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GKV lehnt Versicherungsschutz ab;will aber trotzdem Beiträge

Verfasst: 07.02.2010, 14:50
von kkh_geschaedigter
Das ist ein Fall, der sich in meinem nahen Bekanntenkreis abspielt.
Ich würde Euch bitten, sachlich auf das Thema einzugehen.

Person A besucht am Montag, 02. April 2007 um 9 Uhr die Geschäftsstelle der GKV.
Dort beantragt er die Mitgliedschaft in dieser GKV.

Bis zum 30.09.2004 war A in dieser GKV familienversichert. Ab 01.10.2004 war er im Ausland bzw. überhaupt nicht krankenversichert.

Der Sachbearbeiter nimmt den Antrag (freiwillige Mitgliedschaft) an, weist aber darauf hin, dass dieser Antrag sehr wahrscheinlich abgelehnt wird.
A schreibt darauf auf den Antrag schriftlich, dass er die Aufnahme beantragt - aber nicht zwingend als freiwilliger Versicherter, sondern als Pflichtversicherter.

Eine Woche später erhält von der GKV ein Ablehnungsschreiben (das Wort Bescheid taucht in diesem Schreiben nicht auf).
A schreibt einen Widerspruch (er hält an der Aufnahme in der Kasse fest) und stellt diesen Widerspruch per Einschreiben der GKV zu. Ersatzweise beantragt er, wg. geringem Einkommen einen reduzierten Beitrag zu zahlen. Unterschriebenen Rückschein erhält er zurück.
GKV reagiert nicht auf das Schreiben.

Vom 01.04.2007 bis 31.12.2009 bezahlt A Arztkosten aus der privaten Tasche. Durch einen Unfall kamen so EUR 4.000 zusammen. Bevor A dem Krankenhaus die EUR 4.000 gezahlt hat, hat er das Krankenhaus per Einschreiben davon in Kenntnis gesetzt, dass er eigentlich über die GKV versichert sein müsste und fordert, dass nur der Betrag vom Krankenhaus berechnet wird, den das Krankenhaus fiktiv der Kasse in Rechnung stellen würde.
Das Krankenhaus reagiert und schreibt, dass er als Selbstzahler den Tarif zahlen müsste, den Selbstzahler eben zahlen müssten.

Viele - in den Augen von A notwendige - Arztbesuche macht A in diesem Zeitraum nicht. Die Schmerzen versucht er über nicht-verschreibungspflichtige Arzneien zu lindern - mit nur mässigem Erfolg.

Ab 01.01.2010 geht A einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. A gibt beim Arbeitgeber die GKV als Krankenkasse an.
Zwei Wochen später bestätigt GKV A, dass er dort versichert sei.
Aufgrund der allg. Versicherungspflicht verlangt die GKV jetzt nachträglich Versicherungsbeiträge (Höchstsatz) + Säumniszuschlag vom 01.04.2007 bis 31.12.2009.

A ist nicht bereit, diese enormen Beiträge zu zahlen. GKV hat ihm ja überhaupt keinen Versicherungsschutz geboten? Er denkt dabei auch an die unbehandelten Schmerzen, die A in dieser Zeit hatte.
Tja, wie sieht die Rechtslage in Euren Augen aus? Was sagen die Gesetze bzw. die Rechtssprechung zu diesem Fall?

Verfasst: 07.02.2010, 15:35
von Gast
nur für mich vorab zum Verständnis. dein Bekannter hatte ursprünglich eine Mitgliedschaft ab dem 02.04.2007 beantragt, die ihm verwährt bzw abgelehnt wurde. deshalb war er die ganze Zeit unversichert. jetzt nahm er zum 01.01.2010 eine Beschäftigung auf, und die Krankenkasse will jetzt die Versicherungsbeiträge für die Zeit 01.04.2007 - 31.12.2009 aufgrund des §5 Abs. 1 Nr. 13 (Pflichtversicherung für Nichtversicherte).

wenn dem so ist, wie ich den Fall für meine Begriffe verstanden habe, mit welcher Begründung wurde denn die Mitgliedschaft damals abgelehnt?

Verfasst: 07.02.2010, 17:14
von dresdner
folgendes verwundert mich: warum beantragt man im april 2007 eine mitgliedschaft bei einer kasse, schickt sogar per einschreiben den widerspruch und belässt es dann dabei, kümmert sich nicht mehr darum und erinnert sich dann im leistungsfall an diesen antrag wieder?

als kassenmitarbeiter kann ich mir hier mehrere reime drauf machen. mal angenommen, dein bekannter hat tatsächlich eine mitgliedschaft beantragt. dann dürfte der sachverhalt zunächst lösbarer sein als angenommen. er gehe zu dieser kasse hin, berufe sich auf seinen antrag und wenigstens die säumniszuschläge wären nicht zu zahlen, da die kasse ja scheinbar nie einen beitragsbescheid erstellt hat.

diese theorie erscheint mir jedoch ziemlich unglaubwürdig.

die mitgliedschaft ist damals abgelehnt worden. frage: WARUM?

hier liegt eventuell der schlüssel des problems...

definitiv falsch ist es aber, sich im krankenhaus auf den vergangenen antrag bei einer kasse zu berufen. es ist blauäugig zu glauben, dass diese kasse eine versicherung durchführt, nur weil sie nie auf den widerspruch geantwortet hat. versichert sein bedeutet nicht nur, anspruch auf leistungen einzuberufen sondern eben auch die pflicht, beiträge zu zahlen. und hier hätte dein bekannter spätestens merken müssen, dass ohne beitragszahlung keine leistungsgewährung funktioniert.

da sich glücklicherweise nun doch eine mitgliedschaft entwickelt hat, sollte dein bekannter es nun in angriff nehmen, sein versäumnis aus der welt zu schaffen. sein versäumnis deswegen weil es in deutschland nicht nur niemanden geben darf, der nicht versichert ist sondern weil es auch vom gesunden menschenverstand her logisch sein müsste, dass man nicht ohne versicherungsschutz sein sollte.

in punkto säumniszuschläge würde ich aber wie oben beschrieben verfahren...

Verfasst: 07.02.2010, 17:19
von VolonMRX
@dresdner

Du warst schneller :D

Die KK soll fast 3 Jahre gebraucht haben und er hat in der Zwischenzeit alle Rechnungen selbst gezahlt?
Sorry, aber diese Pflichtversicherung ging damals mehr als durch alle Medien, das konnte eigentlich an niemanden vorbeigehen. Ausserdem hat der Sachbearbeiter es wohl bei Antragsannahme gewusst.

Ein Anschreiben bei Eintreten von erneuter Versicherungspflicht nach einer Lücke grösser als 1 Monat sollte bei jeder KK normal sein. Ein beliebiges Einstufen (rückwirkend) ohne Antrag ist allerdings nicht rechtens.
Kann ich mir ehrlich gesagt auch mittlerweile bei keiner KK mehr vorstellen. Ich gehe mal davon aus, Dein Bekannter wird das ein oder andere Schreiben der KK erhalten haben.

Verfasst: 07.02.2010, 17:36
von Lady Butterfly
1. in der Zeit von 01.04.2007 bis 31.12.2009 bestand Versicherungsschutz kraft Gesetz - unabhängig vom Willen der Beteiligten (also A und Krankenkasse)

2. daraus folgt, dass für diesen Zeitraum Beiträge zu zahlen sind. Die Beiträge richten sich nach dem in dieser Zeit erzielten Einkommen. Wegen der Säumniszuschläge würde ich -wie schon Dresdner geschrieben hat - versuchen, diese zu verweigern mit dem Hinweis, dass die Kasse die Aufnahme verweigert hat (was falsch war) und keinen Beitragsbescheid erstellt hat.

3. da Versicherungsschutz besteht, besteht natürlich auch Leistungsanspruch für diesen Zeitraum. D. h. die Kasse müsste u. a. auch die Kosten für den Krankenhausauftenthalt übernehmen

der Fall kommt mir allerdings auch etwas merkwürdig vor....

Verfasst: 07.02.2010, 17:55
von kkh_geschaedigter
Einige Punkte möchte ich in diesem Fall noch einmal unterstreichen.
kümmert sich nicht mehr darum und erinnert sich dann im leistungsfall an diesen antrag wieder?
Nein, im Leistungsfall hat A die Rechnung vom Krankenhaus selbst bezahlt.
Ihm blieb auch nichts übrig, da er keine Versicherungskarte hatte.
die mitgliedschaft ist damals abgelehnt worden. frage: WARUM?
Die Vermutung liegt nah, dass der Krankenkassen Mitarbeiter die neue Gesetzeslage nicht kannte und nur die Aufnahme in die freiwillige Versicherung geprüft hat und demnach abgelehnt hat.
Den Fehler hat die GKV begangen.


Ein Anschreiben bei Eintreten von erneuter Versicherungspflicht nach einer Lücke grösser als 1 Monat sollte bei jeder KK normal sein. Ein beliebiges Einstufen (rückwirkend) ohne Antrag ist allerdings nicht rechtens.
Kann ich mir ehrlich gesagt auch mittlerweile bei keiner KK mehr vorstellen. Ich gehe mal davon aus, Dein Bekannter wird das ein oder andere Schreiben der KK erhalten haben.
Ich verstehe diesen Punkt nicht.
A hat die Mitgliedschaft (als Pflichtversicherter) ab 01.04.2007 am 02.04.2007 beantragt. Die Kasse lehnt diesen Antrag ab und reagiert nicht auf den Widerspruch, welcher der Kasse zugegangen ist.
Vor dem 01.04.2007 war A kein Mitglied in der Kasse. Er war bis 2004 nur dort familienversichert.
Was meinst Du mit Anschreiben?
Zwischen 01.04.2007 und 31.12.2009 kam (bis auf das Ablehnungsschreiben) kein Brief von der Kasse, da die Kasse wohl davon ausging, dass A dort gar kein Mitglied ist.

Verfasst: 07.02.2010, 17:57
von kkh_geschaedigter
wenn dem so ist, wie ich den Fall für meine Begriffe verstanden habe, mit welcher Begründung wurde denn die Mitgliedschaft damals abgelehnt?
Vorversicherungszeit in einer gesetzlichen Kasse für die freiwillige Mitgliedschaft sei nicht erfühlt gewesen.

Auf dem Antrag hat A noch handschriftlich notiert, dass er ersatzweise eine Pflichtmitgliedschaft beantragt.

Im Widerspruchsschreiben hat A wiederum ersatzweise eine Pflichtmitgliedschaft beantragt.

Verfasst: 07.02.2010, 18:01
von kkh_geschaedigter
da sich glücklicherweise nun doch eine mitgliedschaft entwickelt hat, sollte dein bekannter es nun in angriff nehmen, sein versäumnis aus der welt zu schaffen.
Aber welches Versäumnis hat A denn begangen?
Er hat einen Antrag gestellt am 02.04.07 (behelfsweise Antrag auf Pflichtmitgliedschaft) und hat dem Ablehnungsschreiben widersprochen.
Die GKV hat ja wohl hier das vorgerichtliche Widerspruchsverfahren vereitelt.

Verfasst: 07.02.2010, 18:06
von kkh_geschaedigter
Um noch einmal die Frage zu konkretisieren?

A sollte Widerspruch gegen die Säumniszuschläge einlegen?
A sollte die Krankenhauskosten in diesem Zeitraum mit den Beitragsforderungen verrechnen? (sieht der Gesetzgeber diese Möglichkeit vor?)

A hat ja in dem Zeitraum von weiteren Besuchen abgesehen (und die Schmerzen ertragen), weil die Kosten ihm über den Kopf wuchsen.
Was ist damit? Gibt es dafür eine Verrechnungsgrundlage?

Kann die GKV in die Schadensersatzpflicht genommen werden, wenn Diese rechtswidrig die Aufnahme in die Versicherung ablehnt? (konkreter Schaden ist ja entstanden: die EUR 4000 Krankenhauskosten + Beitragsrückforderungen + Säumniszuschläge)

Verfasst: 07.02.2010, 18:16
von dresdner
also, selbst wenn es jetzt so ist, dass dieser krankenkassenmitarbeiter wegen unkenntnis gehandelt hat und deswegen diese mitgliedschaft nicht zustande kam hätte dein bekannter -wissentlich der rechtsänderung zum bestehen einer versicherungspflicht - alles daran setzen müssen, dass diese kasse eine mitgliedschaft durchführt.

wir hatten vergleichbare situationen bei rentnern in der krankenversicherung der rentner. hier waren stellenweise erst in 2008 viele fälle aufgekommen, wo beiträge durch die drv nicht an die richtige kasse abgeführt worden sind oder sogar nicht gezahlt worden.

auch hier gab von den sozialgerichten urteile, die sich auch darauf beriefen, dass der rentenbezieher sehr wohl der pflicht unterliegt, den bescheid auf richtigkeit auch hinsichtlich der beitragszahlung zu prüfen.

ich sehe es also nachwievor als versäumnis deines bekannten an, da er zu wenig unternommen hat, seiner versicherungspflicht nachzukommen.

es ist nun mal merkwürdig, warum einerseits eine mitgliedschaft beantragt wurde, dieser antrag dann aber irgendwie im sand verlaufen soll. und es klingt auch deswegen komisch, weil der mitarbeiter vermutlich nichts vom neuen gesetz wissen sollte und danach der widerspruch auch unbeantwortet blieb. da sind ja schon zwei mitarbeiter schräg drauf.

man kann das thema jetzt hier auch unendlich aufreißen, was bleibt ist aber die rückwirkend eingetretene versicherungspflicht, die auch zur zahlung der beiträge verpflichtet. da dein bekannterja aber damals beiträge zahlen wollte, sollte es ihm jetzt ja nicht schwer fallen, diese rückwirkend - ggf. im rahmen einer zahlungsvereinbarung - nachzuzahlen.

Verfasst: 07.02.2010, 18:25
von kkh_geschaedigter
da dein bekannterja aber damals beiträge zahlen wollte, sollte es ihm jetzt ja nicht schwer fallen, diese rückwirkend - ggf. im rahmen einer zahlungsvereinbarung - nachzuzahlen.
und was ist mit den EUR 4000,- für das Krankenhaus? Die darf A verrechnen?

Verfasst: 07.02.2010, 18:32
von kkh_geschaedigter
da dein bekannterja aber damals beiträge zahlen wollte, sollte es ihm jetzt ja nicht schwer fallen, diese rückwirkend - ggf. im rahmen einer zahlungsvereinbarung - nachzuzahlen.
und was ist mit den EUR 4000,- für das Krankenhaus? Die darf A verrechnen?

bzgl. dem Höchstsatz -> A hat doch einen reduzierten Beitrag im April 2007 beantragt. Er kann im nachhinein sein Einkommen der Kasse nachweisen.

So wie ich das sehe, muss A wohl das Sozialgericht einschalten, um zu verhindern, dass das Hauptzollamt diese EUR 4000,- pfändet.

Verfasst: 07.02.2010, 19:40
von Lady Butterfly
dann solltest du deinem Bekannten aber sagen, dass sowohl Widerspruch als auch Klage keine aufschiebende Wirkung haben...das bedeutet, dass er die Beiträge zunächst einmal zahlen muss, wenn er keinen Kontakt mit dem Hauptzollamt haben möchte (manche Kassen vollstrecken aber auch selbst)

Gruß Lady Butterfly

Verfasst: 07.02.2010, 19:45
von heinrich
welches Datum hat denn der Bescheid über den Höchstsatz
für die Zeit vom 01.04.2007 bis 31.12.2009 ?

Wie hoch ist denn der Höchstsatz, der darin beschrieben ist (letzte Angabe reicht aus) ?

Wie hoch ist die gesamte Nachberechnung für die Zeit.

Zu welchem Tag hat die KK die Beiträge denn fällig gesetzt. Also an welchem Tag hätte die KK gerne den Zahlungseingang ?

Wurden schon Säumniszuschläge beziffert ?? Falls ja in welcher Höhe ??

Hat die KK denn jetzt schon was von "Hauptzollamt" geschrieben ?

Verfasst: 07.02.2010, 20:30
von Gast
Lady Butterfly hat geschrieben:dann solltest du deinem Bekannten aber sagen, dass sowohl Widerspruch als auch Klage keine aufschiebende Wirkung haben...das bedeutet, dass er die Beiträge zunächst einmal zahlen muss, wenn er keinen Kontakt mit dem Hauptzollamt haben möchte (manche Kassen vollstrecken aber auch selbst)

Gruß Lady Butterfly
falls dir das hilft, dass steht noch mal genau hier: § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG Widerspruch und Anfechtungsklage, aufschiebende Wirkung

...die aufschiebende Wirkung entfällt bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,...