Aha Heinrich
So jetzt mal aus der Praxis:
Wir haben unsere Beitragsbescheid ernorm erweitert.
Beim Jahreswechsel sind sie 5 Seiten lang.
Warum habt ihr jenes gemacht? Aus lauter Lust und Liebe?
Es ist doch genau jenes, was ich meine bzw. hier schon mehrfach gepostet habe. Es waren die Babyjahre von uns, die jetzt ganz offensichtlich bei Dir (Heinrich) angekommen sind.
Wenn entsprechende Bescheide mit Belehrungen erteilt werden, oder Merkblätter ausgehändigt werden, dann kann und darf niemand mit der Klamotte um die Ecke kommen, dass es nicht richtig belehrt wurde.
Wir händigen die Merkbätter bzw. die Belehrungen in den Bescheiden schon seit ca. 10 Jahren aus.
Und Marcel hat sogar zuletzt gepostet:
Zitat:
Die Heirat wurde mitgeteit.
Na wunderbar, offensichtlich ist Marcel sogar seiner Mitteilungspflicht nachgekommen.
Und dennoch soll es rückwirkend gehen?!
Auch die Problematik mit den Begrüßungsschreiben wird für mich immer spannender. Denn dies wird in der Praxis vielfach von den Kasse verkauft, dass es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Genau deswegen muss man die Einschränkungen von § 48 SGB X nicht beachten und es geht dann offensichtlich immer ohne Probleme.
Hier mal nur eine LSG Entscheidung aus 2007
Soweit die Beklagte wie auch andere Kassen gleichwohl mit mehr oder minder pauschalem Bezug auf die allseits bekannte Rechtsprechung des BSG zu "Begrüßungsschreiben" von einem anderen Verständnis ihrer Erklärungen ausgehen, ist es platterdings unverständlich, warum nicht solchen seit Jahrzehnten bekannten Rechtsstreitigkeiten der Boden entzogen wird durch den schlichten, aber klaren Hinweis bei der Begrüßung, dass damit noch keine bindende Feststellung der Mitgliedschaft verbunden sei und dass deren Entstehen vielmehr im Einzelfall von Sachverhalten abhängig sein könne, die ggf. noch zu prüfen seien.
http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/t ... id=2620931
Diese Entscheidung wurde sogar durch eine Kasse veröffentlicht. Von daher gebe ich derzeit nichts mehr auf die BSG-Rechtsprechung von anno püppi.
Anders darf es sich bei der Familienversicherung auch nicht verhalten. Denn die Kassen bekommen den berüchtigten Familienmeldebogen. Die Kasse muss gem. § 289 SGB V den Beginn der Familienversicherung festellen.
Dies macht Sie und übersendet die Krankenversichertenkarte oder das Begrüßungsschreiben.
Wenn ihr mich fragt, ist dann ein Verwaltungakt.
Bei einer wesentlichen Änderung ist dieser Verwaltungsakt nach § 48 SGB X auzuheben.
Grundsätzlich gem. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X nur mit Wirkung für die Zukunft. D. h., nach Satz 1 geht es nicht rückwirkend.
Dann aber kommt Satz 2 von § 48 SGB X; hier
"soll" die Kasse es rückwirkend (hier Zeitpunkt der Heirat) machen. Okay, "soll" ist ein sog. unbedingtes muss. Aber hier ist immer die Atypik des Einzelfalles zu sehen. Dies ist auch noch explizit in dem Aufhebungsbescheid zu begründen.
Es gibt dann in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X insgesamt 4 Möglichkeiten, wo man es rückwirkend machen
"soll"!
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist
Nr. 1 passt nicht, weil die Entscheidung nicht zu Gunsten sondern belastend ist.
Nr. 2 passt auch nicht, weil Marcel die Heirat offensichtlich mitgeteilt hat.
Nr. 3 passt auch nicht, da das Einkommen vor und nach der Heirat sich vermutlich nicht geändert hat. Somit handelt es sich nicht um eine
"wesentliche" Änderung im Sinne von Satz 1, das Einkommen ist vermutlich gleich geblieben.
Bei der Nr. 4 wird es dann spannend. Wusste Marel, dass durch die Heirat der Anspruch entfällt? Hätte er es - weil er seine Sorgfaltspflicht in besonderen Maße verletzt hat - wissen müssen?
Und genau dann sind wir bei den Merkblättern bzw. Hinweisen in den Bescheiden.
So wurde es uns vor 10 Jahren um die Ohren gehauen.
Vermutlich hat die involvierte Kasse dies auch so bemerkt!