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Beeinflusst die Zahlungsmoral einen Zusatzbeitrag???
Verfasst: 23.01.2010, 20:37
von Gast
Hallo,
mir als Nicht-Krankenkassenmitarbeiter erschließt sich nicht immer in allen Details, wie sich die finanzielle Situation der Krankenkassen ergibt.
Wie sieht es z.B. mit der schlechten Finanzlage der freiwilligen Versicherten und/oder der schlechten Zahlungsmoral von freiwillig Versicherten aus?
Nach meinen Erkenntnissen durch berufliche Kontakte zu Krankenkassen, haben diese sehr hohe Außenstände, was die Beitragszahlungen von freiwillig Versicherten Selbstzahlern angeht.
Nehmen wir mal einen Versicherten, der den Mindestbeitrag von ca. 140 EUR zahlen muss. Kann dieser aus wirtschaftlichen Gründen 1 Jahr lang keine Beiträge zahlen, fehlen dem System 1680 EUR pro Jahr. Auf die Masse an nicht zahlungsfähigen Mitgliedern, kommt da doch ein recht hohes Sümmchen von Mllionen zusammen.
Können diese enormen Außenstände das Beitragsgefüge im Gesundheitsfond und damit die finanzielle Lage der Krankenkassen negativ beeinflussen? Kann man behaupten, dass die Finanzmisere der Krankenkassen auch an der schlechten Zahlungsmoral liegen kann, oder hat dieser Faktor keinen Einfluss dadrauf?
Verfasst: 23.01.2010, 21:15
von Czauderna
Hallo,
da macht es wieder einmal die Masse.
Klar ist, wenn die Masse der Selbstzahler von heute auf morgen die Beitragszahlung einstellen würde, dann könnte die Kasse Ihrer Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und es drohte die Insolvenz.
Diue Frage ist hier eben wie hoch der Beitragsanteil der Selbstzahler am Gesamteinnahmevolumen der Kasse wäre - schwierige Frage !!
Genau so verhält es sich mit dem Zusatzbeitrag - Die Kasse muss einen einfordern wenn sie mit dem Geld aus dem Fond nicht auskommt. Wenn nun die Masse der Mitglieder die Zahlung verweigert würde das über kurz oder lang zur Insolvenz führen (Beweis dafür, dass das Geld aus dem Fond nicht ausreichend war).
Gruß
Czauderna
Verfasst: 23.01.2010, 21:41
von Gast
dann dürfte diese Situation ja schon eingetroffen sein, das fehlende Geld für den Fond meine ich.
die Selbstzahler verweigern zwar idR nicht absichtlich die Zahlung, sondern sind ja idR aufgrund von zu geringem Einkommen nicht zahlungsfähig.
ich allein habe 6 Angestellte, die aus vorangegangenen Selbständigkeiten freiwillig versichert, aber nicht zahlungsfähig waren. Zusammen haben die 6 Mitarbeiter Schulden von insgesamt zusammen ca. 43.000 EUR an Beiträgen. lass eine Krankenkasse 4000 Beitragsschuldner haben, dann sind das knapp 178 Millionen Euro, die im Gesundheitsfond fehlen. allein aus einer einzigen Krankenkasse.
die Versicherten klagen über hohe Beiträge, ein Grund dafür ist aber quasi hausgemacht...
Verfasst: 24.01.2010, 11:57
von CiceroOWL
Das würde ja beduten das man doch auf eine steuerfinazierte Finanzieunrg umsteigen sollte.
Verfasst: 26.01.2010, 17:33
von Gast
ist ja quasi auch nicht machbar.
aber trotzdem wird mir jetzt bewusst, wie wir Versicherten eigentlich selbst dafür mitverantwortlich sind, dass die Beiträge immer mehr steigen.
wir wollen bessere Behandlung durch die Ärzte- also entscheidet die Regierung, dass die Krankenhäuser und Ärzte mehr Geld bekommen müssen.
wir genießen die kostenfreie Familienversicherung. wenn man berücksichtigt, dass kinderreiche Familien dann zum Nulltarif alles bekommen, was zur Gesundheitsversorgung nötig ist, müssen wir dafür auch tiefer in die Tasche greifen.
die Hälfte der Beitragszahler zahlt ihre Beiträge nicht, ob nun unverschuldet oder mit voller Absicht.
so langsam bin ich persönlich der Meinung, dass es gar nicht mehr anders geht, als die Beiträge zu erhöhen. anders scheint es gar nicht mehr machbar zu sein.
wobei ich natürlich sagen muss, dass es mir lieber wäre, wenn die ganzen PKVen endlich aufgelöst werden würden und die Gutverdiener auch in die GKV einzahlen müssten. aber das ist Wunschdenken, reine Träumereien.
Beeinflusst die Zahlungsmoral einen Zusatzbeitrag???
Verfasst: 27.01.2010, 16:17
von Kamille
Hallo zusammen,
nur mal so am Rande, was man alles finden kann, wenn man sucht:
Deutsche Krankenkassen haben in den vergangenen Jahren Überschüsse erwirtschaftet wie folgt:
2004: in den ersten drei Quartalen . 2,64 Milliarden Euro
2005: im gesamten Jahr ............. 1,67 Milliarden Euro
2006: im gesamten Jahr ............. 1,73 Milliarden Euro
2007: im gesamten Jahr ............. 1,80 Milliarden Euro
2008: im gesamten Jahr ............. 1,40 Milliarden Euro
2009: in den ersten drei Quartalen . 1,40 Milliarden Euro
Ich weiß nicht, ob es verständlich erscheint, wenn ich meine, daß diese Diskussion zum Thema "Beeinflusst die Zahlungsmoral einen Zusatzbeitrag???" für den Hintern ist? Unter diesen Umständen rechtfertigt nichts, aber auch gar nichts die Einführung eines Zusatzbeitrages.
Kann uns jemand mal erläutern, wo dieses Geld hingekommen ist? Nur, das wissen wir schon: Ein Überschuß ist der Betrag, der nach Abzug aller Ausgaben von den Einnahmen übrig bleibt. Ich schreibe das nur, damit nicht jemand kommt und uns erzählt, was von dem Überschuß alles zu bezahlen sei...
Und zum Thema zurückkehrend: Da hat eine ältere Frau, die mal eben so locker 160 Euro Rente monatlich einstreicht, weil sie früher ihren Kindern eine gute Erziehung hat angedeihen lassen und dann nicht mehr im Beruf untergekommen ist, mit 8 Euro monatlicher Mehrbelastung eine satte Beitragserhöhung von sage und schreibe glatten 5 Prozentpunkten hinzunehmen. Ich meine, Herr Rebscher und seine Kollegen und Kolleginnen hätten da noch ein wenig Nachholbedarf; nicht nur beim Hinlangen, sondern auch beim Überblicken der Realitäten.
Freundlichen Gruß!
Manfred
Verfasst: 27.01.2010, 16:58
von Lord Dragon
@Kamille
Krankenkassen haben im Jahr 2009 Überschüsse erwirtschaftet, weil Gesundheitsfond mehr Geld ausgeschüttet als er eingenommen hat. Das bedeutet, dass Gesundheitsfond die Krankenkassen auf Pump finanziert hat. Trotz Bundeszuschuss hat der Gesundheitsfond Schulden von 4 Mrd. EUR. Jetzt heißt es, dass dieses Jahr weniger Geld an die Krankenkassen ausgeschüttet werden kann. Die Schulden werden verrechnet.
4 Mrd. EUR Schulden-1,4 Mrd. EUR Überschuss aus dem Jahr 2009=2,6 Mrd. EUR Schulden. Krankenkassen kriegen 2,6 Mrd. EUR weniger zugewiesen.
Zahlungen an Kassenärztliche Vereinigungen sind aber 2010 wieder gestiegen. Budget für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel sind auch gestiegen.
Verfasst: 27.01.2010, 19:40
von Kamille
Hallo zusammen,
@Lord Dragon
ja, so ist das; und genau darauf kam es mir an, nämlich, aufzuzeigen, daß überall dort, wo durch den Staat in bislang funktionierende Systeme, die auf Selbstverwaltung und Solidarität aufgebaut waren, eingegriffen wird, kein Stein mehr auf dem andern stehen bleibt. Mit allen Folgen, wie wir sehen, und künftig noch vermehrt zu spüren bekommen werden. Wir werden uns noch wundern, wenn die Gesunden und gut Betuchten, wie das ja bereits ansatzweise heute schon an kleinen Bonbons erkennbar ist, Zuschüsse zum Urlaub bekommen, weil sie ihre Beine ins Wasser hängen und etwas für ihre Gesundheit tun, und die Schwerkranken dafür einen höheren 'Beitrag' zahlen müssen, weil sie ja ein Risikofaktor für eben diese 'Gutbetuchten' sind.
Nun erklärt die Aussage von Lord Dragon nur einen Teil der Wahrheit, denn der Gesundheitsfond wurde, wenn ich recht informiert bin, erst so richtig ab 2009 wirksam. Es bleibt noch offen, was mit den Beträgen der vor 2009 liegenden Jahre passiert ist.
Und weiters wird die 5%-ige Beitragserhöhung für die ältere Rentnerin mit ihren 150 Euro Monatsrente dadurch auch nicht weniger, es bleiben nach wie vor so um die 5 %-Punkte. Ich denke, diese soziale Schieflage ist bewußt von der Politik so gewollt, und es scheint weiter so gewollt, daß andere, nämlich die Kassen, die Schelte dafür einstecken sollen; oder aber den wichtigen Menschen in den Gremien, die diese Dinge beschließen, ist jedes Gespür für Solidarität abhanden gekommen oder ihr Denkmechanismus durch Dollar- und Eurozeichen vernebelt worden. Beides könnte ich mir lebhaft vorstellen. Und wenn man das nicht wollte, warum hat man's dann so gemacht, und nicht anders?
Ich bitte explizit um Verzeihung wegen des 'Abrutschens' vom Thema, aber heutzutage ist es ja üblich geworden, alles in kleinste Einheiten zu zerlegen und aus dem Zusammenhang zu reißen, damit der Überblick verloren geht. Ich möchte das nicht. Es spielt für mich schon eine Rolle, wie die einzelnen Stücke da ein Ganzes geben, ob das zum Schluß was Rundes oder etwas Eckiges gibt. Allerdings, daß der ganze Budenzauber, den wir zur Zeit erleben, nur eine Vorbereitung zu Größerem ist, verstehen auch nur jene, die schonmal was von der Neuen Weltordnung gehört oder gelesen haben. Und alle, die nach Reformen jedweder Art schreien, sollten sich an den Kopf fassen und einmal darüber nachdenken, ob ihnen von den vielen Reformen bislang eine einzige einmal auch nur etwas gebracht hat. Bei allen Bewertungen, die man beispielsweise zu angekündigten Reformen vornimmt, sollte immer zu Beginn die Frage stehen: Wem nutzt das? Wenn man sich diese Frage ehrlich beantwortet hat, weiß man, was man von davon zu halten hat. Und wenn ich sehe, daß die Dame eben nach einigen vorangegangenen Nullrunden und auch von kommenden Nullrunden gesegnet sein wird, und sie dann, wenn sie einmal die Hilfe der Solidargemeinschaft benötigt, erfährt, daß gerade für sie das Geld möglicherweise nicht mehr reicht, weil sie vielleicht gerne ein paar Mistelspritzen hätte, von denen das Päckchen knappe 50 Euro kostet, und die ihr fürs Überleben hilfreicher erscheinen als die verordnete Frankenstein-Medizin, dann, ja, dann ist klar, daß ein Zusatzbeitrag wie dieser nicht auf Gegenliebe stößt. Aber letzten Endes sind es nicht die 8 Euro, die die Suppe der Rentnerin fett machen, sondern das Vertrauen in eine Gesellschaft, das hier auf breiter Ebene für immer verspielt wird.
Naja, das Thema Bankenrettungen und Plünderungen der Rentenkassen durch unseren Staat hat hier nun wirklich nichts zu suchen...
Freundlichen Gruß!
Manfred