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Verfasst: 31.10.2018, 22:59
von RHW
Hallo deressener,

eine Kündigung ist absolut nicht erforderlich. Die Anwartschaft ist auch eine freiwillige Mitgliedschaft, aber eine andere Form.

Für den ersten Monat des unbezahlten Urlaubs besteht nach § 7 Abs. 3 SGB IV die bisherige Beschäftigung mit der bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung fort. Da aber hier in der Beschäftigung bisher auch eine freiwillige Mitgliedschaft besteht, kann die Mitgliedschaft ab Beginn des Auslandsaufenthalts in eine Anwartschaft umgewandelt werden. Der Tag der Ausreise sollte am besten durch Unterlagen belegt werden (z.B. Flugtickets). Teilweise führen die Krankenkassen die Anwartschaft auch aufgrund eines Telefonats durch. Ein schriftlicher Antrag und eine schriftliche Bestätigung der Anwartschaft bieten aber mehr Rechtssicherheit. Die Anwartschaft kann auch im Laufe eines Monats beginnen. Wichtig ist, dass man die Krankenversicherung während evtl. Besuche in Deutschland eindeutig regelt (z.B. Weihnachten oder unplänmäßiger Deutschlandaufenthat).

Eine Kündigung (wenn man sich nicht für die Anwartschaft entscheidet) ist immer nur zum Ende eines Kalendermonats möglich.

Wenn man später die Anwartschaft komplett kündigen möchte, gilt wie in Deutschland eine Kündigungsfrist von 2 vollen Kalendermonaten.

Die spätere Umwandlung der Anwartschaft in eine normale Einstufung ist wieder taggenau möglich (ab Einreisetag).

Gruß
RHW

Verfasst: 08.11.2018, 12:11
von Bull87
Hallo zusammen,

mein Fall ist sehr sehr ähnlich wie der von "deressener", mit leichten Abweichungen, vielleicht kann mir hier jemand von euch weiterhelfen?Das wäre toll:).

Im Prinzip unterscheidet sich mein Fall in folgenden Merkmalen:

- Ich befinde mich in einem gekündigten Arbeitsverhältnis per 31.12.2018

- Ab dem 03.01.2019 werde ich um die 6-7 Monat ins Ausland verreisen, habe keine genaues Rückkehrdatum.

- Für die Zeit der Reise habe ich bereits eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen und meine freiwillig gesetzliche Mitgliedschaft zum 03.01.2019 gekündigt.

Von meiner Krankenkasse werde ich jetzt mit schwammigen Kommentaren in die Anwartschaft gedrängt.

Ich würde diese zwar abschließen, aber irgendwie bin ich mir nicht sicher ob das nötig ist.

Nach der Reise werde ich mich erstmal bewerben, das heißt ich werde nicht vom ersten Tag der Rückkehr erwerbstätig sein.


Folgende Szenarien hatte ich mir aber überlegt:

1.Erstmal von meinen Reserven leben, damit mich das Arbeitsamt in Ruhe lässt. (Ist hier die Anwartschaft sinnvoll?Ich würde mich natürlich über den Mindestbeitrag zusatzversichern, würde mir das meine Krankenkasse allerdings erlauben?)

2. Direkt zum Arbeitsamt und Arbeitslosengeld beantragen (Somit wäre ich wieder gesetzlich bei meiner alten Krankenkasse versichert, richtig?Wozu dann die Anwartschaft?)

3. Was ist, wenn ich auf Grund eines Unfalls nach Deutschland eingeflogen werde?Sowohl mit als auch ohne Anwartschaft?


Im Prinzip würde ich mich freuen, wenn mir jemand eine Empfehlung geben könnte, da ich mir gerade unsicher bin,welcher der beste Weg ist)

Vielen Dank :D :D :D

Verfasst: 08.11.2018, 14:26
von Czauderna
Hallo,
das ist ja alles richtig, was aber, wenn es anders kommt, nämlich, du kündigst deine freiwillige Mitgliedschaft und wirst im Ausland krank, und zwar so krank, dass es eben nach Rückkehr in die Bundesrepublik nicht geht Arbeitslosengeld-1 zu beantragen oder gar eine Beschäftigung aufzunehmen. Ob deine Krankenkasse dich zum 3.1.2019 aus einer freiwilligen Versicherung lässt, stellt sich mir als erste Frage - bist du denn jetzt schon freiwillig versichert ?.
Wenn es ganz dumm läuft, kannst du tatsächlich dann nicht mehr in die GKV zurück. Ich würde mir das mit der Anwartschaft nochmals überlegen. Ich denke, dass der finanzielle Aufwand dafür nicht das Budget für die Auslandsreise an sich sprengen wird. Was meinen die aktiven Experten dazu ?.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 08.11.2018, 14:59
von Bull87
Hallo,

ich habe bereits die Kündigungsbestätigung erhalten.

Mir geht es weniger um den Betrag als um das Prinzip, keiner möchte ungerechtfertigt für irgendetwas bezahlen.

Wenn es aber heißt, es wäre dann unkomplizierter, dann bin ich bereit für die Anwartschaft zu bezahlen.

Verfasst: 08.11.2018, 16:27
von Czauderna
Bull87 hat geschrieben:Hallo,

ich habe bereits die Kündigungsbestätigung erhalten.

Mir geht es weniger um den Betrag als um das Prinzip, keiner möchte ungerechtfertigt für irgendetwas bezahlen.

Wenn es aber heißt, es wäre dann unkomplizierter, dann bin ich bereit für die Anwartschaft zu bezahlen.
Hallo,
ich muss noch einmal nachfragen . Die Kasse hat dir das Ende der Mitgliedschaft als freiwillig Versicherter zum 02.01.2019 bestätigt ?.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 08.11.2018, 17:05
von Bull87
So ist es, ich habe das schriftlich, dafür habe ich meiner Krankenkasse auch den Abschluss einer Langzeit Auslandsreisekrankenversicherung zukommen lassen.

Verfasst: 08.11.2018, 18:12
von Czauderna
Bull87 hat geschrieben:So ist es, ich habe das schriftlich, dafür habe ich meiner Krankenkasse auch den Abschluss einer Langzeit Auslandsreisekrankenversicherung zukommen lassen.
Hallo,
das macht die Sache natürlich einfacher für dich.
Gruss
Czauderna

Verfasst: 08.11.2018, 22:43
von RHW
Hallo bull87,

was kann passieren, wenn man keine Anwartschaftsversicherung abschließt:

1) Man kommt arbeitsunfähig aus dem Ausland zurück. Dann erhält man kein Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit. Wenn man nicht bedürftig ist, erhält man auch kein Alg II vom Jobcenter. Dann kann man nur nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 SGB V Mitglied der GKV werden. Diese Regelung gibt es seit 1.4.2007. Es gibt keinen Vertrauensschutz, dass dieser Paragraph bei der Rückkehr unverändert existiert. Es ist ja auch möglich, dass man überraschend mehrere Jahre im Ausland bleibt.

2) Wenn man überraschend einen Arbeitsvertrag für Deutschland angeboten bekommt und bei der Einreise als Arbeitnehmer über der Versicherungspflichtgrenze verdient , kann man sich aufgrund der Rechtslage seit 1.1.2009 nur noch in der PKV versichern (bei wesentlichen Erkrankungen berechnet die PKV im Basistarif den GKV-Höchstbeitrag).

3) Wenn man sich bei der Rückkehr selbständig macht bzw. schon selbständig ist, können die GKV-Versicherung bzw. die Versicherung mit Krankengeldanspruch problematisch sein.

Gesetzesänderungen sind jederzeit möglich, besonders wenn ein neuer Gesundheitsminister ins Bundesgesundheitsministerium einzieht oder sogar eine andere Partei den Gesundheitsminister stellt. Auch die Altersgrenze von 55 Jahren bei der Rückkehr aus der PKV kam damals für viele sehr überraschend.

Beim Wechsel aus einer Nicht-GKV-Versicherung in die GKV gibt es keinen Vertrauensschutz.

M.E. gibt es keine Empfehlung für oder gegen eine Anwartschaft. Man sollte nur die Rahmenbedingungen kennen.

Gruß
RHW

Re:

Verfasst: 11.12.2018, 20:01
von deressener
RHW hat geschrieben:
31.10.2018, 22:59
...eine Kündigung ist absolut nicht erforderlich. Die Anwartschaft ist auch eine freiwillige Mitgliedschaft, aber eine andere Form.

Für den ersten Monat des unbezahlten Urlaubs besteht nach § 7 Abs. 3 SGB IV die bisherige Beschäftigung mit der bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung fort. Da aber hier in der Beschäftigung bisher auch eine freiwillige Mitgliedschaft besteht, kann die Mitgliedschaft ab Beginn des Auslandsaufenthalts in eine Anwartschaft umgewandelt werden...

Gruß
RHW
Hallo zusammen,

ich habe mir nun die Ratschläge von euch zu Herzen genommen und der TK eine Mail mit meinem Anliegen und den hier gebrachten Argumenten geschickt. Folgende Antworten habe ich erhalten:

- Die Art der Versicherung bei der Wiedereinreise muss individuell geprüft werden.
Was muss denn individuell geprüft werden???
- Mein AG meldet mich einen Monat nach Beginn des unbezahlten Urlaubs bei der TK ab. Da ich freiwillig versichert bin, zahle ich den Höchstbetrag innerhalb diesen Monats selbst.
Das steht im Widerspruch zu oben stehenden Zitat.

Vielleicht könnt Ihr mir hier noch einmal weiterhelfen und Eure Meinung dazu mitteilen.

Vielen Dank schon mal.

Gruß
Sven

Re: Rückkehr in die GKV nach Auslandsaufenthalt

Verfasst: 16.12.2018, 10:01
von RHW
Hallo,

um die Art der Versicherung bei der Wiedereinreise konkret nach der jetzigen Gesetzeslage beurteilen zu können, braucht man auf Seiten der Krankenkasse einige konkrete Infos:
- bei Wiedereinreise hauptberuflich selbständig?
- Anspruch auf kostenlose Familienversicherung durch einen Familienangehörigen?
- Anspruch auf Alg?
- Anspruch auf Alg II vom Jobcenter?
- Rentenbezug und Krankenversicherungszeiten während des gesamten Berufslebens
Die Krankenkasse ist verpflichtet, anhand der §§ 5 und 9 SGB V die zutreffende Versicherungsart zu ermitteln.

Wegen der Anwartschaft ab Tag der Ausreise würde ich auf § 240 SGB V verweisen und eine ganz konkrete Begründung anfordern, warum diese Anwartschaft in der beschriebenen Situation nicht möglich sein soll.

Gruß
RHW

Re: Rückkehr in die GKV nach Auslandsaufenthalt

Verfasst: 16.12.2018, 18:01
von deressener
Hallo RHW,

vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst und so ausführlich auch mein Anliegen eingehst.

Unter der Berücksichtigung der von dir genannten Infos, kommt eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse für mich somit ohne Abschluss einer Anwartschaft leider nicht in Betracht. Alle genannten Punkte kann ich verneinen, da ich kurz nach Rückkehr aus dem Ausland die Beschäftigung bei meinem bisherigen Arbeitgeber fortsetze (habe ja "nur" unbezahlten Urlaub)....somit weder hauptberuflich selbstständig, noch Anspruch auf ALG I/II sowie Möglichkeit einer Familienversicherung.

Zu dem zweiten Thema bzgl. der Anwartschaft ab Ausreisetag habe ich mir den von dir genannten § 240 SGB V durchgelesen. Leider ist mir nicht klar, welcher dieser Punkte auf meinen konkreten Fall Anwendung finden soll. Bei Rückfragen meiner KK sollte ich darauf ja schon antworten können :-)

Vielleicht kannst du mir hier noch einmal kurz Hilfestellung geben.

Nochmals vielen Dank für deine Unterstützung, ich weiß dies zu schätzen.

LG
Sven

Re: Rückkehr in die GKV nach Auslandsaufenthalt

Verfasst: 16.12.2018, 18:21
von RHW
Hallo,

§ 240 SGB V ist im Laufe der Jahre wirklich sehr lang und unübersichtlich geworden.

Wesentlich ist dieser Absatz:
(4b) Der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder sind 10 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zugrunde zu legen, wenn der Anspruch auf Leistungen für das Mitglied und seine nach § 10 versicherten Angehörigen während eines Auslandsaufenthaltes, der durch die Berufstätigkeit des Mitglieds, seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder eines seiner Elternteile bedingt ist, oder nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ruht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach § 16 Abs. 1 der Anspruch auf Leistungen aus anderem Grund für länger als drei Kalendermonate ruht, sowie für Versicherte während einer Tätigkeit für eine internationale Organisation im Geltungsbereich dieses Gesetzes.
Den entscheidenden Satz habe ich markiert: Nach § 16 ruht der Leistungsanspruch im Ausland (Ausnahme: EWR- und Abkommensstaaten). Wenn der Auslandsaufenthalt länger als 3 Monate beträgt, wird der Beitrag ermäßigt (auf ca. 55 Euro monatlich). Der Krankenkasse ist nur das Land anzugeben und die voraussichtliche Dauer (Beginn und geplantes Ende) darzulegen.

Gruß
RHW

Re: Rückkehr in die GKV nach Auslandsaufenthalt

Verfasst: 20.12.2018, 18:10
von deressener
RHW hat geschrieben:
16.12.2018, 10:01
...
Wegen der Anwartschaft ab Tag der Ausreise würde ich auf § 240 SGB V verweisen und eine ganz konkrete Begründung anfordern, warum diese Anwartschaft in der beschriebenen Situation nicht möglich sein soll.

Gruß
RHW
Hallo,

oben stehendes habe ich nun gemacht und folgende Antwort der Krankenkasse erhalten:

".... Gerne teilen wir Ihnen die Rechtsgrundlage für die Beitragsrechnung in dem ersten Monat Ihres unbezahlten Urlaus mit.

Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Die Beiträge für den ersten Monat Ihres unbezahlten Urlaubs sind weiterhin nach der Jahresarbeitsentgeltgrenze zu bemessen. Dies ergibt sich aus §7 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler - Gesetzliche Krankenversicherung - in Verbindung mit §7 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung-.
"

Dann haben Sie mir im Anhang noch Auszüge aus den Rechtsgrundlagen mitgeschickt.

Die genannten Paragraphen sind mir bereits bekannt und würden meiner Einschätzung nach auch zutreffen, würde ich nicht ins Ausland gehen. Auf den von mir (nach der freundlichen Hilfestellung von RHW) genannten § 240 SGB V wurde überhaupt nicht eingegangen.

Bei meiner eigenen Recherche zum § 240 SGB V bin ich auf folgenden Artikel gestoßen:
https://www.haufe.de/personal/haufe-per ... 86515.html

Dort steht: "....Die Anwartschaftsversicherung beginnt grundsätzlich, wenn der zum Leistungsruhen führende Tatbestand eintritt..." Dies würde die Aussage von RHW meiner Meinung nach bestätigen.

So langsam weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr weiter, da ich bei meiner KK so langsam auch nicht mehr weiterkomme.

Was sagt ihr zu den Aussagen meiner KK.... Sind sie da im Recht, oder liegen sie eurer Meinung nach falsch?

Vielen Dank.

LG
Sven

Re: Rückkehr in die GKV nach Auslandsaufenthalt

Verfasst: 24.12.2018, 10:58
von RHW
Hallo deressener,

ich würde so argumentieren:

bei einem beruflich bedingten Aufenthalt im Ausland (Ausnahme: EWR- oder Abkommensstaat) ist unabhängig von der Dauer eine Anwartschaft möglich. Bei einem privaten Aufenthalt von mehr als 3 Monaten ebenso. Grundlage sind § 240 und der Haufe-Link. § 7 SGB IV triftt zwar zu, kann aber gegenüber der Anwartschaftsregelung nach §240 SGB V nur nachrangig sein.

Am besten die Anwartschaft ab Tag X beantragen und einen widerspruchsfähigen Bescheid bei Ablehnung fordern.

Ggf. auch hier informieren: https://www.bundesgesundheitsministeriu ... lefon.html

Gruß
RHW

Re: Rückkehr in die GKV nach Auslandsaufenthalt

Verfasst: 24.12.2018, 12:09
von heinrich
dazu gibt es ein sehr aktuelles Rundschreiben aus diesem Jahr des GKV-Spitzenverbandes (welches ich im Büro liegen habe und jetzt hier am Heiligen Abend nicht mit der entsprechenden Nummer zitieren kann).

Es ging um einen freiw versicherte JAE-Überschreiter, der Arzt ist und im unbezahlten Urlaub für (sagen wir mal) 3 Wochen in einem anderen Land (sgen wir mal Afrika) als Arzt ohne Grenze arbeiten ging.

Es stellte sich die Frage:
1. Für den ersten Monat noch Höchstbeitrag nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze
oder
2. Anwartschaftsbeitrag nach § 240 Abs. 4b SGB V

Der GKV Spitzenverband hat dann geschrieben, dass der Anwartschaftsbeitrag anzuwenden ist.