Durch die Anrechnung von 3 Jahre pro Kind erfüllen teilweise viele Rentner die Voraussetzungen für die günstige KVdR.
In der Praxis zeigt sich, dass die Kassen die Kunden ohne Probleme nehmen, die bislang freiwillig versichert gewesen sind.
Aber bei Kunden, die bisher nicht gesetzlich versichert gewesen sind (bspw. privat oder Betreuungsfälle gem. § 264 SGB V) zeigt sich offensichtlich eine Abwehrhaltung. Gerade bei den Personen, die am 01.08.2017 über 55 Jahre alt sind.
Nur nur mal ein Beispiel aus der Presse.
http://www.thueringer-allgemeine.de/web ... -237875503
Einige Zitate daraus:
Erfurt. Der 80-jährige Rentner Karl-Heinz S. aus Erfurt schöpfte Hoffnung. Am 1. August trat eine gesetzliche Neuregelung in Kraft, durch die der Wechsel aus der teuren privaten Krankenversicherung zurück in eine Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erleichtert werden sollte. Pro Kind werden Eltern nun drei Jahre als Vorversicherungszeit gutgeschrieben (TA berichtete). Die versprochene Entlastung von Rentnern entpuppt sich nun als Mogelpackung.
Von Einschränkung war nicht die Rede
Der Thüringer Rentner erfüllt diese Bedingung zwar, weil er drei Kinder großgezogen hat und die Zeiten laut neuer Gesetzesregelung somit angerechnet werden. Doch die Krankenkasse, in der er Mitglied werden wollte, lehnte eine Aufnahme trotzdem ab. Sie berief sich auf den Gesetzestext. Danach gilt eine Einschränkung, die einen Wechsel für heutige Rentner, die privat versichert sind, unmöglich macht. Die Bedingung lautet: Die Rentner hätten zwischen 2012 und 2017 gesetzlich versichert gewesen sein müssen.
Völlig klar; es sind die Bestimmungen des § 6 Abs. 3a SGB V zu beachten. Allerdings reicht es für den Ausschluss der KVdR nicht allein aus, dass er in den Jahren 2012 - 2017 nicht gesetzlich versichert gewesen ist. Es ist noch zusätzlich zu prüfen, ob man in den Jahren 2012 - 2017 mehr als die Hälfte davon versicherungsfrei im Sinne des § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V gewesen ist, hauptberuflich selbständig (§ 5 Abs. 5 SGB V) oder von der Versicherungspflicht auf Antrag befreit gewesen ist (§ 8 SGB V).
Ich kann mir kaum vorstellen, dass der 80-jährige das zusätzliche Ausschlusskriterium erfüllt (versicherungsfrei, hauptberuflich selbständig oder auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit), sodass hier sehrwohl Versicherungspflicht im Rahmen der KVdR zum 01.08.2017 eintritt.
Dann habe ich noch einen anderen aktuellen Fall, der eine Rente bekommt (bislang keine KVdR), der derzeit vom Sozialamt nach § 264 Abs. 2 SGB V betreut wird. Auch er erfüllt dem Grunde nach zum 01.08.2017 die Voraussetzungen für die KVdR (mit Kinder). Die Kasse hat auch hier abgelehnt, weil er in den Jahren 2012 - 2017 nicht gesetzlich versichert gewesen ist. Das 2. Ausschlusskriterium wurde auch hier nicht geprüft. Er war in den letzten 10 Jahren inhaftiert, somit war er definitiv nicht versicherungsfrei im Sinne des § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V, noch war er während der Haft hauptberuflich selbständig, noch hat er sich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen.
Ich verstehe das derzeit noch nicht!!!
KVdR 01.08.2017 Anrechnung Kinder über 55 jährige
Moderator: Czauderna
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Hallo Rossi,
ich finde es auch immer wieder erstaunlich, wie schwer sich viele Kassen und Sachbearbeiter(innen) mit der vollständigen Prüfung der Ausschlußregelung (§ 6 Abs. 3a SGB V) tun. Inhaltlich bin ich voll bei dir: Dass 80jährige oder langjährig Inhaftierte, die nun von der Neuregelung betroffen sind, auch die geforderte "weitere Voraussetzung" für die Versicherungsfreiheit erfüllen ist erst einmal abwegig. Hier könnte i. d. R. höchstens die Bewertung von Ehezeiten (§ 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V) Ungemach bringen. Klagst du schon, oder ist es noch ein Widerspruch? [Ich gehe ja mal nicht davon aus, dass die Ablehnung einfach so hingenommen wird ...]
Gruß
Swantje
ich finde es auch immer wieder erstaunlich, wie schwer sich viele Kassen und Sachbearbeiter(innen) mit der vollständigen Prüfung der Ausschlußregelung (§ 6 Abs. 3a SGB V) tun. Inhaltlich bin ich voll bei dir: Dass 80jährige oder langjährig Inhaftierte, die nun von der Neuregelung betroffen sind, auch die geforderte "weitere Voraussetzung" für die Versicherungsfreiheit erfüllen ist erst einmal abwegig. Hier könnte i. d. R. höchstens die Bewertung von Ehezeiten (§ 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V) Ungemach bringen. Klagst du schon, oder ist es noch ein Widerspruch? [Ich gehe ja mal nicht davon aus, dass die Ablehnung einfach so hingenommen wird ...]
Gruß
Swantje
Du sprichst mir aus der Seele Swantje B.
Zitat:
ich finde es auch immer wieder erstaunlich, wie schwer sich viele Kassen und Sachbearbeiter(innen) mit der vollständigen Prüfung der Ausschlußregelung (§ 6 Abs. 3a SGB V) tun.
Ich kann es nur aus meiner Praxiserfahrung berichten. Bei über 55-jährigen, die keinen Bezug zur GKV hatten, hat es noch nie im ersten Anlauf funktioniert.
Und dann weiter.
Selbstverständlich muss man auch den Satz 3 des § 6 Abs. 3a SGB V beachten (Ehezeiten).
Bei dem 80-jährigen geht dies aus der Schilderung des Artikels nicht hervor.
Aber bei dem ehemals Inhaftierten ist es klar; die Ehe wurde schon vor 10 Jahren geschieden. Also muss man dort nicht den Satz 3 prüfen. Der Fall ist glasklar; er kommt rein nach dem Wortlaut des Gesetzes. Die Ablehnung ist völlig rechtswidrig. Hier sind wir erst im Vorverfahren, d.h., es muss erst einmal Widerspruch erhoben werden. Normalerweise legen diese Kunden selber Widerspruch ein. Aber diesmal wird es anders gemacht. Der Widerspruch wird sofort über einen Fachanwalt für Sozialrecht laufen. Es muss Geld kosten!!! Es ist die AOK Nordwest im Boot.
Bei dem 80-jährigen habe ich stumpf eine E-Mail an die Redaktion geschrieben und darauf hingewiesen, dass hier etwas nicht passen könnte. Mal gucken, ob sich die Zeitung bei mir meldet.
Zitat:
ich finde es auch immer wieder erstaunlich, wie schwer sich viele Kassen und Sachbearbeiter(innen) mit der vollständigen Prüfung der Ausschlußregelung (§ 6 Abs. 3a SGB V) tun.
Ich kann es nur aus meiner Praxiserfahrung berichten. Bei über 55-jährigen, die keinen Bezug zur GKV hatten, hat es noch nie im ersten Anlauf funktioniert.
Und dann weiter.
Selbstverständlich muss man auch den Satz 3 des § 6 Abs. 3a SGB V beachten (Ehezeiten).
Bei dem 80-jährigen geht dies aus der Schilderung des Artikels nicht hervor.
Aber bei dem ehemals Inhaftierten ist es klar; die Ehe wurde schon vor 10 Jahren geschieden. Also muss man dort nicht den Satz 3 prüfen. Der Fall ist glasklar; er kommt rein nach dem Wortlaut des Gesetzes. Die Ablehnung ist völlig rechtswidrig. Hier sind wir erst im Vorverfahren, d.h., es muss erst einmal Widerspruch erhoben werden. Normalerweise legen diese Kunden selber Widerspruch ein. Aber diesmal wird es anders gemacht. Der Widerspruch wird sofort über einen Fachanwalt für Sozialrecht laufen. Es muss Geld kosten!!! Es ist die AOK Nordwest im Boot.
Bei dem 80-jährigen habe ich stumpf eine E-Mail an die Redaktion geschrieben und darauf hingewiesen, dass hier etwas nicht passen könnte. Mal gucken, ob sich die Zeitung bei mir meldet.
Nun ja, das Thema wird offensichtlich immer spannender.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und alle wichtigen Informationen zusammengetragen.
Neuregelung Anrechnung von Kindern für die VVZ in der KVdR ab 1.8.2017 (§ 5 (2))
M.W.v. 1.8.17 wurden die Modalitäten für die Berechnung der VVZ für die KVdR geändert:
Nunmehr werden pauschal für jedes Kind 3 Jahre VVZ für die KVdR berücksichtigt.
Die neue Regelung ist interessant für alle, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen (egal, was für eine Rente das ist) und entweder
- freiwillig versichert
- pflichtversichert gem. § 5 (1) Nr. 13 mit zu zahlendem Auffüllbeitrag
- privat versichert oder
- gar nicht versichert sind (§ 264-Fälle).
Diese Gesetzesänderung wird in sehr vielen Fällen zum Zugang zur KVdR führen - dies nicht nur bei Frauen, denn es geht nicht um Erziehungszeiten! Ab 8 Kindern (und z.B. nur Mütterrente) sind die VVZ für die KVdR bspw. erfüllt, auch wenn die Frau in ihrem Leben niemals gesetzlich krankenversichert war!
Weiterhin ist die KVdR ist bis zu einer Rentenhöhe von knapp 1000,00 Euro immer günstiger als die freiwillige KV und immer günstiger als der PKV-Basistarif.
Welche Kinder werden unter welchen Umständen berücksichtigt?
Berücksichtigt werden leibliche Kinder, Stiefkinder und Pflegekinder - nicht aber Enkelkinder. Nicht relevant ist, wer das Kind erzogen hat und es ist auch egal, wo das Kind gelebt und wie lange es gelebt hat. Weiterhin werden die 3 Jahre sowohl bei der Mutter als auch beim Vater (bzw. ggf. sogar doppelt bei dem leiblichem und dem Stiefelternteil bzw. dem leiblichen und dem Pflegeelternteil) angerechnet.
Ein Stiefkind ist das Kind eines Elternteils, der durch eine (neue) Heirat mit dem leiblichen Vater oder der leiblichen Mutter des Kindes verbunden ist, ohne dass das Kind von jenem Elternteil gezeugt oder geboren worden ist. Es ist nicht erforderlich, dass es sich um ein bereits in die Ehe eingebrachtes Kind des anderen Ehegatten handelt; Stiefkind ist auch ein während der Ehe geborenes Kind des anderen Ehegatten, dessen Ehelichkeit mit Erfolg angefochten worden ist (BSG, Urteil vom 14.07.1977, 4 RJ 107/76). Stiefkinder sind auch die Kinder eines eingetragenen Lebenspartners des Mitglieds.
Selbst wenn Stiefkinder aus einer Ehe stammen, die bereits geschieden ist, gelten diese Kinder weiterhin als Stiefkinder des nunmehr geschiedenen Ehegatten. § 1589 BGB i.V.m. § 1590 BGB:
(1) Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.
(2) Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist.
Anträge, Einreichung von Unterlagen und Bearbeitungspflicht der Kassen
Die neue Regelung greift auch für Bestandsrentner, allerdings muss jeder im Einzelfall einen Antrag auf Prüfung bei der Kasse stellen.
Das Vorhandensein von Kindern muss gegenüber der Kasse durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden. I.d.R. wird dies eine Geburtsurkunde sein, infrage kommt aber z.B. auch ein Scheidungsurteil bzw. bei Pflegekindern eine konkrete Pflegeerlaubnis oder ein Pflegevertrag.
Die Kassen bearbeiten Anträge ohne Unterlagen entweder mit immenser Zeitverzögerung oder auch überhaupt nicht und versenden auch keine Schreiben mit einer Aufforderung, Nachweise einzureichen. Eine Nichtbearbeitung ist rechtswidrig (s.a. GLP 24.24), es greifen die §§ 8 und 20 SGB X und 88 SGG.
Beginn der Mitgliedschaft
Bei Erfüllung der Voraussetzungen beginnt die KVdR dann in allen Fällen ab dem 1.8.2017 (auch wenn die Entscheidung der Kasse ggf. früher oder später per Bescheid ergeht). Eine PKV kann mit Sonderkündigungsrecht gem. § 205 VVG gekündigt werden; eine freiwillige KV wird gem. § 191 SGB V von der KVdR verdrängt, ohne dass man kündigen muss.
Anwendung der sog. 55er-Regelung (§ 6 (3a))
Auch bei der Prüfung der KVdR aufgrund der Neuregelung muss ein ggf. vorliegender Ausschluss gem. § 6 (3a) geprüft werden. Die Kassen machen deutschlandweit allerdings grundsätzlich Probleme bei Antragstellern über 55 Jahren, die bislang privat oder gar nicht versichert waren. Sie verschicken Ablehnungsbescheide mit dem Hinweis, die Pflichtversicherung würde nicht eintreten, da das 55. Lebensjahr vollendet wurde und in den letzten 5 Jahren keine gesetzliche Versicherung bestanden hat.
Die Ablehnung zielt auf den Ausschluss im § 6 (3a), die sog. 55er-Regelung. Bei diesem Ausschluss ist noch nicht einmal 1 Tag GKV-Versicherung in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Pflichtversicherung (da die KVdR in diesen Fällen immer zum 1.8.17 beginnt, läuft diese Frist vom 1.8.2012 bis zum 31.7.17) eine der Voraussetzungen für den Ausschluss der Versicherungspflicht. Allerdings kommt als weitere Voraussetzung für einen Ausschluss hinzu, dass mind. 2,5 Jahre in dieser Frist entweder eine hauptberufliche Selbständigkeit, eine Versicherungsfreiheit (z.B. als Beamter) oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen haben muss. Dieses weitere Kriterium wird von den Kassen weder abgefragt noch gar geprüft und auch nicht im Bescheid aufgeführt.
Ich rate daher dringend, in diesen Fällen Widerspruch einzulegen, wenn die 2. Voraussetzung nicht vorliegt. Selbstverständlich müssen die Kassen diese Möglichkeit prüfen und es mag auch Einzelfälle geben, bei denen der Ausschluss greift, aber die Prüfung darauf zu beschränken, ob in den letzten 5 Jahren eine gesetzliche Versicherung bestanden hat, ist absolut rechtswidrig.
Ausschluss von sog. Optionsrentnern (§ 9 (1) Nr. 6)
Wer als sog. Optionsrentner in der Zeit vom 1.4.02 bis zum 30.9.02 anstatt der KVdR die freiwillige Versicherung gewählt hat, für den kommt – auch wenn sich die Rentenart verändert hat – der Zugang zur KVdR seit 1.8.17 nicht infrage, da die damalige Wahl bindend ist. Allerdings muss damals auch ein schriftlicher Beitritt zur freiwilligen Versicherung erfolgt sein (Ausübung des Wahlrechtes zwischen KVdR und freiwilliger KV und schriftlicher Beitritt gem. § 188 (3)). Mir sind Fälle bekannt, bei denen damals in 2002 der Versicherte nicht auf die Aufforderung der Kasse, zu wählen, reagiert hat und die Kasse einfach „eigenmächtig“ eine freiwillige Versicherung eingetragen hat. Dies würde nicht zu einem Ausschluss der jetzigen KVdR führen.
Berücksichtigung aller VVZ
Wichtig ist natürlich, dass die Kasse alle Versicherungszeiten korrekt erfasst hat. Der Versicherungsverlauf der DRV weist nur die Pflichtzeiten aus. Es müssen aber auch freiwillige und Fami-Zeiten (von allen beteiligten Kassen) berücksichtigt werden. Daher müssen ggf. von den beteiligten Kassen Nachweise über die Versicherungszeiten eingereicht werden.
Die Kassen führen die Mitgliedsdaten im sog. Versichertenverzeichnis (§ 288). Zur Aufbewahrungsfrist gibt es ein BE (Besprechungsergebnis) der Spitzenverbände der KV vom 29./30.10.2002, TOP 9: Die Versichertenverzeichnisse sollen mindestens 25 Jahre aufbewahrt werden, damit eine Prüfung der VVZ zur KVdR ordnungsgemäß erfolgen kann. Tatsächlich vernichten die meisten Kassen die Mitgliedsdaten, wenn eine (erstmalige) Prüfung der KVdR erfolgt ist.
Tag der Rentenantragstellung
Weiterhin relevant ist der Tag der Rentenantragstellung, wenn z.B. die Rentenart wechselt (von EM-Rente auf Altersrente) oder Folgerentenanträge gestellt werden (z.B. bei befristeten EM-Renten). Dann verändert sich der Tag der Rentenantragstellung jedes Mal und die Voraussetzungen der KVdR müssen in jedem Fall neu berechnet werden. Dies wird von den Kassen i.d.R. falsch gemacht.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und alle wichtigen Informationen zusammengetragen.
Neuregelung Anrechnung von Kindern für die VVZ in der KVdR ab 1.8.2017 (§ 5 (2))
M.W.v. 1.8.17 wurden die Modalitäten für die Berechnung der VVZ für die KVdR geändert:
Nunmehr werden pauschal für jedes Kind 3 Jahre VVZ für die KVdR berücksichtigt.
Die neue Regelung ist interessant für alle, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen (egal, was für eine Rente das ist) und entweder
- freiwillig versichert
- pflichtversichert gem. § 5 (1) Nr. 13 mit zu zahlendem Auffüllbeitrag
- privat versichert oder
- gar nicht versichert sind (§ 264-Fälle).
Diese Gesetzesänderung wird in sehr vielen Fällen zum Zugang zur KVdR führen - dies nicht nur bei Frauen, denn es geht nicht um Erziehungszeiten! Ab 8 Kindern (und z.B. nur Mütterrente) sind die VVZ für die KVdR bspw. erfüllt, auch wenn die Frau in ihrem Leben niemals gesetzlich krankenversichert war!
Weiterhin ist die KVdR ist bis zu einer Rentenhöhe von knapp 1000,00 Euro immer günstiger als die freiwillige KV und immer günstiger als der PKV-Basistarif.
Welche Kinder werden unter welchen Umständen berücksichtigt?
Berücksichtigt werden leibliche Kinder, Stiefkinder und Pflegekinder - nicht aber Enkelkinder. Nicht relevant ist, wer das Kind erzogen hat und es ist auch egal, wo das Kind gelebt und wie lange es gelebt hat. Weiterhin werden die 3 Jahre sowohl bei der Mutter als auch beim Vater (bzw. ggf. sogar doppelt bei dem leiblichem und dem Stiefelternteil bzw. dem leiblichen und dem Pflegeelternteil) angerechnet.
Ein Stiefkind ist das Kind eines Elternteils, der durch eine (neue) Heirat mit dem leiblichen Vater oder der leiblichen Mutter des Kindes verbunden ist, ohne dass das Kind von jenem Elternteil gezeugt oder geboren worden ist. Es ist nicht erforderlich, dass es sich um ein bereits in die Ehe eingebrachtes Kind des anderen Ehegatten handelt; Stiefkind ist auch ein während der Ehe geborenes Kind des anderen Ehegatten, dessen Ehelichkeit mit Erfolg angefochten worden ist (BSG, Urteil vom 14.07.1977, 4 RJ 107/76). Stiefkinder sind auch die Kinder eines eingetragenen Lebenspartners des Mitglieds.
Selbst wenn Stiefkinder aus einer Ehe stammen, die bereits geschieden ist, gelten diese Kinder weiterhin als Stiefkinder des nunmehr geschiedenen Ehegatten. § 1589 BGB i.V.m. § 1590 BGB:
(1) Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.
(2) Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist.
Anträge, Einreichung von Unterlagen und Bearbeitungspflicht der Kassen
Die neue Regelung greift auch für Bestandsrentner, allerdings muss jeder im Einzelfall einen Antrag auf Prüfung bei der Kasse stellen.
Das Vorhandensein von Kindern muss gegenüber der Kasse durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden. I.d.R. wird dies eine Geburtsurkunde sein, infrage kommt aber z.B. auch ein Scheidungsurteil bzw. bei Pflegekindern eine konkrete Pflegeerlaubnis oder ein Pflegevertrag.
Die Kassen bearbeiten Anträge ohne Unterlagen entweder mit immenser Zeitverzögerung oder auch überhaupt nicht und versenden auch keine Schreiben mit einer Aufforderung, Nachweise einzureichen. Eine Nichtbearbeitung ist rechtswidrig (s.a. GLP 24.24), es greifen die §§ 8 und 20 SGB X und 88 SGG.
Beginn der Mitgliedschaft
Bei Erfüllung der Voraussetzungen beginnt die KVdR dann in allen Fällen ab dem 1.8.2017 (auch wenn die Entscheidung der Kasse ggf. früher oder später per Bescheid ergeht). Eine PKV kann mit Sonderkündigungsrecht gem. § 205 VVG gekündigt werden; eine freiwillige KV wird gem. § 191 SGB V von der KVdR verdrängt, ohne dass man kündigen muss.
Anwendung der sog. 55er-Regelung (§ 6 (3a))
Auch bei der Prüfung der KVdR aufgrund der Neuregelung muss ein ggf. vorliegender Ausschluss gem. § 6 (3a) geprüft werden. Die Kassen machen deutschlandweit allerdings grundsätzlich Probleme bei Antragstellern über 55 Jahren, die bislang privat oder gar nicht versichert waren. Sie verschicken Ablehnungsbescheide mit dem Hinweis, die Pflichtversicherung würde nicht eintreten, da das 55. Lebensjahr vollendet wurde und in den letzten 5 Jahren keine gesetzliche Versicherung bestanden hat.
Die Ablehnung zielt auf den Ausschluss im § 6 (3a), die sog. 55er-Regelung. Bei diesem Ausschluss ist noch nicht einmal 1 Tag GKV-Versicherung in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Pflichtversicherung (da die KVdR in diesen Fällen immer zum 1.8.17 beginnt, läuft diese Frist vom 1.8.2012 bis zum 31.7.17) eine der Voraussetzungen für den Ausschluss der Versicherungspflicht. Allerdings kommt als weitere Voraussetzung für einen Ausschluss hinzu, dass mind. 2,5 Jahre in dieser Frist entweder eine hauptberufliche Selbständigkeit, eine Versicherungsfreiheit (z.B. als Beamter) oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen haben muss. Dieses weitere Kriterium wird von den Kassen weder abgefragt noch gar geprüft und auch nicht im Bescheid aufgeführt.
Ich rate daher dringend, in diesen Fällen Widerspruch einzulegen, wenn die 2. Voraussetzung nicht vorliegt. Selbstverständlich müssen die Kassen diese Möglichkeit prüfen und es mag auch Einzelfälle geben, bei denen der Ausschluss greift, aber die Prüfung darauf zu beschränken, ob in den letzten 5 Jahren eine gesetzliche Versicherung bestanden hat, ist absolut rechtswidrig.
Ausschluss von sog. Optionsrentnern (§ 9 (1) Nr. 6)
Wer als sog. Optionsrentner in der Zeit vom 1.4.02 bis zum 30.9.02 anstatt der KVdR die freiwillige Versicherung gewählt hat, für den kommt – auch wenn sich die Rentenart verändert hat – der Zugang zur KVdR seit 1.8.17 nicht infrage, da die damalige Wahl bindend ist. Allerdings muss damals auch ein schriftlicher Beitritt zur freiwilligen Versicherung erfolgt sein (Ausübung des Wahlrechtes zwischen KVdR und freiwilliger KV und schriftlicher Beitritt gem. § 188 (3)). Mir sind Fälle bekannt, bei denen damals in 2002 der Versicherte nicht auf die Aufforderung der Kasse, zu wählen, reagiert hat und die Kasse einfach „eigenmächtig“ eine freiwillige Versicherung eingetragen hat. Dies würde nicht zu einem Ausschluss der jetzigen KVdR führen.
Berücksichtigung aller VVZ
Wichtig ist natürlich, dass die Kasse alle Versicherungszeiten korrekt erfasst hat. Der Versicherungsverlauf der DRV weist nur die Pflichtzeiten aus. Es müssen aber auch freiwillige und Fami-Zeiten (von allen beteiligten Kassen) berücksichtigt werden. Daher müssen ggf. von den beteiligten Kassen Nachweise über die Versicherungszeiten eingereicht werden.
Die Kassen führen die Mitgliedsdaten im sog. Versichertenverzeichnis (§ 288). Zur Aufbewahrungsfrist gibt es ein BE (Besprechungsergebnis) der Spitzenverbände der KV vom 29./30.10.2002, TOP 9: Die Versichertenverzeichnisse sollen mindestens 25 Jahre aufbewahrt werden, damit eine Prüfung der VVZ zur KVdR ordnungsgemäß erfolgen kann. Tatsächlich vernichten die meisten Kassen die Mitgliedsdaten, wenn eine (erstmalige) Prüfung der KVdR erfolgt ist.
Tag der Rentenantragstellung
Weiterhin relevant ist der Tag der Rentenantragstellung, wenn z.B. die Rentenart wechselt (von EM-Rente auf Altersrente) oder Folgerentenanträge gestellt werden (z.B. bei befristeten EM-Renten). Dann verändert sich der Tag der Rentenantragstellung jedes Mal und die Voraussetzungen der KVdR müssen in jedem Fall neu berechnet werden. Dies wird von den Kassen i.d.R. falsch gemacht.