...D.Schilbach hat seine Thesen eingestellt. Das ehrt ihn. Dass er auf jede These eine Antwort hat (haben kann), das erwarte ich persönlich nicht. Es lohnt sich trotzdem, diese Fragen nicht mit Gegenfragen dahin zu zerren wo man sie gerne sehen möchte sondern erklärende Fakten zu nennen.
@D.Schilbach: Ich picke nur mal ein paar Dinge heraus, den Rest kommentiere ich wenn ich das Buch gelesen habe.
1. Niederlassungsfreiheit: Die gibt es heute schon in D, mit der Einschränkung, dass wer als Kassenarzt in einer überversorgten Region arbeiten möchte, Probleme mit der Refinanzierung bekommt. In Deinem Modell käme es ev. zu Regionen die überhaupt nicht mehr versorgt werden würden. Wenn Deine Berufskollegen genau wie alle anderen Menschen dem "schneller, höher, weiter" unterliegen, dann lassen die sich nur in attraktiven Gegenden nieder. Den Gedanken der absoluten Niederlassungsfreiheit finde ich gut, wenn es uns gelingt das Medizin-Kartell in der Politik und an den Fakultäten zu brechen, damit mehr Menschen die es wollen auch Medizin studieren können.
2. Vergütung: Schon heute trägt der EBM dem Zeitaufwand Rechnung, wenn auch natürlich nicht 100% gerecht. Dir muss klar sein, dass Dein Vorschlag einer Nivellierung des Einkommens in der Ärzteschaft gleichkäme. Der Arbeitstag hat bei jedem Arzt nur eine fixe Anzahl an Stunden. Ein Anreiz mehr zu verdienen ist dann auch nicht mehr da. Umsetzbar wenn letzter Satz von Punkt 1 endlich gelockert wird, ansonsten entstehen die heutigen Paradoxien nur an anderer Stelle neu, z.B. Ärzte, die nur so viele Patienten behandeln wie ein abrechenbarerTag Zeiteinheiten hat.
3. Tagessätze Krankenhaus: Da waren wir mal, sind aber davon abgekommen. Hat in der Praxis dazu geführt, dass - salopp gesagt - Patienten mit geringem Pflegeaufwand gerne und länger aufgenommen wurden und dafür die Kracherfälle abgeschoben wurden. Die heutige DRG-Finanzierung läuft um Längen besser, ein Unding ist nur, dass von dem vielen Geld im stationären Sektor zu wenig beim Personal ankommt. Das liegt aber eher daran, dass die KRKH aus der staatlichen/städtischen Zuordnung für'n Appel und ein Ei an private Betreiber gegangen sind. Begründet wurde dies seinerzeit damit, dass es zu viele gab und ein KRKH nicht gewinnbringend für einen kommunalen Träger laufen kann. Die Wahrheit war wohl aber eher, dass die Kommunen seinerzeit eher operativ denken (mussten) als langfristig.
4. Die Verordnung von Wirkstoffen ist ein sehr guter Vorschlag! (es kann aber sein, dass Dir Deine Berufskollegen dafür nicht nur die Reifen zerstechen...). Die Frage wäre: Wohin wird die Verantwortung verschoben, welche Präparate dann beim Versicherten landen. Apotheker? Da hast Du viele neue Freunde.
Zusammen mit einer Präparate-Beschränkung (wer auch immer sie festlegt) eine sinnvolle Sache um den Medikamenten-Irrsinn zu beenden.
5. Das IQWIG finanziert sich aus Systemzuschlägen der GKV. Das Verlagern von Aufgaben der KdÖRn dorthin bringt per se keine Einsparungen. Du löst mehrere Selbstverwaltungen auf und baust eine andere monopolistische dafür auf. P.S.: Die heutigen Selbstverwaltungen sind nicht outgesourct und hängen mehr am systemischen Tropf als ihnen lieb ist.
6. Dein System müsste im Jahr des Startes mit rd. 100Mrd. € weniger Leistungsausgaben auskommen wenn Du den Arbeitnehmeranteil beibehalten aber den Arbeitgeberanteil auf den Nettolohn umlegen möchtest.
7. Das Ausweisen von Budgets/Kosten halte ich schon psychologisch für eine gute Sache. Vielleicht würden wir damit auch aus der AI-Mentalität rauskommen.
Mehr fällt mir bestimmt beim Lesen ein.
Der Poet