Halbwaisenrente, Krankenversicherung, Midi-Job

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

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Ivy86
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Halbwaisenrente, Krankenversicherung, Midi-Job

Beitrag von Ivy86 » 12.05.2012, 13:26

Hallo,

ich bin 26 Jahre alt und mache gerade meinen Studienabschluss. Durch den frühen Tod meines Vaters bekomme ich ab jetzt bis zum Abschluss eine Halbweisenrente aus der staatlichen Rentenversicherung ausgezahlt. Vor ein paar Tagen habe ich den Bescheid darüber erhalten und verstehe nicht, wie das jetzt mit der Krankenversicherung läuft.

Kurz zu den Hard Facts:

Mein Vater war die letzten 13 Jahre privat krankenversichert über eine Ersatzkasse.

Vor dem Tod meines Vaters hatte ich einen studentischen Midi-Job (440 €, 10 Stunden pro Woche), von dem nur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen wurden, und bezahlte einen verminderten Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung (78 €) selbst.

Jetzt bekomme ich zusätzlich zum Job (an dem sich nichts geändert hat) eine staatliche Halbwaisenrente (200 €), von der Beträge für Kranken- und Pflegeversicherung automatisch abgezogen werden (25 €). Ich bezahle aber weiterin die 78 € an meine Krankenkasse.


Fließt hier nicht doppelt Geld zur Krankenkasse? Ich habe in anderen Forenbeiträgen über die Suche gelesen, Rentenempfänger sind pflichtmäßig in der "Krankenversicherung der Rentner" und dadurch sei voller Versicherungsschutz gegeben. Heißt das jetzt, dass ich mich bei meiner Krankenkasse nur ummelden müsste als Rentenempfängerin und die 78 € dann entfallen? Oder wenn nicht: Kann ich beide Beträge irgendwie verrechnen lassen? Geht das ganze auch ein paar Monate rückwirkend? Schließlich habe ich den Bescheid über die Rente und die Abzüge für die Krankenversicherung ja jetzt erst bekommen.

Viele Grüße,
Ivy.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 12.05.2012, 14:36

Hm, ich glaube, dass hier etwas nicht passt.

Du bist ordentlicher Student und somit führt der Midi-Job (440,00 €) nicht zur Versicherungspflicht als Arbeitnehmer.

Dies dürfte aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V abzuleiten sein

Zitat:

(1) Versicherungsfrei sind

..

Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,


Okay, jenes dürfte bei Dir auch der Fall sein. Sonst müsste nämlich der Arbeitgeber von dem Lohn Beiträge zur KV/PV einbehalten und direkt an die Kasse bzw. Einzugsstelle löhnen.

Okay; Du bist versicherungspflichtiger Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V). Die DRV hält von der Halbwaisenrente Beitragsanteile ein und überweist diese an den Gesundheitsfonds.

Jetzt gibt es speziell für versicherungspflichtige Rentner sog. beitragspflichtige Einnahmen. Dies heißt, dass ggf. nicht nur aus der Rente Beiträge zu zahlen sind, sondern ggf. auch noch aus anderen Einnahmen Beiträge zu zahlen sind. Dies scheint hier wohl der Fall zu sein, da die Kasse von Dir ca. 78,00 € fordert. Die Kasse betrachtet somit den Midi-Job (440,00 €) als weitere beitragspflichtige Einnahme.

Ich persönlich habe hier aber derzeit meine Bedenken, dass dies richtig ist.

Zitat:

§ 237 Beitragspflichtige Einnahmen versicherungspflichtiger Rentner


Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden der Beitragsbemessung zugrunde gelegt

1. der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung,

2. der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und

3. das Arbeitseinkommen.

§ 226 Abs. 2 und die §§ 228, 229 und 231 gelten entsprechend.


Vermutlich geht die Kasse davon aus, dass es sich bei dem Midi-Job um Arbeitseinkommen handelt und deswegen fordert sie hier Beiträge.

Unter dem Begriff "Arbeitseinkommen" ist allerdings nur Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit zu verstehen. Und jenes ist es wohl nicht, oder. Du beziehst Arbeitsentgelt und nicht Arbeitseinkommen.

Hm, Äpfel sind nicht gleich Birnen, oder habe ich jetzt nen Brett vorm Kopp. Ich bin ja kein Sofa und Beitragsspezialist. Aber so würde ich es aufbauen.

Sind die Sofas anderer Meinung?

Ich würde so gegenüber der Kasse argumentieren und um Beitragserstattung bitten. Es sind zu Unrecht entrichtete Beiträge im Sinne von § 26 SGB IV, die zu erstatten sind.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 12.05.2012, 14:47

Hallo,
grundlegend ist hier zunächst die Frage ob aufgrund des Rentenbezugs Krankenversicherungspflicht als Rentner vorliegt - dafür muss entweder der Rentenbezieher oder der Verstorbene die Voraussetzungen (9/10-Regelung)
erfüllt haben.

Gehen wir mal davon aus, dass der Rentenbezieher diese Voraussetzungen erfüllt hat.

Kommen wir zur zweiten Frage - nämlich dem Status des Betroffenen - ist er wirklich Arbeitnehmer, und von daher Kranken-, Renten versicherungspflichtig ??
Wenn "ja", dann ist auch der Abzug der Beiträge durch den RV-Träger gerechtfertigt.

Wenn " nein", also Student, der neben seinem Studium arbeitet, dann muesste er ab Rentenbeginn aus der Krankenversicherung der Studenten in die Krankenversicherung der Rentner wechseln, weil diese vorrangig ist.

Mein Rat - direkt mit der Kasse den Status klären.
Gruss
CZauderna

amerin

Beitrag von amerin » 12.05.2012, 15:00

Die 77,90 / 78 Euro sind doch der Beitrag zur KVdS (für 440 Gleitzone viel zu hoch), oder?
Wenn aus der Rente direkt KV/PV abgeführt wird, dann ist man in der KVdR. So ist die KVdS nicht mehr zu zahlen und es können die Beiträge rückwirkend zum Datum der Rentenantragsstellung zurück gefordert werden.

Czauderna
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Beitrag von Czauderna » 12.05.2012, 15:10

amerin hat geschrieben:Die 77,90 / 78 Euro sind doch der Beitrag zur KVdS (für 440 Gleitzone viel zu hoch), oder?
Wenn aus der Rente direkt KV/PV abgeführt wird, dann ist man in der KVdR. So ist die KVdS nicht mehr zu zahlen und es können die Beiträge rückwirkend zum Datum der Rentenantragsstellung zurück gefordert werden.
Hallo Amrin,

das stimmt nicht so ganz - der RV-Träger führt immer aus der Renten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab, wenn der Bezieher in der GKV. pflichtversichert ist. ob er auch die Voraussetzungen für die KVdR. erfüllt hat, spielt da keine Rolle,
das wird erst wichtig wenn er nicht mehr nach anderen Vorschriften versicherungspflichtig ist, z.B. als Arbeitnehmer.
Gruss
Czauderna

Ivy86
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Beitrag von Ivy86 » 12.05.2012, 15:26

Danke für die vielen, engagierten Antworten!

Ich werde am Montag gleich meine Krankenkasse anrufen, um alles abzuklären. Es kann nicht schaden, wenn ich bis dahin schon weiß, wie alles funktioiniert - und: was ich will.

Ich kann also jetzt die Krankenversicherung über die KVdS kündigen, verstehe ich das richtig? Das wäre eine tolle Neuigkeit!

Ab welchem Tag wäre die Kündigung wirksam? Der Rentenbescheid kam letzte Woche, gestellt hatte ich den Antrag im Februar und gestorben ist mein Vater im Januar. Von Januar an bekomme ich auch die Rente rückwirkend ausgezahlt.

Verstehe ich das richtig, dass ich trotz Kündigung bei meiner Krankenkasse (R+V BKK) bleiben würde und mir lediglich eine neue Karte über die VKdR ausgestellt würde (also Status 5 statt Status 1)?

Und zu den bisherigen Beiträgen: Ich persönlich finde die 78 Euro im Vergleich zu meinem Verdienst ja auch etwas viel, aber mir wurde damals gesagt, jede(r) Studierende ab 25 müsse diese Beiträge zahlen. Die Krankenkasse hat sich auch meinen Arbeitsvertrag in Kopie zuschicken lassen und mich in der Zeit danach monatlich um Zusendung meiner Gehaltsabrechnung gebeten - bis ich dann per Anruf klar gemacht habe, dass es jeden Monat dasselbe Gehalt ist. Kann es sein, dass da etwas durcheinandergeraten ist? Wie sollte ich in dieser Sache weiter vorgehen?

Noch zu weiteren Fragen, die aufgetaucht ist: a) Ich bin als Vollzeit-Studentin eingeschrieben. b) Dass mein Vater die Voraussetzungen (9/10-Regelung) erfüllt hat, glaube ich nicht. Immerhin war er zuletzt Privatversichert. c) Ich bekomme Arbeitsentgelt.

Beste Grüße, Ivy.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 12.05.2012, 17:22

Okay, wenn auf der Versichertenkarte der Status 1 vermerkt ist, dann bist Du in der studentischen Pflichtversicherung. Aufgrund dieser Pflichtversicherung wird dann auch die Halbwaisenrente beitragpsflichtig.

Somit musst Du natürlich den studentischen Pflichtbeitrag und zusätzlich Beiträge aus der Rente zahlen. Beiträge aus dem Arbeitsentgelt musst Du hingegen nicht zahlen. Diese ergibt sich aus § 236 SGB V, der auf § 226 Abs. 1 Nr. 2 - 4 SGB V entsprechend verweist.

Allerdings beträgt der studentische Pflichtbeitrag derzeit 77,90 € (64,77 € für die KV und 13,13 € für die PV). D.h., die Kasse erhebt nur den studentischen Pflichtbeitrag und nichts aus dem Arbeitsentgelt.

Was mich allerdings wundert ist, warum Du nicht in der KVdR bist. Denn Du schreibst ja

Zitat:
Mein Vater war die letzten 13 Jahre privat krankenversichert über eine Ersatzkasse.

Damit ist ja wohl eine GKV gemeint, allerdings nicht privat sondern als freiwilliges Mitglied in der GKV. Du bist dann vermutlich in der Familienversicherung gewesen, oder? Dann müsstes Du allerdings vermutlich die Voraussetzungen für die KVdR erfüllen und Du könntest Dir den studentischen Pflichtbeitrag sparen.

Ivy86
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Beitrag von Ivy86 » 12.05.2012, 17:53

Huh, da komme ich jetzt nicht ganz mit ...

Ich kann nur versuchen, die Fragen zu beantworten:

Also, ich war bis zu meinem 25. Lebensjahr familienversichert, aber über die Krankenkasse meiner Mutter. Als ich 25 wurde wechselte ich zur BKK. Und seitdem habe ich auch die Krankenkassenkarte mit dem Status 1.

Mein Vater war bei der Bayerischen Beamtenkrankenkasse privat versichert. Keine Ahnung warum, er war ja kein Beamter. Beim Ausfüllen des Halbwaisenrentenantrags hieß es von seiten der Rentenversicherung, die ja alle Daten auch im Compzter haben, er sei über die Barmer Ersatzkasse privat versichert gewesen, was meine Mutter bestätigte. Ergibt das irgendeinen Sinn oder habe ich da etwas falsch verstanden? Ich musste mich halt vorher nie mit seinen Versicherungen beschäftigen.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 12.05.2012, 18:46

Ganz einfach du hast der BKK nicht mitgeteilt das du auch Rentenbezieher bist und beim KK Wechsel wurden die Daten nicht mitgeteilt. ergo würde ich mal nachfragen ob den die Rentendaten bei der Vorkasse angefragt wurden und das denn dem RV Träger mitgeteilt wurden.

Ivy86
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Beitrag von Ivy86 » 12.05.2012, 18:51

Richtig, die Krankenkasse weiß noch gar nicht, dass ich ab jetzt auch eine Rente beziehe. Das werde ich am Montag natürlich gleich klären.

Die Frage ist halt, mit welcher Aussicht. Wäre ja super, wenn ich danach weniger zahlen bräuchte.

CiceroOWL
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Beitrag von CiceroOWL » 12.05.2012, 19:05

Sofern die VVZ erfüllt ist, Vorversichrungszeit in der Krankenversicherung der Renter, komm tdie vor der KvDS. Ergo gibt es mit Beginn der Rente die Beiträge zurück. Es gilt KvdR vor KvDS.

Rossi
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Beitrag von Rossi » 13.05.2012, 00:17

Wirklich interessant die Geschichte hier.

Für die sog. KVdR kommt es darauf an, ob Du - als Rentenantragsteller - die sog. 9/10 belegt hast. Es kommt in erster Linie nicht darauf an, ob Papi diese erfüllt hätte. Die Vorversicherungszeit über den Papi in der KVdR wird nur dann geprüft, wenn Du diese selber nicht erfüllst.

Dort werden leider in der Praxis viele Fehler gemacht; jenes ist zumindest meine bescheidene Erfahrung.

Was ich derzeit allerdings nicht verstehe! Du hast einen Antrag auf eine Halbwaissenrente gestellt. Im Rahmen des Rentenantrages muss man eine Anlage zur sog. KVdR ausfüllen. Dort muss man die Zeiten einer Mitgliedschaft in der GKV eintragen.

Ich würde dort auf jeden Fall nachbohren.

Denn - wenn Du selber die KVdR erfüllst - dann kannst Du dir den Beitrag zur KVdS sparen.

Ivy86
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Beitrag von Ivy86 » 14.05.2012, 20:10

Inzwischen habe ich auch einen Brief von meiner Krankenkasse bekommen. Darin steht, dass ich rückwirkend zum Tag der Antragsstellung in der Krankenkasse der Renter versichert bin (jippey). Ich soll jetzt noch einige Angaben zu weiteren Einkommen hinschicken und per Telefon wurde mir gesagt, das mein Nebenjob wohl weiterhin beitragsfrei bleibt.

Es scheint alles so zu laufen, wir ihr es vorhergesagt habt.

Und ich wollte noch einmal danke sagen! Es ist toll, dass hier Leute ihre Freizeit opfern, um anderen zu helfen!

Ivy.

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