Hallo farbensammler,
1) Die Altersrückstellungen sollen den Anstieg der Beiträge im Alter mindern. Wenn diese Versicherer einen Beitragsanstieg ausschließen (Ausnahme: Gesetzesänderungen), sollte man den Satz in den Vertrag aufnehmen. Die Versicherung wird dann bei der Aussage garantiert einen Rückzieher machen. Der Gesundheitszustand des einzelnen Versicherten führt nicht zu Beitragsanhebungen. Beitragsanhebungen beruhen auf folgenden Punkten:
- der Gesundheitszustand der Versicherten einer Altersgruppe in einem Tarif hat sich ungünstiger als erwartet entwickelt (es gibt Versicherungstarife in denen sehr optimistische Erwartungen zugrunde gelegt werden).
- Behandlungen sind teurer geworden (technischer Fortschritt, höhere Honorare der Ärzte, mehr unnötige Leistungen der Behandler ...)
- Lebenserwartung ist gestiegen (höhere monatliche Beträge für die Altersrückstellungen erforderlich)
- die Zinsen/Kapitalerträge für die Rücklagen bei der Versicherung (Altersrückstellungen) sind geringer als erwartet -> Niedrigzinsphase
Da die Einnahmen im Rentneralter meistens deutlich sinken, hat man ab Rentenbeginn
gefühlt eine drastische Beitragserhöhung, wenn die PKV-Beiträge nicht entsprechend der Einnahmen sinken.
2) Wenn ein Vertreter sagt, das alle Tarife der PKV mindestens die GKV-Leistungen beinhaltet, stimmt das definitiv nicht. Wenn er sagt, das sich alle PKV-Tarife und die GKV-Leistungen der einzelnen Krankenkassen gleichen, ist es eine Interpretationssache des Wortes "gleichen". Wenn man "gleichen" mit "ähneln" gleichsetzt, kann man es als zutreffend bezeichnen. Es gibt bei den PKV-Tarifen viele (z.B. für Studenten oder Existenzgründer), die deutlich weniger Leistungen als die GKV-Leistungen anbieten.
Bei den Leistungen sollte man neben vielen anderen besonders auf folgende Punkte achten:
• Reha/Kur (z.B. nach Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Unfällen ...): Oft gibt es in PKV-Verträgen keine Erstattung oder einen festen Euro-Tagessatz. Was bedeutet das dann in 30, 40 oder 50 Jahren bei der Erstattung eingereichter Rechnungen?
• Hilfsmittel: Katalog der GKV:
https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband. ... put.action
Hilfsmittel erreichen schnell 4- und teilweise 5-stellige Beträge. In der GKV wird der Katalog regelmäßig um neue technische Entwicklungen erweitert. In der PKBV bekommt man genau die Hilfsmittel, die im Tarif stehen (Ausnahme: PKV-Tarif verweist auf den GKV-Hilfsmittelkatalog)
• Psychotherapie (Anzahl und Erstattungshöhe), z.B. bei Burnout
• Heilmittel (z.B. Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie), z.B. nach Schlaganfall
-> Heilmittelarten und Erstattungshöhe (in ortsüblicher Höhe heißt konkret?)
3) Tipps: die Kosten einer Versicherung bestehen immer aus den monatlichen Beiträgen und den nicht versicherten Leistungen.
Wenn man sich für die private Krankenversicherung (PKV) entscheidet, kann man als Selbständiger (fast) nie mehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zurückkehren. Bei den seltenen Ausnahmen gibt es keine Garantie, dass diese Bestimmungen zum Zeitpunkt X dann noch so existieren (Gesetzesänderung).
Entscheidend ist daher nicht, wo es im Moment am günstigsten ist, sondern wie man am besten lebenslang versichert ist. Das heißt, es ist erforderlich alle späteren möglichen Veränderungen mit in den Vergleich einzubeziehen, z.B. "Gründung einer Familie" und Verringerung/Wegfall der Einnahmen.
Auch bei folgenden Änderungen bleibt man in der PKV:
Insolvenz, Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, späteres (Zweit-)Studium, Frührente wegen Erwerbsminderung, Altersrentner, Elternzeit/Hausmann, Auszeit wegen Kindererziehung, Scheidung, Todesfall eines Elternteils -> in diesen Fällen sind die PKV-Beiträge in unveränderter Höhe weiterzuzahlen (unabhängig von der Einnahmehöhe).
Die Leistungen für die Kinder sind in der PKV oft auf die Tarife für die Eltern begrenzt. Hier sind unter dem Suchbegriff "PKV" viele Erfahrungen betroffener Eltern vermerkt:
www.rehakids.de/phpBB2/forum21.html
Man sollte alle gefragten Punkte zum Gesundheitszustand und zu bisherigen Krankheiten/Beschwerden im PKV-Antrag zu 100% beantworten. Migräne können z.B. auch Hinweise auf schwerwiegende Erkrankungen sein, die erst später erkannt werden. Vielleicht ist dieser Link hilfreich:
www.test.de/versicherungen/tests/Formul ... 4-1669862/
Wer seit Jahren ein "Gesundheitstagebuch" führt, ist im Vorteil. Vergessene Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Husten etc. können fatal sein.
In der PKV werden Leistungen, soweit sie das medizinisch notwendige Maß nicht übersteigen, erstattet. Was notwendig ist, prüft die Versicherung, wenn man Rechnungen einreicht. Der Leistungserbringer hat aber trotzdem einen Anspruch auf Vergütung. Im Übrigen werden - je nach Tarif - oft nur anerkannte Methoden erstattet.
§5 Absatz 2 und § 4 Absatz 6 PKV-Musterbedingungen 2009:
www.pkv.de/recht/musterbedingungen/mbkk2009.pdf
Bei der Entscheidung Krankengeldversicherung bei der GKV oder Krankentagegeldversicherung bei der PKV sollte man auch folgende beachten:
- GKV: Arbeitsunfähigkeit (AU-RL): man kann seine aktuelle Tätigkeit nicht zu 100% ausüben (z.B. nur 6 Stunden statt 8 Stunden täglich) -> es wird das volle Krankengeld gezahlt (ggf. abzüglich der aktuell erzielten Einkünfte)
- PKV: in den Musterbedingungen für Krankentagegeld ist Arbeitsunfähigkeit so definiert, dass man sein Tätigkeit gar nicht ausüben kann. Danach bekommt z.B. ein Dachdeckermeister, der noch eine Stunde am Tag Schreibarbeiten erledigen kann, kein Krankentagegeld. Also die genaue Definition von Arbeitsunfähigkeit bei dem ggf. ins Auge gefassten Tarif sehr genau durchlesen.
Viele gesetzliche Krankenkassen haben noch zusätzliche krankengeld-Wahltarife im Angebot.
Wenn man im Krankheitsfall Probleme mit einem PKV-Unternehmen hat, kann man praktisch nicht mehr wechseln. Jede andere Versicherung wird einen voraussichtlich wegen der Erkrankung ablehnen (oder gravierende Risikozuschläge erheben). In der GKV sind die anderen Krankenkassen verpflichtet, einen aufzunehmen, und man hat ab dem 1. Tag den vollen Leistungsanspruch (ohne Zuschläge).
Vielleicht interessante Links:
https://www.focus.de/finanzen/versicher ... 52165.html
www.bundderversicherten.de/app/download ... chuere.pdf
www.pkv-ombudsmann.de
(unter Tätigkeitsberichte sind häufige Beschwerden von PKV-Versicherten aufgelistet)
Evtl. ist ein Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse sinnvoll. es gibt bei den Beiträgen und Leistungen zwischen den 109 gesetzlichen Krankenkassen deutliche Unterschiede. Angehörige sind nach den Voraussetzungen von § 10 SGB V kostenlos familienversichert.
Die Entscheidung GKV oder PKV hat vermutlich lebenslange Auswirkungen und sollte daher genauso gründlich wie z.B. ein Hauskauf angegangen werden. Ausführliche Gespräche mit Experten der PKV (Versicherungskaufleute oder Kaufleute für Versicherungen und Finanzen) und Experten der GKV (Sozialversicherungsfachangestellte) sind sinnvoll. Punkte, die für die Entscheidung wesentlich sind, gehören ins Beratungsprotokoll.
Viel Erfolg bei der richtigen Entscheidung!
Noch Fragen offen?
Gruß
RHW