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Frage zur Vollstreckung von KK-Beiträgen in Kolumbien

Verfasst: 04.06.2010, 21:36
von windkom
Hallo,

ich habe Heute einen sehr interessanten Fall gehört.

Ein Kolumbianer studiert fast vier Jahre in Deutschland. Während dieser Zeit zahlt er monatlich den studentischen Beitrag (da er über 30 war, waren es deutlich über 120 Euro). Das Geld lässt er sich vom Tagesgeldkonto abbuchen. Die Bankverbindung hat der Student telefonisch der Krankenkasse mitgeteilt. Technisch funktionieren diese Abbuchungen, obwohl die Kontoeröffnungsunterlagen sagen, dass keine Lastschriften von Tagesgeldkonten möglich seien.

Kurz vor der Abreise in die Heimat geht der Student zur Bank und legt diese Kontoeröffnungsunterlagen vor und beantragt, alle Abbuchungen innerhalb der Verjährungsfrist zurückzubuchen. Die Bank fragt bei der Krankenkasse telefonisch nach, eine Kopie der schriftlichen Einzugsgenehmigung zuzufaxen. Die Kasse kann dieses Schriftstück allerdings nicht vorlegen. Die Bank nimmt die Rückbuchung nach einiger Diskussion vor und zahlt dem Studenten zur Kontoauflösung knapp EUR 5000,- in bar aus. Kurz danach reist er mit seinem Uniabschluss zurück in seine Heimat.

Der Student schreibt am Tag der Abbuchung ein Einschreiben an die Krankenkasse und teilt der Krankenkasse die neue Adresse in Kolumbien mit und beantragt vorsorglich, die Vollstreckung für mögliche zukünftige Bescheide auszusetzen. Außerdem teilt der Student mit, dass seine Mutter in Kolumbien plötzlich erkrankt sei und die EUR 5000,- dringend für die Begleichung der kolumbianischen Krankenhauskosten benötigt werden und die Krankenkasse das aus humanitären Gründen auch erlauben sollte.

Meine Frage:
Kann die Krankenkasse gegen den Studenten eine Beitragsbescheid öffentlich zustellen, wenn sowohl das zuletzt zuständige deutsche Einwohnermeldeamt in Deutschland die neue Adresse in Kolumbien kennt, als auch die Krankenkasse selbst?

Welche Möglichkeiten hat die Krankenkasse, den Bescheid wirksam zuzustellen und dann zu vollstrecker? Kann ein deutscher Botschaftsmitarbeiten dann in Kolumbien pfänden?

Verfasst: 05.06.2010, 10:27
von CiceroOWL
Das Problem wird sein haben wir mit Kolumbien ein Rechtshilfeabkommen, das auch das Verwaltungsfahrenrechts einschließt und die Möglichkeit Rechtsmitel in Kolumbien gegen die besagte Person einzusetzen.

Siehe hierzu als Beispiel

http://www.vancouver.diplo.de/Vertretun ... =Daten.pdf

Die Problematik liegt wahrscheinlich darin den Rechtstitel in Kolumbien zu vollstrecken,
am besten da denn dochmal mit dem BMJ und dem AA Rücksprache halten.

Meiner Meinung nach.

Verfasst: 05.06.2010, 10:42
von CiceroOWL
Also ein Rechtsabkommen mit Kolumbien haben wir laut BMJ ja, aber es muß ein kolumbianischer Anwalt denn noch mit dem Fall zusätzlich beauftragt werden, der Rest läuft denn wohl nach dem Haager Abkommen v.1961 usw.

Ob da denn die Kosten des Verfahrens nicht höher sind als die Beitragsschuld.?

Verfasst: 05.06.2010, 23:43
von freiwillig
Es muss ohnehin kein Beitragsbescheid zugestellt werden, damit die Forderung der Krankenkasse Gültigkeit erhält.
Die Beitragsforderung besteht kraft Gesetzes, der Bescheid ist informatorisch und setzt allenfalls Widerspruchsfristen in Gang.

Nach den angedeuteten Rahmenbedingungen war unser Auswanderer nicht mehr in der Pflichtversicherung der Studenten,sondern als freiwilliges Mitglied versichert.

Hierin liegen zwei vernichtende Risiken:

Säumniszuschlag und Verjährung.

Der Säumniszuschlag beträgt nach §24 SGB IV sagenhafte 5% pro Monat.
Die Verjährungfrist beträgt nach §25 SGB IV 30 Jahre

Selbst wenn in der gegenwärtigen Rechtsituation nur mit einer zähen Zusammenarbeit mit kolumbianischen Behörden zu rechnen ist - in 30 Jahren kann sich vieles ändern . ( Siehe Uruguay in Steuerfragen )
Währenddesssen läuft eine eine vernichtende Forderungssanduhr - mit 60% Zinsen im Jahr, ganz ohne Gerichtserfordernis.

Das Inkassounternehmen der Krankenkassen ist der Deutsche Zoll und kein lustloser bürgerlicher Gerichtsvollzieher - da kann Reisen zum Problem werden.
Auch das europäische Nicht-Deutschland kann da für unseren Auswanderer schnell zum Minenfeld werden...

Verfasst: 07.06.2010, 10:37
von windkom
Der Säumniszuschlag beträgt nach §24 SGB IV sagenhafte 5% pro Monat.
Wie hoch ist der Säumniszuschlag für Pflichtversicherte (z.B. KVdS)?

Verfasst: 07.06.2010, 10:39
von windkom
Es muss ohnehin kein Beitragsbescheid zugestellt werden, damit die Forderung der Krankenkasse Gültigkeit erhält.
Die Beitragsforderung besteht kraft Gesetzes, der Bescheid ist informatorisch und setzt allenfalls Widerspruchsfristen in Gang.
d.h. der Zoll kann auch ohne Ausstellung eines Bescheids/Verwaltungsaktes aktiviert werden?

Falls das so ist, dann kann der Zoll vollstrecken, ohne das die Krankenkasse dem Versicherten jemals vorrechnet, wieviel der Versicherte der Kasse schuldet?

Re: Frage zur Vollstreckung von KK-Beiträgen in Kolumbien

Verfasst: 07.06.2010, 17:10
von GerneKrankenVersichert
Bei deinen Fällen bin ich ja immer skeptisch, was den Wahrheitsgehalt betrifft. Aber sollte sich eine Krankenkasse hierauf eingelassen haben:
windkom hat geschrieben:Das Geld lässt er sich vom Tagesgeldkonto abbuchen. Die Bankverbindung hat der Student telefonisch der Krankenkasse mitgeteilt.
so hat sie wohl zunächst mal Pech gehabt, wenn das Geld zurückgebucht wird. Es sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben, dass es ohne schriftliche Einzugsermächtigung keine Rückbuchungsfrist mehr gibt. Allerdings scheint es mir eher, dass du wieder auf der Suche nach irgendwelchen Tricks bist, wie man den bösen Krankenkassen das Geld der lieben Studenten vorenthalten kann.

Verfasst: 07.06.2010, 18:49
von windkom
Wie hoch ist der Säumniszuschlag für Pflichtversicherte (z.B. KVdS)?
Mich würde die Antwort (+Rechtsquelle) dafür auch noch interessieren.

Verfasst: 07.06.2010, 19:43
von CiceroOWL
§ 24 SGB IV (1a)[1] Abweichend zu Absatz 1 haben freiwillig Versicherte, Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches und nach § 2 Absatz 1 Nummer 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte für Beiträge und Beitragsvorschüsse, mit denen sie länger als einen Monat säumig sind, für jeden weiteren angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 5 vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Beitrages zu zahlen.

§ 25 SGB V

(2)[1] 1Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. 2Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. 3Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. 4Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. 5Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem von dem Versicherungsträger in seiner Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. 6Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend, auch soweit die Prüfungen am 1. Januar 2005 noch nicht abgeschlossen sind.