsverhältnis sieht (sonst hätte in den genannten Fällen im Zweifel ein Verwaltungsakt über die Familienversicherung vorgelegen oder zumindest vorliegen können).

36


Dieser Lösung stehen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder der Besonderheiten der Statusentscheidungen im Versicherungsverhältnis (s hierzu oben unter a) nicht entgegen.

Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß sich die Problematik einer (entsprechenden) Anwendung der §§ 45, 48 SGB X bei der Rückabwicklung einer fehlerhaften Familienversicherung dann nicht mehr - oder nicht mehr in vollem Ausmaß - stellen dürfte, wenn die Krankenkassen in Fällen wie dem vorliegenden verpflichtet wären, den Betroffenen die rückwirkende Begründung einer freiwilligen Krankenversicherung anzubieten (wie es die Beklagte im angefochtenen Bescheid getan hat und worauf die Klägerin nach dem Akteninhalt auch - vorbehaltlich des Ausgangs des vorliegenden Rechtsstreits - eingegangen ist). Damit könnten etwaige Bedenken entkräftet werden, es komme bei rückwirkender Entziehung der Familienversicherung zu unzumutbaren Auswirkungen auf den Betroffenen.
jedoch bereits zu dem, in der Vergangenheit liegenden, Zeitpunkt des Beginns der Rückwirkung. Denn ein Anlaß für die Ausübung jenes Gestaltungsrechts besteht erst mit der Entscheidung der Krankenkasse über die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung (vgl zu einer entsprechenden Fallkonstellation Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 22/99 R mwN). Bei Erlaß eines die Versicherung - auch rückwirkend - beendenden Verwaltungsakts obläge es dann auch der Krankenkasse, den Betroffenen auf die erläuterte Möglichkeit hinzuweisen; anderenfalls stünde dem Betroffenen uU der sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Seite.

42

Mit der vorliegenden Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des früher für die Krankenversicherung der Landwirte zuständigen 4. Senats des BSG vom 16. November 1995 (BSGE 77, 86 = SozR 3-5405 Art 59 Nr 1). Dieser Entscheidung läßt sich kein Rechtssatz entnehmen, daß eine rückwirkende Entziehung der Familienversicherung generell - auch zB bei falschen Angaben des Versicherten - nicht möglich sei. Vielmehr legte der 4. Senat (BSGE aaO 90 ff) die von ihm geprüfte Übergangsregelung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) dahingehend aus, daß dem durch den Wegfall der Familienhilfe der RVO betroffenen Personenkreis ein risikoloses Wahlrecht zwischen dem Abschluß eines privaten Krankenversicherungsvertrages und dem freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung zustehen sollte. Die Gesetzesänderung könne mithin Rechtswirkungen erst für die Zukunft, mit Bekanntgabe des sie umsetzenden Verwaltungsakts, entfalten. Eine derartige Änderung der Rechtslage könne nicht im Wege eines Selbstvollzugs des Gesetzes umgesetzt werden. Mit jener Fallgestaltung läßt sich die vorliegende nicht vergleichen.
Rossi hat geschrieben: Denn bei den Versicherungspflichtigen erhält die Kasse in der Regel durch Dritte eine elektronische Meldung und über Nacht wird das Begrüßungsschreiben versandt.
Ich weiß nicht, wie das bei anderen Kassen so ist. Bei uns wird definitiv nicht automatisch eine Mitgliedschaft generiert, da muss schon ein Mensch eingreifen.
Rossi hat geschrieben: Denn die Familienversicherung ist im Rahmen eines Meldeverfahrens der Kasse zu melden. Danach hat die Kasse sowohl im Rahmen des Meldeverfahrens als auch nach § 289 SGB V die Familienversicherung festzustellen.

Wenn die Kasse dann die Angaben des Meldebogens geprüft hat und dann dem Versicherten das Begrüßungsschreiben und die Versichertenkarte übersendet, ist dies für mich schon ein Verwaltungsakt. Sie hat geprüft und entschieden.
Ich hoffe, du verzeihst mir, dass mich in dem Fall auf das BSG und nicht auf den Rossi berufe. Laut BSG ist es eben kein Verwaltungsakt, wenn die Karte verschickt wird. Eine zusätzliche Bescheinigung, wie in dem von dir zitierten Fall, ist ein Verwaltungsakt.

Und genauso argumentiert doch das LSG:
Rossi hat geschrieben: LSG Nordrhein-Westfalen, 31.10.2007, L 11 KR 92/06

Zwar mag in der Übersendung sogenannter Begrüßungsschreiben oder der Aushändigung der Krankenversicherungskarte noch nicht inkludent eine Entscheidung über das Versicherungsverhältnis zu sehen sein (vgl. zu Begrüßungsschreiben BSG SozR 3-3300 § 306 Nr. 2; SozR 3-2500 § 9 Nr. 3; anders aber LSG NRW, Urteil vom 18.01.2007 - L 16 KR 227/06). Das BSG hat in den genannten Entscheidungen den Verwaltungscharakter solcher Begrüßungsschreiben im Wesentlichen mit der Begründung verneint, es fehle an der Regelung der Versicherungspflicht, da häufig vor Eintritt der Versicherungspflicht die Mitgliedschaft beantragt und diese in der Regel daraufhin bestätigt werde, ohne den Zeitpunkt des Eintritts in die Beschäftigung abzuwarten oder gar zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Versicherungspflicht tatsächlich erfüllt worden seien. Sehe man in derartigen Bestätigungen der Mitgliedschaft einen Verwaltungsakt über das Vorliegen der Versicherungspflicht, wären die Krankenkassen erst nach verwaltungsaufwendigen länger dauernden Verfahren zur Bestätigung einer beantragten Mitgliedschaft in der Lage. Solches werde den Anforderungen an eine Massenverwaltung nicht gerecht. Im vorliegenden Fall hat dagegen die Beklagte den Bescheid erst nach individueller Prüfung des Falles erteilt. Wie oben dargelegt ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass sie vom Bestehen einer Familienversicherung ab dem 01.09.2005 ausging, die sie auch nicht von der Höhe der Rente abhängig gemacht hat, denn ihr war bekannt, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt Arbeitslosengeld II bezog und erst ab dem 01.09.2005 Rente beziehen würde.
Wenn du eine abweichende BSG-Entscheidung hast, nur her damit. Mir ist keine bekannt.

Verfasst: 19.10.2011, 21:45
von Rossi
Okay, GerneKrankenVersichert!

Zunächst möchte ich mich bei Dir bedanken, dass es uns beiden doch offensichtlich gelingt auf einer sachlichen Ebene zu diskutieren.

Von daher bringen Bellaktionen natürlich nichts.

Die Gretchenfrage ist für mich, mit welchen Texten die Kassen die Versichertenkarten verschicken. Werden die Versichertenkarten für die Familienangehörigen etwa kommentarlos verschickt? Was steht dort geau drinne? Wenn Du mich fragst, dann kommt es auf die Formulierung in diesem Schreiben an.

So und nicht anders verstehe ich die von mir zitierte Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen. Es kommt entscheidend darauf an, wie der Empfänger dies werten muss.

Du stellst eine Entscheidung des BSG vom 07.12.2000 ein.

Okay, hier hält das BSG nachfolgendes fest:

Zitat:
Hiernach aber wurde jener Vermerk - unter dem Datum vom 2. Juni 1989 - auf dem Schreiben angebracht, nachdem es - von der Klägerin am 23. Mai 1989 ausgefüllt - am 24. Mai 1989 wieder bei der Beklagten eingegangen war; im Vermerk ist ferner bei der vorgedruckten Wendung "Bescheid erteilt" das hierfür vorgesehene Kästchen nicht angekreuzt. Dies läßt nur den Schluß zu, daß es sich um einen rein internen Vermerk gehandelt hat, der weder der Klägerin noch ihrem Ehemann (als Stammversicherten) bekanntgegeben wurde. Ohne Bekanntgabe (§ 37 SGB X) aber ist ein Verwaltungsakt nicht existent (vgl § 39 Abs 1 SGB X).

Okay, dann möchte ich mal sehen, ob dieses Kästchen in den Verwaltungsakten der Kassen teilweise angekreuzt oder nicht angekreuzt ist.

Könnte es sein, dass dies total unterschiedlich sein wird?

Dann verweist die BSG-Entscheidung noch auf eine andere BSG-Entscheidung vom 16.11.1995 hin.

Hier hatte man allerdings die Versichertenkarte ganz offensichtlich mit nachfolgendem Hinweis versandt:

"Heute nun können wir Ihnen mitteilen, daß Ihre Ehefrau weiterhin bei Ihnen mitversichert ist und weiterhin Leistungen zu Lasten unserer Krankenkasse beanspruchen kann."


Und genau diesen Passus hat das BSG als Verwaltungsakt angesehen. Die rückwirkende Aufhebung der Familienversicherung ging hier nur nach den §§ 45 oder 48 SGB X.

Sorry, wie teilt Ihr denn den Versicherten die Familienversicherung mit, bzw. übersendet die Versichertenkarten?