Rückwirkende Kündigung Familienversicherung

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 27.02.2011, 14:57

Nun denn:
Wenn ich die vorausschauende Betrachtungsweise eng auslege, müsste ich die Familienversicherung bereits mit der Beantragung der Rente beenden, wenn die Rentenauskunft ergibt, dass die erwartete Rente über der Einkommensgrenze sein wird.
Sehe ich allerdings anders.

Die vorausschauende Betrachtungsweise ist vorzunehmen. Allerdings nicht so eng, dass anhand der Rentenauskunft schon bei Rentenbeantragung die Familienversicherung entfällt. Na klar, die Rentenauskunft ergbit einen voraussichlichen Rentenanspruch. Mit der Rentenauskunft sind aber die anderere tatbestandlichen Voraussetzungen der Rente nicht abgeklopft, ob bspw. die volle Erwerbsminderung überhaupt vorliegt (keine 3 Stunden am Tag arbeiten).

Die Voraussetzungen werden erst mit Erteilung des Rentenbescheides (bspw. 5 Jahre nach einem sozialgerichtlichen Verfahren) dokumentiert.

Das BSG hält in der Entscheidung vom 07.12.2000 Az. B 10 KR 3/99 R fest, dass auch nachträglich eine vorausschauende Betrachtungsweise für die Einkommensgrenze im Rahmen der Familienversicherung zulässig ist. Allerdings muss mit hinreichender Sicherheit feststehen, dass der gegebenenfalls für ein Kalenderjahr zu berechnende Grenzbetrag überschritten wird.

Dies ist gerade im Rentenverfahren nicht so. Denn man weiß ja garnicht genau, bekomme ich die Rente oder bekomme ich die Rente nicht.

Ferner gibt es hierzu eine klare Aussage in dem GR vom 30.12.2008 (KVdR)

Hier heißt es dann:

GR 30.12.2008 Seite 40

1 Allgemeines
Familienversicherte, die einen Rentenantrag stellen und die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der KVdR
nicht erfüllen, bleiben bis zum Beginn des Monats, für den die Rente erstmalig laufend gezahlt wird, beitragsfrei in der Familienversicherung versichert. Der weitere Anspruch auf eine Familienversicherung ist - unter Berücksichtigung der sonstigen in § 10 SGB V und § 25 SGB XI geforderten Voraussetzungen - davon abhängig, dass das Gesamteinkommen des Rentners unter Berücksichtigung des Zahlbetrags der Rente regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße
nach § 18 Absatz 1 SGB IV, bei geringfügig Beschäftigten nach § 8 Absatz 1 Nr. 1, § 8a SGB IV gilt ein Betrag von 400 Euro, nicht überschreitet


Ehrlich gesagt kann ich mir die Ausführungen in diesem GR nur unter Berücksichitgung der von mir zitierten Rechtsprechung des BSG erklären. Grundsätzlich ist eine vorausschauende Betrachtungsweise vorzunehmen, eine rückwirkende ist auch zulässig, allerdings muss mit hinreicher Aussicht fesstehen, dass die Einkommensgrenze überschritten wird.

Und dies kann ebenfalls de facto auch erst mit Erteilung des Steuerbescheides gelten. Das Steuerrecht ist äußerst kompliziert; es gibt dort Freibeträge etc. Da die Familienversicherung auf das Gesamteinkommen im Sinne des Steuerrechts abstellt, kann auch nur der rechtskräftige Steuerbescheid gelten. Ansonsten müssten die Kassenmitarbeiter erst noch eine Spezialausbildung als Steuerfachkraft absolvieren um die Überschreitung der Einkommensgrenze im Sinne des Steuerrechts den Familienversicherten nachzuweisen.


Man darf es - nach meiner bescheidenen Ansicht - auch mit dem Beitragsrecht vergleichen. Denn im Beitragsrecht räumt der Gesetzgeber in § 240 SGB V explizit dem Spibu das Recht ein, etwas bestimmtes zu regeln. Hier hat der Spibu dann in den einheitlichen Grundsätzen bspw. bei der Rente geregelt, dass Nachzahlungen rückwirkend zugeordnet werden.

Eine deratige Ermächtigungsgrundlage haben wir allerdings im Bereich der Familienversicherung und der Zuordnung des Gesamteinkommens defintiv nicht.

Von daher hinkt der Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz - GerneKrankenVersichert.

GerneKrankenVersichert
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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 27.02.2011, 15:23

Wenn es so im GR Rundschreiben steht, dann ist es halt so. Warum fragst du dann überhaupt noch?

Trotzdem bin ich der Meinung, dass die unterschiedlichen Auslegungen ein Fall für das BVerfG sind. Da haben wir auf der einen Seite den immer PKV-versicherten Gutverdiener, der sich irgendwann über die Familienversicherung einen Zugang zur GKV verschafft und keine rückwirkenden Beiträge zahlen muss.

Auf der anderen Seite den lebenslang GKV-Versicherten, der rückwirkend Beiträge zahlen muss. Oder den freiwillig Versicherten, der keinen FV-Anspruch hat und ebenfalls rückwirkend zur Zahlung verdonnert wird. Das passt einfach nicht zusammen.

Vielleicht findet sich ja mal ein Kläger.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 27.02.2011, 15:55

Jooh
Wenn es so im GR Rundschreiben steht, dann ist es halt so. Warum fragst du dann überhaupt noch?
Ich habe einfach versucht, durch das Beispiel im Bereich der Rente - welches ja schwarz auf weiss in einem GR drinnesteht - eine Eselsbrücke zu dem hier eingestellten Fall mit dem Steuerbescheid zu basteln.

Nur so mal am Rande, auch wenn irgendetwas in einem GR steht, dann mache ich mir schon Gedanken, warum es dort steht bzw. wie es zustandegekommen ist.

Denn so gelingt es einem, einen Sachverhalt, der eben noch nicht in einem GR drinnesteht selber zu lösen. So bin ich jedenfalls bislang am besten gefahren.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass die unterschiedlichen Auslegungen ein Fall für das BVerfG sind
Sorry, wenn es schon durch die Rechtsprechung des BSG gefestigt und ziemlich eindeutig ist, dann muss man doch nicht zum BVerfG marschieren. Dann sollte man sich die lieber die Frage stellen, ob der Spibu bei der rückwirkenden Zuordnung der Rente bei der Beitragsbemessung richtig liegt?

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 27.02.2011, 16:13

Hm mal denn eine ganz dumme Frage, also KvDR VVz nicht erfüllt ok, aber die vorrausetzungen für die Familienversicherung liegen vor. Ok paßt denn aber auch nicht ok. so jetzt kucken wir mal weiter. die Vorrausetzungen für die Familienversichrung liegen vor , Rentenantrag wurde gestellt. Würde jetzt denn der Rentenantrag laufen würde denn geprüft werden ob erdenn die Vorrausetzunge fürdie Fama hat er. also heißt das doch denn grundsätzlich er kann als Rentenantragsteller versichert werden , allerdings beitragsfrei, richtig?
Was sagt denn § 228 Abs. 2 SGB V aus?

Taja ich hätte da so mein Problem mit rossis Meinung

Rossi
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Beitrag von Rossi » 27.02.2011, 16:48

Sorry,

ich verstehe ehrlich gesagt Deine Argumentation im Ansatz nicht!

Er ist de facto familienversichert. Warum wirfst Du jetzt auf einmal den § 228 Abs. 2 SGB V in den Ring.

Der § 228 SGB V steht im SGB V unter dem Titel "beitragspfichtige Einnahmen der Mitglieder"

Mitglieder im Bereich des SGB V sind nur die Personen im Sinne von § 5 SGB V (Versicherungspflichtige) und § 9 SGB V (freiwillig Versicherte).

Familienversicherte sind keine Mitglieder. Es jenes nicht schon das kleine 1 * 1?

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 27.02.2011, 16:50

Hm was wird er denn wenn er den bescheid über die Rente erhält? Mitglied oder Familienmitglied? Aber egal, hauptsache Rente

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 27.02.2011, 17:01

achja Liegt jedoch ein entgegenstehender Verwaltungsakt nicht vor, ist die Krankenkass nicht gehindert , rückwirkend festzustellen, das ab einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt die Familienversicherung nicht mehr bestand.
Steht ja auch in dem Urteil stellt sich jetz nur die Frage wenndie Rente rückwirkend bewilligt und verbeitragt wird ......

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 27.02.2011, 18:31

Hallo,
mir fällt dazu noch ein Beispiel ein das man diskutieren könnte.
Am 01.02. eines Jahres erhält der Arbeitnehmer eine rückwirkende Gehaltserhöhung zum 01.01. des Vorjahres - daraus resultiert am 15.2. eine Nachzahlung von
xxxxxx €. Preisfrage : Ab wann muss ein höherer Beitrag gezahlt werden ?
Ab 01.01. des Vorjahres oder einmalig für den Auszahlungsmonat ??
Vielleicht hilft diese Frage weiter bei "unserem" Fall weiter ?
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 27.02.2011, 18:56

Öhm Günter,

das Beitragsrecht ist ganz anders konzipiert. Es gilt dort das sog. Entstehungsprinzip. Jenes findest Du im allgem. Buch für die Sozialversicherung, nämlich insbesondere in § 22 SGB IV. Grundsätzlich dann immer rückwirkend ab dem Entstehungstag. Jenes wäre hier der 01.01. des Vorjahres. Bei einmalig gezahlten Arbeitsentgeld (Weihnachts- oder Urlaubsgeld) gilt der Auszahlungsmonat.

Hier geht es doch - nach meiner bescheidenen Ansicht - um die Bewertung der vorausschauenden Betrachtung des Gesamteinkommens. Ist doch ne ganz andere Baustelle die Familienversicherung im Gegensatz zum Beitragsrecht.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 27.02.2011, 19:26

Rossi hat geschrieben:Öhm Günter,

das Beitragsrecht ist ganz anders konzipiert. Es gilt dort das sog. Entstehungsprinzip. Jenes findest Du im allgem. Buch für die Sozialversicherung, nämlich insbesondere in § 22 SGB IV. Grundsätzlich dann immer rückwirkend ab dem Entstehungstag. Jenes wäre hier der 01.01. des Vorjahres. Bei einmalig gezahlten Arbeitsentgeld (Weihnachts- oder Urlaubsgeld) gilt der Auszahlungsmonat.

Hier geht es doch - nach meiner bescheidenen Ansicht - um die Bewertung der vorausschauenden Betrachtung des Gesamteinkommens. Ist doch ne ganz andere Baustelle die Familienversicherung im Gegensatz zum Beitragsrecht.
Hallo,
okay, sehe ich ein - sorry.
Gruss
Czauderna

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Beitrag von GerneKrankenVersichert » 27.02.2011, 22:28

Rossi hat geschrieben: Nur so mal am Rande, auch wenn irgendetwas in einem GR steht, dann mache ich mir schon Gedanken, warum es dort steht bzw. wie es zustandegekommen ist.
Das frage ich mich in diesem Fall ebenfalls. Vor allen Dingen, da wohl kaum ein Sofa auf die Idee gekommen wäre, für die Beurteilung der Familienversicherung eines nicht in der KVdR-Versicherten ein GR zur KVdR heranzuziehen.
Rossi hat geschrieben: Sorry, wenn es schon durch die Rechtsprechung des BSG gefestigt und ziemlich eindeutig ist, dann muss man doch nicht zum BVerfG marschieren.
Öhem. Das sind doch zwei paar Schuhe, das BSG und das BVerfG. Und welche gefestigte Rechtssprechung meinst du denn? Ich habe zu diesem Sachverhalt nichts gefunden.

Rossi hat geschrieben: Dann sollte man sich die lieber die Frage stellen, ob der Spibu bei der rückwirkenden Zuordnung der Rente bei der Beitragsbemessung richtig liegt?
Das ist im § 228 Abs. 2 SGB V geregelt. Da kann der SpiBu nix dafür.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 27.02.2011, 23:05

Okay, shame on me!

Oben habe ich zwar geschrieben, dass der § 228 SGB V für Mitglieder (§ 5 oder § 9 SGB V) gilt.

Dem ist offenischtlich zunächst nicht so. Die Bestimmungen des § 228 SGB V gelten offenischtlich in erster Linie für Versicherungspflichtige im Sinne von § 5 SGB V.

Dies dürfte meines Erachtens durch die speziellen Regelungen des § 240 SGB V, die nur für die freiwillig Versicherten gelten, deutlich werden.

Dann gibt es den § 240 Abs. 1 SGB V. Hier überlässt der Gesetzgeber in erster Linie dem Spibu die Beitragsbemessung. Allerdings hat er noch den Abs. 2 des SGB V geschaffen. Hier hat der Gesetzgeber wohl ein paar Vorgaben geregelt, die auf jeden Fall zu berücksichtigen sind. Und in Satz 5 regelt der Gesetzgeber ausdrücklich, dass § 228 Abs. 2 SGB V entsprechend gilt. Also ist der § 228 Abs. 2 SGB V mit im Boot, allerdings nach meiner bescheidenden Auffassung nur für solche Zeiträume, wo der Kunde tatsächlich freiwillig versichert ist und gleichzeitig Renten nachgezahlt werden.

Na ja, das Mitgliedschaftsrecht in der GKV ist schon sehr komplex. Dann kommt noch das Beitragsrecht hinzu, was noch komplexer ist.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 28.02.2011, 08:58

aha

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