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Verfasst: 23.05.2013, 13:17
von Czauderna
Hallo Rossi,
du drückst dich um eine konkrete Antwort - das, was du für eine Antwort hältst, das wissen wir nun auch, aber du weichst aus - was würdest du machen in der Praxis - keine Unterlagen = niedrigster Beitrag ??.
Gruss
Günter
Verfasst: 23.05.2013, 13:34
von Lady Butterfly
Rossi hat geschrieben:Nun ja, Lady Butterfly, was willst Du jetzt von mir hören?
na ganz einfach Rossi: eine konkrete Antwort auf die Frage.
die Kasse muss bei der Beitragsfestsetzung "die die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds" berücksichtigten.
nach meiner Meinung ist die Kasse berechtigt, den Einkommensteuerbescheid anzufordern und das Mitglied ist verpflichtet, diesen vorzulegen.
bist du da anderer Meinung? und wenn ja, wieso?
was passiert, wenn das Mitglied den Einkommensteuerbescheid nicht vorlegen will/kann? muss das Mitglied im Zweifelsfall nachweisen, dass es nicht in der Lage ist, einen Einkommensteuerbescheid vorzulegen(Nicht-Veranlagungsbescheid)? ist es verpflichtet, in anderer geeigneter Weise, sein Einkommen nachzuweisen? wenn ja, wie?
nach meiner Meinung wäre es nicht korrekt, einfach den Mindestbeitrag zu fordern - das würde der Gesetzesforderung nach der Berücksichtung der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" des Mitglieds widersprechen. Den Höchstbeitrag darf die Kasse nach deiner Meinung ebenfalls nicht berücksichtigen. Was ist dann die Alternative?
Verfasst: 23.05.2013, 18:36
von Rossi
Okay, wenn der Kunde einen Einkommensteuerbescheid hat, dann muss er diesen natürlich vorlegen. Völlig klar.
Aber was machst Du, wenn er den Steuerbescheid eben nicht vorlegt? Dann kommt meines Erachtens der Amtsermittlungsgrundsatz ins Boot. In dieser Konstellation würde ich gem. § 21 Abs. 4 SGB X direkt beim Finanzamt anfragen und um Übersendung des Steuerbescheides bitten. Dies sollte möglich sein, oder!?
Wenn er natürlich keinen Steuerbescheid hat, wird dies Verfahren natürlich nicht funktionieren. Ferner kann ich ihn auch nicht dazu zwingen eine Einkommensteuer einrzureichen. Dies kann ggf. nur das Finanzamt.
Okay, dann muss ich mir andere Gedanken machen. Dann muss der Kunde den Einkommensbogen einreichen und ggf. nachvollziehbare Unterlagen. Dies könnten bspw. Kontoauszüge sein. So wird es bei uns auch gemacht.
Wenn er auch dies nicht macht, dann würde ich mir als Kassenmitarbeiter überlegen, ob hier nicht eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Denn nach § 206 Abs. 1 SGB V hat er diese Unterlagen in den Geschäftsräumen der Kasse vorzulegen.
Tut es dies nicht, dann handelt er gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 SGB V ordnungswidrig. Dies könnte man gem. § 307 Abs. 3 SGB V mit einem Bußgeld bis zu 2.500,00 € belegen. Wenn er das Bußgeld nicht zahlt, meistens ist es so, dann sollte man überlegen, ob man nicht eine Erzwingungshaft beantragt.
Ich habe so ein Verfahren schon mal durchgezogen. Ich hatte Auskünfte von einem Beteiligten angefodert. Der hat sich natürlich nicht gemuckert. Dann habe ich zwei Bußgeldbescheide erlassen. Das Bußgeld hat er natürlich auch nicht gezahlt. Danach habe ich die Erzwingungshaft beantragt und ei der daus, danach kam er in die Puschen.
Dies ist meines Erachtens der richtige Weg. Jenes ist auf der anderen Seite natürlich eine mega Maloche. Von daher ist die derzeitige Regelung des Spibus den Höchstbeitrag festzusetzen natürlich der wesentlich einfachere Weg in der Praxis. Ob dies dann vom BSG auch so gesehen wird, bleibt abzuwarten.
Verfasst: 23.05.2013, 20:33
von heinrich
oooooh,
zum Thema Finanzamt habe ich was zu berichten.
Es gibt beim Finanzamt von gaaaaanz oben einen Musterbrief.
Wenn man beim Finanzamt eine Anfrage macht kommt von vielen Finanzamtsmitarbeitern folgender Brief:
Wir geben Ihnen (der KK) KEINE Auskunft,
weil Sie (die KK) die Möglichkeit haben bei der fehlenden Mitwirkung
die Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen.
Leider bin ich zu müde, um mich deren Mitarbeitern in Verbindung zu setzen, um Ihnen einige Details zu klären.
Der dortige Sachbearbeiter ist überfordert. Die da oben kriegt man nicht zu sprechen.
Verfasst: 23.05.2013, 21:07
von Rossi
Oh weia Heinrich, jetzt kommt selbstverständlich die Praxis.
Allerdings verstehe ich dann den § 21 Abs. 4 SGB X nicht.
Zitat:
(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.
Vermutlich reitet das Finanzamt auf den Passus "soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist" herum.
Nach der eigenen Prüfung des Finanzamtes können die Kassen dann den Höchstbeitrag festsetzen?!
Also hat sich die Oberfinanzbehörde mit dem SGB V, insbesondere den rechtlichen Schranken des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V auseinandergesetzt, oder?! Glaube ic h kaum.
Ich habe mir mal einen Grundsatz in die Birne gekloppt; "alle Behörden in Deutschland arbeiten eng zusammen"!
Auf der anderen Seite sollte man das Finanzamt natürlich nicht mit 50 Anfragen am Tag beschäftigen. Dies sprengt natürlich den Rahmen.
Genau dann kommt dann wieder der Grundsatz der Amtsermittlung in den Ring, dass Du selber bestimmst, wie Du ermittelst. Also nicht global und pauschal immer das Finanzamt um Auskunft bitten, sondern nur im Einzelfall. Dies sollte dann auch schon aus der Anfrage (wieso, weshalb, warum) hervorgehen.
Verfasst: 14.07.2013, 20:48
von Rossi
Nun ja, nun habe ich einen wunderbaren Fall in der Praxis hinsichtlich des Höchstbeitrages, wenn von "sonstigen Versicherten" keine Nachweise eingereicht werden.
Bis Ende 2008 hatte der Sozialhilfeträger immer schön und brav die Beiträge an die Kasse (Mindestbeitrag) gezahlt.
Mit mal war der Kunde futschi; keiner wusste wo er sich rumtreibt und wovon er lebt. Das Sozialamt hatte Ende 2008 die Beitragszahlung an die Kasse eingestellt.
Was macht die Kasse? Sie schreibt den Kunden natürlich an, mit der Bitte den Einkommenfragebogen ausgefüllt bei der Kasse einzureichen. Die ersten beiden Schreiben werden zur Post aufgegeben und kommen nicht zurück. Okay.
Dann aber wird der Bescheid (Kunde hatte nicht reagiert) mit dem Höchstbeitrag erlassen. Dieser Bescheid geht an die Kasse zurück, mit dem Hinweis, dass der Kunde unbekannt verzogen ist. Der Bescheid wird ganz offensichtlich schön abgeheftet. Noch immer weiss keine Sau, wo der Kunde ist. Jedes Jahr zum Jahreswechsel wird schön und geflissentlich aufgrund der Änderung der Beitragsbemessungsgrenze ein neuer Beitragsbescheid vermeintlich festgesetzt. Der Kunde hat all diese Bescheide niemals erhalten, denn er hielt sich schon seit Ende 2008 nicht mehr unter dieser Adresse auf.
Anfang 2013 war er soweit. Der Kunde erscheint aus dem Dunkeln. Es stellte sich heraus, dass er seit Ende 2008 in einem EU-Ausland gelebt und gewohnt hatte. Die Beitragsbescheide hatte er nachweislich nicht erhalten.
Nun ja, die Kasse hat aber allerdings alles schön zusammengerechnet und 33.000,00 € Beitragsrückstände festgestellt.
Dass die Bescheide hinsichtlich des Höchstbeitrages noch nicht einmal dem Kunden wirksam bekanntgeben wurden, interessiert offensichtlich niemanden. Vermutlich gibt es bei den Kassen eine spezialgesetzliche Vorschrift, dass die Verfahrensvorschriften des SGB X nicht gelten. Man braucht Beitragsbescheide nicht wirksam bekanntgeben, man kann immer alles so ohne weiteres fordern.
Die Kompetenzüberschreitung des Spibus hinsichtlich der einheitlichen Grundsätze nach § 6 Abs. 5 lassen wir mal einfach aussen vor.
Tja, wie ist derzeit der Stand der Dinge? Der Pit-Bull (Gerichtsvollzieher) hat sich schon beim Kunden angekündigt, obwohl er derzeit wieder SGB XII-Leistungen erhält. Der Pit-Bull will die 33.000,00 € vollstrecken.
Holla, die Waldfee!?
Verfasst: 15.07.2013, 06:05
von Czauderna
Hallo,
Gibt es da nicht die Möglichkeit des "öffentlichen Aushangs" - ich kenne das noch aus früheren Zeiten. Da wurde bei Versicherten, die Schulden hatten und unbekannt verzogen waren ein öffentlicher Aushang gemacht, wo eben drinnen stand, das ein Schriftstück zur Abholung in der Dienststelle bereitliegt oder so ähnlich. Nach einer bestimmten Frist galt seinerzeit dann die Sache als zugestellt und die Verjährung war entweder unterbrochen oder gehemmt.
Ähnlich wird übrigens heute noch bei der Verwaltung gehandelt, z.B. Bei der
Friedhofsverwaltung, da gibt es beispielsweise Aushänge am Rathaus in dem mitgeteilt wird dass die Nutzung für das Grab von Herrn Mustermann , verstorben am ......., mit dem ....... abläuft. Wenn sich dann innerhalb der dann genannten Frist keiner (Angehörige) meldet gilt das Ganze als amtlich und das Grab wird eingeebnet.
Gruss
Czauderna
Verfasst: 15.07.2013, 08:56
von Rossi
Jooh, man nennt es die sog. öffentliche Bekanntgabe (vgl. § 37 Abs. 3 SGB X). Jenes ist aber wohl nicht gemacht worden.
Verfasst: 15.07.2013, 21:04
von roemer70
Hallo Rossi,
was heißt "wohl"? Bei meinem Brötchengeber würde mich das Unterlassen sehr wundern - dafür haben wir halt spezielle Abteilungen...
Verfasst: 15.07.2013, 22:12
von Rossi
Wunderbar roemer70; ihr habt offensichtlich eine Spezialabteilung für die öffentliche Bekanntgabe.
Hoffentlich denkt man im sog. Alltags- bzw. Massengeschäft auch daran immer diese Spezialabteilung zu involvieren.
Verfasst: 15.07.2013, 22:38
von roemer70
Ja, wir haben auch Abteilungen fürs Abstempeln und fürs Briefmarken Ablecken...
Ich sprach natürlich von Mahnabteilungen mit weiteren Spezialisierungen.
Verfasst: 15.07.2013, 23:17
von Rossi
Dann wollen wir mal hoffen, dass diese Ablecker bzw. Abstempeler alles richtig machen und anschließend das korrekte Verfahren hinsichtlich der öffentliche Bekanntgabe richtig machen. Denn allein bei diesem Verfahren (öffentliche Bekanntgabe) sind zahlreiche Dinge in der Praxis zu beachten.
Begeht man dort nur einen kleinen Formfehler, dann geht es den Bach hinunter. Die Sozialgerichte fahren auf solche Sachen wunderbar ab.
Verfasst: 29.08.2013, 22:07
von Rossi
Nun ja, bei uns trudeln (SGB XII-Träger) jetzt die ersten Bescheide ein.
Die Kasse (mit den großen grünen Logo) hat eine Einkommensüberprüfung bei den SGB XII-Kunden gemacht, die schon seit längerer Zeit SGB XII-Leistungen erhalten. Wir überweisen schon seit Jahren die Beiträge direkt an diese Kasse. In der Regel nur die Mindestbemessung.
Die Kunden haben auf das Anschreiben der Kasse (Einkommensanfrage) leider nicht reagiert. Jetzt wird der Höchstbeitrag von 650,00 Glocken festgesetzt. Wir bekommen eine Durchschrift des Beitragsbescheides. Offenischtlich mit dem traumatischen Gedanken, dass der SGB XII-Träger dann auch noch den Höchstbeitrag löhnt oder wie?
Ein Sozialhilfeempfänger, der bislang zum Mindestbeitrag (898,33 €) eingestuft wurde, wird mit mal mit 3.937,50 € eingestuft.
Boah, ich wusste noch gar nicht, dass sich die Sozialhilfe so exorbitant in der letzten Zeit erhöht hat!?
Verfasst: 30.08.2013, 07:46
von heinrich
hey Rossi,
da wirst Du ja bestimmt mal ein Gespräch mit dieser KK führen.
REDEN, denn sprechenden Menschen kann man helfen.
Da bin ich dann mal gespannt, wie das ausgeht.
Hier (so mache ich es immer) könnten zwei Sozialträger
(Du mit SGB XII und wir mit SGB V) doch einmal toll zusammen arbeiten und ein Lösung finden.
Ich hatte, obwohl viele hundert SGB XII Bezieher freiwillig versichert sind
in den letzten 20 Jahren noch nie einen Fall in die Höchststufe setzten müssen. Wir haben IMMER ein Lösung zusammen mit dem SGB XII-Träger gefunden.
GEBEN und NEHMEN ist das Motto.
Du schaffst das auch. bin mir sicher.
PS: ich brauche Deinen Rat evt. mal in den nächsten Tagen. Melde mich dann
Verfasst: 30.08.2013, 09:35
von Rossi
Tja, Heinrich, ich verstehe die Reaktion der Kasse auch nicht.
Bislang hatte die Kasse, in den Fällen in denen die Kunden selber den Einkommensbogen nicht eingereicht haben, bei uns angerufen. Wir haben den Berechnungsbogen rübergefaxt und alles war gut.
Jetzt bekommen wir eine Kopie der Beitragbescheides (Höchstbeitrag).
Nun ja, ich habe ja einiges in der Pipeline. 2 Entscheidungen aus Berlin mit Mutwillenskosten und eine Entscheidung des LSG (Revision beim BSG).