Verlust Krankengeldanspruch UND Verlust des KV-Schutzes

Informationen und Fragen zum Krankengeld

Moderator: Czauderna

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domi-nic
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Verlust Krankengeldanspruch UND Verlust des KV-Schutzes

Beitrag von domi-nic » 23.03.2017, 20:07

Hallo liebe Forengemeinde,

ich benötige einen Ratschlag zum tiefergehenden SGB V-Recht.

Verlust des Arbeitsplatzes trotz bestehender AU im Sommer 2016.

Erstbescheinigung AU ab 28.03.2016, danach fortlaufende AUBs.
U.a. vom 11.02.17 - 03.03.17, ausgestellt am 10.02.17

Der Arzt hat sich vertippt. Gemeint war statt 03.03.17 der 09.03.17 !

Weitere Folge-AUB am 09.03.17 - 05.04.17, ausgestellt am 09.03.17

Verlust des Anspruchs auf KG und der Mitgliedschaft der KV am 03.03.17 mit Bescheid vom 13.03.17, da KEIN Arb.verhältnis mehr besteht.

Lt. MDK-Gutachten aus 02/17 besteht AUB weiterhin fort - Reha wird empfohlen.

Arzt wird frühestens am 03.04.17 seinen Irrtum bestätigen und eine korrigierte AUB vom 11.02.17 - 09.03.17 ausstellen können aufgrund von Urlaub.

Einmündung in die Familienversicherung ist möglich - aber OHNE KG-Anspruch
Kein Anspruch auf AlgII - zumindest in 03/17 - bei weitere Ausstellung von Folge-AUBs voraussichtlich ab 04/17, damit dann KV-pflichtversichert, aber OHNE KG-Anspruch.
Kein Anspruch auf AlgI, da zZt. AUB bis zumindest 05.04.17 vorliegt.

Nun habe ich folgende Fragen:

1)
Besteht überhaupt eine realistische Möglichkeit, dass Bescheid v. 13.03.17 zurückgenommen wird, ggfs. einen Widerspruch stattgegeben wird ? Entsprechende anderslautende BSG-Urteile sind dem Bescheid bereits beigefügt....

2)
Besteht wieder Anspruch auf Krankengeld und wenn ja ab wann bei folgender Fallgestaltung:

Alo-Meldung nach Ablauf der AUB am 06.04.17 bei der Agentur für Arbeit und damit wieder pflichtversichert.
Erneute Erkrankung ab 07.04.17 wegen der gleichen Erkrankung seit 28.03.16 für mehr als 6 Wochen.
Nach 42 Tagen endet die Leistungsfortzahlung der Agentur.

--> besteht dann wieder ANSPRUCH AUF KRANKENGELD (wenn ja nach welcher Rechtsgrundlage ?)

--> ändert sich etwas an der Antwort, wenn es sich bei der Erkrankung ab 07.04.17 um eine neue Erkrankung handelt ????


Über fundierte Rückmeldungen freue ich mich sehr. Danke

Klaus.Taschenbier
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Beitrag von Klaus.Taschenbier » 23.03.2017, 21:08

Hallo Dominic,

es handelt sich um einen klassischen Fall von Krankengeldlücke. Auch wenn Anton jetzt wahrscheinlich auf die Urteile zweier Sozialgerichte mit absoluter Minderheitenmeinung verweisen wird die anderslautend entschieden haben, bleibt eigentlich nur festzustellen, dass die herrschende Meinung eine Andere ist. Du wirst die Krankenkasse sicher nicht dazu bewegen können den Bescheid zurük zu nehmen. Zu den §§ ganz kurz: Deine Versicherung bleibt nach dem Ende der Beschäftigung nach § 192 SGB V erhalten solange du Krankengeld beziehst. Krankengled ist in § 44 SGB V geregelt. § 46 regelt die Entstehung des Krankengeldanspruchs. Grundsätzlich entsteht der Krankengeldanspruch mit dem Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Entgegen der Meinung von Anton und weniger einzelner Sozialgerichte geht die herrschende Meinung des Bundessozialgerichts, der Krankenkassen und auch der Aufsichtsbehörden von einer abschnittsweisen Bewilligung des Krankengeldes aus. Das bedeutet, dass der Anspruch mit jeder neuen Feststellung der AU neu entsteht, wenn denn die Voraussetzungen vorligen. Wenn dein Arzt jetzt im April die AU ab 03.03.2017 feststellt dann würde der Anspruch erneut mit dem Tag der Feststellung im April beginnen. Da aber die Mitgliedschaft bereits mit dem 03.03.2017 beendet war und keine Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch mehr besteht ändert die Bescheinigung im April dann auch nichts mehr. Grundsätzlich wird dein Plan mit der Arbeitslosmeldung vermutlich aufgehen. Die §§ zum Krankengeld habe ich oben bereits aufgeführt. Hinzu kommt noch § 49 SGB V der das Ruhen des Krankengeldes für die Zeit der Leistungsfortzahlung durch die Agentur für Arbeit regelt. Grundsätzlich gibt es bei der Agentur für Arbeit keine Anrechnung von Vorerkrankungszeiten. Daher ist die Diagnose denn auch nicht relevant. Zu beachten ist noch, dass das Krankengeld dann in Höhe des Arbeitslosengeldes gezahlt werden wird.

Anton Butz
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wieder ein Opfer der "gesetzlichen Krankengeld-Falle&am

Beitrag von Anton Butz » 23.03.2017, 21:35

.
Dies ist die seit 23.07.2015 maßgebliche Rechtsgrundlage, § 46 SGB V:
https://dejure.org/gesetze/SGB_V/46.html

Bisher gibt des dazu keine Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes; soweit
Sozialgerichte und Landessozialgerichte zum Nachteil der Versicherten entschieden
haben, sind sie über das
"zuletzt bescheinigte Ende der Arbeitsunfähigkeit"
und den offensichtlichen Zusammenhang mit der "Endbescheinigung" hinweggegangen.

Aus der Widerspruchsbegründung hier
http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... ght=#82699
ist der Zusammenhang zu ersehen.

Im Übrigen ist das ganze - gerade nach den Urteilen aus Speyer und Mainz - sehr kritisch zu
sehen:
http://www.krankenkassenforum.de/kranke ... t9597.html

Ich jedenfalls habe die Hoffnung auf "den sozialen Rechtsstaat" noch nicht völlig aufge-
geben.

Dies
Lt. MDK-Gutachten aus 02/17 besteht AUB weiterhin fort - Reha wird empfohlen.
ist KT übergangen, obwohl mehrere LSG darin die Lösungsmöglichkeit zugunsten
der Versicherten sehen könnten, käme evtl. auf die genaue Formulierung an.

Und dies
Kein Anspruch auf AlgI, da zZt. AUB bis zumindest 05.04.17 vorliegt.
Kann so sein, muss aber nicht. Die klassische Ausnahme: wer als Dachdecker
wegen Schwindelanfällen arbeitsunfähig ist, kann trotzdem Alg I beziehen.
Es gibt viele weitere Beispiele.

Zu Alg II und März 2017: wer sagt das, aus welchen Gründen?

Die Beispiele nach Alg-Bezug erscheinen konstruiert und könnten so oder
ein Schuss ins Knie werden.

P.S.: woraus ergibt sich, dass sich der Arzt im Datum irrte, als er den
03.03.2017 statt den 09.03.2017 schrieb und wieso wurde die
Folge-AUB nicht spätestens am 06.03.2017 ausgestellt?
.

domi-nic
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Beitrag von domi-nic » 23.03.2017, 22:51

AlgII - Zuflussprinzip im März - Einkommen der BG ist ausreichend
AlgI - wenn der KG-Anspruch durch die Pflichtversicherung wieder existiert, wäre es eine Alternative

zum Dachdecker: dann besteht ja auch ein Restleistungsvermögen für den allg. AM
- im vorliegenden Fall jedoch wohl nicht - evtl. greift § 145(GA145.78) SGB III. Ist mir aber zu riskant darauf zu bauen.

Der Arzt sprach immer vom 09.03.17 und als nächster Termin vor Urlaubsantritt des Arztes wurde der 09.03.17 ausgemacht.
Da weder Versicherter noch Arzt auf die AU schauten, handelte es sich um einen Irrtum des Arztes, der zu Lasten des Versicherten geht - abgesehen davon, hat auch dieser die Verpflichtung die AUB zu kontrollieren. Daher Shit happens.

Ich sehe somit wenig Erfolg für einen Widerspruch, möchte aber wissen, wie man sich jetzt strategisch am günstigsten verhält, um den finanziellen Schaden so gering wie möglich zu halten.
Und KG ist nunmal höher als AlgI !

Widerspruch wird dennoch eingelegt werden.

Anton Butz
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Beitrag von Anton Butz » 24.03.2017, 00:40

.
Weites Feld!

"Strategisch am Günstigsten" wäre wohl, zunächst noch keinen Widerspruch
einzulegen - Papier ist in dieser Situation viel zu geduldig! - sondern die Frist
zu überwachen und zunächst das persönliche Gespräch mit "Vorgesetzten" der
Krankenkasse zu bevorzugen.

Mit Blick auf den erwähnten § 145 SGB III dürfte dem Arzt klar gewesen sein,
dass die AU nicht am 03.03.2017 endete. Insoweit kommt der vom BSG ver-
langten Unterscheidung von AU-Feststellung und AU-Bescheinigung konkrete
Bedeutung bei.

Im Übrigen ist bereits angeklungen, dass auch der MDK AU feststellt. Ein der
Lücke vorausgehendes MDK-Gutachten (wie hier "aus 02/17") hat vor Gericht
schon in vielen Fällen geholfen.
.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 24.03.2017, 13:27

Hallo, domi-nic
ich bin der gleichen Auffassung wie Klaus Taschenbier und du, da ist wenig Hoffnung. Natürlich kannst du es auf dem Rechtsweg versuchen - die Hoffnung stirbt zuletzt und man will sich ja selbst nicht vorwerfen, nicht alles versucht zu haben. Hier findet keine Rechtsberatung statt, deshalb sind das auch nur Meinungsäußerungen von Klaus und mir aus der Praxis heraus.
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 28.03.2017, 08:44

Es mag zwar sein, dass der Vertragsarzt hier derzeit nicht lückenlos die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat.

Aber der MDK hat mit Gutachten aus 02/2017 festgestellt, dass die AU weiterhin und besteht und zunächst eine Reha empfohlen wird.

Also hat hier der Arzt des MDK zumindest bis zu Reha dies festgestellt.

Zitat aus einem Widerspruch gegen die DAK von mir:

Schon jetzt weisen wir darauf hin, dass eine vertragsärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend Voraussetzung für einen Krankengeldanspruch ist. Die Arbeitsunfähigkeit kann durch alle Ärzte festgestellt werden. Es muss sich nicht notwendig um den behandelnden Arzt oder um einen Facharzt handeln. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 05.07.2000 (A.: L 9 KR 88/99 veröffentlicht in BtPrax 2001, 126). Die dortige Klägerin litt ebenfalls an einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie und die hieraus bestehende Arbeitsunfähigkeit wurde von einem beim Sozialpsychiatrischen Dienst beschäftigten Arzt für Psychiatrie festgestellt.


Jedenfalls hat dieser Hinweis damals geholfen und Krankengeld wurde ohne vertragsärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gezahlt. Natürlich ging dieser Widerspruch über einen Fachanwalt für Sozialrecht.

Einfach mal probieren!

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 29.03.2017, 11:52

Rossi hat geschrieben:Es mag zwar sein, dass der Vertragsarzt hier derzeit nicht lückenlos die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat.

Aber der MDK hat mit Gutachten aus 02/2017 festgestellt, dass die AU weiterhin und besteht und zunächst eine Reha empfohlen wird.

Also hat hier der Arzt des MDK zumindest bis zu Reha dies festgestellt.

Zitat aus einem Widerspruch gegen die DAK von mir:

Schon jetzt weisen wir darauf hin, dass eine vertragsärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend Voraussetzung für einen Krankengeldanspruch ist. Die Arbeitsunfähigkeit kann durch alle Ärzte festgestellt werden. Es muss sich nicht notwendig um den behandelnden Arzt oder um einen Facharzt handeln. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 05.07.2000 (A.: L 9 KR 88/99 veröffentlicht in BtPrax 2001, 126). Die dortige Klägerin litt ebenfalls an einer paranoid halluzinatorischen Schizophrenie und die hieraus bestehende Arbeitsunfähigkeit wurde von einem beim Sozialpsychiatrischen Dienst beschäftigten Arzt für Psychiatrie festgestellt.


Jedenfalls hat dieser Hinweis damals geholfen und Krankengeld wurde ohne vertragsärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gezahlt. Natürlich ging dieser Widerspruch über einen Fachanwalt für Sozialrecht.

Einfach mal probieren!
Hallo Rossi,
gell, hat Spaß gemacht - tangiert mich aber nicht mehr.
Ja, versuchen sollte er es, wenn er das will.
Ob er allerdings das verwenden kann - ich habe keine Diagnose gelesen - so wie in deinem Beitrag - spielt aber auch wahrscheinlich keine Rolle ob psychische Erkrankung oder Beinbruch.
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 29.03.2017, 19:32

Nee, Spaß nicht, ist halt mein Job (§ 2 SGB XII / Nachrang der Sozialhilfe). Hat dann letztendlich knapp 10.000,00 € Ersparnis gebracht. Der Rechtsanwalt hat auch noch Kohle verdient und es hat in 3 Wochen funktioniert!

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