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Doppelte Krankenversicherung

Verfasst: 11.06.2010, 14:55
von kalinka
Seit 2006 wohne ich in Dänemark und bin dort gesetzlich krankenversichert.
War in Deutschland bei der AOK freiwillig versichert und habe aber die Mitgliedschaft nicht gekündigt und bin auch in Deutschland zum Arzt gegangen, da ich in Grenznähe wohne und die Behandlung meiner gesundheitlichen Probleme der deutschen Sprache bedürfen.(Psychologe)
Seit 2000 bekommt die AOK vom Versorgungsamt nach BVG § 10 für drei gesundheitlichen Schäden die ich erlitten habe Ausgleichszahlungen.
Jetzt gelte ich rückwirkend vom November 2008, als Schwerbehinderte nach BVG und es müssen alle gesundheitlichen Aspekt übernommen werden.
Jetzt habe ich meine freiwillige Versicherung rückwirkend gekündigt.
Die ganze Angelegenheit gestaltet sich sehr schwierig, weil auch kompetente Mitarbeiter der AOK mit dem Fall überfordert zu sein scheinen.
Hier erhoffe ich mir Rat und Hilfe. Auch möchte ich gern wissen, ob die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung Dänemarks die deutsche Mitgliedschaft verdrängt. Vielleicht Hinweis auf die entsprechende Verfügung.

Verfasst: 11.06.2010, 16:56
von GerneKrankenVersichert
Na, das ist aber komplizwickt. Okay, fangen wir mal mit deiner freiwilligen Mitgliedschaft bei der AOK an und zu wann diese beendet werden kann:
§ 5 Absatz
(4) Die Mitgliedschaft freiwilliger Mitglieder endet unbeschadet des § 191 Nrn. 1 bis 3 SGB V im Falle des Austritts 2 Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem das Mitglied den Austritt erklärt.
Die Mitgliedschaft kann mit sofortiger Wirkung beendet werden, sofern
− die Voraussetzungen des § 10 SGB V erfüllt sind,
− das Mitglied seinen Wohnsitz im Ausland nimmt.

der Satzung der AOK Schleswig-Holstein.
Da steht nix drin von rückwirkender Beendigung, weil Ansprüche nach dem BVG bestehen. Im BVG steht folgendes:
§ 10 BVG
(7) Die Ansprüche nach den Absätzen 2, 4, 5 und 6 sind ausgeschlossen,

a) wenn der Berechtigte ein Einkommen hat, das die Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigt, es sei denn, daß der Berechtigte Anspruch auf Pflegezulage hat oder die Heilbehandlung wegen der als Folge einer Schädigung anerkannten Gesundheitsstörung nicht durch eine Krankenversicherung sicherstellen kann, oder
b) wenn der Berechtigte oder derjenige, für den Krankenbehandlung begehrt wird (Leistungsempfänger), nach dem 31. Dezember 1982 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Antrag befreit worden ist oder
c) wenn der Leistungsempfänger ein Einkommen hat, daß die Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigt, es sei denn, daß der Berechtigte Anspruch auf Pflegezulage hat, oder
d) wenn ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist oder
e) wenn Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einem Vertrag, ausgenommen Ansprüche aus einer privaten Kranken- oder Unfallversicherung, besteht oder
f) wenn und soweit die Heil- oder Krankenbehandlung durch ein anderes Gesetz sichergestellt ist.
Interessant in deinem Fall sind die Absätze d) und f). M. E. kann die freiwillige Mitgliedschaft bei der AOK nicht rückwirkend gekündigt werden, weil grds. Anspruch auf Leistungen nach dem BVG (sog. "Zugeteilte") besteht, da dies weder im Gesetz noch in der Satzung der AOK vorgesehen ist.

Und wenn ich es mir so recht überlege, dürfte es seit der allgemeinen Versicherungspflicht eigentlich keine Zugeteilten mehr geben :?: Denn im § 5 Abs. 8a SGB V ist eine BVG-Leistung nicht als Ausschlusstatbestand für die Pflichtversicherung aufgeführt *grübel*.

Also, langer Rede, kurzer Sinn, auf dieser Schiene kommen wir nicht weiter, um einen Tatbestand für die rückwirkende Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft zu konstruieren.

Da ist noch der Verzug ins Ausland. Dann kann die Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. Wie läuft eigentlich deine freiwillige Versicherung? Weiß die AOK, dass du "eigentlich" im Ausland wohnst? Denn ich frage mich ehrlich gesagt, auf welcher Grundlage die freiwillige Mitgliedschaft weitergeführt wurde, wenn du in Dänemark gesetzlich (vermute ich nach Kurzgoogeln, korrigiere mich, wenn das nicht so ist) versichert bist.

Und dann frage ich mich noch, ob du überhaupt Leistungen als "Zugeteilter" beanspruchen kannst, denn der Buchstabe f) im zitierten Paragraphen steht dem meiner Meinung nach entgegen. Da würde ich mal beim Versorgungsamt nachfragen. Wie es mit Erstattungsansprüchen einer ausländischen Krankenkasse aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis.

Meine Einschätzung ohne Gewähr, in der Praxis hatte ich so einen komplizierten Fall noch nie.

Verfasst: 11.06.2010, 19:10
von RHW
Hallo,
das ist ja wirklich eine ganz besondere Konstellation.

Für eine rückwirkende Beendigung aufgrund der BVG-Leistungen sehe ich auch keine Grundlage (Kündigungsfristen sind einzuhalten).

Ich sehe auch eher einen Ansatz in der dänischen Krankenversicherung:
Aufgrund welcher Tatsache besteht dort eine Versicherung? Arbeitnehmer? Selbstständiger? Rentner? Familienangehöriger eines Mitgliedes? Oder???
Unter Umständen kann ein E 104 von der dänischen Kasse zur Beendigung der deutschen Versicherung führen. (Versicherungspflicht verdrängt freiwillige Versicherung; das gilt nach EU-Recht auch grenzüberschreitend).
Wichtig ist hierbei noch, ob und ggf. wie die dt. und die dän. KK die erbrachten Leistungen verrechnen.
Kompetente Hilfe zu diesem Teilproblem:
http://www.dvka.de/oeffentlicheSeiten/DVKA.htm

BVG-Leistungen:
Beim Versorgungsamt nachfragen, wie die BVG-Leistungen geregelt sind, wenn man bei einer dänischen Kasse versichert ist. Falls es dort keine kompetente Antwort gibt, evtl. bei einem "grenznäheren" Versorgungsamt nachfragen.

Gruß und viel Erfolg bei der Lösung!
RHW

Verfasst: 14.06.2010, 20:28
von kalinka
Das ist doch wirklich mal eine kompetente Beratung.Vielen Dank!

Niemand konnte mir weiter helfen. Sogar in Berlin wurde angerufen, ob die dänische Versicherung, welche über Steuern finanziert wird, die deutsche freiwillige Versicherung verdrängt, niemand wußte Rat. Ich habe eine Kopie Ihrer Ratschläge an den Mitarbeiter weitergeleitet, in der Hoffnung, das auf dieser Grundlage in diesem Komplizierten Fall mal unbürokratisch entschieden wird ?!