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Kankenkasse will Versicherungspflicht prüfen
Verfasst: 01.07.2010, 09:12
von lea11
Hallo,
ich hoffe man kann mir hier helfen. Folgender Fall:
Ich war 1992-2005 bei der GKV. Dann 3 Jahre Elternzeit (gleiche GKV). Von Nov. 2008-August 2009 arbeitslos und von September 2009-April 2010 selbständig. Ich war aber immer in der gleichen Krankenversicherung (während der Selbständigkeit freiwillig gesetzlich versichert)
Arbeitsvertrag besteht seit dem 1.5.10 (410 Euro 15 Stunden Woche). Ich war da schon schwanger. Mein AG ist nicht mit mir Verwandt oder Bekannt gewesen. Ich habe vorher (Seit Nov. 2009) auf selbst. Basis für Ihn gearbeitet und er wollte mich sowieso einstellen. Eigentlich klar, da ich zum Zeitpunkt der Einstellung aber schon schwanger war (Kommentar der KK: Wer stellt schon eine Schwangere ein) und mein Mutterschutz am 31.7.10 beginnt macht die KK Probleme. Die KK will jetzt überprüfen, ob ich überhaupt sozialversicherungspflichtig beschäftigt bin. Da ich (womit keiner rechnen konnte) vom 10.5-14.5 einen Krankenschein hatte und seit dem 17.5.10 ein Beschäftigungsverbot. Mir ist schon klar,dass das komisch aussieht, aber ich würde auch viel lieber arbeiten, als mit Wehen auf dem Sofa liegen (mein Mann ist privat versichert) Ich weiss es sieht dumm aus, aber wie ist die rechtliche Lage?
Vielen Dank für die Antwort
Verfasst: 01.07.2010, 12:04
von Czauderna
Hallo,
die rechtliche Lage ist die, dass die Kasse schon prüfen darf oder sogar muss, wenn der Verdacht vorliegt dass ein "Scheinarbeitsverhältnis" zum Zwecke von Inanspruchnahme von Sozialleistungen, also Mutterschaftsgeld und ggf. beitragsfreie Krankenversicherung, begründet wurde.
Natürlich, und du hast es ja auch selbst bestätigt, sieht es bei dir schon etwas seltsam aus und allein deshalb wird die Kasse da eine Prüfung vornehmen wollen.
Ich sage immer, wer ein reines Gewissen hat, der muss auch eine solche "Prüfung" nicht fürchten.
Wie wird die Prüfung aussehen ? - Ich könnte mir denken, dass sowohl du als auch dein Arbeitgeber einige Fragen zum Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses beantworten müsst - vielleicht auch eine Arbeitsplatzbeschreibung erstellen müsst.
Grundsätzlich muss aber immer davon ausgegangen werden dass es sich um eine legales Arbeitsverhältnis handelt.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 01.07.2010, 22:06
von Rossi
Ehrlich
Ich könnte mir denken, dass sowohl du als auch dein Arbeitgeber einige Fragen zum Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses beantworten müsst - vielleicht auch eine Arbeitsplatzbeschreibung erstellen müsst.
Seit wann muss der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis begründen?
Voraussetzung für eine Versicherungspflicht dürfte doch wohl sein,
dass eine Arbeitsleistung erbracht wird und dafür ein Arbeitsentgelt gezahlt wird, mehr nicht, oder? Wieso, weshalb und warum dürfte doch wohl keinen Bagger spielen, oder?
Also, dann dokumentiere doch einfach, dass Du in der Zeit vom 01.05. - 10.05.2010 schön die 15 Stunden in der Woche malocht hast. Wenn es in der Tat so war, d.h. Du hast die vertraglich vereinbarte Arbeit abgeleistet, dann hast Du hierfür einen vertraglichen Anspruch auf Arbeitsentgelt und dies löst SV-Pflicht aus.
Wenn Du natürlich keine Arbeitsleistung erbracht hast, dann ist es natürlich ein Scheinarbeitsverhältnis.
Verfasst: 02.07.2010, 08:08
von Michael
Rossi hat geschrieben:Voraussetzung für eine Versicherungspflicht dürfte doch wohl sein, dass eine Arbeitsleistung erbracht wird und dafür ein Arbeitsentgelt gezahlt wird, mehr nicht, oder? Wieso, weshalb und warum dürfte doch wohl keinen Bagger spielen, oder?
Falsch. Eine Arbeitsleistung wurde auch schon während der selbstständigen Tätigkeit erbracht und diese wurde auch durch Vergütungen abgegolten.
Voraussetzung für die SV-Pflicht ist, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt wird. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer. Kriterien der Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber sind die Bestimmung von Art, Ort, Zeit und Weise der zu verrichtenden Arbeit.
Angesichts der geschilderten Fallkonstellation kann man schon mal anzweifeln, dass diese Vorasussetzungen hier erfüllt sind.
Verfasst: 02.07.2010, 14:25
von Rossi
Angesichts der geschilderten Fallkonstellation kann man schon mal anzweifeln, dass diese Vorasussetzungen hier erfüllt sind.
Und wie will die Kasse jenes hier beweisen, wenn etwas produktives unter der Anweisung des Arbeitgebers mit Arbeitsentgelt geleistet wurde, dass es angeblich nicht so war?
Verfasst: 02.07.2010, 14:37
von windkom
Und wie will die Kasse jenes hier beweisen, wenn etwas produktives unter der Anweisung des Arbeitgebers mit Arbeitsentgelt geleistet wurde, dass es angeblich nicht so war?
Die Kasse muss gar nichts beweisen.
Sie kann Ihre Entscheidung per Bescheid festlegen und etwaige Forderungen (ohne Gerichtsverfahren) über das Hauptzollamt vollstrecken lassen.
Der Versicherte kann gerne vor dem Sozialgericht klagen. Die Beweispflicht liegt beim Kläger.
Verfasst: 02.07.2010, 15:01
von Czauderna
Hallo Rossi,
ich in meiner Praxis schon einige Male solche "Scheinarbeitsverhältnisse" gehabt bei denen wir auch den Beweis dafür erbringen konnten.
Man muss nur die richtigen Fragen stellen und schon ist es passiert. Siche3r, wer sich auskennt im System, sprich "Arbeitgeber" als auch "Arbeitnehmer", da haben wir keine Chance - das ist dann aber auch wieder wie überall im Leben.
Gruss
Czauderna
Danke für eure Antworten
Verfasst: 03.07.2010, 20:33
von lea11
... ich habe eine Kopie des Arbeitsvertrages + eine Arbeitsplatzbescheinigung an die GKV gesandt. Zusätzlich noch einen Flyer der Firma, in dem ich auch (mit Bild + meine Zuständigkeit) gezeigt werde. Welcher Arbeitgeber gibt schon Geld für einen Flyer aus, wenn der Mitarbeiter nicht richtig angestellt ist bzw. vorhat dort länger zu arbeiten?
Heute bekam ich den Bescheid, dass ich das Krankentagegeld bekomme und somit die Versicherungspflicht auch anerkannt wurde.
Ich weiss, dass das alles doof aussah, aber ich würde viel lieber Arbeiten, als den ganzen Tag mi Wehen auf dem Sofa zu liegen.
Danke für euer Interesse...
Verfasst: 05.07.2010, 09:32
von Michael
Rossi hat geschrieben:Angesichts der geschilderten Fallkonstellation kann man schon mal anzweifeln, dass diese Vorasussetzungen hier erfüllt sind.
Und wie will die Kasse jenes hier beweisen, wenn etwas produktives unter der Anweisung des Arbeitgebers mit Arbeitsentgelt geleistet wurde, dass es angeblich nicht so war?
Die Kasse muss nichts beweisen.
Urteil des BSG vom 04.12.1997, 12 RK 3/97
An den Nachweis der Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen (vgl a und b), sind strenge Anforderungen zu stellen, wenn der Verdacht von Manipulationen zu Lasten der Krankenkassen besteht. Dieses kann, zumal wenn weitere Umstände hinzutreten, der Fall sein, wenn bei Beginn der Arbeitsaufnahme Arbeitsunfähigkeit besteht, dieses bekannt ist und die Arbeit alsbald aufgegeben wird. Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt derjenige, der sich auf sie beruft.