40 Jahre doppelte Krankenversicherungsbeiträge

Fragen zu einzelnen Krankenkassen

Moderator: Czauderna

Antworten
smart
Beiträge: 5
Registriert: 08.06.2011, 18:20

40 Jahre doppelte Krankenversicherungsbeiträge

Beitrag von smart » 09.06.2011, 08:58

Hallo Forenteilnehmer,

...ich bin Bevollmächtigter meiner 90 jährigen Mutter (Demenz) und schreibe zum ersten mal in einem Forum. Fehler möge man mir daher verzeihen.

Nach Überprüfung der Unterlagen meiner Mutter fiel mir auf, dass sowohl Beiträge in eine private Kranken- und Pflegeversicherung (mein Vater war Beamter, er starb vor über 40 Jahren, die private Krankenversicherung ist eine Sozialeinrichtung eines Bundesunternehmens) als auch in eine gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (BKK des Bundesunternehmens) gezahlt werden.

Nachfragen bei der Bezüge abrechnenden Stelle ergaben eine Doppelversicherung die wohl seit dem Tode meines Vaters läuft. Die Zahlungen an die BKK wurden jetzt aufgrund meiner Intervention eingestellt, da kein Pflichtversicherungsverhältnis mit der BKK bestand.

Unterlagen oder Bescheide über ein Versicherungsverhältnis liegen bei der BKK angeblich nicht vor. Ein fehlerhaftes Handeln wird bestritten.

Über die ganzen Jahre gibt es keine Beitragsbescheide, Kontakte, Schriftverkehr, Versichertenkarte oder ähnliches in den Unterlagen meiner Mutter.

Seitens der BKK wurden mittlerweile Beiträge für 4 Jahre zurückgezahlt. Für den restlichen Zeitraum beruft man sich auf Verjährung nach §27 (2) SGB IV. Gegen diesen Rückzahlungsbescheid habe ich Einspruch eingelegt.

Der Schaden für meine Mutter liegt im 5-stelligem Bereich.

Nun die Frage an die Experten hier: Hat meine Mutter Anspruch auf weitere Zahlungen?[/u]
Zuletzt geändert von smart am 10.06.2011, 20:52, insgesamt 1-mal geändert.

Czauderna
Beiträge: 11322
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 09.06.2011, 14:57

Hallo,
nun bin ich kein Jurist, von daher kann ich nicht beurteilen ob hier aufgrund der Bescheiderteilung eine Anfechtbarkart vorliegt bzw. ob sich damit die Verjährung von vier auf dreissig Jahre verlängert. Ich kene aus meiner Praxis einen ähnlichen Fall, da wurde aber durch ein Gericht die Verjährung von vier Jahren bestätigt weil eben der Kasse keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz angelastet werden konnte.
Was mir auffällt ist die Tatsache dass in vierzig Jahren der Mutter nicht aufgefallen ist, dass sie eine doppelte Versicherung hatte.
Gruss
Czauderna

zost
Beiträge: 286
Registriert: 05.09.2010, 13:51

Beitrag von zost » 09.06.2011, 17:09

es ist wirklich schwer zu sagen, ob weitere beitragserstattungsansprüche bestehen.
dazu müsste man alle einzelheiten kennen.

"damals" war das alles noch anders, es gab nur die schriftliche form der kommunikation.

heutzutage ist alles elektronisch. da werden die kassen informiert über rentenbewilligungen und die beitragsabführung.

auf den rentenbescheiden ihrer mutter müsste immer mit angegeben worden sein, dass beiträge zur bkk abgefürt wurden.
ist dies nie aufgefallen?

smart
Beiträge: 5
Registriert: 08.06.2011, 18:20

Beitrag von smart » 09.06.2011, 22:09

@Czauderna
Meine Mutter war mit allem Schriftkram überfordert (Volksschule, keine Ausbildung, zwei kleine Kinder). Bei dem Schriftkram wurde Sie von einem Mitarbeiter der Betreuungsstelle unterstützt.

Auf den Bezügeabrechnungen standen zunächst die Begriffe "KVdR" und danach "gesetzl. Kranken- und Pflegeversicherung".

Auch für mich waren die Zahlungen jahrelang ok. Erst als meine Mutter ins Pflegeheim kam und das Geld knapp wurde habe ich bei der Bezügeabrechenden Stelle (Zahlstelle) nachgefragt ob alle Versicherungen notwendig seien. Auch dann hat es mehrmaliger Telefonate und Schriftverkehr bedurft, bis klar war, die Beiträge fließen an die BKK und es besteht dort keine Versicherung.

Nach Angaben der BKK wurde nie ein Bescheid erstellt. Meine Mutter ist dort völlig unbekannt. Nur die Zahlungen sind an BKK geflossen. Nach Angaben der BKK wurden die Beiträge von der Zahlstelle zu Unrecht an die BKK abgeführt.

@zost
Meine Mutter erhält Witwengeld aus der Beamtenversorgung, Witwenrente aus der Arbeiterrentenversicherung meines Vaters und Altersrente aus eigenen Ansprüchen (insgesamt 1100€).

Auf dem Rentenbescheid zur Witwenrente wir ein Zuschuss zur privaten Krankenversicherung gezahlt.

Weiß eine BKK nicht vom wem sie Geld bekommt? Werden eingehende Zahlungen nicht mit den Mitgliedern verglichen? Gibt es keine Plausibilitätsprüfung?

Früher gab es keine Wahlmöglichkeiten für Krankenkassen. Wer mußte wem was melden?

Mir sind die Abläufe völlig unklar.

Gruß Smart

heinrich
Beiträge: 1266
Registriert: 05.06.2009, 20:21

Beitrag von heinrich » 09.06.2011, 22:14

bei der BKK kann es ja wohl nur im eine freiw. Versicherung gehandelt haben.

Eine Pflichtversicherung hätte ja wohl nicht aufgelöst/beendet werden können


Bei einer freiw. Versicherung gibt es bei JEDER gesetzlichen KK Schreiben, die erstellt werden, wenn sich ein Beitragssatzwechsel ergibt oder zum Jahreswechsel, wenn sich Mindest oder Höchstsätze ändern.

Solche Schreiben müssten in den letzten Jahren vielfach ergangen sein.

Sogar die kleinste BKK hat einen Computer, bei denen maschinell Schreiben erstellt werden. Diese tippt man nicht mehr mit der Hand.

Wenn es sich also um eine freiw. Versicherung gehandelt hat (anderes kann ich mir nicht vorstellen), so ist eine Beendigung
noch nicht einmal rückwirkend möglich.

Kündigungsfrist 2 Monat in die Zukunft.

Wenn 4 Jahre erstattet worden sind, ist dies nach meiner Auffassung bereits völlig falsch.

zost
Beiträge: 286
Registriert: 05.09.2010, 13:51

Beitrag von zost » 09.06.2011, 22:15

aus welcher dieser drei renten wurden beiträge an die bkk gezahlt?

heinrich
Beiträge: 1266
Registriert: 05.06.2009, 20:21

Beitrag von heinrich » 09.06.2011, 22:23

ok jetzt habe ich verstanden, was passiert ist.

mein Beitrag von 9.14 Uhr hatte sich überschnitten.


Die den Versorungsbezug zahlenden Stelle hat eine Verschlüsselung vorgenommen, dass es sich um eine Pflichtversicherung bei der gesetzlichen KK handelt.

Diese Zahlstelle führt Beiträge für Versorungsbezieher in EINER Summe für alle Personen dieser Krankenkasse ab (bzw. hier leider für alle, die sie meint, dass sie bei dieser KK versichert sind)

Auch Arbeitgeber führen nicht für jeden einzelnen Arbeitnehmer individuell Beiträge ab. Dies wird in EINER Summe für alle erfolgen.

Sonst müsste nur mal so als Beispiel die "Firma Mercedes-Benz mit 10.000 Arbeitnehmern 10.000 Überweisungen machen oder zu jeder Überweisung eine Auflistung mit 10.000 Namen ergänzen.

So ist das ganze Problem entstanden.

smart
Beiträge: 5
Registriert: 08.06.2011, 18:20

Beitrag von smart » 09.06.2011, 22:35

@ heinrich
In den Bezügeabrechnungen werden die Begriffe "gesetzliche Krankenkasse" und "gesetzliche Pflegeversicherung" verwendet. Für 4 Jahre wurde Beiträge erstattet. Jetzt erfolgen keine Zahlungen mehr. Ich denke es hat sich um eine Pflichtversicherung gehandelt hat.

@ zost
Keinen blassen Schimmer. Zuletzt (Abrechnung 01/11) 131,60€ für gesetzl. Krankenkasse und 8,28€ für gesetzl. Pflegeversicherung.

heinrich
Beiträge: 1266
Registriert: 05.06.2009, 20:21

Beitrag von heinrich » 10.06.2011, 19:25

dass in der Bezügemitteilung steht, dass Beiträge abgezogen werden,

bestätigt meine Auffassung, dass die den Versorungsbezug zahlende Stelle

irrtümlich von einer Versicherungspflicht (nicht freiwillige Versicherung: die Beiträge hätte nämlich die KK unmittelbar berechnet) ausgegangen ist
und die Beiträge irrtümlich abgeführt hat.

Czauderna
Beiträge: 11322
Registriert: 10.12.2008, 14:25

Beitrag von Czauderna » 10.06.2011, 19:31

Hallo,
wenn die Mutter bei der BKK unbekannt ist bzw. war, dann bestand dort auch keine Mitgliedschaft, d.h. die Beiträge wurden 40 Jahre lang zu Unrecht dorthin abgeführt. Nach meiner Ansicht greift dann die Verjährungsgsfrist von 4 Jahren nicht mehr, sondern es tritt hier die Verjährung nach 30 Jahren ein. Die Frage wäre zu klären, waren diese Bezüge überhaupt beitragspflichtig. Nach 40 Jahren ein schwieriges Unterfangen.
Gruss
Czauderna

smart
Beiträge: 5
Registriert: 08.06.2011, 18:20

Beitrag von smart » 10.06.2011, 21:20

@ heinrich
In einem Antwortschreiben der BKK steht: Die Zahlstelle hat die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu Unrecht an die BKK abgeführt.

@Czauderna
Richtig, es bestand nie eine Mitgliedschaft oder ein Versicherungsverhältnis bei der BKK. Die BKK hat 40 Jahre Zahlungen ohne jegliche Gegenleistung erhalten. Ich störe mich an dem Begriff "Beiträge" der von der BKK verwendet wird. Denn diese Zahlungen sind nie Beiträge gewesen, da kein Versicherungsverhältnis bestand.

Die BKK verweigert aber weitere Rückzahlungen unter der Nutzung von §27 Abs.2 SGB IV für gezahlte Beiträge.

Welche Rechtsgrundlage sehen Sie für eine 30-jährige Verjährungsfrist?

GerneKrankenVersichert
Beiträge: 3599
Registriert: 13.08.2008, 14:12

Beitrag von GerneKrankenVersichert » 11.06.2011, 14:26

Die Beitragspflicht aus Versorgungsbezügen wurde erst 1983 eingeführt, es geht also nicht um 40, sondern um 28 Jahre.

Wegen der Verjährung ist dieses Urteil interessant, ab Punkt 13 geht es um die Rechtsgrundlagen: http://lexetius.com/2006,3221

smart
Beiträge: 5
Registriert: 08.06.2011, 18:20

Beitrag von smart » 11.06.2011, 18:49

@GerneKrankenVersichert
Mein Vater starb 1970. Die Zahlstelle kann Zahlungen an die BKK ab 1982 nachvollziehen. Persönlich kann ich aus alten Bezügemitteilungen die Zahlungen ab 12/85 nachvollziehen. Ich bin davon ausgegangen, dass die Zahlungen seit dem Tode meines Vaters laufen.

Kann es sein das die Beitragspflicht 1982/1983 aufgrund einer Rechtsänderung automatisch in die EDV eingepflegt wurden (quasi als Verwaltungsakt ohne Bescheid)? Wäre hierzu zwingend ein Bescheid notwendig gewesen?

Das genannte Urteil muß ich mir in Ruhe zu anschauen. Danke erstmal.

Gruß und schöne Pfingsten wünscht
Smart

Antworten