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Verfasst: 13.02.2017, 20:32
von Klaus.Taschenbier
Auch wenn es Anton und vielen Anderen nicht gefallen mag: Das BSG hat am 16.12.2014 entschieden, dass bei einem Tag Lücke der Krankengeldanspruch endet. Das ist die herrschende Rechtsprechung und da wird auch deine Anwältin nichts ausrichten können. Krankenkassen die die "Krankengeldfalle" nicht konsequent umsetzen bekommen Ärger mit der Aufsicht (Bundesversicherungsamt) und wenn du nicht durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht klagen willst, dann wirst du dich nicht durchsetzen können. Ausser das Einkommen deiner Anwältin zu mehren wirst du kein Ergebnis erreichen.
Verfasst: 13.02.2017, 20:59
von Anton Butz
Hallo Klaus,
du arbeitest seit vielen Jahren im Krankengeldbereich
einer Krankenkasse - um so mehr: herzlich willkommen hier!
Und du hast recht: es gibt bisher kaum ein "Durchkommen" -
außer in der 1. Instanz der Sozialgerichte Speyer und Mainz.
Aber was meinst du dazu, nicht zum Anfang, eher zum Ende?
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Verfasst: 13.02.2017, 21:36
von Czauderna
Hallo Klaus,
Auch von mir herzliches Willkommen hier im Forum.
Du bist vom Fach - sehr gut - Experten können wir immer gebrauchen.
Toller Nickname übrigens.
Gruß
Czauderna
Verfasst: 13.02.2017, 22:09
von Klaus.Taschenbier
Hallo Anton,
für mich als einfacher Mann ist das BSG immer noch die höchste Instanz in sozialrechtlichen Fragen. Bei meinen Entscheidungen in Lücke Fällen werde ich mich in Zukunft auch weiterhin am BSG und nicht an den wenigen Sozialgerichten mit abweichender Meinung orientieren. Bei der Neufassung des §46 SGB V war dem Gesetzgeber bekannt wie das BSG mit der alten Fassung umgegangen ist. Dennoch wurde nicht explizit geschrieben das die Vorschrift der Entstehung des Anspruchs auf Krankengeld nur für die erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einer Krankheit gelten soll. Vielmehr wurde sogar noch auf Anregung des Spibu eingefügt, dass Samstage keine Wektage im Sinne des 46 SGB V sind. Kann man da nicht auch folgern, dass die BSG Regellungen zur Lücke zwar abgeschwächt aber nicht vollkommen aufgehoben werden sollen? Jedenfalls halte ich den Vorwurf der Rechtsbeugung an das BSG und an die Gerichte die dem BSG folgen für deutlich übertrieben. Sicherlich kann ich auch die Begründungen aus Speyer und Mainz nachvollziehen. Es ist aber nicht das BSG.....Das der zuständige Senat gewechselt hat habe ich auch mitbekommen und sicher kann es sein, dass damit eine Änderung der Linie des BSG eingeläutet wird. Aber Mädel hier Mut zu machen und den Tipp zu geben zum Rechtsanwalt zu gehen ist doch ganz schön riskant.
PS Danke für die herzliche Aufnahme
Verfasst: 13.02.2017, 22:28
von Anton Butz
Klaus.Taschenbier hat geschrieben:
Dass der zuständige Senat gewechselt hat habe ich auch mitbekommen und
sicher kann es sein, dass damit eine Änderung der Linie des BSG eingeläutet
wird.
Das allein reicht hier schon jedenfalls in Widerspruch zu gehen und anschließend
Klage einzureichen. Ob es dafür einen Anwalt braucht, ist eine ganz andere Frage.
Wie kommst du auf den "riskanten Tipp"?
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Verfasst: 13.02.2017, 22:37
von Klaus.Taschenbier
Naja mit großer Sicherheit wird sie in der ersten und wahrscheinlich auch in der zweiten Instanz verlieren. Ob sich die Rechtsprechung des BSG dann letztendlich ändern wird ist durchaus fraglich. Mädel hat geschrieben dass sie das ganze ihrer Anwältin gibt. Die Kosten sind auf der Risikoseite zu verbuchen.
Verfasst: 13.02.2017, 23:05
von broemmel
Und das Kostenrisiko liegt ganz alleine bei Mädel.
Antons Risikobeitrag liegt bei 0
Und wenn alles schiefgeht sind die Richter wieder doof und haben keine Ahnung.
Verfasst: 13.02.2017, 23:20
von Anton Butz
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O. K. zu "Risiko". Allerdings hätte ich mich genau so entschieden wie Mädel30.
Ist das mit "Tipp" gemeint?
Übrigens: die letzten 5 Krankengeld-Fälle hat das BSG am 16.12.2014 ent-
schieden, 3 davon innerhalb von 6 Monaten nach den Urteilen des 16. Senats
des LSG NRW vom 17.07.2014.
Was denkt ihr: wie lange kann das noch dauern bis der 3. Senat endlich über
die Revision gegen das Urteil des LSG RP vom 16.10.2014, L 5 KR 157/14, ent-
scheidet? 2 1/2 Jahre sind fast vorbei; der Fall ist der älteste auf der Liste.
Also: solche Entscheidungen bestandskräftig werden zu lassen wäre doch
ziemlich schwachsinnig - oder?
Außerdem ist der Wahlkampf-Trumpf noch nicht wirksam geworden.
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Verfasst: 15.02.2017, 13:57
von Klaus.Taschenbier
Aber dagegen anzukämpfen wird vermutlich ähnlich erfolgreich sein wie der Kampf mit einer Lanze gegen Windmühlen.
Verfasst: 15.02.2017, 19:47
von Anton Butz
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Wieso "ankämpfen"?
Jetzt genügt es, die Entscheidung
nicht bestandskräftig werden zu lassen
und mehr oder weniger endlose Geduld zu haben
und bis dahin sicherheitshalber zweigleisig zu fahren.
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Verfasst: 15.02.2017, 20:37
von Klaus.Taschenbier
Mädel möchte nicht klagen. Nach 2 bis 3 Monaten kommt der Widerspruchsbescheid und der ist dann einen Monat später rechtskräftig. Auf ein Ruhen des Widerspruchs würde ich mich als Kasse nicht einlassen. Die Sache ist erst vor wenigen Jahren beim BSG abschließend entschieden worden und es ist auch nicht so als ob es die Tauben von den Dächern pfeifen würden das eine Änderung der Rechtsprechung bevorstünde. Auch wenn es dir nicht gefällt. Da machste nix. Auch nicht mit Anwalt.
Verfasst: 15.02.2017, 21:53
von Anton Butz
Klaus.Taschenbier hat geschrieben:
Mädel möchte nicht klagen.
Wie kommst du darauf?
Mädel30 hat geschrieben:
Das ganze vor Gericht austragen könnte ich aus
gesundheitlichen Gründen sowie finanziell nicht.
Wahrscheinlich wusste sie dabei nicht, dass ein Postkarte genügt.
Übrigens lassen Sozialgerichte Verfahren sehr gerne ruhen!
Die Sache ist beim BSG nicht abschließend entschieden, nachdem
bei einem anderen Senat zwei Revisionen anhängig sind.
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Verfasst: 15.02.2017, 22:54
von Klaus.Taschenbier
Bei meiner Kasse werden über 80 Prozent aller sozialgerichtsprozesse gewonnen. Da wo wir verlieren geht es in der Regel um Fälle in denen der Gutachter die medizinischen Grundlagen der Entscheidung anders beurteilt als der MDK. Vom Versicherten handschriftlich eingreichte Klagen kommen in der Praxis sehr selten vor. Auf einer Postkarte hab ich es noch nie gesehen und in den letzten Jahrzehnten habe ich noch nie Verlohren wenn der Versicherte seine Klage handschriftlich eingereicht hatte. Lücke Fälle sind tatsächlich copy paste und die absolute Mehrheit der Sozialgerichte hält sich da auch an die Rechtsprechung des BSG. Ich habe jedenfalls in den letzten Jahren bei Lücke Fällen immer eine Rücknahme der Klage oder den Sieg der Krankenkasse erlebt.
Verfasst: 15.02.2017, 23:48
von Anton Butz
Klaus.Taschenbier hat geschrieben:
... die absolute Mehrheit der Sozialgerichte hält sich da auch
an die Rechtsprechung des BSG.
Nur die "absolute Mehrheit"? Dachte bisher 96 %. Allerdings ist
es keine "Recht"sprechung des BSG, solange der Zusammenhang
mit dem Karenztag und der deswegen zwingende Singular-Wort-
laut des Gesetzes unberücksichtigt bleibt.
Noch darfst du "stolz" darauf sein, solche Ungerechtigkeiten für
deinen Arbeitgeber mit Erfolg zu vertreten, aber ... (irgendwann
schämst du dich vielleicht dafür).
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Verfasst: 16.02.2017, 13:14
von Anton Butz
Mädel30 hat geschrieben:
Ob mein Arzt sich da einsetzt?Schwer zu sagen,denke fast eher nicht.
Denn meine Bedenken sind ja quasi an ihm abgeprallt.
Ich glaube sogar das er genau wusste was mir blüht.
Ein Arzt der in der Ärztekammer im Vorstand sitzt muss sowas wissen.
Ja, das muss er! Aber was schert es die Ärzte, dass vom Bundessozial-
gericht seit Mai 2012 stereotype Wiederholungen zu von Krankenkassen
nicht veranlassten, unzutreffenden rechtlichen Ratschlägen durch die Ärzte
und dadurch gegen sie ggf. ausgelöste Schadensersatzansprüche gestreut
wurden.
Stattdessen stellt sich immer mehr die Frage, ob und inwieweit der Staat für
beliebige – um nicht zu schreiben willkürliche – „Recht“sprechung seiner 3.
Staatsgewalt einzustehen hat. Die Argumente liegen auf dem Tisch. Sie
müssten allerdings die Krähen-Theorie überwinden.
Jedenfalls könnte Mädel30 den Arzt auf die oben zusammengefasste Recht-
sprechung des BSG hinweisen, Regulierung verlangen, ihn bitten, den Sach-
verhalt seiner Haftpflichtversicherung zu melden und im Übrigen abwarten,
wie sich die Krankengeld-Rechtsprechung entwickelt.
Die Medien sind derzeit freundlich zugewandt, es ist Wahlkampf und der
nun zuständige 3. Senat des BSG hat seit über zwei Jahren die Chance, den
Krankengeld-Skandal aus "Münteferings letztem Gefallen" historisch aufzu-
arbeiten.
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