Bürgerversicherung

Moderatoren: Czauderna, Karsten

GerneKrankenVersichert
Beiträge: 3599
Registriert: 13.08.2008, 14:12

Beitrag von GerneKrankenVersichert » 02.06.2014, 17:20

Es gibt für viele vorhandene und angesprochene Probleme Lösungen, die nicht gleich zu einer Komplettbeseitigung des bisherigen Systems mit seinen Strukturen führen müssen. Eine solche Änderung ist für mich bei der momentanen Politik des Inkrementalismus in nächster Zukunft so realistisch wie eine Reise zum Mars.

Das Hin- und Herschieben zwischen den verschiedenen Sozialversicherungszweigen könnte man leicht mit einem Gutachter für alle, der festlegt, welcher Zweig für welche Leistung zuständig ist, lösen.

Für die Lösung der Frage, wie weit die Spirale sich drehen muss und wann ein Strich gezogen werden sollte - diese Diskussion müssen wir in naher Zukunft führen und nicht weiterhin den Arzt dazu verpflichten, die Maximalmedizin anzuwenden, ihm aber nur budgetierte Mittel zur Verfügung zu stellen und ihn mit seiner Entscheidung, wie er diesen Spagat bewältigen soll, alleine zu lassen. Unter Fachleuten wird die Diskussion bereits geführt: http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/ste ... swesen.pdf In dieser Frage sind wir jedoch aufgrund unseres Grundgesetzes und des Nikolausbeschlusses des BVerfG eingeschränkter als z. B. Großbritannien. Das heißt, selbst wenn die Schilbachsche Lösung eingeführt würde und das Primärbudget erschöpft wäre, müsste das Sekundärbudget einspringen, weshalb ich die Möglichkeit der steuernden Wirkung eines Primärbudgets, dessen Guthaben im Todesfall dann doch wieder der Allgemeinheit zufällt, als sehr gering ansehe.

Schilbach
Beiträge: 77
Registriert: 19.05.2014, 20:07

Beitrag von Schilbach » 02.06.2014, 18:33

"Gutachter für alle", "Ethikrat", "Strich ziehen", "Kompromiss finden", "verschiedene Sozialleistungstöpfe".
Ich kann Euch alle verstehen. - Ich habe mir jedoch über viele Berufsjahre Gedanken gemacht. Und die Patienten/Menschen danken es einem nicht.
Sie sind zur MAXIMALEN UNSELBSTÄNDIGKEIT durch das immer mehr "optimierte" Gesundheitssystem erzogen worden.
Meine Devise: es soll JEDER (sowohl Leistungserbringer als auch Leistungsempfänger)
1. entscheiden, was für ihn persönlich WANZ ist, ob er unbedingt eine (in Relation dazu zu risikobehaftete) "Vollnarkose" zur Entfernung von 3-4 Zähnen haben will, und
2. am eigenen Geldbeutel spüren, was das heutzutage kostet
Beiden Entscheidungen wird er im heutigen System enthoben. Das ist dumm und unmündig halten und fördert in keinster Weise solidarisches Denken und Empfinden.
Warum sollen sich andere Menschen den Kopf über Dinge zerbrechen, die der Betroffene sowieso anders sieht/entscheiden würde (shifting baselines).

Schilbach
Beiträge: 77
Registriert: 19.05.2014, 20:07

Beitrag von Schilbach » 02.06.2014, 18:45

Noch was.
Mir ist VÖLLIG bewusst, das meine Alternative eine Reise zum Mars wäre.
Mir ist VÖLLIG bewusst, dass meine Alternative NIE Realität wird.
Mir war aber auch völlig klar, dass wenn ich meinem Empfinden, meiner Meinung, keine Luft verschaffen würde, vielleicht auch - wie hier im Forum sehr deutlich zu spüren - Denkanstöße zu setzen, um zumindest etwas in Gang zu bringen, was das derzeitige System vielleicht doch ins Wanken brächte, dass ich dann keinen Bock mehr hätte, meine geliebte Tätigkeit weiter auszuüben..
Meinen Kindern konnte ich diesen Job bereits mit Erfolg ausreden, und ich rate auch JEDEM, der den Beruf eines Arztes ergreifen möchte, dringend davon ab, solange dieses System existiert, wohlwissend, dass ich im gebrechlichen Alter selbst ein Betroffener werden könnte. Aber meine Lebensphilosophie ist sowieso eine andere (anderes Thema).
Übrigens, Ärztemangel lass grüßen.

KKA
Beiträge: 1082
Registriert: 30.09.2012, 21:41

Beitrag von KKA » 02.06.2014, 18:58

Schilbach hat geschrieben:HaHa KKA.
"Verkaufsveranstaltung" für Euch 3-4 Männekes? War´n Witz von Dir, oder?
Nein, keineswegs. Schon mal daran gedacht, wieviele 'Klicks' dieser Thread mit sich führt? Aha........

Und nein, Nuklearkriege und Währungsreformen haben primär natürlich keine Relevanz :wink:
Schilbach hat geschrieben: Wodurch kommt es zu dem "Überschuss" an alten und chronisch kranken Menschen, dem Personenkreis, den Du nicht allein lassen möchtest, für die Du immer mehr Geld benötigst? - Und die Spirale dreht sich immer weiter . . .
Mir ist schon klar, dass sich hier niemand getraut, einen Strich zu ziehen.
Wir untergraben mit Sozialsystemen das "Survival of the fittest", das dürfte jedem klar sein. Keiner will das eigentlich haben, aber keiner getraut sich, das auszusprechen, erst recht nicht, umzusetzen.
Genau da setzt meine Alternative an. Ich weiß, dass das sehr, sehr unpopulistisch ist. Aber es ist leider die bittere Pille der Evolution und die Wahrheit.
Fällt es dir schwer die 'Alternative' auszusprechen, oder warum erläuterst du nicht, wie und an welcher Stelle 'der Strich' gezogen bzw. dem 'Überschuss' begegnet werden sollte? Die Essenz aller Frage!

Leider erkenne ich in Schilbachs Thesen einen Hauch von Eugenik, nicht im Sinne nationalsozialistischer Idiologien (falls das missverstanden werden sollte), aber langfristig mittels selektivem Biologismus eine 'Gesundheitsrasse' zu generieren.
Merke: Der Versuch, aus der Natur Wertvorstellungen für die menschliche Gesellschaft abzuleiten, ist ein moralistischer Fehlschluss (Basis der moralischen Unerwünschtheit eines Zustands oder Verhaltens dessen Naturwidrigkeit behauptet wird)!

In diesem Sinne, meine Bitte um Aufklärung von 'Strich' und 'Überschuss'.

Danke.

Gruss
KKA

Lady Butterfly
Beiträge: 1363
Registriert: 21.03.2009, 22:52

Beitrag von Lady Butterfly » 02.06.2014, 19:52

Schilbach, vielleicht solltest du mal schreiben, welches Ziel du mit deinem Buch überhaupt verfolgst
- Verbesserung der Arbeitsqualität der Ärzte?
- Kostenreduktion?
- Verbesserung der medizinischen Versorgung?
- Anerkennung für DEINE Arbeit?
- mit dem Leid zurechtkommen, dass du schon gesehen hast bzw. immer noch siehst?

das sind verschiedene Themen, die zwar zusammenhängen aber doch getrennt diskutiert werden sollten (bzw. hier nicht diskutiert werden sollten).
Schilbach hat geschrieben: "was passiert denn, wenn sich im Laufe der Zeit die Staatsform oder die Währung ändert? wie willst du mit Inflation umgehen, wenn ein fixer Betrag auf Karten "gebrannt" wird? was passiert, wenn Karten gestohlen oder verloren werden? eine Menge praktischer Fragen, die hier nicht beantwortet werden"

Was passiert eigentlich, Lady Butterfly, wenn Du Dir beim Nasebohren den Finger brichst?

Entschuldigung, aber Deine Fragerei ist manchmal so naiv ...
Ich stelle hier keine unumstößliche Strategie über alle noch kommenden Währungsreformen, Nuklearkriege und sonst noch was auf, sondern ein Modell, das auch einem Zeitgeschehen unterliegt und ggf. anzupassen wäre.
ich weiß ja nicht, wie es dir geht - aber ich hab mir noch nie beim Nasebohren den Finger gebrochen

aber ich hab erlebt, wie die DDR untergegangen ist und der BRD angegliedert wurde - dabei gab es auch eine Währungsumstellung
und vor gut einem Jahrzehnt gab es schon wieder eine Währungsumstellung - dieses Mal von der guten alten Deutschen Mark in den Euro

und Inflation gibt es übrigens ständig...

ich kann also sagen: aufgrund von meinen persönlichen Erfahrungen ist eine Währungsumstellung oder ein Änderung der Staatsform wahrscheinlicher als sich beim Nasebohren den Finger zu brechen

vielleicht sind deine persönlichen Erfahrungen anders - und du brichst dir regelmäßig deine Finger beim popeln..... ich denke aber nicht, dass du damit beispielhaft bist. Vielleicht solltest du mal besser aufpassen oder deine Technik ändern 8)

Und das meine ich auch damit, dass du naiv bist: du denkst, du kannst eine Summe X auf eine Plastikkarte brennen und damit ist gut und du musst dich nie mehr darum kümmern. Das entspricht leider nicht der Lebenswirklichkeit.

Ein Gesundheitssystem muss in der harten Realität funktionieren - bei allen Wechselfällen, die das Leben bereit hält. Das aktuelle System funktioniert - bei allen Schwächen und Fehlern.
Schilbach hat geschrieben: Frau Butterfly, ich "fühle" doch, dass Du zu den "gläubigen Gutmenschen" zählst, die regelmäßig ihre alte Mutter, Vater oder sonst wen in einem chicen Altenheim besuchen geht (warum eigentlich Altenheim, warum nicht zu Hause in der Familie? - Doch "abgeschoben" weils nicht ins Zeitmanagement passt?). Du hast zwar Recht, aber nur in Deiner "kleinen Welt". Und könnte man diese "kleine Welt" auf eine "große" aufpusten, dann wären wir in der Tat gerettet. Kann man aber leider nicht. Die menschlichen Triebe lassen das nicht zu. Auch heute werden Kriege geführt (Syrien), obwohl die Welt aus 2 Weltkriegen, die noch gar nicht so lange her sind, hätte lernen können.
Schilbach hat geschrieben: Nein, mein letztes Post galt nur Lady Butterfly. - Ich denke, dass Sie eine unbeirrbare KdöR-Anhängerin/-Mitarbeiterin mit einem (löblichen) gigantischen sozialen Engagement ist.
Vielleicht solltest du aufhören, Vermutungen darüber aufzustellen, wie ich ticke - Ferndiagnosen sind immer schwer und du liegst die ganze Zeit ziemlich daneben. Aber recht amüsant :P Hör auf zu fühlen und halte dich einfach an die Fakten.

zurück zum Thema:
- über das ärztliche Abrechnungssystem kann/muss man diskutieren, dazu muss man aber nicht das komplette -im Großen und Ganzen funktionierende- System umkrempeln
- zur Krankenhausfinanzierung: Tagessätze hatten wir schon, jetzt haben wir die DRGs, beide Verfahren haben sicher ihre Vor- und Nachteile. Eine Rolle rückwärts halte ich allerdings für unwahrscheinlich.
- auch über mehr Transparenz kann man sprechen - hier gibt es bereits die Patientenquittung. Aber es gibt sicher auch noch Luft nach oben - einen Grund, das aktuelle Gesundheitssystem auf den Kopf zu stellen, sehe ich aber auch hier nicht.
- Verwaltungskosten reduzieren? hört sich natürlich immer gut an. Fakt ist aber: das Geld muss eingesammelt und wieder verteilt werden - nach welchen Kriterien auch immer. Und dazu braucht man Verwaltungen, Menschen, Verfahren etc. pp. - ganz darauf verzichten geht nicht. Über Änderungen hier kann man natürlich diskutieren - aber auch das kein Grund, dass ganze System auf den Kopf zu stellen.
- klar, wäre es eine Möglichkeit, dass Ärzte nur Wirkstoff und Darreichungsform verordnen. Irgend jemand muss aber entscheiden, welches Präparat der Patient erhält. Ob es wirklich ein Quantensprung ist, wenn man diese Aufgabe vom Arzt auf z. B. den Apotheker verlagert? ich glaube eher nicht.
- Abschaffen AG-Zuschuss und dafür Erhöhung des Bruttolohns? halte ich für unrealistisch - es würde wohl eher auf eine Senkung der Lohnnebenkosten hinauslaufen
- Sterbehilfe? auch hierüber kann man diskutieren - aber bitte nicht vor dem Hintergrund der Kostensenkung, sondern vor dem Hintergrund einer Leidensminderung

bleiben einige, wichtige Fragen:
- was passiert, wenn das Budget aufgebraucht ist? muss sich dann eine Versicherte, die an Multipler Sklerose und an Brustkrebs erkrankt ist, für die Therapie einer Krankheit entscheiden? was ist z. B. mit Tetraplegikern wie z. B. Samuel Koch, der bei Wetten dass? einen Unfall hatte?

deine Ansichten erinnern mich leider an die Theorie des "unwerten Lebens", die übrigens auch von einem Arzt stammt :( und übrigens sogar ähnliche Wurzeln hat, wie deine Ideen.
Der Begriff geht zurück auf den Arzt Alfred Ploetz, der ihn in seinem Buch Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen von 1895 erstmals als deutsches Synonym für Eugenik verwendete. [...] Eine wesentliche Grundlage der Rassenhygiene ist der Sozialdarwinismus. Er beruht auf der Übertragung zentraler Metaphern (struggle for life, auf Deutsch häufig mit „Kampf ums Dasein“ übersetzt) aus der von Charles Darwin entworfenen biologischen Evolutionstheorie auf die menschliche Gesellschaft. Darwin selbst war kein Sozialdarwinist; denn Eigenschaften wie der Altruismus werden von Darwins Evolutionstheorie unterstützt. Das eigentliche Konzept des Sozialdarwinismus stammt von Herbert Spencer. Spencer prägte auch den (häufig fälschlich Darwin zugeschriebenen) Begriff vom survival of the fittest („Überleben der Geeignetsten/am besten Angepassten“, fälschlicherweise auch „Überleben der Stärksten“).

Im Jahr 1920 erschien die Schrift Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form von Karl Binding und Alfred Hoche, die über medizinische Fachkreise hinaus eine starke Wirkung auch auf Juristen und eine interessierte Öffentlichkeit ausübte. Und bereits 1929 erklärte Adolf Hitler auf dem NSDAP-Parteitag in Nürnberg:

„[…] würde Deutschland jährlich eine Million Kinder bekommen und 700.000 bis 800.000 der Schwächsten beseitigt, dann würde am Ende das Ergebnis vielleicht sogar eine Kräftesteigerung sein.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalso ... senhygiene
Schilbach hat geschrieben:Wodurch kommt es zu dem "Überschuss" an alten und chronisch kranken Menschen, dem Personenkreis, den Du nicht allein lassen möchtest, für die Du immer mehr Geld benötigst? - Und die Spirale dreht sich immer weiter . . .
Mir ist schon klar, dass sich hier niemand getraut, einen Strich zu ziehen.
Wir untergraben mit Sozialsystemen das "Survival of the fittest", das dürfte jedem klar sein. Keiner will das eigentlich haben, aber keiner getraut sich, das auszusprechen, erst recht nicht, umzusetzen.
Genau da setzt meine Alternative an. Ich weiß, dass das sehr, sehr unpopulistisch ist. Aber es ist leider die bittere Pille der Evolution und die Wahrheit.
Schilbach hat geschrieben:Steckt hinter Deiner Argumentation nicht nur Deine Scheu, Entscheidungen zum Wohle des Fortbestandes der Menschheit, unserer Kinder, zu Lasten einer katastrophalen demographischen Entwicklung zu treffen?
das sind Parallelitäten, die mir ehrlich gesagt Angst machen.

KKA
Beiträge: 1082
Registriert: 30.09.2012, 21:41

Beitrag von KKA » 02.06.2014, 20:01

Schilbach hat geschrieben:Noch was.
Mir ist VÖLLIG bewusst, das meine Alternative eine Reise zum Mars wäre.
Mir ist VÖLLIG bewusst, dass meine Alternative NIE Realität wird.
Mir war aber auch völlig klar, dass wenn ich meinem Empfinden, meiner Meinung, keine Luft verschaffen würde, vielleicht auch - wie hier im Forum sehr deutlich zu spüren - Denkanstöße zu setzen, um zumindest etwas in Gang zu bringen, was das derzeitige System vielleicht doch ins Wanken brächte, dass ich dann keinen Bock mehr hätte, meine geliebte Tätigkeit weiter auszuüben..
Es ist ja nicht so, dass deine Vorstellungen eines alternativen Gesundheitssystems völlig abwegig sind. Zu nennen sind u.a.

- Überbehandlung
- ausufernde und nicht zu rechtfertigende Medikamenten(über)verordnung
- kostenintensive Nutzlosbehandlungen, vor allem Bagatellen
- ein oft nicht zu rechtfertigendes und übermäßiges Anspruchsverhalten von Leistungsempfängern
. unnötig hohe Verwaltungskosten
- voluminöse, umständliche und ausnahmeschwangere Gesetzesgrundlagen, in Folge: starke Beanspruchung der Justiz

etc.

Es deine Lösungsansätze, mit denen ich mich nur teilweise und in Bezug auf 'Natürliche Selektion' überhaupt nicht anfreunden kann.

Fazit: Vieles richtig, vieles (in der Konsequenz)zu wenig hinterfragt, vieles pure Theorie, keine politische Substanz.

Trotz allem, Anerkennung für deine Offenheit!

Gruss
KKA

GerneKrankenVersichert
Beiträge: 3599
Registriert: 13.08.2008, 14:12

Beitrag von GerneKrankenVersichert » 02.06.2014, 20:16

Schilbach hat geschrieben:"Gutachter für alle", "Ethikrat", "Strich ziehen", "Kompromiss finden", "verschiedene Sozialleistungstöpfe".
Ich kann Euch alle verstehen. - Ich habe mir jedoch über viele Berufsjahre Gedanken gemacht. Und die Patienten/Menschen danken es einem nicht.
Sie sind zur MAXIMALEN UNSELBSTÄNDIGKEIT durch das immer mehr "optimierte" Gesundheitssystem erzogen worden.
Meine Devise: es soll JEDER (sowohl Leistungserbringer als auch Leistungsempfänger)
1. entscheiden, was für ihn persönlich WANZ ist, ob er unbedingt eine (in Relation dazu zu risikobehaftete) "Vollnarkose" zur Entfernung von 3-4 Zähnen haben will, und
2. am eigenen Geldbeutel spüren, was das heutzutage kostet
Beiden Entscheidungen wird er im heutigen System enthoben. Das ist dumm und unmündig halten und fördert in keinster Weise solidarisches Denken und Empfinden.
Warum sollen sich andere Menschen den Kopf über Dinge zerbrechen, die der Betroffene sowieso anders sieht/entscheiden würde (shifting baselines).
Sorry, aber die Basis, auf der du deine Argumentation aufbaust, ist doch mehr als brüchig. Auch heute schon spürt fast jeder (von medizinischen begründeten Ausnahmen abgesehen) die Vollnarkose am eigenen Geldbeutel.
Es gibt Fälle, in denen eine Vollnarkose medizinisch nicht notwendig ist, aber vom Patienten gewünscht wird. Ein typisches Beispiel ist die Entfernung aller vier Weisheitszähne. Die Behandlung kann in der Regel schrittweise in mehreren Sitzungen erfolgen, wobei eine örtliche Betäubung jeweils ausreicht. Wünscht der Patient stattdessen, dass alle vier Zähne in einer Sitzung entfernt werden, kann eine Vollnarkose sinnvoll oder sogar erforderlich sein. Für solche „Wunschnarkosen“ kann die Kasse aber nicht aufkommen. Hier gibt es die Möglichkeit, die Vollnarkose als Privatleistung durchführen zu lassen. Näheres dazu sollten Sie mit Ihrem Zahnarzt / Ihrer Zahnärztin besprechen.
http://www.kzbv.de/ergaenzende-moeglich ... 77.de.html

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 02.06.2014, 20:29

@D.Schilbach: Schreiben als Therapie...:-) Okay, das kenne ich. Wenn es auch nicht die Reise zum Mars wird, vielleicht gereichen einige Deiner Vorschläge auf der Erde zu Verbesserungen des Bestehenden.

Der Ärztemangel in D liegt natürlich auch am Renommeè des Berufes in der Praxis aber vor allem an der bewusst aufrechtgehaltenen Verknappungspolitik vom Studium bis zur Zulassung.

Die anerzogene Unselbstständigkeit zieht sich durch alles wo es soziale Netze gibt und ist der Preis dafür dass Du - wenn Du abends durch die Stadt läufst - nicht für ein paar Euro um die Ecke gebracht wirst. Unsere Freude über mehr Eigenverantwortung und weniger Bürokratie würde alsbald anderen Ärgernissen weichen.

Das darf natürlich keine Ausrede sein, Bestehendes nicht zu reformieren. Deine Methode *question everything!* ist probates Mittel, nicht in Denkfallen zu treten.

P.S.: Die Menschen danken es Dir schon aber vielleicht nicht die von denen Du es erwartet hättest. Natürlich muss sich der Arzt heute viel mehr hinterfragen lassen und die Mär von ausschließlich geldabschneidenden Quacksalbern kursiert. Das ist in anderen Berufen genauso und kein Grund, ein ansonsten positives Bild von Menschen über Bord zu schmeißen.

Schilbach
Beiträge: 77
Registriert: 19.05.2014, 20:07

Beitrag von Schilbach » 02.06.2014, 21:17

Eigentlich habe ich vieles schon geschrieben/erklärt, scheint aber immer wieder in Vergessenheit zu geraten und Ihr reduziert mich irgendwie immer auf den sicherlich mitklingenden "Nebenschauplatz" der immer währenden Selektion der Natur. - Dafür kann ich aber nix. Das macht die Natur seit Jahrmillionen.
Nochmal meine Behauptung - von den derzeitigen Fakten/Zahlen ausgehend folgerichtig und meine Wünsche:
1. Als aller erstes: es ist satt und genug Geld, das die Solidargemeinschaft derzeit zusammenträgt, um damit MINDESTENS die medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten, die derzeit besteht.
2. Es gibt zu viele Stellen (sowohl bei Nehmenden als auch Gegenden), die sich von dem Geld unberechtigterweise über die Maßen bereichern. Selbst die Werbung lebt mittlerweile sehr gut davon.
3. Diese Fehlverteilung kommt m.E. dadurch zustande, dass ein großer Topf dasteht, aus dem sich jeder ("the fittest" am besten) bedienen kann.
4. Es gibt in Realo keinen NEUTRALEN "Geldverwalter". Der größte Kontrolleur seines Geldbeutels ist sein Eigentümer. Deshalb: gebt das Geld (als Primärbudget) denen zurück, von denen es kommt - solidarisch umverteilt (von den Reichen viel, von den Armen wenig oder gar nichts), jedem den gleichen Anteil. Was durch trauriges, aber leider reales Früherableben ("survival of the fittest") übrig bleibt, kommt in den Sekundärtopf und kann von den anderen weiter abgerufen werden. Aber wenn der Boden dieses Topfes zu sehen sein wird - UND HIER STELLE ICH MEINE BEHAUPTUNG 1. HIN (die sich auf aktuelle Zahlen stützt), dann demonstriert das die ja mittlerweile von allen anerkannte ENDLICHKEIT des solidarischen Leistungsvermögens.
Das "Survival of the fittest", das "Höher, Besser, Schneller, Weiter" wird es immer geben. In meiner Alternative, wo ich im Grunde MEHR Geld für medizinische Leistungen zur Verfügung wähne als derzeit, wird mir von Euch aber genau das versucht, zum Strick zu machen, dass ich nämlich durch Geld gewissermaßen eine monetäre Selektion betreiben möchte. Das ist mitnichten der Fall, im Gegenteil:
Ich dämpfe (drastisch) Arztgehälter (da gibt es übrigens ein sehr schön dargestelltes/berechnetes Kapitel, wo der Mediziner sich wirklich 3x überlegen muß, sich in einem Ballungsgebiet niederzulassen - das kostet ihn dann nämlich sein Geld); ich spare Verwaltungskosten; ich senke höchstwahrscheinlich Medikamentenpreise; ich verhindere übermäßige Leistungsabrufe. Und wißt Ihr wodurch? Durch den "kniepigsten Oberkontroletti" den das System kennt, nämlich den Patienten selbst.
Beispiel: Patient kommt in Apotheke mit Rezept, darauf steht Morphin (Generic). Meinetwegen 20 Pharmafirmen bieten Morphin an (beta, ratio, Hexal, AL, ...). Er zückt seinen Geldbeutel, in dem Fall seine Chipslette, wo ein Geldbetrag draufsteht, SEIN GELD. Was wird wohl seine erste Frage an den Apotheker sein, der ihm ein Morphinpräparat anbietet (wegen seines Verdienstes wahrscheinlich nicht gerade das günstigste). Ich sage es Euch: "Haben sie das nicht billiger". Und da ein "optimiertes IQwiG" für durchgängige Qualität dahintersteht, kann der Patient auch getrost das günstigste verlangen - und Nachfrage regelt dann bekanntlich den Preis.
In meinem ... habe ich viele Beispiele a. d. Praxis wo Patienten unverschämte Leistungen abrufen wollen.
Wieder ein Beispiel: "Herr Doktor, sie wissen, dass es mir immer besser geht, wenn es warm ist. Könnten sie mir nicht eine Attest für meine KK schreiben, dass die mir einen Heizkostenzuschuss zahlen?" - Einzelfall? Von wegen. - Ich könnte mich hier dran halten. - Wenn aber die "eigene Kohle" für solch einen Unsinn nur zur Verfügung steht, na, dann wird man sich für den Winter wohl nur eine Decke kaufen.
Auch im Krankenhaus: Früher Tagessätze > man hielt den Patienten so lange wie möglich fest (Kohle x Tagessatz von der GKV - Kontrolle? Vergiss es!); jetzt ist auf einmal der Patient selbst derjenige, von dessen eigenem Budget abgebucht wird. Ihr solltet sehen, wie schnell der wieder nach Hause möchte.

Schilbach
Beiträge: 77
Registriert: 19.05.2014, 20:07

Beitrag von Schilbach » 02.06.2014, 21:50

@GerneKranken ...
Zitat:
"Es gibt Fälle, in denen eine Vollnarkose medizinisch nicht notwendig ist, aber vom Patienten gewünscht wird. Ein typisches Beispiel ist die Entfernung aller vier Weisheitszähne. Die Behandlung kann in der Regel schrittweise in mehreren Sitzungen erfolgen, wobei eine örtliche Betäubung jeweils ausreicht. Wünscht der Patient stattdessen, dass alle vier Zähne in einer Sitzung entfernt werden, kann eine Vollnarkose sinnvoll oder sogar erforderlich sein. Für solche „Wunschnarkosen“ kann die Kasse aber nicht aufkommen. Hier gibt es die Möglichkeit, die Vollnarkose als Privatleistung durchführen zu lassen. Näheres dazu sollten Sie mit Ihrem Zahnarzt / Ihrer Zahnärztin besprechen. "

So die Euch KdöR-Bediensteten bekannte Fassung.

Du glaubst nicht, wie oft ich über genau dieses DIN A4-Blättchen der Bundeszahnärztekammer, die das nach größtem Drängen unsererseits endlich auf den Weg brachte (denn die Zahnmediziner haben mit den Narosen für ihr Renomé bisher ÄRZTLICHE Leistungen feil gehalten, die sie NICHT aus ihrem Budgettopf zu zahlen hatten - der ewige Streit).
Viele Telefonate mit Berlin (KBV, Herr ...) habe ich geführt wegen Streitigkeiten mit Patienten, die das überhaupt nicht akzeptieren wollten. Weil: sie legten mir nicht nur einmal ein Schreiben ihrer GKV vor auf dem stand: der Zahnarzt braucht nur zu erklären, dass die Narkose NOTWENDIG ist, dann kann das über ihre Chipkarte abgerechnet werden.
Ich habe ein GKV-Filialleiterin in unserer Stadt mal so viel "geprügelt" (verbal versteht sich), dass sie sogar am Wochenende noch den ihr völlig unbekannten Patienten anrief und ihm mitteilen mußte, dass ich wohl leider Recht hätte. - Stress ohne Ende verursacht dieser WANZ-Paragraph. Und die GKVen reden den Patienten (ihren goldenen Kühen) natürlich möglichst nach dem Mund.

Czauderna
Beiträge: 11322
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 02.06.2014, 22:47

Hallo,
also das Ding mit dem"Heizkostenzuschuss" - in meinen mehr als 45 Jahren als Krankenkassenmitarbeiter habe ich erst einmal davon gehört und gelesen, hier und heute !!!!! - Zuschuss zum Schwimmbadbau, weil schwimmen ja so gesund ist, das das gab es schon einmal, aber da war weit und breit kein Arzt beteiligt der einen solches Ansinnen auch noch medizinisch begründet hätte.
Auch die Sache mit der Vollnarkose beim Zahnarzt - da kann ich allerdings bestätigen, dass das schon wesentlich öfter vor kam, aber meist waren auch hier die beteiligten Ärzte sehr zurückhaltend wenn es um "Wunschatteste" ging, ansonsten liefen diese Sachen immer problemlos über die Kasse.- für mich keine Argumente.
Gruss
Czauderna

KKA
Beiträge: 1082
Registriert: 30.09.2012, 21:41

Beitrag von KKA » 02.06.2014, 23:49

Schilbach hat geschrieben:....jetzt ist auf einmal der Patient selbst derjenige, von dessen eigenem Budget abgebucht wird. Ihr solltet sehen, wie schnell der wieder nach Hause möchte.
Das ist m.E. eine sehr oberflächliche Betrachtung. Viele deiner Thesen eröffnen berechtigte Fragen, wie z.B. in diesem Fall:

Wenn der behandelnde Arzt im Krankenhaus einen längeren Aufenthalt MEDIZINISCH (oder wird hier behauptet, dass ALLE Krankenhäuser IMMER nur finanzielle Abwägungen in den Fordergrund stellen? Ich denke nicht, oder?) für notwendig hält, der Patient aber sein Chipkartenguthaben berücksichtigen MUSS, ist deine These reif 'für die Mülltonne' (im übertragenen Sinne). Die Situation wäre zu hinterfragen (what if = was wenn ?) bevor ich daraus eine Säule für meine Thesen mache.

Gruss
KKA

Thomas3
Beiträge: 429
Registriert: 29.10.2012, 08:08

Beitrag von Thomas3 » 03.06.2014, 15:02

Ist es theoretisch möglich, gesetzlich versichert zu sein und parallel eine private Krankenvollversicherung abzuschließen?

derKVProfi

Beitrag von derKVProfi » 03.06.2014, 15:37

Thomas3 hat geschrieben:Ist es theoretisch möglich, gesetzlich versichert zu sein und parallel eine private Krankenvollversicherung abzuschließen?
Theoretisch ist alles möglich, praktisch wird kein deutscher Versicherer annehmen, wenn klar ist, dass die GKV fortgeführt wird.

Praktisch möglich sind entsprechende Zusatztarife und Kostenerstattung gemäß § 13 SGB V (bitte keine Wahltarife)!

Praktisch ist möglich eine internationale Police, die auch bei bestehender GKV problemlos policiert wird. International meint nicht Auslandsreisekrankenversicherung einer deutschen PKV, sondern internationale Policen internationaler Versicherer.

Möglich ist auch, die PKV fortzuführen, wenn man Mitglied der GKV wird!

Poet
Beiträge: 2426
Registriert: 07.11.2012, 22:39

Beitrag von Poet » 03.06.2014, 15:37

@D.Schilbach: Die Sache mit der Narkose bei Zahnbehandlungen ist tatsächlich zäh wie Gummi aber nicht der einzige PingPong-Sachverhalt. Genauso wie hier oft "die Kasse" die Frage der KÜ abschiebt, wird an die Kassen ärztlicherseits häufig zurückgeschoben. Motto: Fragen Sie erst die Kasse ob die Kosten übernommen werden können, also med. sinnvoll wäre es schon. ;-)

Antworten