Streit um Einführung der eGK geht weiter
Verfasst: 19.11.2010, 01:13
Der Streit um die Einführung der eGK geht weiter...
( siehe vorheriger Thread: Rösler droht mit hohen Strafen )
...und anscheinend weiter, als wir zunächst geahnt haben
( siehe vorheriger Thread: Rösler droht mit hohen Strafen )
...und anscheinend weiter, als wir zunächst geahnt haben
Na, da werden die Versicherten über die neue Karte ja richtig begeistert sein^^ Allmählich wird einem die Sache wirklich unheimlich... Schade, dass die Umfragewerte wohl erst im Januar (hoffentlich richtig) weiter in den Keller gehen, denn dann ist es leider zu späthaufe.de - 18.11.2010 - hat geschrieben:Der Streit um die eGK: Neue Funktion „Praxisgebühr“ geplant
Die Krankenkassen werden mit Strafen bedroht, wenn sie eine Mindestquote bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte nicht erfüllen. Ist der wahre Grund die geplante Nutzung der Karte beim Einzug der Praxisgebühr?
Ärger löst die überfallartig wirkende kurzfristige „Einführungspflicht“ der elektronischen Gesundheitskarte aus (s. Meldung v. 9.11.2010). Das Bundesgesundheitsministerium will alle gesetzlichen Krankenkassen dazu verpflichten, 2011 mindestens 10 % der neuen elektronischen Gesundheitskarte (eGK) mit entsprechend leistungsfähigem Mikrochip auszugeben.
Indirekte Geldstrafen bei Nicht-Umsetzung
Bei Krankenkassen, die die gesetzlichen Vorgaben nicht umsetzen und damit auch „die vorgegebenen Möglichkeiten zur Reduzierung des Missbrauchs sowie der Steigerung der Wirtschaftlichkeit“ nicht nutzen, sollen die Verwaltungskosten im Jahr 2012 gegenüber 2010 um 2 § gekürzt werden. Die Kürzung kommt zu der sowieso schon im Gesetz vorgesehenen Deckelung der Verwaltungskosten bei den Krankenkassen zusätzlich „obendrauf“. Im Klartext werden Geldstrafen verhängt, wenn die Kassen die Ausgabe der eGK nicht forcieren.
Krankenkassen fürchten Chaos und Geldverschwendung
Die Änderung ist kurzfristig in die aktuelle Gesundheitsreform eingebaut worden (GKV-FinG, am 12.11. vom Bundestag beschlossen). Doch die Kassen fühlen sich zu Unrecht in der Defensive. Der GKV-Spitzenverband führt gute Gründe an: Bis Ende 2011 werden bei Weitem nicht alle Praxen mit Kartenlesegeräten ausgestattet sein. Dazu hätte die Ärzteschaft bereits jetzt mit den logistischen Vorbereitungen beginnen müssen.
Akzeptanz der eGK leidet unter unausgereiften Aktionen
Wenn die Arztpraxen aber nicht wenigstens mehrheitlich über die richtige Ausstattung verfügen, müssten die Versicherten 2 Karten haben – eine alte und eine neue Versichertenkarte. Umständlich für Versicherte und Kassen. Beide Karten müssen bei Änderungen der Versichertendaten ausgetauscht werden, da es die Onlinefunktion noch nicht gibt. Außerdem müssen die technischen Spezifikationen der Karten für das Online-Rollout vermutlich noch einmal verändert werden. Die Kassen würden also gezwungen sein, eine veraltete eGK auszugeben. Diese müsste kurzfristig dann wieder ausgetauscht werden, sobald die Online-Anwendungen starten.
Allein dadurch kommen auf die Kassen Kosten in Höhe von rund 50 Mio. Euro zu. Die Akzeptanz der Karte wird unter so einer unausgereiften Aktion leiden. Wilfried Jacobs, Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg und direkter Beteiligter in der Pilotregion Nordrhein, bringt das Unverständnis auf den Punkt: „Es war doch die FDP selbst, die in den Koalitionsvertrag vor gerade einem Jahr die Forderung nach einer Überprüfung der Gesundheitskarte geschrieben hatte“.
BMG übt Druck nur auf Kassen aus
Die Reaktion des Bundesgesundheitsministeriums ließ nicht lange auf sich warten. Doch Staatssekretär Stefan Kapferer kommt mit seiner Erklärung über Allgemeinplätze nicht hinaus: „Es ist mir unverständlich, wie die Kassen heute Regelungen in Frage stellen können, die sie gestern noch selbst beschlossen haben. Ich fordere alle Beteiligten auf, sich an die gemeinsamen Absprachen zu halten und diese zügig umzusetzen.“ Richtig ist es, wenn der Politiker alle Beteiligten in die Haftung nimmt. Denn die verantwortliche Organisation zur Umsetzung ist die gematik. Und diese Betriebsorganisation ist von den Spitzenorganisationen von Ärzten, Krankenhäusern, Apothekern und Krankenkassen gemeinsam gebildet worden. Warum nun per Gesetz allein die Krankenkassen den schwarzen Peter zugeschoben bekommen, das will anscheinend auch das Bundesgesundheitsministerium nicht erklären.
Neue Funktion der eGK: Einzug der Praxisgebühr
Just in diese Diskussion platzt die Nachricht, dass Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im kommenden Jahr dazu nutzen will, die Praxisgebühr bei Arztbesuchen über die elektronische Gesundheitskarte einzuziehen. Er will ein automatisches Verfahren einrichten. Rösler: „Möglich wird das, weil die Krankenkassen, denen die Praxisgebühr zusteht, für jedes ihrer Mitglieder ein Konto eingerichtet haben. Auf diesem verbuchen sie die bald anfallenden Zusatzbeiträge. Damit entsteht erstmals eine direkte Geschäftsbeziehung zu den Versicherten.“ Diese in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte Aussage, die der Bundesgesundheitsminister jüngst bei einer Veranstaltung in der Berliner Charité fallen liess, wurde positiv bewertet von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): "Die elektronische Gesundheitskarte bietet viele Möglichkeiten, Bürokratie in den Arztpraxen abzubauen", so KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller. Doch das Urteil der Ärzte fällt nicht einheitlich aus: Der NAV-Virchow-Bund und der Ärzteverband IPPNW protestierten gegen das aktuelle Vorgehen der Bundesregierung im GKV-Finanzierungsgesetz.
Kassen müssen sich neu finden
Gut möglich, dass auf die Ärzte insgesamt wegen diesem „Zuckerle“ gar kein großer Druck zur eGK-Einführung ausgeübt werden muss. Auf die Kassen aber anscheinend schon. Vielleicht, weil die Kassen noch nicht wahrhaben wollen, dass sie sich schleunigst neu organisieren müssen - weg vom Beitragseinzug beim Arbeitgeber hin zur „Zahlungsbeziehung“ mit dem Mitglied. Der Verweis des Bundesgesundheitsministers auf die „bald anfallenden Zusatzbeiträge“ macht jedenfalls deutlich, dass eine tiefgehende Verknüpfung der Reformelemente (hier der Zusatzbeiträge) mit altbekannten Mechanismen (finanzielle Eigenbeteiligung der Patienten beim Arztbesuch) angesagt ist. Die Regierungskoalition jedenfalls tut alles, damit die eingeleitete Strukturreform nicht mehr so einfach rückgängig gemacht werden kann…
https://www.haufe.de/sozialversicherung ... tungsrecht&