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Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 15.06.2019, 20:57
von franzpeter
Mal angenommen ein AN war AU und bekam KrG.
Dann arbeitet er einige Monate weiter und wechselt den Job.
Dann wird er wegen derselben Sache wieder AU.

Seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit beim alten AG ist eine Frist von zwölf Monaten noch nicht abgelaufen, siehe § 3 (1) Satz 2. Entgeltfortzahlungsgesetz.

Wäre das jetzt eine Folge-AU-Bescheinigung oder eine Erst-AU-Bescheinigung ?

Erhält der AN nun Entgeltfortzahlung beim neuen AG ?

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 15.06.2019, 21:07
von RHW
Hallo,

bei einem Arbeitgeberwechsel sind alle Arbeitsunfähigkeitszeiten bei früheren Arbeitgebern ohne Bedeutung für die Entgeltfortzahlung. Nach den ersten 28 Tagen des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer für 42 Tage Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Für den Krankengeldhöchstanspruch addiert die Krankenkasse alle AU-Zeiten innerhalb von 3 Jahren.

Gruß
RHW

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 16.06.2019, 11:40
von franzpeter
RHW hat geschrieben:
15.06.2019, 21:07
... bei einem Arbeitgeberwechsel sind alle Arbeitzsunfähigkeitszeiten bei früheren Arbeitgebern ohne Bedeutung ...
Danke RHW, woran liegt das, weil im Gesetz habe ich dazu nichts gefunden ?

RHW hat geschrieben:
15.06.2019, 21:07
für die Entgeltfortzahlung. Nach den ersten 28 Tagen des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer für 42 Tage Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Wie ist das während der Probezeit, wenn der AG eine nur kurze Kündigungsfrist einhalten muss.

Im Gesetz steht dazu ja, dass der AG auch über den Austritt hinaus zahlen muss, wenn er wegen der AU kündigt. Aber ein findiger AG wird die Kündigung wohl so nicht begründen, auch wenn das der Grund ist, oder ?

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 17.06.2019, 11:43
von broemmel
Wie ist das während der Probezeit, wenn der AG eine nur kurze Kündigungsfrist einhalten muss.

Im Gesetz steht dazu ja, dass der AG auch über den Austritt hinaus zahlen muss, wenn er wegen der AU kündigt. Aber ein findiger AG wird die Kündigung wohl so nicht begründen, auch wenn das der Grund ist, oder ?
a) Wird die Kündigung mit der AU begründet dann hat der AN Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
b) Wird die Kündigung nicht mit der AU begründet dann hat der AB keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Wenn unterstellt wird, die Kündigung erfolgte aufgrund der AU besteht die Möglichkeit vor dem Arbeitsgericht zu klagen. Dann gibt es ein Urteil und der Richter stellt fest a) oder b)

Problem gelöst

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 06:37
von ippuj
Die Krankenkassen sind prinzipiell der Meinung, daß eine Kündigung während einer Krankheit wegen der Krankheit erfolgt, hier genügt der Verdacht. Und in der Regel wird es der Arbeitgeber nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen, da die Rechtssprechung auch in diese Richtung tendiert.

Die Krankenkasse holt sich dann das gezahlte Krankengeld für die Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs vom Arbeitgeber zurück (Anspruchsübergang).

Und, da ein Schelm ist, der dabei Böses denkt:
Es gibt Arbeitnehmer, die sofort zum Arzt gehen und sich eine AU bescheinigen lassen, sobald sie eine Kündigung erhalten, ebenso wie es Arbeitgeber gibt, die tatsächlich wegen der Krankheit eines Arbeitnehmers kündigen.
Insofern finde ich die aktuelle Praxis suboptimal, weil hier nur wegen eines Verdachts bestraft wird. Wie soll der Arbeitgeber beweisen, daß nicht die Krankheit der Grund für die Kündigung war?
(Duckundweg.)

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 09:13
von Czauderna
Hallo,
Das ist dem „duck und weg“ war schon ganz gut, denn was da steht, stimmt so nicht mit der Realität überein.
Es ist auch in der Praxis möglich, dass Arbeitgeber ganz legal wegen der Erkrankung kündigen und die Kasse natürlich anstandslos Krankengeld zahlen. Ersatzanspruch vom Arbeitgeber, kenne ich auch, allerdings kann ich die Faelle an einer Hand abzählen.
Was Kündigungen innerhalb von Probezeiten betrifft, können die als Argumentation nicht hergenommen werden, Düfte klar sein.
Gruß
Czauderna

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 10:59
von ippuj
Nun, da sind unsere Erfahrungen wohl unterschiedlich. Ich weiß um Deine lange Tätigkeit bei einer Krankenkasse, aber auch ich habe über 20 Jahre bei einem Arbeitgeber im Bereich der Sozialversicherung gearbeitet.

Ich habe keinen einzigen Fall erlebt, in dem die Krankenkasse nicht behauptet hat, daß die Kündigung nicht wegen der Arbeitsunfähigkeit erfolgte. Und jede dieser Krankenkassen hat einen Anspruchsübergang geltend gemacht, um sich das Krankengeld vom Arbeitgeber zurückzuholen.

Und - wie bereits erwähnt - gibt es natürlich auch Arbeitgeber, die wegen einer Krankheit kündigen, was selbstverständlich nicht in Ordnung ist.

Bleibt die Frage, warum eine Kündigung während der Probezeit nicht als Argumentation hergenommen werden kann.

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 11:17
von Czauderna
Hallo,
nun ja, es gibt durchaus Situationen bei denen eine Kündigung des Arbeitgebers aufgrund einer Erkrankung rechtlich zulässig ist, aber das zielt nun ins Arbeitsrecht. Ich gebe dir insofern recht, dass natürlich auch wir ausnahmslos in Faellen von Kündigungen vor Ablauf der Entgeltfortzahlungspflicht nachgehakt haben, wer und warum eine Kündiung veranlasst hat, aber wie gesagt - es liegt eben an der Formulierung der Kündigung - es gab und gibt ja auch Fälle bei denen nicht der Arbeitgeber sondern der Arbeitnehmer gekündigt hat vor Ablauf der 6-Wochen und auch da kann ich mich wirklich nur ganz wenig Faelle erinnern, bei denen wir uns dann quergestellt haben.
Was die Probezeitkündigungen angeht, da wären alle Aktivitäten , angesichts der Tatsache, dass es keiner Kündigungsbegründung seitens des Arbeitgebers den Aufwand nicht wert gewesen.
Dem Arbeitgeber zu unterstellen, er hätte wegen der Erkrankung des Arbeitnehmers gekündigt - wie gesagt, das war nie unser/mein Ding.
Gruss
Czauderna

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 17:56
von ippuj
"Was die Probezeitkündigungen angeht, da wären alle Aktivitäten , angesichts der Tatsache, dass es keiner Kündigungsbegründung seitens des Arbeitgebers den Aufwand nicht wert gewesen."

Ich verstehe nicht, was Du damit meinst. Selbst wenn bei uns eine Kündigung während der Probezeit und Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ausgesprochen wurde, unterstellten alle Krankenkassen, daß die Kündigung wegen der Krankheit erfolgte, mit den bekannten Konsequenzen. In all diesen Fällen wurde - mangels entsprechender Verpflichtung - kein Grund angegeben, es handelte sich immer um eine "Kündigung während der Probezeit".

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 20:51
von Czauderna
Hallo,
na, dann ist ja alles klar - offenbar hat sich die Praxis geändert - alle Kassen bezweifeln, dass die Kündigungen nicht rechtmässig sind.
Aber die Arbeitgeber kündigen ja nicht wegen der Erkrankung sondern aus anderen Gründen - dass die Kündigung dann zufällig mit der Erkrankung zusammenfällt - Zufall.
Ich kenne es anders, die Zeiten ändern sich.
Gruss
Czauderna

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 18.06.2019, 20:55
von franzpeter
Danke ipuj für die Erfahrungen aus der Praxis. Ich fasse nochmals zusammen was ich verstanden habe:

1. AU in den ersten 4 Wochen bedeutet KrG-Zahlung durch GKV.
Kündigt AG hier gibt es weiter KrG

2. AU ab den ersten 4 Wochen + 1 Tag bedeutet Entgeltfortzahlungspflicht des AG.
Kündigt AG hier ohne Grund wird von der GKV Kündigung wegen AU unterstellt und der AG muss nun über die Kündigung hinaus bis zu 6 Wochen
Entgelt weiterzahlen.

Passt das so ?

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 20.06.2019, 08:54
von RHW
Hallo,
1. AU in den ersten 4 Wochen bedeutet KrG-Zahlung durch GKV.
Kündigt AG hier gibt es weiter KrG
Ja, das ist korrekt. Es gibt aber für das Krankengeld von der Krankenkasse zwei Einschränkungen:

- erst ab Tag der ärztlichen Feststellung § 46 SGB V
- rechtzeitige Meldung der AU bei der Krankenkasse: innerhalb einer Woche nach AU-Beginn. Sonst wird Krankengeld erst ab Tag der Meldung gezahlt. § 49 SGB V

Wenn das Arbeitsverhältnis am 29. Tag der Beschäftigung noch besteht, hat der Arbeitgeber bei vorliegender AU an diesem Tag Entgeltfortzahlung zu leisten. Wenn der grundsätzliche Anspruch auf Krankengeld besteht (§ 44 + 46 SGB V), ist das Ende des Arbeitsverhältnisses kein Grund für die Krankenkasse, das Krankengeld einzustellen.
2. AU ab den ersten 4 Wochen + 1 Tag bedeutet Entgeltfortzahlungspflicht des AG.
Kündigt AG hier ohne Grund wird von der GKV Kündigung wegen AU unterstellt und der AG muss nun über die Kündigung hinaus bis zu 6 Wochen
Entgelt weiterzahlen.
Dieses Urteil macht die Sache deutlicher:
https://www.arbeitsrechtsiegen.de/artik ... aehigkeit/
Es ist aber kein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. In der Probezeit ist meist eine Kündigungsmöglichkeit ohne Angabe von Gründen vertraglich vereinbart. Bei den weiteren arbeitsrechtlichen Feinheiten muss ich leider passen.

Gruß
RHW

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 24.06.2019, 21:32
von franzpeter
RHW hat geschrieben:
20.06.2019, 08:54
2. AU ab den ersten 4 Wochen + 1 Tag bedeutet Entgeltfortzahlungspflicht des AG.
Wie sieht das aus bei einem Aufhebungsvertrag mit vereinbartem Ende zum 31.7. ?

Der AN wird am 30.7. AU für mehrere Monate, muss der AG Entgelt weiter zahlen, obwohl Austritt für den 31.7. vereinbart ?

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 24.06.2019, 22:02
von Czauderna
Hallo,
Grundsätzlich wäre es so, dass in diesem Fall natürlich die Kasse nach Ende der Beschaeftigung Krankenfeld zahlen würde.
Wer kann denn am 30.07. schon wissen dass die AU. mehrere Monate dauern wird und wenn die AU tatsaechlich erst zum 30.07. eingetreten und festgestellt wurde, dann ist es eben so.
Gruß
Czauderna

Re: Anspruch auf Entgeltfortzahlung ....

Verfasst: 27.06.2019, 20:48
von franzpeter
RHW hat geschrieben:
20.06.2019, 08:54
Dieses Urteil macht die Sache deutlicher:
https://www.arbeitsrechtsiegen.de/artik ... aehigkeit/
Es ist aber kein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. In der Probezeit ist meist eine Kündigungsmöglichkeit ohne Angabe von Gründen vertraglich vereinbart. Bei den weiteren arbeitsrechtlichen Feinheiten muss ich leider passen.
Hallo RHW, danke für den Beitrag. Unklar ist mir dennoch folgendes:

Wenn der AG aufgrund einer vermuteten Kündigung wegen AU gesetzlich verpflichtet ist das Entgelt über den Austritt
hinaus für 6 Wochen zu zahlen und das nicht tut, wird KrG gezahlt und die Kasse holt sich das KrG vom AG zurück.
Soweit so gut. Aber der Unterschied zwischen KrG und Bruttogehalt geht dem AN ja trotzdem dabei verloren, d.h. der
AN hat wiedermal das Nachsehen ...