GerneKrankenVersichert hat geschrieben:Christo hat geschrieben:
- 1. Das System muss sich nicht mehr um Kunden/Mitglieder bemühen. Das bedeutet längere Wartezeiten bzw. längere Bearbeitungszeiten. Der Versicherte kann schließlich nicht mehr wechseln.
Das hängt ganz davon ab, ob diese Wartezeiten politisch toleriert werden oder nicht. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Gesetzgebung zur automatischen Leistungsgewährung bei Überschreiten einer vorgegebenen Bearbeitungszeit und aktuell der Terminvergabe bei Fachärzten.
Ich verstehe was du meinst. Ich sehe es so: Zur Zeit ist es so, dass die Krankenkassen im Wettbewerb stehen. Aus diesem Grunde versuchen sie, ihren Kunden (später komme ich auf den Begriff nochmal zu sprechen :
) einen guten Service zu bieten. Sie versuchen es also von "innen" heraus. Diese "automatische" Leistungsgewährung setzt einen KK zusätzlich unter Druck, weil das u. U. höhere Kosten bedeutet.
Bei einer Einheits-/oder Bürgerversicherung wäre das aber egal. Mitglieder können nicht wechseln und wenn die Kosten steigen... naja... eine Einheitskrankenversicherung kann ja nicht Konkurs machen.
GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
Ja. Allerdings wäre das System dann insgesamt transparenter. Wenn ich z. B. hier sehe, welche Unterschiede zwischen Kassen unter Länder- und BVA-Aufsicht bestehen, fände ich eine Einheitskasse unter starker Aufsicht (damit auch jeder tatsächlich die ihm zustehenden Leistungen erhält und die immer knapper Gelder nicht für Unnötiges verpulvert werden) besser.
Naja, es kommt dann drauf an, wer die Aufgabe bekommt, zu prüfen. Das bestehende System finde ich transparent genug, aber die Prüfer prüfen unterschiedlich.
GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
Auch die heutigen Kassen und "Einheitskassen" RV und BA können sich gegen diese Verschiebebahnhöfe nicht wehren. Seit wir den Gesundheitsfonds haben, auch nicht mehr auf der Beitragsseite.
Eine Sache gibt es, die vielleicht unterschätzt wird. Lobbyarbeit. Im Moment gibt es einige Krankenkassen. Diese haben Selbstverwaltung, also Leute aus dem Gewerkschaftsbereich und Arbeitgeberbereich. Diese und natürlich die Vorstände von Krankenkassen können Versuchen, ihre Vorschläge und Ideen in die Politik mit einzubringen. Sollte es eine Einheitskasse geben, würde das wegfallen bzw. drastisch reduziert werden. Das sehe ich als einen sehr großen Nachteil an.
GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
Was für mich allerdings zwingend zu einer Bürgerversicherung, die auch noch eine Einheitsversicherung ist, dazugehört, ist dieses System auch auf der Leistungserbringerseite durchzusetzen. Vor allen Dingen auf der Seite derjenigen, die die Leistungen veranlassen - den Ärzten. Nicht mehr der freiberufliche Arzt, der immer seine Gewinnmaximierung im Hinterkopf hat, auf zusätzliche Einnahmen außerhalb des Systems schielt und im Zweifelsfall sagt: "das zahlt die Kasse nicht", statt über die medizinische Notwendigkeit aufzuklären und auch mal zu sagen, wenn etwas medizinisch nicht notwendig ist - schießlich könnte der Kunde, äh Patient, sich sonst ja einen anderen Arzt suchen. Stattdessen einen Arzt, der mit einem guten Gehalt (Stichwort "kalkulatorischer Arztlohn") Angestellter der Einheitskasse ist und das "WANZ"-Prinzip nach außen vertritt und durchsetzt. Das würde wieder viele viele Verwaltungsstellen bei der Einheitskasse einsparen.
Ich finde gut, dass du dieses Thema ansprichst, denn thematisch gehört das meiner Meinung nach nicht zu einer Bürger-/Einheitsversicherung sondern in den Leistungserbringerbereich. Für mich ist dieses Thema Leistungserbringer und Verzahnung eins mit größerem Potential als die Bürgerversicherung.
GerneKrankenVersichert hat geschrieben:
Die Bürgerversicherung, die oft mit einer Einheitsversicherung gleichgesetzt wird.
Mir geht es darum, zu verdeutlichen, dass die Einheitsversicherung weder die von den Befürwortern gewünschte und erwartete eierlegende Wollmilchsau noch das von den Gegnern beschriebene kundenunfreundliche Bürokratiemonster ohne die bisherigen Möglichkeiten der Selbstverwaltung sein muss. Es kommt auf die konkrete Ausgestaltung an, über die sich seitenlang diskutieren lässt.
Du hast recht, da kann man seitenweise diskutieren. Für mich ist die Frage: Was bringt eine Einheitsversicherung an "Mehr"nutzen als das derzeitige System?
ErnstXV hat geschrieben:"Kundeninteressen"? ... danke für die ""!
"Kunde" bin ich beim Bäcker und im Schuhgeschäft!
Im Bezug auf Behörden und ähnlichen Institutionen empfinde ich den Begriff schlicht als herabwürdigend.
Ich möchte lieber als "Teilhaber" angesehen werden - idealerweise in einer solidarischen Bürgerversicherung.
Gruß ErnstXV
Als ich das gelesen habe, ErnstXV, war ich etwas erschüttert. Herabwürdigend? Der Begriff Kunde istd herabwürdigend?
Vielleicht kurz zur Historie des Begriffes. Im Grunde gibt es Mitglieder, Versicherte und Antragsteller. Hier mal ein kurzes Zitat:
Eine grundsätzliche Unterscheidung des öffentlichen Rechts zum Privatrecht ergibt sich daraus, dass im öffentlichen Recht der Einzelne dem Staat untergeordnet ist
Also rechtlich gesehen ist der Versicherte der Krankenkasse untergeordnet.
Und das haben in der Vergangenheit (also so 20 Jahre zurück, vielleicht heute auch noch
) Krankenkassen raushängen lassen.
Um sich auf den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen besser einzustellen, haben die Krankenkassen intern immer mehr von Kunden gesprochen. Also von Personen, die ein Anliegen haben und die serviceorientiert beraten werden sollen, auch dann, wenn eine Leistung abgelehnt wird.
So hat der Kundenbegriff Einzug gehalten.
Wer oder was ist ein Teilhaber? Ein Teilhaber ist jemand, der durch Geldanlage an etwas beteiligt ist. Dazu fehlt es in der GKV. Hier nochmal zum Anfang. Die KK muss nach den Gesetzen Leistungen erbringen bzw. verwalten/gewähren. Da ist nichts mit Teilhabe. Oder bist du Teilhaber an deiner Autoversicherungsgesellschaft?
Ich bin echt überraschst, dass das Wort Kunde für dich anscheinend etwas negatives beinhaltet.
Aber das war jetzt Off Topic, da das nichts mit der Bürgerversicherung zu tun hat.
Deswegen ein kurzes Statement von mir zum Thema Bürgerversicherung. Ich finde, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt schon sehr nah an einer Bürgerversicherung dran sind. Ich persönlich sehe nicht den Mehrnutzen, auf so ein System der Bürgerversicherung umzustellen, als beim jetzigen zu bleiben.
Um das Gesundheitssystem ( und dazu gehörend auch das Sozialsystem) zu verbessern, müsste man meiner Meinung an anderen Ecken loslegen
- - bessere Verzahnung der einzelnen Leistungserbringer
- "Gesundheitsmanager", die schwer- oder chronisch Kranke besser durch das System der Leistungserbringer durchbegleiten
- Mehr Versorgungsverträge
- bessere Transparenz über Wirksamkeit alternativer Handlungsmethoden
Jetzt kommen etwas äh... langfristige Dinge
- - Forschung nicht nur nach neuen Medikamenten und medizinischer Fortschritt, sondern auch Forschung an günstigeren Behandlungsmethoden (Beispiel minimalinvasive Eingriffe)
- Einsicht, dass der Gesundheitsmarkt eher Angebotsinduziert ist.
- Einsicht, dass der Gesundheitsmarkt sehr viel Umsatz macht und auch Arbeitsplätze schafft.
- Erziehung dahin ausrichten, dass jeder mehr Verantwortung für seine Gesundheit übernimmt
So, ein Haufen Text, das reicht erstmal.