Ungerechtfertigte Gesundschreibung

Welche Leistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt?

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Koulchen
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Ungerechtfertigte Gesundschreibung

Beitrag von Koulchen » 02.04.2009, 12:03

Hallo,

mein bis Ende August 2008 als selbständiger Maurermeister tätiger, anschließend krankgeschriebener Mann war vorhin bei seinem Orthopäden, mit dem er besprechen wollte, wie es jetzt nach seiner Reha wegen Gonarthrose weitergehen soll. Aus der Reha ist mein Mann übrigens vorgestern arbeitsunfähig entlassen worden.

Der Arzt war der Meinung, das könne ja alles nicht so weitergehen, und hat meinen Mann nur noch bis 10. April krankgeschrieben. Für den "Arbeitsamtsarzt" hat er auf einem Rezeptblockzettel vermerkt: "Bei nachstehendem Patienten besteht ein Wirbelsäulensyndrom und ein chronischer Kniebinnenschaden mit eingeschränkter Belastbarkeit - nähere Befunde auf Anfrage." (Kein Wort speziell von Gonarthrose.)

Weil mein Mann an manchen Tagen - und dummerweise auch heute - kaum etwas hört (ggf. Durchblutungsstörungen) und dann ziemlich neben sich steht, hat er sich leider nicht vehement genug wehren können gegen die "Gesundschreibung". Es ist aber definitiv nicht drin, daß er in absehbarer Zeit wieder als Maurermeister tätig wird; wahrscheinlich wird es nie wieder möglich sein. Bewerbungen wird er auf jeden Fall schreiben auf Stellen mit sitzender Tätigkeit. Bis da etwas klappt, kann er aber schlecht auf das Krankengeld verzichten, zumal er keinen Arbeitslosengeldanspruch hat. Eigentlich will er Leistungen zur Teilhabe bei der Rentenversicherung beantragen und dann mal gucken, ob er irgendwo als Bautechniker unterkommt (diese Ausbildung hat er auch) oder, falls der Markt verschlossen ist, eine Umschulung in Richtung Rundfunk- und Fernsehtechnik bewilligt bekommt. In der Reha hat man ihm auch schon das Antragsformular für die Leistungen zur Teilhabe mitgegeben sowie einen Antrag ans Versorgungsamt zur Feststellung einer Behinderung.

Die Reha-Sachbearbeiterin der Krankenkasse hat heute morgen in der Zeit, als mein Mann den Arzttermin hatte, angerufen, um sich nach dem Erfolg der Reha-Maßnahme zu erkundigen. Eine Gonarthrose 4. Grades läßt sich nicht so einfach wegbehandeln, aber zumindest hat der Muskelaufbau ein bißchen was gebracht. Selbst diese Sachbearbeiterin geht nicht davon aus, daß mein Mann sofort wieder voll arbeiten kann, und sprach von der stufenweisen Wiedereingliederung.

Frage: Benachrichtigen Ärzte von sich aus die Krankenkassen, oder könnte mein Mann sich bei einem anderen Orthopäden oder seinem Hausarzt eine zweite Meinung einholen und einfach den unterschriebenen Auszahlschein (bis 10. April) nicht einschicken? Wir wissen wirklich nicht, was für eine Laus dem derzeitigen Orthopäden über die Leber gelaufen ist - auf jeden Fall liegt er mit seiner Einschätzung der Arbeitsfähigkeit völlig daneben. Mein Mann versucht derzeit, halbwegs gerade zu laufen, und soll jetzt wieder mauern?! Wir vermuten, daß die ablehnende Haltung des Orthopäden mit den Fallpauschalen zu tun hat. Erst in ca. 10 Jahren ist nämlich wieder was an meinem Mann zu verdienen, wenn er das künstliche Kniegelenk eingesetzt bekommt, für das er jetzt, mit 42, einfach noch zu jung ist.

Wäre sehr nett, wenn jemand unsere Frage beantworten könnte! Die "Gesundschreibung" ist nämlich existenzbedrohend für uns; mein Mann überlegt schon, wie er unser - noch nicht einmal abgezahltes - Haus schnellstmöglich verkauft bekommt.

Vielen Dank und Gruß
Koulchen

Grampa
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Beitrag von Grampa » 03.04.2009, 08:20

komplexer Sachverhalt, schwierig alles zu beachten, ich versuch es mal:

1. was ist mit dem Gewerbe deines Mannes? bereits abgemeldet ?

wenn ja-->Ende AU, da Gewerbe nicht mehr Beurteilungsmaßstab

2. wie sieht der KRG-Tarif deines Mannes aus?
man muss genau die Tarifbestimmungen beachten, bei uns gibt es so nette Einschränkungen wie: wenn AU auf Dauer besteht beenden wir das KRG mit einer bestimmten Frist (z.B. 3 Monate)

3. "Bewerbungen wird er auf jeden Fall schreiben auf Stellen mit sitzender Tätigkeit. Bis da etwas klappt, kann er aber schlecht auf das Krankengeld verzichten, zumal er keinen Arbeitslosengeldanspruch hat"

sry wenn ich da etwas hart reagiere, aber: das ist nicht das Problem deiner KK! die KK ist nicht dafür zuständig, jemanden die Arbeitssuche zu finanzieren, die KK zahlt KRG wenn jemand aufgrund von AU nicht in der Lage ist, seinen Job auszuüben bzw. sich beim Arbeitsamt vermittelbar zu melden

4. Was hat das mit dem "Arbeitsamtsarzt" auf sich? ist dein Mann denn schon da gemeldet?

Es ist wie immer: entscheidend für eine Anerkennung von AU und daraus resultierend der KRG-Anspruch ist der Beurteilungsmaßstab, hat dein Mann das Gewerbe als Maurer aufgegeben (was offenbar erforderlich sein wird nach deiner Schilderung) dann ist für mich die Gesundschrift des Orthopäden plausibel, da nutzt auch nicht der Arztwechsel, da für die KK die Fakten gleich bleiben, auch wenn ein anderer Arzt eine AU bestätigt

vllt. einfach mehr Fakten, kannst du ja gerne per PN machen wenn dir das hier zu öffentlich ist, aber für einen gescheiten Rat fehlen einfach noch zu viele Infos

Gruß
Grampa

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 03.04.2009, 10:24

Hallo Grampa,

danke für die Antwort! Ich schreibe einfach mal der Reihe nach die fehlenden Infos zu den einzelnen Punkten:

1. Das Gewerbe meines Mannes ist weiterhin angemeldet. Eine Abmeldung ist im Moment absolut nicht möglich, weil dann das Anlagevermögen auf einen Schlag als Gewinn versteuert werden müßte, und das würde ihn/uns ruinieren. Die Vorstellung, die wir bisher haben, ist die, das Gewerbe als geringfügige Nebentätigkeit (unter 8 Stunden) angemeldet zu lassen. Leichte Fahrtätigkeiten sind z.B. immer noch drin - mit dem Firmentransporter sogar besser als mit dem Privat-Pkw, weil der Winkel fürs Knie zu den Pedalen günstiger ist.

2. Mein Mann hat einen Krankengeldwahltarif, für den eine nicht nur vorübergehende Minderung des Einkommens unverzüglich zu melden ist.

3. Ist soweit klar. Unsere Vorstellung war allerdings, daß er jetzt sehr schnell die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt und dann irgendeine Form der "beruflichen Reha" in Anspruch nimmt, wofür die Deutsche Rentenversicherung Kostenträger sein wird, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für deren Kostenträgerschaft gegeben sind. Es gibt noch eine weitere Schwierigkeit mit der "Gesundschreibung": Im letzten Jahr hat mein Mann wegen der kaputten Knie deutlich weniger verdient als 2007, aus dem das Einkommen als Bemessungsgrundlage für das aktuelle Krankengeld angesetzt wurde. Sobald der 2008er Steuerbescheid vorliegt, wird es ziemlich happig. Außerdem sehe ich noch die Problematik, daß mein Mann ggf. gar kein Krankengeld bekommmt (?), falls er sich jetzt irgendwo anstellen ließe und nach drei Wochen feststellen würde, daß er die Arbeit doch nicht packt. Dann hätte er keinen Lohnfortzahlungsanspruch und - vermute ich mal - noch keinen Krankengeldanspruch aus abhängiger Beschäftigung. Die Krankenversicherung der Arbeitslosen würde erst nach einem Jahr des Angestelltendaseins wieder greifen; derzeit hat er hier keine "Pflichtversicherung auf Antrag".

4. Gute Frage, was es mit dem "Arbeitsamtsarzt" auf sich hat. Unsere Vorstellung sieht inzwischen auch hier etwas anders aus: Amtsarzt okay, aber warum nicht gleich einer von der Krankenkasse/MDK? Der MDK-Arzt würde vermutlich die Empfehlung abgeben, den Antrag auf die "berufliche Reha" zu stellen. In diesem Zusammenhang auch noch interessant: Der Reha-Entlassungsbericht liegt derzeit nur als vorläufiger vor. Im endgültigen wird nach Aussage des dort behandelnden Arztes eine Arbeitsunfähigkeit für voraussichtlich drei weitere Monate diagnostiziert. In der Reha hat mein Mann Antragsformulare für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und für das Versorgungsamt erhalten. Wir hatten uns das jetzt so vorgestellt, daß er aus eigenem Antrieb oder auf Verlangen der Krankenkasse (nach dieser zusätzlichen Schwierigkeit mit der Gesundschreibung) den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe zeitnah einreicht. Dann wäre ein fließender Übergang gegeben statt der tausend Schwierigkeiten, die sich aus der Gesundschreibung ergeben.

Vor allem zum vierten Punkt würde mich die Einschätzung von Ihnen, Grampa, und den anderen Experten hier im Forum interessieren. Ist es nicht sehr viel sinnvoller, die Begutachtung durch den MDK-Arzt vornehmen zu lassen als durch den Amtsarzt der Arbeitsagentur, die sowieso keine geeigneten Stellenangebote vorliegen hat (mit Bautechnikern kann man die Straße pflastern) und meinen Mann in der derzeitigen Situation voraussichtlich sowieso als kaum vermittelbar betrachten wird?

Ich sage vorab danke für alle erhellenden Antworten!

Viele Grüße
Koulchen

Grampa
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Beitrag von Grampa » 03.04.2009, 12:11

ich wusste es ist ne schwierige Kiste :)

ich sollte vorweg sagen, dass es bei einem solchen Sachverhalt kein Schema F gibt, es kommt auch viel auf Kleinigkeiten an und einiges wird, da wir oft von Ermessensentscheidungen sprechen, auch vom Sachbearbeiter der KK abhängen.

1. Wenn das Gewerbe noch angemeldet ist MUSS die Beurteilung der weiteren AU auf Grundlage des Gewerbes erfolgen, Problem jetzt: der eigene behandelnde Orthopäde bestätigt eine Arbeitsfähigkeit -> wie plausibel ist das? beendet er die AU, weil er aus ärztlicher Sicht nichts mehr machen kann oder sieht er tatsächlich für die Tätigkeit eines Maurers eine Arbeitsfähigkeit?
aufgrund meiner beruflichen Erfahrung wage ich anzuzweifeln, dass jemand mit Wirbelsäulensyndrom und Gonarthrose für eine körperlich schwere Tätigkeit wie Maurer ausreichend belastbar ist --> aber: ich bin kein Arzt und habe keine konkreten Befunde zur Verfügung, hier wäre die sozialmedizinische Einschätzung der Reha-Klinik interessant

eine Gonarthrose oder auch die Rückenprobleme bekommt man ja nicht über Nacht, bisher war ja offenbar die Ausübung der Tätigkeit auch möglich -> was begründet aktuell eine AU? welche konkreten Verschlimmerungen lassen die weitere Tätigkeit als Maurer nicht mehr zu?
Das sind so Fragen, die gestellt und beantwortet werden müssen im Rahmen einer Anspruchsprüfung --> schlecht, wenn der eigene Orthopäde keine AU sieht, das greift eine KK natürlich gerne auf

2. das mit dem Wahltarif reicht als Info nicht aus, dass er eine "nicht nur vorrübergehende Minderung des Einkommens" melden muss ist ja ein Aspekt, der ja grds. gilt
Was sagen aber die Tarifbestimmungen für den Fall einer AU aus? Kann das KRG eingestellt werden, wenn eine dauerhafte AU (in Bezug auf die ausgeübte selbständige Tätigkeit) zu erwarten ist? kann das KRG eingestellt werden, wenn die selbständige Tätigkeit teilweise (z.B. Hamburger Modell) bzw. bestimmte Inhalte der Tätigkeit (z.B. Buchführung, leichte Bürotätigkeiten die immer so anfallen etc.) ausgeübt werden?

3. Wenn grds. ein Leistungsvermögen für eine körperlich leichtere Tätigkeit besteht, ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) im Rahmen einer Um- bzw. Weiterschulung sicherlich nicht der schlechteste Rat, die Entscheidung des Rententrägers bliebe dann abzuwarten
ABER: er hat zusätzlich eine anerkannte Ausbildung als Bautechniker und für diesen Beruf auch ein Leistungsvermögen, fraglich also, ob er überhaupt Anspruch auf LTA hat-->kann ich nicht beantworten

4. Ob das Hinzuziehen des MDK Sinn macht, hängt von den bisher der Kasse vorliegenden Informationen ab, grds. ist der MDK ja zur Beratung der Kasse da, sprich die Kasse gibt einen Begutachtungsauftrag (z.B. Überprüfung Dauer/Plausibilität der AU) an den MDK und der MDK muss dann eine Beurteilung/Empfehlung abgeben-->wichtig! leider gibt es hier im Forum so einige Kassenmitarbeiter, die gerne den MDK als entscheidende Instanz hinstellen, das ist schlichtweg juristisch gesehen falsch, die (leistungsrechtliche) Entscheidung trifft allein dann die KK

sprich: der MDK kann zwar beurteilen, ob anhand der Befunde eine medizinsiche und/oder berufliche Reha indiziert ist, was mit dieser Empfehlung dann passiert entscheidet letztendlich aber die KK -> siehe §51 SGB V : Die KK KANN den Versicherten auffordern, einen Antrag auf Rehabilitation zu stellen - das meinte ich eingangs mit Ermessensentscheidung

ob also in diesem speziellen Fall es sinnvoll ist den MDK hinzuzuziehen kann man m. E. nicht beurteilen, dass kann nur der Fallmanager/Rehaberater/wie auch immer er genannt wird der KK entscheiden

Meine Empfehlung:

persönliches Beratungsgespräch mit der KK suchen und mit offenen Karten spielen, irgendwann ist der Höchstanspruch auf Krankengeld erschöpft, bis dahin sollte eine Lösung zu finden sein

Gruß
Grampa

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 03.04.2009, 12:50

Hallo Grampa,

ganz herzlichen Dank für die sehr ausführliche und ausgesprochen hilfreiche Antwort!

Hier meine Antworten/Ergänzungen:

1. Der Orthopäde hat ganz klar die AU beendet, weil er aus ärztlicher Sicht nichts mehr machen kann. Schließlich hat er selbst vor ein paar Monaten bestätigt, daß aus seiner Sicht schnellstmöglich eine Reha angetreten werden sollte, und das entsprechende ärztliche Formular vorbereitet (so ein blaues in DIN A5).

Es handelt sich bei meinem Mann um eine Gonarthrose 4. Grades, es ist fast gar kein Knorpel mehr vorhanden, und Ober- und Unterschenkelknochen reiben sich dermaßen gegenseitig ab, daß man das bestens auf dem MRT-Bild sehen kann - so sollte ein Knie wirklich nicht aussehen. Schwierigkeiten und Schmerzen hatte er schon länger, aber letztes Jahr wurde es dann richtig schlimm.

2. Leider finde ich in der Satzung absolut nichts zur möglichen Einstellung des Krankengeldes. Alles, was irgendwie in diese Richtung geht, steht im Abschnitt zu den Wahltarifen und bezieht sich auf eine nicht nur vorübergehende Einkommensminderung oder auf eine nicht nur vorübergehende Aufgabe der selbständigen Tätigkeit. Das Krankengeld kann mit Sicherheit bei leichten Bürotätigkeiten eingestellt werden, weil nach so etwas immer gefragt wurde - aber zur Sicherheit kümmere ich mich um diesen Teil der Arbeit bzw. die Steuerberaterin um die Buchführung.

3. Die Frage, ob ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben besteht, wenn man eine Bautechnikerausbildung hat, aber keine entsprechende Arbeitsstelle findet, ist hochinteressant. Die werden wir zum VdK-Beratungstermin heute nachmittag mitnehmen.

4. Ich habe den MDK eigentlich auch immer nur als Berater der Krankenkassen angesehen, nicht als die entscheidende Instanz in Zweifelsfragen. (Nicht uninteressant ist allerdings das BSG-Urteil B 1 KR 18/04 R vom 08.11.05, in dem der Empfehlung des MDK ein deutlich höheres Gewicht zugemessen wurde als der des Facharztes.)

Am Montag wird mein Mann die Rehaberaterin der Krankenkasse anrufen, die von sich aus - auf meine Information hin, daß im Entlassungsbericht eine fortdauernde AU bescheinigt wird - die stufenweise Wiedereingliederung vorgeschlagen hat. Diese Mitarbeiterin hat bisher am Telefon immer einen sehr kundenorientierten und kompetenten Eindruck gemacht, von daher wäre ein Gespräch mit ihr direkt vor Ort sicherlich sinnvoll. Sie hat von mir auch schon die Information vorliegen, daß es mit dem Mauern und ähnlichen schweren körperlichen Tätigkeiten in Zukunft wohl nicht mehr funktionieren wird.

Also, noch einmal vielen Dank für die guten Ratschläge!

Gruß
Koulchen

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Beitrag von Koulchen » 03.04.2009, 15:02

Hallo Grampa,

noch eine Frage zu Ihrer Aussage: "Wenn das Gewerbe noch angemeldet ist MUSS die Beurteilung der weiteren AU auf Grundlage des Gewerbes erfolgen" - können Sie mir noch kurz mitteilen, wo sich die gesetzliche Grundlage findet?

Ich hatte den Orthopäden zu seiner Aussage, er müsse meinen Mann jetzt gesundschreiben, da austherapiert, um die Angabe der gesetzlichen Grundlage gebeten. Da kam aber nur sinngemäß: "Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue."

Danke vorab und Gruß
Koulchen

Grampa
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Beitrag von Grampa » 06.04.2009, 07:14

im § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V ist geregelt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtliniefür die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit beschliessen muss, das hat er mit den AU-Richtlinien getan

wer im Bundesausschuss sitzt findest du unter § 91 SGB V, u. a. sitzen die kassenärztlichen Bundesvereinigungen drin, somit ist jeder Vertragsarzt an die AU-RL gebunden

§ 2 AU-RL

(1) 1Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte auf Grund von Krankheit seine zu-letzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Ge-fahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann.

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 06.04.2009, 09:41

Hallo Grampa,

vielen Dank! Die AU-Richtlinien habe ich gestern nacht dann auch noch gefunden. Entscheidend ist jetzt wohl, wann es sich um eine Krankheit handelt, siehe meinen anderen, gestern eingestellten, Thread. Offensichtlich gibt es keine gesetzliche Definition von Krankheit, nur ein BSG-Urteil, das sich an die WHO-Definition anlehnt.

So, wie sich mir die Situation darstellt, ist nach dieser Definition mein Mann krank, egal was der Orthopäde dazu meint. Aber es wird wohl nicht möglich sein, ihn davon zu überzeugen.

Viele Grüße
Koulchen

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 06.04.2009, 12:30

Hallo,
da wir alle diesen Einzelfall nur so kennen wie er hier dargestellt wurde
kann auch nur eine grundsätzliche Stellungnahme erfolgen.
Die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien wurden schon ausführlich genannt und auch zitiert.
Wenn eine selbständige Tätigkeit aufgegeben wird während einer
AU-Phase dann ist der Betreffende für die Kasse und auch für den
MDK (beratend für die Kasse tätig) als Arbeitsloser anzusehen.
Es wird dann eben nicht mehr beurteilt ob die bestehende Erkrankung
in Hinsicht auf seine letzte Tätigkeit (Selbständiger) Arbeitsunfähigkeit
auslöst sondern ob auch für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, und dort zählt so ziemlich jede Tätigkeit, Arbeitsunfähigkeit wegen eben dieser Erkrankung vorliegen würde.
Wenn dies eben nicht der Fall ist wird die Kasse aufgrund der MDK-Beurteilung das Krankengeld einstellen.
Das war und ist die Praxis - hier entscheiden letztendlich, und das ist auch richtig so, die beteiligten Mediziner. Die Kasse verlässt sich auf den MDK, der Versicherte auf seine behandelnden Ärzte.
Wird man sich nicht einig gibt es ein Obergutachten und danach der Klageweg.
Gruß
Czauderna

Koulchen
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Beitrag von Koulchen » 06.04.2009, 18:20

Danke, Czauderna!

Wir haben noch mal mit der Reha-Beraterin der Krankenkasse telefoniert, für die die weitere AU völlig plausibel ist. Sie rät meinem Mann, sich vom Hausarzt auf dem Auszahlschein bestätigen zu lassen, daß die AU weiterhin besteht. Diesen Auszahlschein schicken wir dann ein, den anderen (mit der "Gesundschreibung") nicht. Praktischerweise ist fachlich die Rehaberaterin diejenige, die über die weitere Krankengeldzahlung entscheidet.

Sobald der endgültige Entlassungsbericht der Rehaklinik vorliegt, stellt mein Mann den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Da kann sich dann die Rentenversicherung auch nicht unendlich Zeit lassen, und irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft geht das gesamte Thema (hoffentlich!) auf die DRV über.

Na ja, wir lassen uns mal überraschen. Jedenfalls noch mal vielen Dank an alle, die auf meine Threads geantwortet haben!

Viele Grüße
Koulchen

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