Pflegepflichtversicherung für Selbständige

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Knipser
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Pflegepflichtversicherung für Selbständige

Beitrag von Knipser » 15.03.2013, 19:03

Hallo zusammen,

ich habe folgendes Problem: Ich bin seit über 30 Jahren selbständig und Freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Als 1995 die Pflegeversicherungspflicht eingeführt wurde, musste ich als Selbständiger eine Pflegepflichtversicherung nach §20 (3) SGB XI haben. Ich hatte damals die Wahl, diese bei der GKV oder alternativ bei der PKV abzuschließen und entschied mich aus Kostengründen zur Befreiung von der PFLEGEversicherungspflicht nach §22 SGB XI. Somit bin ich demnach seit 01.01.1995 gesetzlich in der GKV krankenversichert, jedoch in der PKV pflegepflichtversichert.

Soweit so gut möchte man meinen. Ohne große Gedanken zu verschwenden hakte ich das Thema als erledigt ab. Die PKV hatte meine Krankenkasse informiert über die Befreiung von der Pflegeversicherungspflicht fristgerecht informiert.

Leider ist nun seit 1995 folgendes passiert: Meine gesetzliche Krankenkasse hat über all die Jahre trotzdem den Pflegeversicherungsbeitrag abgebucht, was mir erst auffiel, als die Beitragsbescheide nicht mehr in nur einer Summe (KV+PV) aufgeführt wurden.

Nun benötige ich Hilfe. Ich war quasi seit 1995 doppelt pflegeversichert und habe doppelt Beitrag gezahlt, was natürlich eigentlich nicht möglich ist. Was kann ich tun?

Herby2011
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Beitrag von Herby2011 » 15.03.2013, 19:11

Hallo Knipser,
unabhängig von rechtlichen Grundlagen und Fristen würde ich das offene Gespräch mit der Kasse suchen. Evtl., falls vorhanden, einen aussagekräftigen Beleg mitnehmen, dass die PKV die PV informiert hat.
Im Idealfall kann die Sache so mit einer Erstattung geregelt werden.
Beste Grüße
Herby

Knipser
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Beitrag von Knipser » 15.03.2013, 19:15

Vielen Dank für die schnelle Antwort herby. Das werde ich tun sobald die PKV mir den entsprechenden Nachweis aus dem Archiv "gekramt" hat. Nach meinem Rechtsempfinden sollte eine Erstattung möglich sein. Die Frage ist, wie weit zurückgehend? Hat das jemand Infos bzw. Rechtsquellen?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 15.03.2013, 19:25

Hallo,
sehe ich auch so - doppelt geht nicht, und wenn der Fehler bei der GKV-Kasse liegt muss die dann auch zurückzahlen - ob alles oder nur innerhalb der Verjährungsfrist - das wäre dann ggf. auszufechten.
Was ich allerdings sehr schwer verstehen kann ist die Tatsache, dass es seit 1996 niemandem aufgefallen ist, weder dem Versicherten noch seinem Steuerberater - ich meine, dass muss doch auffallen, dass man zweimal Pflegeversicherung bezahlt hat oder wirkt die sich dort nicht aus ?.
Aber, wie auch immer, der grundlegende Fehler liegt wohl bei der Kasse, die den eigenen Befreiungsbescheid nicht beachtet hat - ob Rückzahlung ab 1996 oder erst ab 2009 - das bleibt die Frage - ich denke eher ab 2009.
Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 15.03.2013, 19:33

Hui, das ist aber übel.

Sicherlich solltest Du ein Gespräch mit der Kasse führen.

Wir halten zunächst fest. Die Beiträge zur Pflegeversicherung sind gem. § 26 Abs. 2 SGB IV zu Unrecht gezahlt worden. Dies ist Fakt, denn Du hast dich damals "auf Antrag" von der Pflichtversicherung im Bereich des SGB XI befreien lassen.

Somit hast Du natürlich einen Erstattungsanspruch auf die zu Unrecht gezahlten Beiträge. Dafür musst Du einen Erstattungsantrag bei der gesetzlichen Pflegekasse stellen.

Die Rechtsgrundlage für die Erstattung ergibt sich aus 27 SGB IV; insbesondere gibt es in § 27 Abs. 2 SGB IV Verjährungsvorschriften.

Zitat:
(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind.



Wenn Du jetzt den Erstattungsantrag stellst, dann bekommst Du die Beiträge ab dem 01.01.2009 - lfd. erstattet. Alles andere könnte dann wohl futschi sein.

Nun ja, man sollte aber nicht sofort die Flinte ins Korn werfen.

Denn es ist in der Literatur und Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass die Verjährung nicht von Amts wegen eintritt, sondern nur auf Einrede (vgl. Figge in SGB Haufe Rz. 17 zu § 27 SGB IV).

Die Versicherungsträger sind nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt, hinsichtlich der Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge die Einrede der Verjährung vorzunehmen.

Etwaige Erstattungsanträge sind auch bei Verjährung des Erstattungsanspruches nicht ausgeschlossen. Vielmehr haben die Versicherungsträger bei Erhebung der Verjährungseinrede nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl. BSG, Die Beiträge 1989, S. 60).

Der Versicherungsträger ist allerdings nicht befugt die Einrede der Verjährung vorzunehmen, wenn die Beitragsentrichtung auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Krankenkasse beruht (vgl. BSG 26.06.1986 Az.: 7 Rar 121/84, USK 86104). Ferner ist eine Einrede der Verjährung ausgeschlossen, wenn ein Sozialleistungsträger seinen Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht umfassend und vollständig nachkommt (vgl. BSG 12.12.2007 Az.: B 12 AL 1/06 R veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Okay, es war ja wohl der Pflegekasse bekannt, dass Du befreit bist. Also hätte die Pflegekasse nicht abbuchen dürfen. Es war daher ein Fehler. Im Rahmen des auszübenden Ermessen dürfte daher die Einrede der Verjährung nicht möglich sein, sodass Du alle Beiträge zurückbekommen müsstes.

Okay, dies ist jetzt die Theorie, wie die Praxis nachher aussieht, bleibt abzuwarten.

Ich habe derzeit einen Fall, in dem seit 1979 zu Unrecht Beiträge erhoben wurden. Im Widerspruchsverfahren wurde es sang und klanglos abgemeiert.
Zuletzt geändert von Rossi am 15.03.2013, 19:37, insgesamt 1-mal geändert.

Knipser
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Beitrag von Knipser » 15.03.2013, 19:34

Hallo Czauderna,
natürlich hätten wir das merken müssen. Aber man weiß ja wie das ist. Man hat einige private Zusatzversicherungen und bekommt fleißig Beiträge abgebucht (u.a. auch den Pflegepflichtbeitrag). Wenn man nicht vom Fach ist und nie groß in die SV-Materie eingestiegen ist, soll das vorkommen.

Danke für die Hilfe!

Knipser
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Beitrag von Knipser » 15.03.2013, 19:38

Hallo Rossi,

Deine Infos helfen mir ungemein weiter. Vielen Dank!

Rossi
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Beitrag von Rossi » 15.03.2013, 19:43

@Knisper; Du musst den Fehler nicht bei Dir suchen, sondern bei der Kasse. Denn dann darf die Kasse die Einrede der Verjährung nicht vornehmen.

Du bist ein rechtsunkundiger Bürger und vertraust auf die Kompetenz der Kasse.

Ferner hast Du extra bei der Pflegekasse in der GKV einen Antrag gestellt. Hierauf hast Du von der GKV einen Befreiungsbescheid bekommen. Und dennoch bucht die Pflegekasse frohlustig ab!?

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 15.03.2013, 19:48

Hallo Rossi,
schon richtig, aber ob er mit 17 Jahren Rückzahlung durch kommt ?
Ich gönne es ihm und natürlich soll er es versuchen - mal sehen, was er er erreicht.

Gruss
Czauderna

Rossi
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Beitrag von Rossi » 15.03.2013, 19:55

@Czauderna

Warum denn nicht? Es steht im Ermessen der Kasse die Einrede (4 Jahre zzgl. lfd. Jahr) vorzunehmen.

Die Kasse muss die Erstattung nicht auf die Frist beschränken; sie kann es.

Ich habe ja derzeit einen ähnlichen Fall auf dem Tisch liegen (seit 1979) und habe ziemlich viel recherchiert.

Dieser Fall (Knipser) ist ein klassischer Fall, in dem die Kasse nicht die Einrede vornehmen kann. Alles andere wäre ermessensfehlerhaft. Man kann doch nicht dem Kunden auch noch untestellen, dass er es in erster Linie hätte erkennen müssen.

Ich würde dort auch notfalls klagen.

Ach ja, wenn es ins Klageverfahren geht; dürfte dies auch nicht weiter schlimm sein. Denn Knisper hat ggf. einen Zinsanspruch von 4 % pro Jahr ab dem Tag der Antragstellung. In der heutigen Zeit ist dies eine relativ gute Verzinsung, oder?!

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